Viele neue Wohnbauprojekte entstehen in Braunschweig. Vor allem im westlichen Ringgebiet und am nördlichen Ringgleis ist ein wahrer Bauboom ausgebrochen. Ringgleis heißt die Trasse rings um die Innenstadt, die inzwischen zum beliebten und belebten Fuß- und Radweg ausgebaut wurde. Zeitgleich entstanden auf alten Fabrikflächen neue Stadtvillen, Einfamilienhäuser und Mehrgeschosswohnbauten.
Zu den 14 neuen Wohnquartieren gehören die Noltemeyer Höfe an der Hildesheimer Straße im westlichen Ringgebiet. Sie bestehen aus sechs Mehrfamilienhäusern mit insgesamt 242 Wohnungen.
Das Wohnquartier Noltemeyer Höfe hat eine Gesamtfläche von rund 16.000 Quadratmetern. Es entstand auf dem Gelände der früheren Papierfabrik Noltemeyer. Die Anordnung der sechs Mehrfamilienhäuser bildet mehrere Höfe, die der Anlage einen eigenen Charakter verleihen und die Sehnsucht der Bewohnerinnen und Bewohner nach Grünraum erfüllen.
Die hellen und hochwertigen Wohneinheiten verfügen über einen Balkon, eine Loggia, eine Terrasse oder eine Dachterrasse und damit über eine enge Verbindung zwischen Innen- und Außenraum. Diese Offenheit steigert den individuellen Wohnkomfort genauso wie die bodentiefen Fenster, die freien Blick nach draußen eröffnen und viel Licht garantieren. Außen verschwinden 232 Tiefgaragenstellplätze unsichtbar unter Rasenflächen, Bäumen, Sträuchern, Hecken und Bodendeckern nebst Geh- und Fahrbelägen, welche auch 22 Außenstellplätze inkludieren.
Schutz vor Hochwasser inklusive
Diese Landschaftsplanung oblag den Unternehmen IBF Felling beratende Ingenieure Partnerschaft und Grünkonzept Landschaftsarchitekten, Dipl.-Ing. Klaus Deppe. Klare Linien und Formen dominieren und spiegeln den modernen Charakter der Architektur. Indes spielt neben der Optik ein ganz anderer, unsichtbarer Nutzen die eigentliche Hauptrolle.
Der technische Clou liegt im verwendeten Systemaufbau von Zinco auf der Dachfläche der Tiefgarage. Sie wurde mit Retentions-Gründach konzipiert, das im Falle von Starkregen große Wassermengen speichert und zeitverzögert in die Kanalisation abfließen lässt. Spezielle Retentionsspacer-Elemente RSX 80 und regulierbare Drosselelemente bilden das technische System.
Mehrschichtiger Aufbau
Auf der Grundlage einer wurzelfesten Dachabdichtung – aufgebracht im Heißbitumenverfahren – wurden zunächst auf der Gesamtfläche von 5.780 Quadratmetern die stabile Trenn- und Gleitfolie TGF 20 in überlappenden Bahnen sowie das Vlies Systemfilter PV als Schutzlage verlegt. Darauf folgten die 0,60 Meter mal 0,60 Meter großen und 80 Millimeter hohen Retentionsspacer-Elemente RSX 80.
Diese Elemente sind bis zu 50 Tonnen pro Quadratmeter belastbar und daher auch für Fahrbeläge geeignet. Über Verbinder ließen sie sich untereinander fixieren. Die objektspezifische Sonderanfertigung von 80 Millimeter Höhe erlaubt ein maximales Anstauvolumen von etwa 76 Liter pro Quadratmeter.
Beläge und Grünflächen
Bezogen auf die Gesamtfläche ergibt sich ein errechnetes Anstauvolumen in den Retentionsspacern von 439.280 Litern Wasser. Diese enorme Menge fließt über einen vordefinierten Zeitraum (etwa 24 Stunden) in die Kanalisation ab. Eingestellt wird der Abflussvolumenstrom über gegeneinander verschiebbare Ringe der Drosselelemente, welche auch als Überlauf fungieren.
Auf die Retentionsspacer folgten vollflächig der mechanisch hochbelastbare Systemfilter PV und je nach Nutzungsvariante der weitere Systemaufbau. Für 2.320 Quadratmeter Begrünung kamen im Mittel 20 bis 30 Zentimeter Zincolit Plus als Untersubstrat und 30 Zentimeter Systemerde auf die Tiefgarage.
Stabiler Unterbau
Dank des stabilen Unterbaus, der die Abdichtung schützt, war das Befahren der Dachfläche zur Substrataufbringung mit dem Bagger problemlos möglich. Für 790 Quadratmeter Gehbeläge folgten auf den Systemfilter PV 20 bis 30 Zentimeter Sand-Stein-Gemisch als Frostschutz, 20 Zentimeter Schotter als Tragschicht in einer Korngröße von bis zu 32 Millimetern sowie fünf Zentimeter Splitt. Auf dieser Bettung ist ein acht Zentimeter dickes Rechteckpflaster im Verband verlegt.
Befahrbare Wege
Diese Dimensionierung und Verlegeart wählte man auch für die 1.940 Quadratmeter Fahrbeläge. Der spezielle Fischgrätverband beugt Pflasterverdrehungen vor, die durch das Befahren von Autos, Müllfahrzeugen oder der Feuerwehr entstehen können.
Darunter befindet sich mit 40 bis 60 Zentimetern eine höhere Schottertragschicht sowie eine fünf Zentimeter starke Bettung aus Splitt. Auf der Aufstellfläche für die Feuerwehr wurden Rasengittersteine verlegt. Solche versickerungsaktiven Flächen gewährleisten bei Starkregen die zügige Entwässerung der Oberfläche.
Vielfältige Pflanzenauswahl
Solitärbäume und Sträucher inmitten ausgedehnter Rasenflächen verleihen dem Wohnquartier einen offenen und weiträumigen Ausdruck. So wachsen auf dem Gelände insgesamt 20 verschiedene Baumarten und Sträucher mit verschiedenen Blütenfarben und Blühzeiten.
Mit Magnolien, Edelflieder, Japanischer Blütenkirsche, Zierapfel und dem Gemeinen Schneeball seien nur einige genannt. Dazu kommen fünf verschiedene Ahornarten.
Zusammen mit den Bodendeckern Hartriegel und Heckenkirsche ergibt sich ein harmonisch strukturiertes Gesamtbild. Inmitten des Grüns laden Sitzbänke und Spielplatzgeräte zum Aufenthalt ein. Eine bunte Vielfalt an Sedumpflanzen ergänzt auf der Oberseite der Tiefgarageneinfahrt das optische Bild.
Dort befindet sich eine etwa acht mal 14 Meter große und 14,3 Prozent geneigte Rampe, die den Systemaufbau „Schrägdachbegrünung“ von Zinco mit Floraset FS 75 trägt. Hier folgte auf die Heißbitumenabdichtung zunächst die Bewässerungs- und Schutzmatte BSM 64, das Dränelement Floraset FS 75 aus EPS-Hartschaum und die Systemerde „Steinrosenflur“. Danach kamen die Sedum-Sprossen zur Aussaat.
Solar und Grün kombiniert
Die sechs Mehrfamilienhäuser stehen nicht nur inmitten der vielfältig gestalteten Tiefgaragenbegrünung, sondern tragen ihrerseits grüne und nachhaltige Dächer. Insgesamt 2.500 Quadratmeter wurden extensiv begrünt und mit 1.300 Quadratmetern Photovoltaik kombiniert.
Spezielle Solarbasisplatten SB 200 von Zinco tragen die Solargrundrahmen SGR zur Aufständerung der Solarmodule. Sie wurden in den Begrünungsaufbau integriert und werden von dessen Auflast gehalten. Das erübrigt Dachdurchdringungen.
Auf einen Blick
Bautafel der Noltemeyer Höfe in Braunschweig
Bauherr: Caja 16 Projekt (Bocholt)
Generalunternehmer: Schmeing Bau (Bocholt)
Architekt: Phase 5 (Düsseldorf)
Landschaftsarchitekt: IBF Felling beratende Ingenieure Partnerschaft (Dülmen), Grünkonzept Landschaftsarchitekten, Dipl.-Ing. Klaus Deppe (Coesfeld)
Tiefgaragendecke: ca. 5.780 m²
Begrünungsaufbau: Systemaufbau „Retentions-Gründach“ mit Retentionsspacer RSX 80
Dachabdichtung: Holl Flachdachbau (Salzgitter)
Dachbegrünung: Straßen- und Tiefbau Urban (Rethen)
Systemlieferant: Zinco (Nürtingen)