Die drei Wohnblöcke aus den 1930er Jahren mit seinen drei Gebäudeteilen im westfälischen Hameln war schon längst nicht mehr auf dem neusten Stand der Technik und ohnehin stark sanierungsbedürftig. Wie das Architekturportal Soalr Age berichtet, haben die Handwerker von Ecoworks diese jetzt mit dem sogenannten Energiesprong-Prinzip auf einen Netto-Nullenergie-Standard gebracht. Der in den Niederlanden entwickelte Ansatz zur energetischen Ertüchtigung von Bestandsgebäuden sieht vor, dass die Häuser seriell im Rahmen eines digitalisierten Bauprozesses mit vorgefertigten Elemente für Fassade, Dach und Haustechnik klima- und mieterfreundlich saniert werden.
Gebäude zunächst grundlegend saniert
Diesen Ansatz verfolgt Ecoworks, ein Bauunternehmen und Energieversorger mit Sitz in Berlin, schon seit längerem. Mit Unterstützung der Deutschen Energieagentur (Dena) setzt es die ersten seriellen Sanierungsprojekte in Deutschland um. In Hameln haben die Handwerker zunächst die seit fünf Jahren leer stehenden Häuser von Schwamm und Schimmel befreit. Nach einer gründlichen Innensanierung haben sie vorgefertigte Fassaden- und Dachelemente sowie standardisierte Haustechnik installiert.
Fassaden- und Dachelemente vorgefertigt
Die Fassadenelemente mit Lärchenholzverschalung hat ein Holzbauunternehmen in Brandenburg produziert und geliefert. Die jeweils 2,85 Meter hohen und 36 Zentimeter dicken Elemente mussten dann nur noch an der Fassade montiert werden. Sie beinhalten neben der eigentlichen Außenhülle und einem dicken Dämmpaket aus Recyclingglaswolle auch die Fenster und dezentrale Lüftungselemente mit Wärmerückgewinnung. Die Dachelemente hat die Deutschlandniederlassung von Kingspan, einem irischen Hersteller von Dämmtechnologie und Systemlösungen für Gebäudehüllen, geliefert. Auch sie enthalten neben der eigentlichen Dacheindeckung auch gleich eine Dämmung. Danach musste nur noch die Solarstromanlage installiert werden, die die Energie für das Gebäude liefert. Denn beheizt werden sie mit Wärmepumpen. Sie liefern auch die Energie für das Lüftungssystem mit Wärmerückgewinnung.
KfW55-Standard erreicht
Nachdem auch die Kellerdecke mit einer 20 Zentimeter dicken Schicht gedämmt wurde, erreicht das Gebäude den Standard KfW55. Das bedeutet, dass der Energieverbrauch des Wohnblocks um 55 Prozent niedriger liegt als es die Vorgaben aus deutschen Gebäudeenergiegesetz verlangen. Da die Photovoltaikmodule über das gesamte Jahr hinweg gerechnet bilanziell so viel Energie erzeugt, wie für Heizung, Warmwasser und Strom in den Wohnblöcken verbraucht wird, erreicht das gesamte Gebäudeensemble einen energetischen Netto-Null-Standard.
500 Sensoren helfen bei Optimierung
Um diese zunächst einmal bilanzielle Größe möglichst gut in der Realität abzubilden, wurden in den drei Wohngebäuden über 500 Sensoren verbaut. Diese werden in Echtzeit die jeweiligen aktuellen Verbrauchsdaten aus und helfen so, die Wärmeversorgung und die Lüftung der Gebäude zu optimieren.
Energiesprong-Ansatz weiterentwickeln
Auf diese Weise kann sich das seriell sanierte Gebäude im Betrieb beweisen und zeigen, dass der Netto-Null-Energiestandard mit dem Energiesprong-Ansatz auch im Gebäudebestand zu überschaubaren Kosten möglich ist. „Jetzt geht es für uns daran, die Erfahrungen und Daten für die Weiterentwicklung der seriellen Lösung zu nutzen“, betont Emanuel Heisenberg von Ecoworks. „Der Pilot verdeutlicht, dass sich Innovation im Bausektor lohnt“, ergänzt Andreas Kuhlmann, Vorsitzender der Geschäftsführung der Dena, mit Blick auf das Vorzeigeprojekt. „Aus den hier gemachten Erfahrungen heraus lassen sich Technologien und Abläufe schrittweise verbessern. Durch Skalierung und Innovationen werden die Kosten weiter sinken. So kommen wir Schritt für Schritt von der Pilotphase zur Serienreife. Für Unternehmen der Baubranche entsteht hier gerade ein zukunftsweisender und profitabler Markt. Nach den Umbrüchen in der Mobilität und bei den erneuerbaren Energien muss jetzt die Baubranche die nächste große Klimaschutzinnovation liefern“, ist sich Kuhlmann sicher. (su)
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