In immer mehr Ländern handelt die Politik auf der Basis von festgesetzten Ausbauszenarien für erneuerbare Energien, um den wachsenden Energiebedarf in ihren Staaten zu decken. Das gilt vor allem für die Schwellen- und Entwicklungsländer, die erneuerbare Energien als inzwischen preiswerte Alternative zu teuren und umweltschädlichen Erzeugungsanlagen sehen, weil diese mit fossilen oder atomaren Kraftstoffen angetrieben werden.
Aber auch die Industrieländer müssen dringend etwas dafür tun, um ihren Ausstoß an Treibhausgasen zurückzuschrauben. Zudem ist die Abhängigkeit von fossilen Treibstoffen, deren Vorkommen immer mehr schwindet, keine gute Basis für wirtschafts- und industriepolitisches Handeln.
Deshalb haben die meisten Länder inzwischen auch verschiedene Unterstützungssysteme entwickelt, um den Ausbau vor allem der regenerativen Stromerzeugung zu forcieren. Dabei dominierten in den ersten Jahren dieses Jahrtausends vor allem die Einspeisevergütung nach deutschem Vorbild. Doch schon früh haben eine Reihe von Staaten andere Fördersysteme favorisiert. Dazu gehören neben den Verpflichtungen der Energieversorger, einen immer größeren Anteil an Ökostrom in ihren Strommix aufzunehmen, vor allem die Ausschreibungen.
Preis oder Lieferung ausgeschrieben
Hier gibt es zwei grundlegend verschiedene Möglichkeiten der Ausschreibung, die in vielen Ländern sogar noch parallel angewandt werden. So besteht zum einen die Möglichkeit, Erzeugungsleistung auszuschreiben. Dabei geht es vor allem darum, ein vorher festgelegtes Zubauvolumen zu erreichen und den Strom aus diesen Anlagen möglichst zu einem geringen Preis vergüten zu müssen. Die Energie wird dabei ausschließlich ins Netz eingespeist. Diese Version ist zum Beispiel in Deutschland etabliert.
Bei einer zweiten Variante geht es um die Ausschreibung von Stromlieferungen. Das können entweder Lieferungen an einen direkten Verbraucher oder Energieversorger sein, wie es in den USA gang und gäbe ist. Auch die Ausschreibungen für die einzelnen Ausbaustufen der bisher größten geplanten Solaranlage in Dubai sind auf dieses Ziel ausgerichtet. Oder der Anlagenbetreiber bekommt für die Energielieferungen eine vorher festgelegte Marktprämie, wenn er den gesamten Strom ins allgemeine Netz einspeist. Ein solches System hat unter anderem Polen gerade eingeführt.
Partnernetzwerk aufbauen
Die Internationale Agentur für Erneuerbare Energien (Irena) gibt an, dass zwischen 2005 und Anfang 2015 die Zahl der Länder, die entweder Anlagenleistung oder Ökostromlieferungen ausschreiben, weltweit von sechs auf 60 gestiegen ist. Diese wachsende Zahl von Ländern, die Auktionen durchführen, in Kombination mit den verschiedenen Ausschreibungsvarianten und den verschiedenen Möglichkeiten, wie die Kriterien für solche Ausschreibungen aussehen, machen das System extrem unübersichtlich. Deshalb muss sich ein Projektierer, der am Markt bestehen will, intensiv mit diesem Thema auseinandersetzen. Denn inzwischen stagniert die Zahl der Länder, die eine feste Einspeisevergütung zahlen. Außerdem sinken die Tarife stetig – die Anlagenkosten aber auch.
Mit Partner vor Ort zusammenarbeiten
Die unübersichtliche Zahl an Ländern mit Ausschreibungen ist schon die erste Hürde, die ein Projektierer nehmen muss, wenn er sich an dieses Thema heranwagt. Schon deshalb bietet es sich an, im Vorfeld ein Netzwerk an Partnern vor Ort aufzubauen, die genau wissen, wer wann und in welcher Form Ökostromeinspeisung oder Erzeugungsleistung ausschreibt. Darüber hinaus werden die Ausschreibungen öffentlich über die Entwicklungsbanken ausgeschrieben.
Je nach Ausschreibung wird ein lokaler Partner als Bedingung genannt. Dann wird in der Regel ein Konsortium gebildet, das der lokale Partner führend leitet, während der Projektierer in Europa vor allem die einschlägigen Referenzen, Ingenieursdienstleistungen, Planungen und die technische Beratung im Projekt übernimmt. Diese Aufteilung ist sinnvoll, denn die Gegebenheiten vor Ort sind extrem unterschiedlich, und ein einheimisches Unternehmen kennt natürlich die Prozeduren und Ansprechpartner bei der administrativen Abwicklung.
Ein solches Gebotsverfahren kann sich sehr lange hinziehen, und es ist nicht immer transparent, wie das Ergebnis der Ausschreibung zustande kommt. Oft werden überhaupt keine Ergebnisdetails veröffentlicht, sondern nur der Gewinner benachrichtigt, dass er mit dem Bau der Anlage beginnen kann.
Viel Zeit einplanen
Die Beteiligung an einer Auktion kann nicht nur für den Partner vor Ort, sondern auch für den Projektierer sehr aufwendig sein. Teilweise werden hohe Gebühren für die Versendung der Ausschreibungsunterlagen verlangt. Je nach Größe des Projekts können für den Projektierer allein für die Aufbereitung der Unterlagen 50 bis 100 Arbeitsstunden zusammenkommen. Denn die große Herausforderung in diesem Teil des gesamten Verfahrens ist, dass jede Ausschreibung verschieden ist.
Es gibt zwar gewisse Vorlagen und Formulare, die die ausschreibenden Entwicklungsbanken, Behörden oder Unternehmen veröffentlichen. Doch diese sind wiederum von Land zu Land, von Unternehmen zu Unternehmen sehr unterschiedlich. So kann der Projektierer sich nur bedingt vorbereiten und muss bei fast jeder Ausschreibung wieder komplett von vorn beginnen. Dazu kommt noch das Risiko, dass diese Arbeit umsonst ist, da es überhaupt keine Garantie gibt, die Ausschreibung auch zu gewinnen. Schon allein deshalb ist es für einen mittelgroßen Projektierer nicht ratsam, die Finanzierung des Projekts zu übernehmen. Vielmehr sollte er sich einen finanzstarken Partner suchen.
Kriterien genau beachten
In der Regel fängt die Ausschreibung mit einer sogenannten Expression of Interest (EoI) an. In dieser Phase müssen die ersten Formulare bereits fertiggestellt werden. Denn hier geht es darum, dass der Projektierer sich und sein Konzept vorstellt. Dabei ist es wichtig, dass die vorher von Ausschreibenden festgelegten Kriterien erfüllt werden. Diese Kriterien können sehr unterschiedlich sein. Manchmal ist es Voraussetzung, dass der Bieter kein Konsortium aus mehreren Unternehmen ist, sondern der Ausschreibende es nur mit einem Ansprechpartner zu tun hat. In den meisten Fällen kann aber ein Konsortium aus zwei bis drei Unternehmen gebildet werden, wobei dann ein Unternehmen das Konsortium anführt und alle Kriterien erfüllen muss.
In jedem Fall verlangen die Ausschreibenden von den Bietern einen gewissen Jahresumsatz, um sicherzugehen, dass sich das Unternehmen mit dem Projekt finanziell und organisatorisch nicht übernimmt. Zudem werden Referenzen von abgeschlossenen Projekten der vergangenen drei Jahre gefordert. So kann der Ausschreibende überblicken, ob das Unternehmen auch tatsächlich in der Lage ist, technisch das Projekt so durchzuziehen, wie es in der EoI steht.
Nichts geht ohne Sprachkenntnisse
Ein wichtiger Punkt für das projektierende Unternehmen ist, dass auch die Sprachkompetenzen abgedeckt sind. Oft werden die internationalen Ausschreibungen in englischer, französischer oder spanischer Sprache abgewickelt. Generell gilt aber, ein Projekt in einem Land zu beginnen, dessen Sprache niemand im Unternehmen spricht, bleibt sperrig und extrem riskant.
Allerdings kann man diese Sprachkompetenz auch wieder mit dem Partner vor Ort abdecken, der ohnehin für jedes Projekt gefunden werden sollte. Für die Solarpraxis Engineering zumindest wäre es ein Ausschlusskriterium, wenn es keinen lokalen Partner gibt, der im eigentlichen Ausschreibungsverfahren auftritt. Mit diesem Partner ist es auch möglich, eventuell geforderte Local-Content-Vorgaben zu erfüllen. Diese gelten in vielen Ländern. Dabei geht es unter anderem darum, die Expertise der Photovoltaikindustrie im eigenen Land zu stärken. Auch geht es darum, die Wertschöpfung zumindest bis zu einem gewissen Grad vor Ort zu generieren.
Außerdem gelten in einigen Ländern besondere Anforderungen an die Komponenten, die mit entsprechenden Zertifikaten abgedeckt sein müssen. Schon weil es preiswerter ist, eine Anlage mit einem Partner vor Ort zu bauen, sollten, um als Bieter konkurrenzfähig zu bleiben, keine eigenen Monteure aus Deutschland für mehrere Wochen oder Monate auf die Baustelle geschickt werden. Dabei ist allerdings Voraussetzung, dass es die entsprechend ausgebildeten Monteure und Ingenieure auch vor Ort gibt.
Gebote in El Salvador bewertet
Nachdem die EoI abgegeben ist, findet eine Vorauswahl statt. Projektierer, die es mit ihrem Konzept in die Endauswahl schaffen, können dann ein konkretes Konzept für die ausgeschriebene Anlage oder ein Projekt mit der ausgeschriebenen Leistung abgeben. Sie stellen das gesamte technische, kaufmännische und finanzielle Konzept ihrer geplanten Projekte detailliert dar. Dazu müssen die Projektierer vorher die Anlage komplett durchplanen, inklusive aller Komponenten, der Installationsleistung und einer Ertragsprognose. Das geht bis hin zu einem kompletten Plan für die Modulbelegung, um zu prüfen, wie viel Leistung überhaupt am ausgewählten Standort errichtet werden kann. Zu welchen Kosten er das tun kann, stellt er mit einem Investitionskostenplan dar.
Am Ende muss ein Preis feststehen. Hier hängt es vom Ausschreibungsmodell ab, ob dies ein Preis für die installierte Anlagenleistung oder den vom Photovoltaikgenerator erzeugten Strom ist. Mit dem Preis und dem dahinterstehenden technischen Konzept geht der Projektierer in die eigentliche Auktion. Dabei prüft ein Berater, ob die ganze Planung stimmig ist, die gesamten Unterlagen vorhanden und die vorher festgelegten Kriterien erfüllt sind. Da muss ein Konzept für eine Solaranlage plausibel und gut beschrieben und mit entsprechenden Kosten- und Zeitplänen untermauert sein.
Im Jahr 2014 haben die Planer der Solarpraxis Engineering hier einen tiefen Einblick erhalten, als sie die technische und finanzielle Dokumentenprüfung für den Nationalen Energierat in El Salvador übernommen haben. Dabei ging es um die Bewertung von Konzepten für Photovoltaikanlagen, für die in einer Ausschreibung Stromlieferverträge versteigert wurden. Insgesamt hatte die Energiebehörde in San Salvador 120 Megawatt Solarstrom- und 40 Megawatt Windkraftleistung ausgeschrieben. Die Mindestleistung einer Photovoltaikanlage sollte dabei fünf Megawatt betragen.
Alle Einzelheiten überprüft
Insgesamt gingen 55 Gebote für Solaranlagen mit einer Leistung zwischen fünf und 60 Megawatt ein. Die Grundlage für die Prüfung waren die Dokumente, in denen die technische Umsetzung beschrieben war. So mussten die Gutachter prüfen, ob die Wechselrichter allen gültigen Normen und die anderen Komponenten den vorher festgelegten Standards entsprachen, ob die Trafostationen die örtlichen Normen erfüllten und die Anlage allgemein vernünftig geplant war. Dazu kam noch eine Prüfung, ob die Energieerträge auch richtig berechnet wurden.
Am Ende wurden die Konzepte aus der Auktion ausgeschlossen, die den prüfenden Augen der Ingenieure der Solarpraxis Engineering nicht standgehalten hatten. Für die restlichen Anlagen ging es dann um den niedrigsten Preis, zu dem der Strom aus der Anlage geliefert werden konnte.
Niedrige Preise durchsetzen
Die Ausschreibungen vor allem außerhalb Europas und der USA bieten den Vorteil, dass viel niedrigere Preise durchgesetzt werden können. Denn es müssen keine Strafzölle auf irgendwelche Komponenten gezahlt werden, und es gelten auch keine Mindestverkaufspreise, sodass der Projektierer in solchen Ländern von der Preisentwicklung auf dem Weltmarkt profitieren und diese im Projekt mit einrechnen kann.
Allerdings sollte der Projektierer hier reale Preise und vor allem Preisentwicklungen ansetzen. Denn wie lange sich die Projekte von der Abgabe einer EoI bis zum Zuschlag und bis zur Realisierung hinziehen, kann von Land zu Land stark variieren. Es kommen mit den gesamten Genehmigungsverfahren nicht selten drei Jahre zusammen. Diese Zeit muss in den gesamten Investitionsplan mit eingerechnet werden. Denn auch Wartezeit kostet Geld. Schließlich müssen die Projekte bis zu einem bestimmten Stadium bereits entwickelt sein, das Land, auf dem die Anlage stehen wird, muss gesichert sein, und auch die Vorarbeiten für die Ausschreibung sind kostenintensiv.
Je länger sich die Zeit zwischen EoI und Baubeginn hinzieht, desto eher kann der Projektierer mit weiteren Preissenkungen der Komponenten rechnen. Dabei ist aber äußerste Vorsicht geboten. Zwar gibt es reichlich Erfahrungen, wie sich die Preise vor allem für Module entwickelt haben und wie sie sich voraussichtlich in den kommenden Jahren weiter entwickeln werden. Aber ob diese Preisentwicklung tatsächlich eintritt, ist nicht garantiert. Also ist es besser, etwas vorsichtiger zu rechnen, statt später den Strom zu einem Preis liefern zu müssen, mit dem die Anlage nicht wirtschaftlich betrieben werden kann.
Mit Standardkomponenten kalkuliert
Deshalb gehen die Planer der Solarpraxis Engineering immer von Standardkomponenten aus, wenn in den Ausschreibungen nicht explizit etwas anderes verlangt wird. Denn bei manchen Auktionen gibt der Ausschreibende Einschränkungen hinsichtlich der zu verwendenden Technologie vor. Ist das nicht der Fall, wird in der Regel mit einem kristallinen Modul mit einer Leistung von 280 bis 300 Watt kalkuliert. Das ist eine Leistungsklasse, die in den kommenden Jahren zum Standard wird. Die Preisentwicklung hängt von der voraussichtlichen Laufzeit der Ausschreibung bis zum Baubeginn ab und kann deshalb nur eine grobe Abschätzung sein.
Natürlich muss der Projektierer auch einen Strom- oder Anlagenpreis bieten, der in der Ausschreibung wettbewerbsfähig ist. Da muss sehr knapp kalkuliert werden. Hier muss der Projektierer den Spagat schaffen, mit einem möglichst niedrigen Preis die teilweise sehr hohen Anforderungen der Ausschreibenden zu realisieren und dabei auch selbst noch wirtschaftlich zu bleiben.
Dabei ist allerdings der Strompreis oft nicht das alleinige Kriterium. Vielmehr spielt auch nicht selten das technische Konzept eine mitentscheidende Rolle. Die Gewichtung der beiden Kriterien bei der Entscheidung ist von Fall zu Fall unterschiedlich. Die Erfahrungen der Solarpraxis Engineering aus zahlreichen Ausschreibungen weltweit haben allerdings gezeigt, dass ein technisch gut durchdachtes Angebot auch bei einem etwas höheren Preis gute Chancen auf den Zuschlag hat.
Der Autor
Fabian Krömke
ist Qualitätsmanager bei der Solarpraxis Engineering GmbH in Berlin. Er ist IPMA-zertifizierter Projektmanager (Level C) und hat schon an zahlreichen nationalen und internationalen Ausschreibungen als Berater teilgenommen.