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Floating PV

15 Megawatt auf dem See

Oktober 2024, und Laudatoren tun, was sie immer tun: Sie loben. In diesem Falle das wohlwollende Engagement der Behörden, die konstruktive Mitwirkung des Gemeinderats, die reibungslose Zusammenarbeit aller Beteiligten, die kurze Bauzeit – und natürlich das Projekt als solches. Außergewöhnlich, so ein schwimmender Solarpark auf dem Philippsee bei Bad Schönborn.

25.732 Solarmodule installiert

Das Gewässer ist eine Kiesgrube, ein Baggersee im Südwesten Deutschlands. Dort hat der Projektentwickler O&L Nexentury gemeinsam mit dem Generalunternehmer, dem Unternehmen Philipp & Co als Eigner des Sees und der Gemeinde Bad Schönborn eines der bislang größten Floating-PV-Projekte realisiert: 25.732 Solarmodule wurden auf schwimmenden, am Grund des Sees verankerten Untergestellen installiert, insgesamt knapp 15 Megawatt.

Das kühlende Wasser verbessert die Energieumwandlung in den Solarmodulen um schätzungsweise zwei Prozent gegenüber Anlagen an Land oder auf Gebäuden. Aktuell widmen sich Forscher der Hochschule Rosenheim den Daten, um den Effekt zu analysieren. Nach ihren Berechnungen wird die Anlage pro Jahr etwa 16,1 Gigawattstunden Strom liefern.

Gewässer kühlt die Zellen

Rund 90 Prozent dieser Energie gehen ins öffentliche Netz, versorgen rein statistisch rund 5.000 Haushalte mit grünem Strom. Eine Gigawattstunde jährlich nimmt das Philipp’sche Kieswerk ab. „Damit ist der energieintensive Betrieb zu über 70 Prozent autark“, erklärt Georg Wirth, Technischer Direktor von
O&L Nexentury.

Acht Hektar auf dem Wasser

Die Anlage bedeckt rund acht Hektar, etwa 15 Prozent des gesamten Sees. Mehr ist derzeit in Deutschland nicht erlaubt, wie Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Grüne) bei der Inbetriebnahme des Projekts beklagt: „Der Bund sollte so rasch wie möglich auf mindestens 25 oder sogar 35 Prozent gehen“, sagte er. „Erstens geht es nur um künstlich angelegte Gewässer, also Baggerseen. Und zweitens lassen zum Beispiel die Niederlande ihre Wasserflächen schon seit Jahren zu wesentlich höheren Anteilen mit Photovoltaik bedecken, ohne dass bislang irgendwelche Probleme bekannt geworden sind.“

Potenzial von rund 900 Megawatt

Allein in Baden-Württemberg gäbe es 69 Baggerseen, die für Floating PV infrage kämen. „Das ist ein Potenzial von rund 900 Megawatt, das bislang weitgehend brach liegt“, urteilt Kretschmann. Dies zu ändern, sei ein lohnendes Ziel, dem man mit dem Projekt Philippsee ein Stück näherkomme.

Die auf dem See verbauten Solarmodule stammen von Risen Energy aus China. Die bifazialen Glas-Glas-Module leisten zwischen 580 und 585 Watt. Zwar bringt die Rückseite über der Wasserfläche vergleichsweise wenig Zusatzertrag. Nexentury rechnet laut Georg Wirth lediglich mit einem halben Prozent mehr als bei monofazialen Modulen. Aber: „Wir mussten wegen der Nähe zum Wasser ohnehin eine möglichst gute, wasserdichte Einkapselung der ­Solarzellen sicherstellen“, erläutert er. „Da boten sich ­bifaziale Glas-Glas-Module an.“

Gestelle von Zimmermann PV

Die schwimmenden Unterkonstruktionen kommen von Zimmermann PV. „Zimmermann hat in den vergangenen Jahren an vielen Projekten in den Niederlanden mitgewirkt“, meint Georg Wirth. „Die Firma hat Erfahrung damit, Solarmodule über Wasser zu installieren.“

Unter anderem hat das schwäbische Unternehmen seine Unterkonstruktionen für das niederländische Projekt Sellingen geliefert. Der Solarpark Sellingen ist mit 41,1 Megawatt eine der größten schwimmenden Anlagen außerhalb Asiens.

Doppel-Modulboote mit Satteldach

Auf dem Philippsee schwimmen 717 Doppel-Modulboote von Zimmermann, bestehend aus Stahlrahmen und Schwimmkörpern aus Kunststoff. 713 tragen jeweils 36 Module, lediglich vier Boote sind mit je 16 Modulen bestückt.

Sie sind auf einer Satteldachkonstruktion mit einem Neigungswinkel von zwölf Grad fixiert, die Hälfte der Module nach Osten ausgerichtet, die andere Hälfte nach Westen. „Die Ost-West-Ausrichtung ergibt bekanntlich einen über den Tag hinweg relativ ausgeglichenen Lastgang“, bestätigt der Technikexperte. „Sie steigert den Ertrag am Morgen und gegen Abend. Damit erzielt der Solarstrom eine höhere Wertigkeit an der Strombörse.“

Das schwimmende Modulfeld bedeckt 15 Prozent des Sees.

Foto: O&L Nexentury

Das schwimmende Modulfeld bedeckt 15 Prozent des Sees.
Bei der Planung und Installation griff der Projektierer auf Erfahrungen aus den Niederlanden zurück.

Foto: O&L Nexentury

Bei der Planung und Installation griff der Projektierer auf Erfahrungen aus den Niederlanden zurück.

Spezielle Verankerung im Grund

Zwar sind solche Schwimmkonstruktionen für Solarmodule inzwischen Standard. Immerhin werden Gewässer mit wenig Landfläche wie in den Niederlanden oder in Asien schon seit Jahren für Solarstrom genutzt. Aber die Hersteller optimieren immer noch, um Funktionalität und Wirtschaftlichkeit ihrer Unterkonstruktionen zu verbessern. So hat Zimmermann auf dem ­Philippsee unter anderem Doppelboote eingesetzt, um mit weniger Schwimmkörpern auszukommen und Kosten zu sparen.

Mit der Verankerung der Modulboote musste Georg Wirth eine Spezialfirma aus den Niederlanden beauftragen, deren Team mit besonderen Booten und Maschinen anrückte. Denn: „Der Philippsee ist bis zu 40 Meter tief. Dort mussten rund 60 Anker bis zu sechs Meter in den Grund gerammt werden. Dafür brauchen Sie Leute, die sich damit auskennen, und Gerät, das eigens dafür ausgelegt ist.“

Langer Atem gefragt

Die Wechselrichter für das Projekt kommen von Huawei, insgesamt 36 Sun 2000-330KTL-H1. Die Trafostation für den Anschluss an die Mittelspannung hat FEAG aus dem mittelfränkischen Baiersdorf geliefert. Im benachbarten Kieswerk wird zum Teil mit sehr großen Maschinen wie Kiesbaggern gearbeitet.

Dort wird Mittelspannung benötigt, ein entsprechender Anschluss ist vorhanden. Dieser Umstand begünstigte die Planungen. Die AC-Leistung des Solarparks erreicht 11,8 Megawatt.

Philipp & Co besitzt für 25 bis 30 Jahre die Eigentumsrechte am Philippsee und Erweiterungsflächen. Während dieser Zeit ist die Firma ­berechtigt, Kies abzubauen. Ein Glücksfall für die Planer der Solaranlage, da die ­Abgrabungsrechte mit der geplanten Nutzungsdauer der ­Anlage in etwa übereinstimmen. Diese Tatsache hat das Genehmigungsverfahren vereinfacht und ­beschleunigt.

Dennoch brauchten die Initiatoren einen langen Atem, um zahlreiche wasser- und naturschutzrechtliche Hürden zu nehmen. So hatten Gutachter die potenziellen Auswirkungen der Anlage auf Flora und Fauna im und um das Gewässer zu untersuchen. Da ging es zum Beispiel darum, ob die Verschattung durch die Solarmodule Fische und Wasserpflanzen beeinträchtigen könnte. Die Gutachter kamen zu dem Schluss, dass die Anlage keine negativen Auswirkungen auf das Ökosystem ­haben wird.

Allerdings mussten und müssen die Betreiber einige behördliche Auflagen zur ökologischen Aufwertung des Areals umsetzen. Dazu zählt unter anderem die Errichtung von Nisthilfen für Fledermäuse am Westufer und für Haubentaucher auf den Wellenbrechern, die südlich und westlich der Anlage installiert sind. Hinzu kommt ein dauerhaftes Umweltmonitoring während der Laufzeit der Anlage.

Genehmigungen zügig erteilt

Ungeachtet der komplexen Materie sei man mit der Planung und den Genehmigungen gut vorangekommen, berichtet Georg Wirth. „Die Behörden, Gutachter und Umweltschützer waren konstruktiv eingestellt und standen dem Projekt grundsätzlich wohlwollend gegenüber. Das half natürlich sehr, die verfahrensrechtlichen Schritte zu gehen.“

So seien vom Start der Projektentwicklung im April 2021 bis zum Baubeginn Mitte Februar 2024 nicht einmal drei Jahre vergangen. Bereits Anfang August 2024 ging der schwimmende Solarpark ans Netz.

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