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Gründach

Fläche doppelt nutzen

Was inzwischen in ländlichen Regionen gang und gäbe ist, taugt auch für die Stadt: die Mehrfachnutzung von Flächen, Stichwort Agri-PV. In der Stadt lässt sich das Gründach und mit der Solarstromerzeugung verknüpfen. „Der Rückenwind ist riesig. Wir bekommen heute kaum noch Anfragen nach Gründächern, bei denen die Photovoltaik nicht zumindest mit geprüft wird“, sagt Stefan Ruttensperger, Leiter des Fachbereichs Gründach des Stuttgarter Dachsystemherstellers Paul Bauder, auf dem Fachkongress Solar-Gründach im vergangenen Oktober, der vom Bundesverband Gebäudegrün (BuGG) veranstaltet wurde. „Die Photovoltaik wird von den Dächern nicht mehr wegzudenken sein. Deshalb wird es immer wichtiger, dass die Systeme in Kombination mit einem Gründach funktionieren“, erklärt er.

Dachhersteller und Anbieter von Montagesystemen haben längst Lösungen entwickelt, die auf der gesamten Fläche alle Funktionen eines Gründachs wie Biodiversität, Regenwasserrückhaltung oder Kühlung der Umgebung sicherstellen, aber zugleich die Dachfläche für die Photovoltaik nutzbar machen. Denn klar ist: Das gängige Montagesystem für Flachdächer funktioniert auf dem Gründach nicht.

Denn auf dem Flachdach sind die Module möglichst nahe an der Dachhaut, damit die Systeme aerodynamisch werden. Auf Gründächern müssen sie einen größeren Abstand zur Dachhaut haben. Die Hersteller planen bei der Entwicklung hier 30 bis 40 Zentimeter von der Oberkante der Substrateinschüttung bis zur Unterkante des Moduls ein. Zusätzlicher Ballast auf dem Dach durch die höheren Windangriffskräfte ist aber kaum notwendig. „Wir nutzen die Synergien. Denn wir können die Dachbegrünung selbst als Ballast einsetzen“, erklärt Stefan Ruttensperger.

Zwei Varianten im Sortiment

Dazu kommt: Weil die Dachbegrünung als flächige Auflast für die Unterkonstruktion dient, werden Punktlasten auf der Dachhaut weitgehend vermieden. So bestehen die Konstruktionen in der Regel aus Grundplatten, die gleichzeitig als Wasserspeicher dienen. In Form von Drainageplatten leiten sie überschüssiges Niederschlagswasser auf der gesamten Fläche ab und verhindern, dass es zum Wasserstau auf der Dachfläche kommt. Als Retentionsplatten sorgen sie zusätzlich für einen kontrollierten Ablauf des Wassers vom Dach. Über diesen Platten wird das Substrat für die Dachbegrünung aufgebracht. Das eigentliche Montagesystem ist mit den Drainage- oder Retentionsplatten verbunden.

Bauder hat gleich zwei verschiedene Systeme im Sortiment. Die Solar UK GD ist eine einfache Wannenlösung, die aus den beiden Komponenten – Grundplatte und Montagegestell – besteht. Auch hier ist das Substrat die Ballastierung. Damit die gesamte Anlage statisch funktioniert, muss genügend Substrat aufgebracht werden. In der Regel reichen etwa acht bis zehn Zentimeter Schichtdicke aus. Je weiter die Modulreihen auseinanderstehen, desto geringer wird die notwendige Schichtdicke des Substrats, um die Anlage sicher auf dem Dach zu halten.

Knickwinkel als Montagesystem

Die zweite Variante, das Solar G Light, ist etwas aufwendiger, verringert aber die notwendige Höhe der Substratschicht. Denn hier legt der Handwerker zunächst Grundschienen auf dem Dach nach Plan aus. Darüber werden die Drainage- oder Retentionsplatten bündig aufgelegt. Sie haben Öffnungen an den Stellen, an denen ein spezieller V-Träger mit einer Grundplatte an der Grundschiene angeschraubt wird. Die V-Träger wiederum gibt es in zwei unterschiedlichen Längen, um die vorgegebene Modulneigung zu erreichen.

Auf den V-Trägern montiert der Handwerker quer die Modulprofile und zusätzlich eine Strebe zwischen vorderem und hinterem V-Träger zur Stabilisierung der Konstruktion. Danach wird das Substrat auf das Dach aufgebraucht und im Anschluss können die Module montiert werden.

Auch der Schweizer Gründachanbieter Contec hat mit dem Greenlight Pro ein Photovoltaiksystem entwickelt. Dazu hat er in den Drainage- oder Retentionsplatten schon angewinkelte Höcker integriert, auf die das eigentliche Montagesystem geschraubt wird. Der Vorteil der Lösung ist, dass das Substrat direkt nach der Verlegung und vor der Montage der Unterkonstruktion für die Solaranlage aufgebracht werden kann.

Die Solarunterkonstruktion besteht aus Knickwinkeln. Das sind Profile mit einem vorgegebenen Knickbereich. An diesem biegt der Handwerker das Profil auf einen Winkel von 87 Grad. Dann wird dieses abgeknickte Profil auf die Höcker der Grundplatten geschraubt. Im Anschluss befestigt der Handwerker quer die Montageschienen für die Module.

Montagebügel für schnellen Aufbau

Je nach Längenverhältnissen der Knickwinkel können Anlagen mit einer Modulneigung von zehn, 15 oder 20 Grad aufgebaut werden. „Auf Anfrage gibt es auch die Möglichkeit, Neigungswinkel von fünf oder 30 Grad umzusetzen“, sagt Timo Rittershofer, Leiter der Deutschlandniederlassung von Contec. In allen Fällen ist die Längs- und Quermontage der Module möglich. Rittershofer verweist zudem darauf, dass die Absturzsicherung Contec Safe in das System integriert werden kann und sollte.

Auch das Montagesystem von Optigrün besteht aus zwei Komponenten: einer Bodenplatte und einem Montagebügel. Zunächst werden die Bodenplatten ausgelegt. Sie verfügen über angeschweißte vertikale Anschlüsse, an denen die Montagebügel angeschraubt werden. Auf den Bodenplatten werden die Drainage- oder Retentionselemente so verlegt, dass die Anschlüsse für den Montagebügel durchschauen. Danach schraubt der Handwerker die Montagebügel an und fixiert an vormontierten Klammern quer die Montageschienen.

Verschiedene Neigungen möglich

Danach wird das Substrat aufgebracht – je nach Windlast zwischen acht und zehn Zentimeter Höhe. „Das bedeutet, dass mit einer Lastreserve des Daches von mindestens 110 Kilogramm pro Quadratmeter für Dachbegrünung inklusive Photovoltaik geplant werden sollte“, sagt Dominik Gössner, Leiter der Produktentwicklung bei Optigrün.

Die Montagebügel gibt es in unterschiedlichen Winkeln, sodass der Handwerker Modulneigungen von zehn, 15 oder 20 Grad erreichen kann. Das System kann sowohl in Süd- als auch in Ost-West-Ausrichtung aufgebaut werden. Das Solar FKD, kombiniert mit dem Drainageelement, ist für Dachneigungen bis fünf Grad geeignet. Als Solar WRB ist es mit einem Retentionselement kombiniert. „Dieses sollte nur auf Dächern mit null Grad Dachneigung geplant werden, damit der Wasserrückhalt gut klappt“, betont Gössner.

Wasserablauf regulieren

Das Retentionselement hat einen Wasserspeicher von acht Zentimeter Höhe. „Damit kann es etwa 70 Liter Regenwasser pro Quadratmeter zurückhalten. Im Dachablauf ist eine Drossel integriert, die das Regenwasser in dem Hohlkörper unter dem Solargründach anstaut und gedrosselt ableitet. Damit können wir sehr geringe Drosselmengen erzielen, die auch auf einem sehr großen Dach den Ablauf auf einen Liter pro Sekunde oder weniger begrenzen. Wir können auch einen dauerhaften Wasseranstau einstellen, sodass das Regenwasser dauerhaft auf dem Dach verbleibt und verdunstet“, erklärt Gössner.

Dazu wurden Kapillarverbindungen vom Retentionsraum ins Substrat geschaffen. Dann bekommt die Vegetation mehr Wasser und kann sich üppiger entwickeln. Allerdings steigt dann auch der Pflegeaufwand, gleichzeitig ist aber auch die Kühlung der Solarmodule höher.

Montagefüße auf Substratplatten

Auf einem kompletten Montageelement basiert die Unterkonstruktion von Zinco. Denn hier ist die Grundplatte in den Bügel gleich integriert. Dieses Montageelement schraubt der Handwerker direkt auf die Drainageplatte. Die einzelnen Bügel können durch Querstreben noch seitlich stabilisiert werden. Danach befestigt der Handwerker quer die Montageprofile für die Module und danach wird das Substrat als Ballast auf dem Dach aufgebracht.

Auf zwei Paar Montagefüßen aus recyceltem Kunststoff steht das Gründachmontagesystem von Novotegra. Jeweils zwei niedrige und zwei hohe Montagefüße werden im Abstand der Modulbreite nebeneinander an Substratplatten festgeschraubt. Denn die Module werden hochkant montiert. Dazu schraubt der Handwerker auf die Füße quer Montageschienen an. Der Höhenunterschied der Montagefüße ist so ausgelegt, dass die Modulunterkante 36 Zentimeter über der Oberkante des Substrats schwebt und die Module mit einer Neigung von zehn Grad installiert sind.

Da die Substratplatten untereinander verbunden sind, entsteht ein stabiler Aufbau, der die notwendige Ballastierung durch das Substrat minimiert. Dies hat zudem den Vorteil, dass nur die Position der ersten Substratplatte exakt bestimmt werden muss, da alle anderen Platten in einem festen Raster an den äußeren Vertiefungen ineinandergelegt werden.

System für die Nachrüstung

Auf dem herkömmlichen ballastierten Flachdachsystem Compactflat basiert die Gründachlösung von Aerocompact. Um den Anforderungen an die Gründachmontage gerecht zu werden, haben die Entwickler des österreichischen Herstellers die Montagestützen so weit erhöht, dass der Abstand zwischen Substratoberkante und Modulunterkante etwa 38 Zentimeter beträgt.

Das Compactflat GS wird nicht an die Drainage- oder Retentionselementen des Gründaches angebunden, sondern wie ein normales Flachdachsystem ballastiert. Dadurch eignet es sich perfekt für die Nachrüstung von Solaranlagen auf bestehenden Gründächern. Jedoch steigt dabei die Last auf dem Dach, da die Ballastierung zum Gründach und der Photovoltaik hinzukommt. Allerdings kann Aerocompact die zusätzliche Last minimieren, da die Reibbeiwerte auf dem Gründach im Vergleich zum Folien- oder Bitumendach sehr hoch sind und die Module in Südausrichtung mit 15 und in Ost-West-Ausrichtung mit zehn Grad relativ flach geneigt sind.

Das Montagesystem von Contec besteht aus Knickwinkeln, die direkt an Höcker an den Drainageplatten angeschraubt werden.

Foto: Contec

Das Montagesystem von Contec besteht aus Knickwinkeln, die direkt an Höcker an den Drainageplatten angeschraubt werden.
Optigrün arbeitet mit Montagebügeln, die senkrecht auf ­Bodenplatten angeschraubt werden. Die Drainage- und Retentionsplatten liegen ­zwischen Bodenplatte und Montagebügel.

Foto: Optigrün

Optigrün arbeitet mit Montagebügeln, die senkrecht auf ­Bodenplatten angeschraubt werden. Die Drainage- und Retentionsplatten liegen ­zwischen Bodenplatte und Montagebügel.
Das System von Novotegra steht auf zwei Paar Montagefüßen – jeweils ein Paar für die niedrige und ein Paar für die hohe Modulseite.

Foto: Velka Botička

Das System von Novotegra steht auf zwei Paar Montagefüßen – jeweils ein Paar für die niedrige und ein Paar für die hohe Modulseite.

Zinco

Solarröhren über dem Gründach

Foto: Zinco

Der Gründachspezialist Zinco kooperiert bei der Entwicklung einer ganz neuen Lösung mit Tubesolar. Der Augsburger Hersteller hat spezielle Röhren entwickelt, in die auf der oberen Hälfte der Rundung folgend in die Innenseite Solarzellen integriert sind.

Dieses System hat gleich zwei Vorteile. Einerseits ist die Sonneneinstrahlung auf die Zellen länger als bei flächigen Modulen. Dadurch verteilt sich die Solarstromproduktion gleichmäßiger über den Tag hinweg. Andererseits ist die Statik für die Unterkonstruktion nicht so aufwendig, da die Röhren weniger Windangriffsfläche bieten, zumal sie senkrecht über der Gründachfläche installiert werden.

Auf diese Weise können die Anlagen höher aufgestellt werden, wodurch sie nicht nur mit extensiver, sondern auch mit intensiver Begrünung kombiniert werden können, ohne dass die Pflanzen die Module verschatten. Selbst ein regelrechter Dachgarten ist im Zusammenspiel mit den Röhrenmodulen möglich. „Durch die Abstände zwischen den einzelnen Röhren gelangt außerdem der Regen flächig auf die Begrünungsfläche“, beschreibt Dieter Schenk, Geschäftsführer von Zinco, einen weiteren Vorteil.

Zinco hat nun begonnen, die Lösung in den Markt einzuführen, nachdem Tubesolar im Oktober 2022 die notwendigen Zertifikate vom TÜV Rheinland bekommen hat. Das Unternehmen hat vor allem große Industrie- und Gewerbedächer im Blick und will auch die Kombination mit Intensivbegrünung vorantreiben. Dazu bietet Zinco die Möglichkeit, das Montagesystem weiter zu erhöhen.

Die Module werden auf einem speziellen Montagesystem auf den Solarbasisplatten SB 200 von Zinco installiert. Dadurch kommt das Gesamtsystem ohne Dachdurchdringung aus. Die Solarbasisplatten werden wiederum von der Substratauflast der Dachbegrünung lagesicher gehalten.

Auf die Solarbasisplatten kommt ein waagerechter Solargrundrahmen, dieser trägt ein Montageprofil. Auf dieser Unterkonstruktion werden die Systemmodule von Tubesolar einfach aufgesteckt und mittels Sicherungsstift gesichert.

Zwischen Oberkante der Substratschicht und Unterkante der Module ergibt sich ein Abstand von etwa 50 Zentimetern. Dadurch ist die Dachbegrünung für die Pflege gut erreichbar. Außerdem können die Module schnell entfernt werden, indem der Dachpfleger einfach die Sicherungsstifte entfernt und die Module anhebt.

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