Weil die Stromnetze unzuverlässig sind, lassen immer mehr Unternehmer eine unterbrechungsfreie Versorgung mit Photovoltaik und Speichern installieren. Denn das Risiko, dass die Bänder still stehen oder Waren verderben, ist zu hoch. Ein Besuch bei der Firma Eis & Friends in Morxdorf.
Morxdorf, Ortsteil von Jessen an der Elster: Im Ort wohnen nrund 100 Seelen, sieben Unternehmen haben hier ihren Sitz. Eines davon: Die Firma Eis & Friends, Großhändler für Tiefkühlkost und Frischekost, seit drei Jahrzehnten am Markt. Erfolgreich am Markt, wohlgemerkt: „Wir haben unsere Firma unmittelbar in der Wendezeit gegründet“, erzählt Geschäftsleiter Lothar Kohl „Und wir haben es bis heute geschafft. Auch wenn es manchmal sehr schwierig war.“
Eis & Friends hat derzeit zwölf Mitarbeiter und beliefert Kunden aus der Gastronomie in einem Radius von ungefähr 80 Kilometern, auch bis nach Berlin. „Wir liefern Eis, Fleisch, Kuchen, Torten und Gemüse“, nennt Lothar Kohl einige Beispiele. „Im Jahr sind es mehrere 1.000 Tonnen. Unsere Kunden ordern sehr kurzfristig, deshalb halten wir die Ware vor.“
Minus 25 Grad im Lager
Die Kühlläger haben bis minus 25 Grad Celsius. Weil der Kühlbedarf aufgrund der Außentemperaturen im Sommer deutlich höher ist, als im Winter, wurden schon 2015 rund 110 Kilowatt auf dem Hallendach installiert.
Tesvolt, ein spezialisierter Anbieter aus Wittenberg, stellte einen Speichercontainer mit 120 Kilowattstunden Kapazität und 36 Kilowatt Anschlussleistung auf den Hof. „Damals erreichten wir mit diesem System zwischen 80 und 90 Prozent Eigenverbrauchsquote“, rechnet Lothar Kohl vor. „Das funktionierte super. Mittlerweile haben wir unsere Kühlkapazitäten ausgebaut, mehr als verdoppelt. Unser Strombedarf liegt bei 250.000 bis 300.000 Kilowattstunden im Jahr. Wir denken jetzt darüber nach, das Speichersystem zu erweitern. Es muss uns mindestens durch die Nacht bringen, auch wenn das Netz abschaltet.“
Die größte Sorge: Stromausfall
Kohls größte Sorge ist, dass das Kühlhaus ausfallen könnte. Diese Sorge ist handfest, denn „im örtlichen Niederspannungsnetz gab es in diesem Jahr bereits mehrmals Stromausfall“, wie Daniel Hannemann berichtet.
Er ist Geschäftsführer von Tesvolt und weiß genau, wo seinen Geschäftskunden der Schuh drückt. Tesvolt ist Pionier der gewerblichen Anwendung von Photovoltaik und Lithiumspeichern. „Ich kenne einen Fall aus unserer Region, bei dem eine Brotfabrik jedes Mal LKW-Ladungen von Brot wegwerfen muss, wenn der Strom ausgeht. Dann stehen die Bänder bis zu 16 Stunden still. Das ist allein in diesem Jahr schon viermal passiert. Solche Verluste kann und will sich heute kein Unternehmer mehr leisten.“
Die Stromnetze ächzen
Dass die deutschen Stromnetze ächzen und stöhnen, dass die Spannungen manchmal die zulässigen Werte überschreiten, ist für Laien kaum vorstellbar. Doch es ist Tatsache, denn das veraltete System des Spannungsausgleichs über die Hochspannungsebene ist viel zu träge.
Laufen Spannung oder Frequenz aus dem Ruder, schalten die elektrischen Versorgungssysteme der Firmen – Kühlaggregate, Motoren, Heizöfen, Telefonanlagen und Rechner – ab. „Wenn das Netz abregelt, dann steigt die Temperatur in den Kühlhäusern. Dieses Risiko wollen wir minimieren, das ist meine größte Sorge.“
Eis & Friends sind in der Niederspannung mit 110 Kilowatt Leistung angeschlossen. Der Speichercontainer schafft 36 Kilowatt. Ein erweitertes Speichersystem müsste etwa dreifache Kapazität (derzeit: 120 Kilowattstunden) haben und die gesamte Systemsteuerung übernehmen – um tatsächlich die Stromversorgung ohne Unterbrechung zu übernehmen.
Unabhängige Lösungen sieht Lothar Kohl als Chance für regionale Kooperationen. „Wir haben Tesvolt bei uns um die Ecke, deswegen gehen wir diesen Weg“, sagt er. „Mit einem Installateur oder Zulieferer aus der Ferne würden wir uns da schwer tun.“ (HS)
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