Flachdachanlagen sind für Handwerker und Planer inzwischen wieder zum alltäglichen Geschäft geworden. Denn die Nachfrage im Segment der gewerblichen Dachanlagen steigt wieder. Gerade dort ist das Flachdach gang und gäbe.
Die eigentliche Planung der Anlagen wird dank vielfältiger Auslegungsprogramme immer einfacher. Doch ist auch die vorherige Bewertung des Daches nicht zu unterschätzen. „Dabei geht es hauptsächlich um die Dachabdichtung, die durch die zusätzliche Last von Photovoltaik und Schnee auf der Dämmung stärker strapaziert wird“, erklärt Jens Helmich.
Verschiedene Lasten auf dem Dach
Helmich ist Vertriebsingenieur bei der Ernst Schweizer AG. Er hat zusammen mit Silke Kleeberg, Projektleiterin Anwendungstechnik Flachdach beim Dämmstoffhersteller Knauf Insulation, in einem Webinar mit photovoltaik detailliert gezeigt, worauf bei der Planung und der Auslegung zu achten ist.
Es geht um die verschiedenen Lasten, die auf die Dachkonstruktion und auf die Dämmung einwirken. Denn das zusätzliche Gewicht der Solaranlage darf die Werte nicht überschreiten, die der Dämmstoffhersteller als Belastung zulässt.
Dämmschicht nicht zu sehr eindrücken
Und auch die Schneelast muss berücksichtigt werden. „Der Schnee fällt in den Wintermonaten auf die Photovoltaikanlage und erzeugt dabei einen Druck, der über bestimmte Auflageflächen an die Dachhaut und die darunterliegende Dämmung weitergegeben wird“, erklärt Jens Helmich.
Wenn die Dämmung zu stark eingedrückt wird, ist die eigentliche Dachhaut langfristig gesehen gefährdet und kann undicht werden. „Deshalb muss der Planer darauf achten, dass die Stauchung der Dämmschicht einen gewissen Wert nicht übersteigt“, warnt Helmich.
Entscheidend ist dabei, dass die Dauerdruckfestigkeit der verbauten Wärmedämmung auf den entsprechenden Flächen nicht überschritten wird. Hier ist die Berechnung sehr unterschiedlich, je nachdem, welches Montagesystem genutzt wird. So arbeitet die Ernst Schweizer AG mit Lastverteilerplatten, auf denen die eigentliche Solaranlage steht.
Diese Platten können je nach Dauerdruckfestigkeit der Wärmedämmung unterschiedlich groß gewählt werden. Hat die Dämmung einen hohen Widerstand, reichen auch kleinere Lastverteilerplatten aus. Ist dieser Widerstand aber geringer, muss die Last auf einer größeren Fläche verteilt werden. Der Handwerker nutzt dann größere Lastverteilerplatten.
Eine grobe Orientierung
Im Falle eines Montagesystems, das auf Grundschienen steht, werden die Lasten eher linienförmig eingeleitet. Hier muss aber auch noch beachtet werden, dass die meisten Grundschienen noch mit Bautenschutzpads versehen sind. Diese sind in der Regel nicht über die gesamte Schienenlänge angebracht, um den Wasserablauf auf dem Dach nicht zu behindern. Deshalb darf bei solchen Systemen nur die Linienlast angesetzt werden, die über die tatsächliche Fläche der Bautenschutzpads auf die Dämmschicht einwirkt.
Doch das ist nur eine grobe Orientierung. Wichtig ist, welche konkreten Lastwerte die Planer und Handwerker ansetzen können, um das zusätzliche Gewicht auf die Dämmung zu berechnen. Außerdem ist es dabei wichtig, den richtigen Widerstandswert gegen zusätzliche Belastungen der Dämmung anzusetzen.
Dauerbelastung beachten
Denn die Anbieter der Dämmstoffe geben in der Regel eine Druckspannung bei zehn Prozent Stauchung an, die entsprechend der DIN EN 13162 gemessen wird. „Doch diese sagt überhaupt nichts über eine mögliche dauerhafte Belastung der Dämmung aus. Vielmehr kann es eigentlich nur ein Wert sein, um verschiedene Dämmstoffe miteinander zu vergleichen“, weiß Silke Kleeberg von Knauf Insulation.
Schließlich sind die Werte das Ergebnis einer Laborprüfung von Kurzzeitbelastungen. Das ist für eine Photovoltaikanlage auf dem Flachdach ungeeignet, die schließlich länger auf dem Dach steht und eher eine Dauerbelastung darstellt. „Wenn der Planer beispielsweise den Stauchungswert von zehn Prozent für eine 160 Millimeter dicke Mineralfaserdämmplatte zur Berechnung heranziehen will, dann würde das bedeuten, dass eine Stauchung von 16 Millimetern zulässig wäre. Das bedeutet, die Dacheindeckung würde eine sehr hohe Zugbelastung erfahren“, beschreibt Silke Kleeberg das Problem.
Lasten verteilen
Sie hat anhand des Sortiments von Knauf Insulation gezeigt, welche Dämmstoffe überhaupt geeignet sind, um darauf Photovoltaikanlagen zu bauen. Kleeberg verweist dazu auf die Flachdachrichtlinie. Sie verweist aber noch auf einen weiteren Aspekt, der im Zusammenhang mit der Belastung der Dämmung durch eine Solaranlage wichtig und auch in der Flachdachrichtlinie geregelt ist: die Verlegung lastverteilender Platten bei der Installation und der Wartung von Solaranlagen oberhalb der Wärmedämmung.
Schließlich wiegt eine Palette mit 20 Modulen durchaus bis zu 400 Kilogramm. Wenn diese nicht gut auf der Dämmung verteilt werden, kann es zu Schäden kommen. Denn selbst ein Handwerker, der über die Dämmung läuft, kann einen Schaden verursachen.
Lastverteilung integriert
Diese lastverteilenden Platten zur Installation und zur Wartung können temporär verlegt werden. Es gibt aber auch fertige Dämmplatten mit bereits aufkaschierter lastverteilender Schicht. Gerade für Dächer mit Solaranlagen hat Knauf Insulation beispielsweise eine Mineralwolldämmung entwickelt, in die eine sechs Millimeter dicke lastverteilende Platte als oberer Abschluss bereits integriert ist. Das ist nicht nur für die Installation und Wartung von Vorteil, sondern auch für die bessere Verteilung des zusätzlichen dauerhaften Gewichts der Solaranlage auf die gesamte Fläche der Dämmschicht.
Doch auch hier sind zehn Prozent Stauchung als Ansatz für die Berechnung der zusätzlichen Last zu viel. Die entscheidende Frage ist dann aber: Welchen Wert setzt der Planer an, um zu berechnen, wie hoch die zusätzliche Last durch die Solaranlage auf dem Dach sein darf, damit die Dämmung nicht zu stark eingedrückt und die Dachhaut nicht beschädigt wird? „Hier sollte die Stauchung über die gesamte Nutzungsdauer bei zwei bis drei Millimeter liegen, ohne eine Schädigung der Dachhaut zu provozieren“, sagt Silke Kleeberg. „Doch dafür gibt es bisher keine Prüfnorm – zumindest für Mineralfaserdämmstoffe. Das heißt, es sind aktuell noch eigene Modellbildungen durch die Hersteller erforderlich, bis die Norm entsprechend angepasst wurde.“
Widerstände definiert
Knauf Insulation hat diese Modellbildung schon weit vorangetrieben. Die Dämmstoffe des Unternehmens mussten jede Menge Prüfungen über sich ergehen lassen. Außerdem hat das Unternehmen eigene Berechnungen angestellt. Es ging dabei darum, wie hoch die Belastung der Dämmung bei einer vollflächigen, bei einer linienförmigen oder bei einer punktförmigen Lastverteilung sein kann, ohne dass das Material dauerhaft um mehr als drei Millimeter gestaucht wird. „Wir haben die Ergebnisse in Übersichtstabellen zusammengefasst, die wir den Planern und Handwerkern zur Verfügung stellen“, sagt Silke Kleeberg.
Diese Werte können für die Planung herangezogen werden. Wie das konkret berechnet wird, hat Jens Helmich im Anschluss anhand von verschiedenen Beispielen erläutert. Grundsätzlich addiert der Planer die verschiedenen Lasten wie das Gewicht des Montagesystems, der Module und der Ballastierung. Hinzu kommt noch die Last des Schnees. Jens Helmich betont, dass hier die Last in der Mitte des Daches angesetzt werden sollte, wo sie am größten ist.
Dach vorher sanieren
Danach wird diese Gesamtlast durch die Auflagefläche des Montagesystems geteilt. Liegt dieses Ergebnis unter dem Wert, den Knauf Insulation für den jeweiligen Dämmstoff ermittelt und in der Tabelle zusammengestellt hat, kann das System so gebaut werden wie geplant. Liegt der Wert darüber, muss die Last etwa mittels einer größeren Basisplatte besser verteilt werden. Andernfalls kann der Handwerker die Anlage nicht so bauen, wie er es geplant hat.
In diesem Zusammenhang verweisen Silke Kleeberg und Jens Helmich auch darauf, dass eigentlich ohnehin keine Solaranlage auf einem unsanierten Dach gebaut werden sollte. „Photovoltaikanlagen halten mindestens 25 bis 30 Jahre. Wenn eine Anlage auf ein Dach gebaut wird, das schon die ersten 20 Lebensjahre hinter sich hat, passt das einfach nicht mehr zusammen“, sagt Silke Kleeberg.
Das komplette Webinar inklusive der Lastberechnungen für verschiedene Montagesysteme und Regionen finden Sie zum Nachhören unter:
http://gentner.adobeconnect.com/p9ud0shj3bn5/
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