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Floating PV

„Wenn alle an einem Strang ziehen, ist das Projekt machbar“

Das Philippsee-Projekt ist sehr groß, damit haben Sie Neuland betreten. Welche Erkenntnisse nehmen Sie daraus mit?

Georg Wirth: Zunächst mal eine relativ banale: Wenn alle Beteiligten guten Willens sind und lösungsorientiert miteinander reden, dann lässt sich ein solches Projekt, bei dem ja sehr viele Dinge zu bedenken und Auflagen zu erfüllen sind, in akzeptabler Zeit entwickeln.

Welche Hürden hatten Sie zu überwinden?

Die größten Hürden sind tatsächlich die bereits erwähnten Genehmigungsverfahren. Davon darf man sich, wenn man ein solches Projekt angeht, nicht abschrecken lassen. Die Technologie ist, nicht zuletzt dank der Vorreiterrolle unserer niederländischen Nachbarn, relativ ausgereift. Da bewegt man sich auf solidem Boden. Wichtig ist, dass die Beteiligten in Kommunen und Behörden bereit sind, Verantwortung zu übernehmen, und sich nicht hinter Bestimmungen und Paragrafen verschanzen.

Welche Kriterien waren für Sie ausschlaggebend für das Projekt auf dem Philippsee?

Zum einen brauchen Sie eine bestimmte Größe, damit das Ganze wirtschaftlich wird. Allein die Modulboote auf dem Grund zu verankern, ist ein immenser Aufwand, der sich nur ab einem gewissen Volumen rechnet. Das gilt letztlich auch für die laufenden Kosten für das Umweltmonitoring. Zum anderen haben wir in Gerhard Philipp, dem Inhaber und Betreiber des Kieswerks, einen Partner gefunden, der innovativen Ideen gegenüber sehr aufgeschlossen ist. Als sich bei den ersten Gesprächen zeigte, dass auch die Verwaltung und der Gemeinderat von Bad Schönborn mitziehen, waren die wichtigsten Kriterien erfüllt.

Haben Sie konkrete Ideen, wie sich die Rahmenbedingungen für solche Projekte in Deutschland verbessern ließen?

Da fallen mir auf Anhieb zwei Vorschläge ein: Der erste ist, die erlaubte Nutzungsfläche von 15 auf mindestens 25 Prozent oder mehr zu erhöhen. Das würde auf einen Schlag die Wirtschaftlichkeit vieler potenzieller Projekte deutlich erhöhen. Und der zweite: Anstatt für jedes einzelne Projekt das aufwendige Umweltmonitoring vorzuschreiben, würde es aus meiner Sicht genügen, eine oder zwei Anlagen genau anzuschauen. Man könnte die Ergebnisse unter wissenschaftlicher Begleitung validieren und die Konsequenzen allgemein verbindlich machen. Das würde den Aufwand und die sehr hohen Kosten für die Projekte verringern und dennoch verlässliche Erkenntnisse liefern.

Die Anlage speist in die Mittelspannung ein. Hatten Sie Probleme beim Netzanschluss?

Der Netzanschluss erweist sich zunehmend als Bremsklotz für die Energiewende. Hier gibt es sowohl bei der Anfrage nach Netzverknüpfungspunkten als auch bei der Inbetriebnahme der Photovoltaikanlagen eine unglaubliche Bürokratie. Die entsprechenden Verbandsrichtlinien verlangen an sich einen ganzen Stapel an Papier. Zu allem Überfluss werden sie von jedem der 887 Netzbetreiber in Deutschland anders angepasst und mit eigenen Prozessen befüllt. Hier sollten sich die Tests und Regelungen auf wesentliche Schutzeinrichtungen beschränken, um den Anschlussprozess zu standardisieren und zu vereinfachen.

Das Gespräch führte Herbert Grab.

RWE

Schwimmende Anlage auf dem Mortkasee in der Lausitz installiert

Auf dem Gewässer in Lohsa wurden 190 schwimmende Solarmodule installiert. Der See ist ein Restloch des Kohlebergbaus in der Lausitz. Der Energiekonzern RWE, das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme und die Universität Cottbus wollen untersuchen, ob schwimmende Anlagen im Einklang mit der Gewässerökologie betrieben werden können.

Die Anlage wurde im Rahmen des Forschungsprojekts ­PV2Float errichtet und mit Unterstützung des Bundes ­finanziert. „Einst durch die Flutung des Werminghoffer Braunkohletagebaus entstanden, hat der Mortkasee nun eine der ersten schwimmenden Solaranlagen zu Forschungszwecken“, sagt Thomas Leberecht, Bürgermeister der Gemeinde Lohsa. „Die Technologie verspricht höhere Stromerträge, weil das Wasser die Solarmodule kühlt. So könnten bisher ungenutzte Tagebauseen für die grüne Stromerzeugung erschlossen werden.“

Auf dem Mortkasee wurden drei schwimmende Unterkonstruktionen installiert. Mit jeweils rund 30 Kilowatt Leistung sind die Solarsysteme verhältnismäßig klein. Dennoch liefern sie wichtige Erkenntnisse, wie Kosten reduziert werden können und Floating PV umweltverträglich installiert werden kann.

Foto: Ecotec Deutschland

Foto: Ecotec Deutschland

Fraunhofer ISE/RWE

Potenzial für schwimmende Solaranlagen berechnet

Auf den Gewässern der Bundesrepublik ist Platz für Solaranlagen mit einer Gesamtleistung von 1,8 Gigawatt, wenn diese nach Süden ausgerichtet sind. Bei Ost-West-Ausrichtung passen sogar 2,5 Gigawatt Solarstromleistung auf die Binnengewässer in Deutschland. Das ist das Ergebnis einer Analyse des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme und des Energieversorgers RWE.

Doch damit ist das technische Potenzial auf deutschen Gewässern längst nicht ausgeschöpft. Denn die Berechnung bezieht sich nur auf die Möglichkeiten, die unter den aktuellen Rahmenbedingungen möglich sind. Diese lassen nur 15 Prozent Belegung der Wasseroberfläche mit Solarmodulen zu. Zudem müssen die Anlagen einen Abstand von 40 Metern zum Ufer einhalten – gleichgültig, ob das Gewässer noch auf andere Art genutzt wird.

Außerdem haben die Wissenschaftler nur künstliche Seen in die Berechnung einbezogen, die nicht in Schutzzonen wie beispielsweise in Naturschutzgebieten oder Biosphärenreservaten liegen. Als weiteres Kriterium ist die Wirtschaftlichkeit der Anlage in die Berechnung eingeflossen. So durften die Seen nicht weiter als fünf Kilometer von Einspeisepunkten ins Mittelspannungsnetz entfernt sein.

Wären vor allem die Regelungen bezüglich der Belegungsdichte und der Abstände zum Ufer weniger restriktiv, wäre mehr möglich. „Das rein technische Potenzial aller künstlichen Seen ab einem Hektar Mindestgröße ist mit mindestens 14 Gigawatt bei einer 15-prozentigen Gewässerabdeckung sowie 20 Meter Randstreifen sogar noch deutlich größer, und wären 35 Prozent Abdeckung erlaubt, stiege das technische Potenzial auf bis zu 45 Gigawatt“, erklärt Karolina Baltins, Leiterin des Themenfelds Schwimmende Photovoltaik am Fraunhofer ISE.

Bei diesem Potenzial wurden zudem die unwirtschaftlichen Bereiche nicht berücksichtigt. „In den in der Analyse betrachteten Randstreifen ist aufgrund von Verschattung, Vegetation, zu niedrigen Wassertiefen und Ähnlichem eine Floating-PV-Nutzung oft nicht möglich. Deswegen wurden sie bei dieser konservativen Potenzialberechnung nicht berücksichtigt“, weiß Cassandra Mpofu, Mitautorin der Studie.

Zudem wird das Potenzial weiter steigen. Denn die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben die neu entstehenden Gewässerflächen in den Braunkohlerevieren wie beispielsweise in der Lausitz in Südbrandenburg und Sachsen nicht berücksichtigt. Sie haben 6.043 künstliche Seen mit einer Größe von über einem Hektar betrachtet. Diese ergeben eine Gesamtfläche von über 90.000 Hektar.

Die meisten von ihnen liegen in Sachsen und Baden-Württemberg. Etwa 70 Prozent sind Kiesgruben. Daneben untersuchten die Forscherinnen und Forscher Stauseen, Rückhaltebecken, Talsperren und Seen aus dem Bergbau. Bei der Analyse haben sie die Flächen mit Geoinformationssystemen erfasst.

Dr. Georg Wirth
hat das ambitionierte Projekt geleitet.

O&L Nexentury

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