Der Erfolg der Photovoltaik hängt nicht allein mit dem ökologischen Bewusstsein von Hauseigentümern und Unternehmen zusammen, sondern auch mit den in den vergangenen Jahren drastisch gesunkenen Kosten. Auf der diesjährigen österreichischen Photovoltiak- und Speichertagung am 2. und 3. Dezember 2020 wurde deshalb die Frage diskutiert, wie eine Balance zwischen Zuverlässigkeit und niedrigen Kosten gehalten wird. „Die Installationsbetriebe in Österreich sind nahezu voll ausgelastet, es gibt kaum Monteure, die freie Ressourcen haben. Und trotzdem sinken die Preise, so dass derzeit oftmals keine normgerechte Auslegung und Installation der Anlage mehr möglich ist“, beschreibt Thomas Becker, Geschäftsführer des Systemanbieters ATB-Becker Photovoltaik GmbH aus Absam in Tirol die Situation. „Gleichzeitig mit den sinkenden Preisen steigen die normativen Anforderungen an die Photovoltaikanlagen. Das ist eine Entwicklung, die nicht ewig so weitergehen kann. Wir kommen jetzt schon in einen Bereich, in dem wir inzwischen teilweise von Fahrlässigkeit sprechen können.“
Qualität steht auf der Kippe
Er verweist auf die vielen Schäden, die aufgrund von Installationsfehlern auftreten, die zu den möglichen Produktfehlern hinzukommen. Das liegt aber nicht daran, dass die Handwerker nicht wissen, wie eine normgerecht installierte Anlage aussehen muss. Es liegt oftmals daran, dass für eine normgerechte und qualitativ hochwertige Installation das Geld nicht ausreicht, da ansonsten die zu hoch gesteckten wirtschaftlichen Erwartungen des Kunden nicht erfüllt werden können.
Planungskette steht auf dem Kopf
Becker führt das darauf zurück, dass die gesamte Projektkette – vor allem wenn es um Solaranlagen als Investitionsprodukt geht – auf den Kopf gestellt wird. Normalerweise beginnt die Umsetzung einer Solaranlage bei der Projektidee und der Planung. Erst am Ende ergibt sich aus der Ausschreibung und der Umsetzung eine Wirtschaftlichkeit. Doch inzwischen fangen viele Photovoltaikprojekte mit einer Renditevorstellung der Investoren an. Dann muss sich die Auslegung und Installation der Anlage einem daraus ermittelten Maximalpreis unterordnen, bei dem die Qualität der Installation nicht mehr im Mittelpunkt steht.
Bei Fehler muss Handwerker nachbessern
Becker verweist darauf, dass die Kosten hinterher steigen, wenn die Qualität der Installation nicht mitgedacht wird. „Denn wenn der Betreiber die Anlage abnehmen lässt – beispielsweise vom TÜV – kommen die Fehler ans Licht. Dann muss der Handwerker nacharbeiten, was die Marge des Handwerksbetriebs auffrisst“, erklärt Thomas Becker. „Wenn die Anlage nicht abgenommen wird, bleiben die Fehler unentdeckt und führen später zu Fehlfunktionen mit entsprechenden Risiken.“
Wirtschaftliche Anlagen normgerecht errichten
Er fordert deshalb, dass die Photovoltaik für die gesamte Wertschöpfungskette wirtschaftlich bleiben muss, nicht nur für die Investoren. Auch die Industrie und die Handwerksbetriebe müssen im Blick bleiben. Schließlich können wirtschaftliche Anlagen auch normgerecht errichtet werden, so dass sie zuverlässig Strom produzieren, wenn die Renditeerwartungen nicht allzu überzogen sind. Das zeigt die Vielzahl der Anlagen, die mit hoher Qualität installiert werden. „Es ist legitim, dass die Investoren ihre Renditevorstellungen haben“, sagt Becker. „Aber bei einer Anlage, die in Österreich für 500 oder 600 Euro pro Kilowatt installiert wird, ist allein der Investor der Nutznießer, sofern die Anlage lange genug funktioniert.“ In diesem Preisbereich ist oft eine normgerechte Umsetzung nicht mehr möglich.
Energiekosten als Grundlage nehmen
Denn auch das müssen die Investoren bei ihrer Renditeerwartung beachten. „Denn das Problem ist, dass die Wirtschaftlichkeit der Anlagen auf der Basis von Systemkosten berechnet werden und nicht anhand der Kosten der produzierten Energie“, sagt Ralph Gottschalg vom Fraunhofer-Center für Silizium-Photovoltaik (CSP), mit Blick auf die Renditeerwartung der Investoren. „Wenn die Anlage aber nicht lange genug funktioniert und vorher abgebaut werden muss, dann steigen die Kosten für die Energie, je kürzer der Generator am Netz ist. Wenn der Investor aber von vornherein die Kosten der Energie zur Wirtschaftlichkeitsberechnung heranzieht, ist die Qualität der Installation mit inbegriffen.“
Ausbildung von Fachkräften notwendig
Thomas Becker fordert aber auch die Ausbildung von Fachkräften, die dringend gebraucht werden und normgerecht Solaranlagen errichten können müssen. Vera Immitzer, Geschäftsführerin von PV Austria verweist dazu auf das umfangreiche Weiterbildungsprogramm, das der Verband zusammen mit dem TÜV Austria organisiert hat. Neben einem fünftägigen Kurs zur Ausbildung von zertifizierten Photovoltaiktechnikern führt der Verband zusammen mit dem TÜV eintägige Seminare zu den Grundlagen der Photovoltaikinstallation inklusive der Wirtschaftlichkeitsberechnung durch. Dazu kommen noch Seminare zur Normenlandschaft und neu auch ein zweitägiger Kurs, bei dem es ausschließlich um die mechanische Montage von Photovoltaikanlagen geht. Als weitere Schulungsanbieter im PV-Bereich in Österreich wären hier noch das AIT und das WIFI anzuführen. (su)