Immer mehr Dächer von Schulgebäuden und Turnhallen werden mit Photovoltaikanlagen bestückt. Wie bei privaten Kleinanlagen oder auch Großanlagen im Gewerbe geht es dabei immer öfter darum, einen großen Anteil des produzierten Stromes selbst zu verbrauchen. Das war auch das erklärte Ziel beim Neubau einer Schulsporthalle in Kornwestheim. Der Bauherr, die Stadt Kornwestheim, plante den Bau einer Sport- und Veranstaltungshalle am Ernst-Siegle-Gymnasium.
Statik für ballastierte Anlage
Von Anfang an wurde das Flachdach in der Traglast für eine spätere ballastierte Anlage ausgelegt. Jedoch war bei Beginn der Planungsarbeiten noch nicht entschieden, ob die Anlage sofort oder erst später errichtet werden sollte. Doch schließlich ging alles sehr schnell. Die Solaranlage sollte sofort im Rahmen des Neubaus installiert werden. Beauftragt wurde die Firma Ensolar.
Rouven Hecke ist dort Geschäftsführer. Seinen Einstieg in der Firma hatte er als Planer und Projektierer, daher kennt er die relevanten Simulationsprogramme sehr gut. Besonders anspruchsvolle Anlagen plant er auch heute gerne selbst. Inzwischen hat er mit seinen Kollegen rund 1.000 Anlagen geplant und realisiert. Er ist erfahren im Umgang mit dem Programm PV Sol, alle Projekte plant er damit. „Im Laufe der Jahre habe ich mir auch immer wieder andere vergleichbare Programme angeschaut, zum Umstieg konnte mich bisher keines bewegen“, berichtet Hecke und erzählt von den Herausforderungen beim Projekt in Kornwestheim.
Mehrere Schattenquellen
Am Standort der Schule gibt es ein kleines Arealnetz. Eine Tiefgarage, zwei Turnhallen, eine davon auch als Veranstaltungshalle genutzt, und das Schulgebäude gehören zu diesem Netz. Auch ein Marktplatz wird an Markttagen aus dem Arealnetz versorgt. Da Eigenverbrauch geplant war, wurde das Lastprofil des Arealnetzes an den Projektierer übergeben.
Von Anfang an war klar, dass die Verschattung das Durchrechnen mehrerer Varianten notwendig machen würde. Zum einen gibt es Bäume an der Südseite des Gebäudes und ein bereits vorhandenes Gebäude im Osten. Zusätzlich sollte das neue Gebäude ein Kuppeldach erhalten, auch eine Schattenquelle. Das Kuppeldach wurde übrigens in der Planung aus zwei Elementen zusammengesetzt, die im virtuellen Baukasten des Programms zu finden sind, einem Einzelsheddach und einer Brandmauer. Die Baumschatten wirken sich vor allem am Nachmittag aus. Der Kuppelaufbau verschattet am Vormittag den westlichen Anlagenteil, am späteren Nachmittag den östlichen.
Vorgegebene Amortisationszeit
In der Planung wurden eine Standard-Südbelegung und ein Ost-West-System simuliert. Rouven Hecke erinnert sich: „Wir haben eine Ost-West-Ausrichtung simuliert, aber auch eine komplette Ostausrichtung, um den Vormittagsverbrauch der Schule zu optimieren. Mit einer Ost-West-Ausrichtung hätten wir noch mehr Kilowattpeak aufs Dach bekommen.“ Weil aber nur ein bestimmtes Budget zur Verfügung stand, kam es dann zur Südausrichtung mit einer Reihe aufgeständerter, nach Osten ausgerichteter Module.
Auf der Westseite, sozusagen hinter dem Kuppelaufbau, gibt es ebenfalls nach Süden ausgerichtete Module, allerdings entlang des Kuppelaufbaus keine spiegelbildlich nach Westen aufgeständerte Reihe. Das Stromlastprofil ergab hierfür einfach keinen Bedarf. Und eine weitere Vorgabe des Bauherrn gab an dieser Stelle vielleicht den Ausschlag: Die Investition sollte sich über den Zeitraum von sieben Jahren amortisieren.
Einzelmodule bei Planung verschalten
Die Wirtschaftlichkeitsberechnung führt Ensolar allerdings nicht in PV Sol durch. Das Team benutzt dazu gern ein eigenes Programm, das die Daten anders aufbereitet und grafisch darstellt als PV Sol. So können die Aspekte besser herausgestellt werden, die dem jeweiligen Auftraggeber besonders wichtig sind. Allerdings werden die Simulationsdaten aus PV Sol für diese Aufbereitung verwendet.
Bei der realisierten Anlage sind Module vorhanden, die unterschiedlich starke Verschattungen aufweisen. Deshalb sollten jeweils gleichartig verschattete Module auf einen MPP-Tracker verschaltet werden. Da dies auch Einzelmodule einer Modulreihe betraf, musste Rouven Hecke in diesem Fall die Reihen getrennt aufbauen.
Eine besondere Herausforderung war vor allem eine Vorgabe der Architekten. Sie wollten eine unsichtbare Anlage, sprich, die Anlage sollte nicht vom Boden aus sichtbar sein. „Ich kenne keine Architekten, die Photovoltaik gut finden“, das ist das knappe Statement von Rouven Hecke auf die Frage, weshalb Architekten solche Vorgaben wohl machen. Die Anlage wurde deshalb weiter als nötig von den Rändern des Daches weg geplant und nicht so hoch aufgeständert.
Da das Dach als Gründach geplant war, wäre die ideale Höhe für die Aufständerung 30 Zentimeter gewesen. Doch aufgrund der gewollten Unsichtbarkeit ging man schließlich auf 18 Zentimeter herunter.
Zusätzlich war die Attika von den Architekten relativ hoch geplant. Anschließend simulierte Hecke in PV Sol eine Darstellung im Programmbereich „Terrainansicht“ von unten aus verschiedenen Perspektiven, um den Architekten zu zeigen, dass ihr Bauwerk nicht sichtbar von einer Solaranlage gekrönt wird.
Zusätzliche Sekuranten angebracht
In den Entwürfen der Architekten standen auch die Sekuranten fest. Eine weitere Hürde, zumindest in der Planung. Denn zwischen die Sekuranten die Module zu platzieren, ohne zu viel Verschattung in Kauf nehmen zu müssen, war viel Detailarbeit. Im Ergebnis haben die Modulreihen unterschiedliche Reihenabstände. Immer dort, wo ein Sekurant angebracht ist, hat die nachfolgende Modulreihe einen größeren Abstand zur vorherigen.
Die Abstandsberechnung der Modulreihen erfolgt in PV Sol auf Basis des niedrigsten Sonnenhöchststandes des Jahres. Das heißt konkret: Weil am 21. Dezember, zwölf Uhr, der niedrigste Sonnenhöchststand gegeben ist, simuliert das Programm für diesen Zeitpunkt die Verschattung der Modulreihen untereinander. Der Reihenabstand wird schließlich so vom Programm vorgeschlagen, dass die Reihen sich zu diesem Zeitpunkt nicht gegenseitig verschatten.
Schließlich musste auch ein Sicherheitsbeauftragter zur Planung sein Okay geben. Er sollte darüber urteilen, ob die Sekuranten nach Montage der Module noch entsprechend ihrem Verwendungszweck genutzt werden können.
Sein Urteil führte schließlich dazu, dass noch einmal vier Sekuranten zusätzlich angebracht wurden. In PV Sol variierte Hecke die Reihenabstände der Module deshalb mehrfach, bis schließlich eine für alle Seiten befriedigende Lösung gefunden war.
Eigenverbrauch schwankt stark
Im Oktober 2014 ging die Anlage in Betrieb, verbaut wurden Module des Herstellers Heckert Solar und zwei Wechselrichter von SMA mit je zwei MPP-Trackern, die im Keller eines benachbarten Gebäudes stehen. Übers Jahr werden nun rund 70 Prozent des Stroms selbst verbraucht, 30 Prozent werden ins Netz eingespeist, wobei dieses Verhältnis stark schwankt.
Während schulfreier Zeiten wird weniger selbst verbraucht, während des Schulbetriebes weit mehr als 70 Prozent. Wie bei allen Planungen ging es auch hier vor allem darum, das Optimum aus Wirtschaftlichkeit und Energieverbrauch zu finden. Die Simulation verschiedener Varianten hat rund zehn Stunden gedauert. Übrigens ist die Anlage doch zu sehen: vom Dach eines anderen Gebäudes, das ebenfalls zur Schule gehört.
VALENTIN SOFTWARE
Nutzerforum mit hilfreichen Tipps
Auf der Website von Valentin Software finden Anwender zu speziellen Fragen im Umgang mit den verschiedenen Planungsprogrammen hilfreiche Antworten. Jeder Nutzer kann seine Fachfrage im Forum einstellen. Beantwortet werden die Fragen von den Kollegen des Support-Teams und damit aus erster fachkundiger Hand. Ein Blick ins Forum kann Zeit sparen helfen!
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Ensolar
Mieterstrom und Fassadenlösungen
In Kornwestheim hat Ensolar erst kürzlich eine Solaranlage auf einer Wohnanlage mit 33 Mietwohnungen geplant und realisiert. Auf den Dächern der Wohnanlage mit drei Gebäuden produziert eine Solaranlage 27.000 Kilowattstunden jährlich. Allerdings wird der Strom aufgrund der gesetzlichen Rahmenbedingungen ausschließlich für den Allgemeinstrom des Objektes verwendet, sprich für Aufzüge, Heizung, Tiefgarage und Außenanlagen.
Die Anlage kann jedoch auch leicht zur Mieterversorgung umgerüstet werden und zur Heizungsunterstützung dienen. Der Bauherr hat hier mit Weitblick die richtigen Weichen für die Zukunft gestellt, um die Energiekosten des Gebäudes bereits beim Bau nach Möglichkeit dauerhaft zu begrenzen. So profitieren alle vom Sonnenstrom, die Mieter freuen sich über günstigere Nebenkosten und der Bauherr über die hohe Nachfrage nach seinen Mietwohnungen.