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“Die Zukunft wird spannend“

Was sind Ihre Erwartungen an die Politik in Sachen Energiewende?

Gerhard Valentin:  Das EEG steht in der aktuellen Diskussion zu sehr im Mittelpunkt, und ich denke, dass man da auch auf viele andere Aspekte achten sollte. Meiner Ansicht nach lag der Fokus viel zu sehr auf dem Strom und zu wenig auf einem gesamten Energiekonzept. Die Photovoltaik ist das Opfer ihres eigenen Erfolges, wenn man das so sagen kann. Durch das hohe Angebot an Solarstrom sinken die Preise an der Börse, die Differenz zwischen Marktpreis und garantierter Einspeisevergütung wird größer, und die EEG-Umlage steigt. So erzeugt die Photovoltaik durch ihren Erfolg das, wofür sie in der Kritik steht, nämlich die Erhöhung der Strompreise beim Endverbraucher. Genau an dieser Stelle muss etwas geändert werden. Da ist der Gesetzgeber gefragt. Entweder müssen die Energieversorger, die diesen günstigen Strom an der Börse kaufen, günstigere Preise an die Verbraucher weitergeben. Oder man müsste den Strom aus Wind und Sonne an der Börse mit einem Aufschlag belegen, sodass die Differenz zwischen Marktpreis und garantierter Vergütung geringer wird. Dadurch würden dann auch die Verbraucherpreise sinken.

Sollten auch noch andere Dinge angepackt werden?

Ein zweiter Punkt ist mir ebenfalls wichtig: Der Forschung muss mehr Beachtung geschenkt werden. Das EEG hat die Markteinführungsphase der Erneuerbaren begleitet, man sollte es jetzt stärker hin zu einer Forschungsförderung entwickeln. Bei den Innovationen ist die Gefahr groß, dass wir da ins Hintertreffen geraten. Man betrachtet es hierzulande als Niederlage, wenn Deutschland weniger Zubau hat als China, aber dieses Schielen auf Zubaustatistiken finde ich falsch. Was uns in Deutschland technologisch hervorhebt, sind nicht die eigenen nationalen Photovoltaikinstallationen, sondern wir haben in vielen Bereichen eine Technologieführerschaft. Unser Vorteil ist, dass wir durch innovative Produkte und durch den Erfolg im Ausland unseren Wohlstand erarbeitet haben. Darauf müssen wir mehr achten, und das erreichen wir nur, indem wir innovative Produkte auf den Markt bringen. Dafür muss mehr Geld in die Forschungsförderung gesteckt werden.

An welche Bereiche denken Sie bei der Forschungsförderung?

An die Zellforschung und die Erhöhung des Wirkungsgrades. Eigentlich hat man schon vor vielen Jahren davon gesprochen, dass die Siliziumzelle überholt sei. Durch die Konzentration auf Massenproduktion gab es keinen Raum mehr, um Forschungskapazitäten in neue Zellen zu stecken. Da gibt es einen Zusammenhang, darauf müssen wir unser Augenmerk richten. Dann gibt es neue Themen wie Eigenverbrauch, Speicher, Batterien. Wir brauchen vernünftige Batterien mit hoher Kapazität, mit vielen Ladezyklen. Das muss entwickelt und erforscht werden. Das sind die Aufgaben, die auf uns zukommen. Also die Verschiebung der Förderung von mehr Zubau hin zu mehr Entwicklung.

Gibt es weitere Themen, die in der Debatte ums EEG zu kurz kommen?

Wir sprechen zu viel über Strom und zu wenig über den Wärmemarkt. Die Rahmenbedingungen sind ja auf europäischer Ebene bereits vorgegeben. Es gibt die europäische Gebäuderichtlinie, wonach ab 2020 neu errichtete Gebäude eine ausgewogene Energiebilanz haben müssen. Das heißt, die Energie, die in Gebäuden verbraucht wird, muss im oder auf dem Gebäude auf irgendeine Weise auch selbst erzeugt werden. Da wird es mit Sicherheit Technologiesprünge geben und auch für die Photovoltaik neue Geschäftsfelder. Die Dächer der Gebäude werden nicht ausreichen, also muss man in die Fassade gehen, Stichwort: gebäudeintegrierte Photovoltaik. Oder auch gebäudeintegrierte Solarthermie. Das ist ein wichtiges Feld, was auch mehr gefördert werden müsste, denn dort wird auch Wertschöpfung in Deutschland erarbeitet werden.

Was ist mit der Forderung nach Senkung des Energieverbrauchs?

Es gibt die Verpflichtung, den Energieverbrauch zu senken. Das kann man nur erreichen, wenn der ganzheitliche Energieverbrauch eines Gebäudes angeschaut wird und die einzelnen Energieträger und Nutzenergien miteinander in Verbindung gebracht werden. Wichtig ist dabei die Überlegung, wie man eine geforderte Nutzenergie am günstigsten erzeugt. Da ist die Verknüpfung zwischen Wärme und Strom zwingend erforderlich. Es gibt ja Erzeuger, die beides können, zum Beispiel BHKW oder Photovoltaik und Wärmepumpe – auch ein Thema, das sich ergänzt. Die ideale Ergänzung zur Photovoltaik mit der schwerpunktmäßigen Stromerzeugung im Sommer ist das BHKW. Denn das BHKW läuft hauptsächlich im Winter zur Wärmeerzeugung und erzeugt dabei Strom. Das führt dazu, dass verschiedene Energieträger und Erzeugungsmethoden in einem gesamten Konzept betrachtet werden müssen, um zu einer ausgeglichenen Energieversorgung zu kommen.

Diese immer komplexeren Systeme in einer Planungssoftware abzubilden – treibt Ihnen das nicht den Angstschweiß auf die Stirn?

Nein, eher das Gegenteil ist der Fall. Das gibt mir den Optimismus und die Motivation, überhaupt in die Zukunft zu schauen, denn da ist das große Geschäftsfeld für uns. Wir bieten ja die Voraussetzung dafür, dass der Planer genau bei solchen komplexen Anlagen noch den Überblick behält. Das ist auch unser Anspruch, dass wir zukünftig den Planer von Anfang an in seinem gesamten Planungsprozess begleiten und ihm mit unserer Software die Voraussetzung bieten, dass er für seine Kunden die optimale Anlage zusammenstellen kann. Für jeden Anwendungsbereich – für jedes Gebäude oder jeden Industriebetrieb – sind die Rahmenbedingungen unterschiedlich. Entsprechend diesen Rahmenbedingungen ist eine Energieversorgung aufzubauen und zu aktivieren. Genau dafür wollen wir dem Planer ein geeignetes Werkzeug in die Hand geben.

Wie sieht Ihre Produktplanung für die Zukunft aus?

Es geht in die angedeutete Richtung. Wir bieten im Moment für einzelne Anwendungsbereiche jeweils ein Programm an. Da ist PV-Sol, das Photovoltaikanlagen berechnen und simulieren kann, wir haben T-Sol, das dasselbe für thermische Solaranlagen leistet, wir haben Geo T-Sol, das kann Wärmepumpen simulieren, und wir haben auch ein BHKW-Programm, das schon seit 15 Jahren existiert und etwas im Dornröschenschlaf versunken ist. Es geht zukünftig natürlich darum, diese Programme zu verknüpfen. Sie müssen über Schnittstellen miteinander kommunizieren können. In einem einzigen Rechenkern werden die unterschiedlichen Anwendungsmöglichkeiten bedient. Das wird ein Baukastensystem sein, in dem eine Anlage mit unterschiedlichen Energieerzeugern und Verbrauchern zusammengestellt und dann auch ausgelegt und simuliert werden kann. Das, was wir heute schon für einzelne Anwendungsbereiche können, müssen wir zukünftig als ein komplexes Anwendungsgebiet betrachten. Unser Ziel ist es, in den einzelnen Anwendungsbereichen an der Nahtstelle zu den Innovationen zu bleiben, Innovationen ganz schnell aufzunehmen und die verschiedenen Anwendungsbereiche zu verknüpfen. Das sind zwei verschiedene Dinge, die die Komplexität erhöhen.

Es dauert ja immer, bis Neuheiten im Markt ankommen, wie gehen Sie mit der Trägheit des Marktes um?

Wir müssen uns das Wissen ja auch erarbeiten. Das machen wir in der Regel, indem wir uns an Forschungsprojekten beteiligen. Zum Beispiel arbeiten wir sehr eng mit dem Fraunhofer ISE in Freiburg zusammen und mit der HTW Berlin. Wir arbeiten auch mit Firmen zusammen, wie zum Beispiel mit SMA, um neue Technologien zu integrieren. So können wir das Know-how in unsere Produkte einbauen und parallel zu den Entwicklungen in der Forschungslandschaft auch unsere Produkte entwickeln. Sobald etwas am Markt verfügbar ist, wird es sehr schnell nachgefragt. Das beste Beispiel dafür sind die Batteriespeicher. Wir können das natürlich nicht von heute auf morgen, aber doch relativ schnell. So konnten wir bereits Anfang 2013 die Berechnung von Speichern in unserem Programm anbieten. Wir haben recht enge Kundenbeziehungen, unsere Mitarbeiter im Kundensupport sind im täglichen Gespräch mit unseren Kunden, und wir führen eigene Schulungen durch. Auch von dort erhalten wir Impulse.

Und was sind aktuell die Wünsche der Kunden?

Das Thema Speicher wird weiterhin ein großes Thema sein, und es geht auch immer um die Bedienung der Software. Es gibt es immer wieder Wünsche zum Ergebnis der Software, zum Beispiel dass sie einen Schaltplan generiert, den man beim Energieversorger direkt einreichen kann, oder die Erstellung von Stücklisten. Wir lernen von unseren Kunden. Wir können nicht am Markt vorbei entwickeln. Wir müssen die Bedürfnisse unserer Kunden erfüllen, sonst können wir nicht am Markt bestehen.

Haben Sie vor allem Stammkunden oder kommen immer noch viele neue dazu?

Es kommen immer noch neue dazu, nicht mehr so viele wie in den Boomjahren 2008 und 2009. Das waren damals wirklich sehr viele, bei denen wir zum Teil auch sehr viele Beratungsleistungen erbracht haben. Insofern haben wir da auch viel Pionierarbeit geleistet, die gar nichts mit der Bedienung der Software zu tun hatte, sondern mit technischen Fragen allgemein, bis hin zu Trivialitäten und technischen Grundlagen. Ganz am Anfang kamen die Kunden von selbst zu uns. Das hat uns geholfen, mit dem Markt mitzuwachsen. Jetzt wächst der Markt nicht mehr, und das heißt, da müssen wir uns im Vertrieb neu aufstellen. Wir müssen uns natürlich an den Bedürfnissen der Kunden orientieren, aber wir müssen den Kunden auch mitteilen, dass wir ein passendes Produkt für sie haben. Im Ausland machen wir das mit Partnern in den einzelnen Ländern.

Wie entwickelt sich das internationale Geschäft Ihres Unternehmens?

Wir haben in den letzten Jahren immer etwas mehr als die Hälfte unseres Umsatzes in Deutschland gemacht und zwischen 40 und 45 Prozent im Ausland. Wobei das europäische Ausland da immer den größten Anteil hatte. Österreich spielt für uns eine große Rolle, wir sind da bereits seit 1996 im Markt. Österreich hat insbesondere einen interessanten thermischen Markt. Neben Griechenland war Österreich das Land mit den meisten Anlagen pro Einwohner. Der größte Auslandsmarkt war Großbritannien, das war ein sehr guter Markt bis 2012. Großbritannien machte zehn Prozent unseres Gesamtumsatzes aus. Spanien war bis 2010 ein großer Markt, Frankreich ist interessant. In Frankreich wird viel im thermischen Bereich gebaut, und bei der Photovoltaik ist zukünftig auch ein Wachstum zu erwarten. Es gibt ein neues Förderprogramm der Regierung. Italien ist ebenfalls interessant.

Gibt es eine türkische Version Ihrer Programme?

Es gibt noch keine türkische Version, aber wir sind in der Türkei präsent. Wir machen das in solchen Ländern mit Vertriebspartnern, weil wir das von hier aus nicht leisten können. Wir beobachten den Markt und wenn wir das Potenzial sehen, dann übersetzen wir das Programm in die jeweilige Sprache. Wir steigen also erst mal mit der englischen oder deutschen Version ein und ab einem bestimmten Volumen übersetzen wir die Software. Das wird von Fall zu Fall zu entschieden.

Wir werden ja durch Smartphones und Tablets regelrecht verwöhnt, was intuitive Benutzerführung betrifft. Holen Sie sich auch aus dieser Ecke Anregungen?

Ja. Das ist in der Tat eine der großen Herausforderungen. Nicht nur die Technologie in der Photovoltaik ändert sich, sondern auch die Technologie der Software. Auch dem müssen wir uns anpassen und stellen. Sonst können wir nicht bestehen. Das greifen wir auf.

Gehen Sie auch die Trends bei Handys und tragbaren Geräten mit?

Wir haben unsere erste App herausgebracht, die dem Installateur hilft, Neigung und Ausrichtung mit seinem Handy festzustellen. Er kann eine kleine Überschlagssimulation vor Ort machen und erhält den Energieertrag für das jeweilige Dach. Wir werden weiter die Benutzeroberflächen unserer Programme anpassen. Die Bedienerführung muss noch intuitiver werden, damit auch Nichtspezialisten klarkommen. Die Zukunft wird auf jeden Fall spannend!

Das Gespräch führte Petra Franke.

Dr. Ing. Gerhard Valentin

ist Gründer und Geschäftsführer der Dr. Valentin Energiesoftware GmbH. Nach seinem Studium der Energietechnik war er sechs Jahre als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Forschungsbereich Solartechnik an der TU Berlin tätig. Während dieser Zeit schrieb er sein erstes Programm zur Simulation von Solaranlagen. 1988 gründete er sein eigenes Planungsbüro. Unter dem Namen T-Sol wurde 1993 das erste Programm auf den Markt gebracht. 1997 kam PV-Sol hinzu. Heute werden die Programme des Unternehmens in mehr als 70 Ländern eingesetzt.https://valentin-software.com/

Valentin Energiesoftware

Breite Produktpalette

Valentin Energiesoftware entwickelt intelligente Softwarelösungen zur Planung, Auslegung, dynamischen Simulation und Ertragsprognose für die Energieversorgung im Gebäudebereich. Das Leistungsspektrum umfasst Branchensoftware für Photovoltaik, Solarthermie, Geothermie und Energieberatung. Ein umfangreiches Schulungsangebot unterstützt Kunden bei der optimalen Nutzung der Programme. Zielgruppen sind Ingenieure, Planer, Architekten, Installateure und Handwerker aus dem Bereich der Heizungs-, Elektro- und Gebäudetechnik. Auf der Intersolar 2013 präsentierte das Unternehmen das Programm PV-Sol advanced 6.0. Mit diesem Programm lassen sich Eigenverbrauch und Speicherung von Solarstrom in Batteriesystemen abbilden. Darüber hinaus können viertelstündliche oder minütliche Lastprofile importiert werden. Pro Wechselrichter ist eine Berechnung der Strangleitungsverluste sowie der AC- und DC-Leitungsverluste möglich. Die Anzahl der Modulflächen ist beliebig. Ein Schaltplan für die EVU-Anmeldung gehört ebenfalls zu den Features.

https://valentin-software.com/

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