Die zunehmende Elektromobilität stellt Stromnetze immer häufiger auf die Probe. Beliebig viele Autos werden zu unterschiedlichsten Zeiten geladen. Für die Netzbetreiber ist dies eine Herausforderung. Forscher des Fraunhofer IOSB haben eine Software entwickelt, die Berechnungen der möglichen Ladungen übernimmt.
Forscher des Fraunhofer-Instituts für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung (IOSB) wollen Netzbetreibern die Planung der Ladeinfrastruktur für Elektroautos einfacher machen. Die Wissenschaftler des Institutsteils Angewandte Systemtechnik (AST) im thüringischen Ilmenau haben dazu eine spezielle Software entwickelt. Sie zeigt Netzbetreibern, wie viele Elektrofahrzeuge sich an ihr Ortsnetz anschließen lassen. Denn die aktuellen Leitungen seien für die kommenden Lasten nicht ausgelegt, wenn die Elektromobilität weiter forciert werden sollte, begründen die Forscher ihr Engagement.
Die Gesamtzahl der Szenarien eingegrenzt
Immerhin werden 150 Haushalte von einer Ortsnetzstation versorgt. Die Forscher gehen dabei davon aus, dass ein Teil der Haushalte zukünftig ein Elektrofahrzeug besitzt. Diese werden in der Regel zu beliebigen Zeiten geladen. „Dadurch entsteht eine unvorstellbar hohe Zahl an Ladeszenarien“, beschreiben die Ilmenauer Forscher die Herausforderung.
Sie haben die verschiedenen Ladeszenarien mit der sogenannten Monte-Carlo-Methode simuliert. Dies ist ein Verfahren aus der Stochastik, bei dem versucht wird, eine möglichst heterogene Gruppe von Kombinationen zu erzeugen. Dies führt zwar ebenfalls zu einer großen Anzahl von einzelnen Szenarien. Diese ist aber immer noch kleiner als die Gesamtzahl aller möglichen Kombinationen. „1.000 bis 10.000 Fälle lassen sich schneller analysieren und ergeben trotzdem einen sehr guten Näherungswert“, erklärt Michael Agsten vom Fraunhofer IOSB/AST. Er hat zusammen mit seinem Team die Software entwickelt und einen Prototypen vorgestellt. Innerhalb weniger Sekunden zeigt sie an, wie hoch das Risiko einer Netzüberlastung ist und wie viel Elektrofahrzeuge in einem Ortsnetz gleichzeitig geladen werden können. „Die IT-Plattform funktioniert mir Testdaten im Labor bereits sehr gut“, sagt Agsten. „Im nächsten Schritt wollen wie reale Verteilnetze analysieren.“
Netzbetreiber in Bedrängnis
In der Tat bringt die zunehmende Zahl an Elektrofahrzeugen die Netzbetreiber in Bedrängnis, wenn Elektroautos an Haushaltsstromnetze angeschlossen werden. „Ein Fahrzeug benötigt bis zu 22 Kilowatt. Falls mehrere Autos gleichzeitig laden, erreichen aktuelle Netze schnell die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit“, erklärt Michael Agsten. Die Software bildet nach, wie viele Ladevorgänge in einem bestimmten Netz möglich sind, ohne dass die vorgeschriebenen Grenzwerte überschritten werden. Damit können die Netzbetreiber vorausplanen. Außerdem können sie genau simulieren, wie ein weiteres Fahrzeug die Lastverteilung im Netz verändert. Letztlich kommen die Netzbetreiber aber zu dem Punkt, an dem sie in die Netze investieren müssen, wenn immer mehr Elektroautos angeschlossen werden. Diesen Punkt können sie mit der Software genau bestimmen. Außerdem berechnet die Software auch Lösungen, bei denen es um die Entscheidung zwischen Netzausbau und Aufbau einer intelligenten Ladeinfrastruktur geht. (su)