Ortstermin für eine Schadensbegutachtung an einem Zehn-Megawatt-Freiflächenpark. Die Anlage ist noch keine zwei Jahre alt. Bei Inbetriebnahme hatte eine bekannte deutsche Gesellschaft die ordnungsgemäße Errichtung überprüft und bescheinigt. Als Johann Lorenz von der PV-Gutachter GmbH zur Schadensbegutachtung vor Ort erscheint, wird insbesondere die Erdungsanlage kontrolliert. Immer wieder waren in letzter Zeit Überspannungsschäden durch Blitzschlag an jeweils denselben Wechselrichtern eingetreten, was technisch nicht nachvollziehbar erschien.
Die Inspektion ergibt eine fehlerhafte Kontaktierung an der gesamten Erdungsanlage. Aluminiumkabel wurden nicht richtig vorbehandelt und eingefettet. Außerdem gab es einen unzulässigen Materialmix von Kupfer auf Alu. Die Erdung der betroffenen Wechselrichter war dadurch nicht ausreichend stromtragfähig. Neben diesem Installationsfehler bemerkt Johann Lorenz teilweise fehlende und unzureichend verschraubte Gewindestifte beziehungsweise Madenschrauben an den Schraubankern der Bodenfundamente. Auch das vermerkt er in seinem Bericht. Wochen später erscheint eine Schadensmitteilung der Versicherung über vom Sturm abgewehte Gestellteile. Circa 160.000 Euro Schaden am Material und der Ertragsausfall schlagen zu Buche.
Lorenz, der seit 2005 ausschließlich als Gutachter für Photovoltaik tätig ist, hat inzwischen weit über 100 Gerichtsgutachten sowie mehr als 600 Schadensgutachten und Qualitätskontrollen erstellt. Das Beispiel zeigt, welche Verantwortung ein Sachverständiger hat. Installationsmängel und Schadenereignisse machen diese Arbeit auch in Zukunft für viele Anbieter interessant. Doch für die Auftraggeber ist es oft schwierig, den passenden Sachverständigen zu finden.
Keine geschützte Berufsbezeichnung
Sachverständiger kann sich jeder nennen. Es gibt keine geschützte Berufsbezeichnung. Auch die Anforderungen an Gutachten unterliegen keiner Norm oder technischen Vorschrift. Es gibt lediglich allgemein formulierte Richtlinien. Es liegt also in der Natur der Sache, wenn hier Qualitätsmaßstäbe unklar sind. Ganz zu schweigen von der tatsächlichen Arbeit, die ein zurate gezogener Sachverständiger abliefert. Die Bandbreite reicht von mangelhaft bis exzellent. Nicht zuletzt die Sachverständigen selbst klagen darüber, dass es Anbieter gibt, die das notwendige breite und über dem allgemeinen Durchschnitt liegende Fachwissen nicht mitbringen, über das ein Sachverständiger verfügen sollte. Unseriöse Anbieter, die mit Schadensbildern auf Kundenakquise gehen, sind leider keine Ausnahme. Ängste zu schüren, um Dienstleistungen zu verkaufen, ist kein gutes Aushängeschild für einen Sachverständigen. Doch wie kann man einen seriösen Sachverständigen erkennen, und ist er auch im speziellen Fall der richtige? Keine einfache Frage.
Der persönliche Werdegang
Letztlich kommt es immer auf den persönlichen Werdegang des Sachverständigen an. Verfügt er tatsächlich über viele Jahre einschlägige Berufserfahrung, kann er den konkreten Sachverhalt beurteilen und sein Gutachten klar und verständlich formulieren? Auftraggeber eines Gutachtens sollten versuchen, Antworten auf diese Fragen zu finden. Für die Mannheimer Versicherungen erklärt Solarexperte Rainer Kohlenberg: „Ein klares Plus haben in unseren Augen diejenigen, die schon viele Jahre als Errichter praktische Erfahrungen gesammelt haben und gewerkübergreifendes Wissen vorweisen können. Ob die betreffende Person imstande ist, verständliche und umfassende Gutachten zu verfassen, und ob sie mit der erforderlichen Sorgfalt vorgeht – diese Punkte können wir erst in der konkreten Zusammenarbeit prüfen.“
Wie wichtig übergreifendes Wissen und Erfahrung sind, weiß Frank Schröter vom Ingenieurbüro Lebherz und Partner aus Aachen „Die eigentliche Herausforderung ergibt sich aus der Komplexität von Photovoltaikanlagen. Nicht nur die elektrische Installation muss stimmen, sondern auch die Statik beziehungsweise die Art der Befestigung“, sagt er. „Bei einer Begutachtung muss Fachwissen in allen Teilbereichen vorhanden sein. Ein Gutachter darf sich nicht scheuen, andere Fachpersonen zurate zu ziehen, wenn es notwendig ist.“
Unabhängigkeit wahren
Neben der Fachkompetenz ist die Unabhängigkeit wichtig. Besonders bei Verdacht auf eine fehlerhafte Installation sollte ein Gutachten von einer unabhängigen Person erstellt werden, um bei eventuell nachfolgenden Streitigkeiten dem Vorwurf der Befangenheit entgegenzuwirken. Im besonderen Maße gilt das Gebot der Unabhängigkeit für öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige, die von den Handels- oder Handwerkskammern berufen werden. Grundsätzlich sollte ein Sachverständiger herabsetzende Äußerungen oder persönliche Kritik vermeiden und auch nicht ungefragt Ratschläge erteilen.
Gutachten zur Inbetriebnahme, bei Wiederverkauf, im Schadenfall, als Privatgutachten oder vor Gericht: Die Bandbreite der Gutachten ist sehr groß. Sie unterscheiden sich schon von ihrer Aufgabe her deutlich. Deshalb ist die konkrete Formulierung des Auftrags wichtig. „Wichtig ist die Motivation der Beauftragung. Zum Beispiel haben Banken und Versicherungen nicht den gleichen Fokus bei der Betrachtung einer Anlage“, meint Rainer Kohlenberg von den Mannheimer Versicherungen. „Die Bank will in der Regel nur eine bestimmte Performance nachgewiesen haben. Eine Versicherung hingegen besteht auf dem Nachweis der Mängelfreiheit, und zwar im Hinblick darauf, ob ein bestehender Mangel einen Schaden zur Folge haben kann.“
Den Auftrag konkret formulieren
Bei einer Inbetriebnahme oder Neuversicherung einer Anlage wird standardmäßig eine komplette Begutachtung durchgeführt. Es muss eine mängelfreie Anlage dokumentiert werden. Findet der Sachverständige Mängel, müssen diese aufgeführt werden. Doch Kohlenberg trifft mitunter auf Oberflächlichkeit: „Es kommt immer wieder vor, dass keine vollständige Betrachtung durchgeführt wird“, kritisiert er, „sondern der Sachverständige nur allgemein bestätigt, dass die Anlage fehlerfrei läuft. Das reicht uns nicht.“
Soll keine komplette Begutachtung erstellt werden, sollte der Auftraggeber eine detaillierte Frage stellen. Für den Auftraggeber ist das im Zweifel nachteilig, denn der Gutachter kann dann Prüfungen unterlassen, die eventuell sinnvoll wären. Doch in der Praxis weisen Sachverständige ihren Auftraggeber auf notwendige Arbeitsschritte hin. „Der Sachverständige hat natürlich die Pflicht, notwendige Tests und Messungen vorzuschlagen, wobei es meist eine bestimmte Abfolge gibt“, erläutert Volker Hense von Inside PV aus Bonn. „Zum Beispiel werden zuerst die Leerlaufspannung und der Kurzschlussstrom gemessen. Wenn dies Ergebnisse zutage fördert, die von den erwarteten Messwerten abweichen, erfolgt eine Kennlinienmessung. Wenn sich daraus mögliche Minderleistungen ergeben, folgen Stichprobenmessungen im Labor. Kein seriöser Gutachter wird notwendige Prüfungen unterlassen.“
Eine klare Formulierung des Auftrags erachtet auch Peter Schaumlöffel als wichtig. Er leitet ein Ingenieurbüro in der Pfalz und ist öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Schäden an Gebäuden und für die energetische Bewertung von Wohn- und Nichtwohngebäuden. Beim TÜV Rheinland ist er als Dozent tätig und vermittelt Wissen zur Gutachtenerstellung. „Bei einer sehr allgemeinen oder weitreichenden Aufgabenstellung geht der Sachverständige ein großes Risiko ein. Denn in diesem Fall muss er in vollem Umfang gewerkübergreifend prüfen“, bestätigt Schaumlöffel. Daher ist es immer ratsam, mit dem Auftraggeber die Aufgabe zu konkretisieren und einzugrenzen. „Soll zum Beispiel ganz allgemein die Abnahmefähigkeit einer Anlage geprüft werden, muss neben allen technischen Details rund um die Anlage auch der Blitzschutz betrachtet werden. Vergisst dies der Sachverständige oder weist er den Auftraggeber nicht darauf hin, dass er auf diesem Gebiet kein Sachverständiger ist und deshalb die ordnungsgemäße Herstellung des Blitzschutzes nicht bewerten kann, macht er einen Fehler“, ergänzt Schaumlöffel.
Teamgeist bei kniffligen Fragen
Wenn ein Sachverhalt einer besonders detaillierten Prüfung unterzogen werden soll, kann die Beauftragung eines Sachverständigen sinnvoll sein, der darauf spezialisiert ist. Oft wird eine solche Beauftragung auch vom eingesetzten Gutachter im Hintergrund für den Kunden organisiert. Bernhard Weinreich von der Solarschmiede aus München lobt diese Kooperationen: „Der Kreis der effektiv arbeitenden Photovoltaikgutachter und Prüflabors ist überschaubar. Die Leute kennen und respektieren die jeweiligen Stärken der Mitbewerber.“ So wurde die Solarschmiede bereits von vielen Sachverständigen für thermografische Messungen als Subgutachter beauftragt. „Andererseits geben wir häufiger Laborprüfungen an Partnerlabore weiter, weil wir dafür keine großen Kapazitäten haben.“
Was passiert, wenn die Versicherung einen Schaden durch Blitzschlag oder Überspannung begleichen soll? Lässt sie in jedem Fall ein Gutachten erstellen? „Wird der Schaden transparent dargestellt und ist die Schadenhöhe nicht allzu hoch, wird kein Gutachten gemacht“, erklärt Rainer Kohlenberg für die Mannheimer Versicherungen. „Dann wird direkt über eine Begleichung entschieden. Gibt es allerdings offene Fragen, die man nur durch die Besichtigung vor Ort klären kann, beauftragen wir ein Gutachten.“
Kohlenberg erwartet, dass Sachverständige nicht nur auf den gemeldeten Schaden schauen, sondern auf die gesamte Anlage und dass sie andere Mängel darstellen. Er fügt hinzu: „Der Sachverständige soll auch Empfehlungen geben, welche Maßnahmen zur Schadensbehebung sinnvoll sind.“
Qualität kostet eine Kleinigkeit
Kunden schauen natürlich vor allem auf den Preis. Und in den meisten Fällen besteht auch ein gewisser Termindruck, zum Beispiel wegen auslaufender Gewährleistungsfristen. „Beides sind Faktoren, die ein seriöses Gutachten erschweren“, urteilt Frank Schröter von Lebherz und Partner. „Manchmal sind Ursachen für Mindererträge gar nicht so einfach zu finden. Nach den Standardmessungen, die an sich schon einige Zeit kosten, folgen eventuell weitere Untersuchungen. Auch bei der notwendigen Bereitstellung von Hebefahrzeugen oder Arbeitsbühnen ist schnell der Rotstift angesetzt. Ist solch ein Arbeitsgerät zur Dachinspektion notwendig, steigen die Kosten schnell an.“
Prinzipiell ist der Aufwand für Dachanlagen größer. Für Freiflächenanlagen beschreibt Johann Lorenz den Arbeitsaufwand konkret in Zahlen: „Eine umfassend dokumentierte Anlageninspektion im Sinne der DIN EN 62446,VDE 0100-600 und BGV A3 kann mit zwei Mann pro Megawatt Anlagenleistung nicht unter acht Stunden Zeitaufwand erfolgen.“
Lorenz kritisiert, dass einige schwarze Schafe die Anlagen nur visuell kontrollieren und nicht im eigentlichen Sinne inspizieren: „Zur Inspektion gehört für mich, dass ich als Fachkraft auch mal im Inneren nachschaue, also Komponenten öffne und auch an Klemmstellen der Kabel wackle.“ Insbesondere stelle die Begehung von zwei Modultischreihen bei einer Anlage mit mehr als 80 Modulreihen keine ausreichende Überprüfung dar. „Aufgrund einer solch geringen Stichprobe die gesamte Anlage als fehlerfrei zu deklarieren ist einfach unseriös“, sagt er.
Gutachter vor Gericht
Privatgutachten im Schadenfall, bei Inbetriebnahme oder im Zusammenhang mit einer wiederkehrenden Prüfung unterscheiden sich von Gerichtsgutachten. Ist es bereits zum Streit gekommen und der Fall vor Gericht, wird vom Richter bei Bedarf ein unabhängiger Sachverständiger mit einer Prüfung beauftragt. In diesem Fall formuliert der Richter den konkreten Auftrag in einem Beweisbeschluss. Der Sachverständige muss sich streng auf die im Beweisbeschluss vorgegebenen Fragen beschränken. Auf keinen Fall darf er den Parteien unaufgefordert einen Vorschlag zur Güte unterbreiten. Will der Sachverständige in einem Privatgutachten einen Vorschlag zur Güte machen, sollte er klären, ob dieser gewünscht wird.
Für Gerichtsgutachter ist außerdem das Gebot der strikten Unabhängigkeit zu beachten. Steht der Sachverständige mit einer der Parteien in wirtschaftlicher Verbindung, zum Beispiel für ein anderes Projekt, muss er das Gericht darauf aufmerksam machen. Doch das Gebot der Unabhängigkeit geht noch weiter. Rechtsanwältin Katharina Bleutge vom Institut für Sachverständigenwesen (IfS) beschreibt einen in der Praxis häufig vorkommenden Fauxpas von Gutachtern. Nicht Eitelkeit sei der häufigste Fehler. „Es sind eher unbedachte Fehler, die zum Vorwurf der Befangenheit führen können“, sagt sie. „Zum Beispiel kann schon Misstrauen bei einer Partei entstehen, wenn bei der Ortsbesichtigung der Gutachter mit einer Partei plaudernd vor der Baustelle steht, während der Vertreter der anderen Partei gerade mit dem Auto vorfährt.“
Während bei privaten Gutachten die Auftraggeber meist erwarten, dass der Sachverständige nicht nur auf den gemeldeten oder vermuteten Schaden schaut, sondern auf die gesamte Anlage, ist dies vor Gericht strikt zu vermeiden. Der Sachverständige soll keine weiteren Mängel thematisieren. Allerdings weist der Sachverständige Peter Schaumlöffel auf eine Ausnahme hin: „Fallen dem Sachverständigen Mängel auf, die Gefahr für Leib und Leben Dritter bedeuten oder erheblichen Sachschaden zur Folge haben können, muss er darauf hinweisen.“
An der falschen Stelle gespart
Besonders bei kleinen Anlagen auf Einfamilienhäusern findet bei der Inbetriebnahme aus Kostengründen meist keine umfassende Begutachtung statt. Treten später Schäden auf, erfordert die mangelhafte oder nicht vorhandene Dokumentation zusätzlichen Aufwand. Für Gutachter und Betreiber keine leichte Ausgangslage. Um diesen Fällen vorzubeugen und auch bei Kleinanlagen möglichst hohe Qualitätsstandards zu sichern, haben der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar) und der Zentralverband des Deutschen Elektrohandwerks (ZVEH) den Anlagenpass entwickelt. Damit haben der Kunde und auch ein späterer Gutachter eine Basisdokumentation der Anlage, eine praktikable Hilfe.
Auch die Mannheimer Versicherungen haben ein ergänzendes Tool zur Anlagendokumentation in Vorbereitung, das Lücken und Ungenauigkeiten bei der Anlagenbetrachtung möglichst vermeiden soll: die elektronische Lebensakte. Sie beinhaltet drei Bausteine: die Dokumentation, die Bestätigung der mängelfreien Funktion und eine Dokumentation der wiederkehrenden Prüfungen. Die elektronische Lebensakte soll ein Werkzeug für qualifizierte Fachbetriebe sein, das alle Fragen rund um die Errichtung und den Betrieb mit Checklisten abarbeitet. Sie soll auch Standards setzen für Gutachten, mit denen Versicherer etwas anfangen können.
Das Geschäft der Zukunft
Versteckte Mängel aus vergangenen Jahren werden mehr und mehr sichtbar. Insofern ist auch der Bedarf an Gutachten eher steigend als abnehmend. „Klar dass in diesem Markt viele eine Chance wittern“, meint Frank Schröter. Schätzungen gehen davon aus, dass circa 700.000 errichtete Anlagen nicht mängelfrei sind. Ein gigantischer Markt. Insofern rechnen auch die Mannheimer Versicherungen mit einem zunehmenden Bedarf an Sachverständigen. Dass diese eine qualitativ hochwertige Arbeit leisten, liegt im Interesse aller.
Auf einen Blick
Welche Kriterien muss ein Gutachten erfüllen?
- Das Gutachten muss vollständig und richtig sein, das heißt, alle Fragen im Auftrag vollständig und richtig beantworten.
- Das Gutachten muss für Laien verständlich formuliert sein.
- Das Gutachten muss für einen Fachmann nachvollziehbar sein.
- Das Gutachten soll ein Literaturverzeichnis enthalten, also alle fachlichen Quellen aufführen, die zur Erstellung herangezogen wurden, zum Beispiel Datenblätter von Komponenten, Wetterdaten, benutzte Programme und weitere Quellen.
Bei der Dokumentation fängt es an
Der Anlagenpass, eine praktikable Hilfe
BSW-Solar und ZVEH haben gemeinsam den Anlagenpass für Photovoltaikanlagen entwickelt. Er ist seit 2009 verfügbar. Der Anlagenpass besteht aus einem mehrseitigen Formular, das angibt, welche Informationen und Dokumente bei der Übergabe einer Photovoltaikanlage vorliegen und welche Richtlinien in der Planung und Installation der Anlage beachtet wurden. Er enthält auch die Vorlage für ein Protokoll der Abnahmemessung. Der Handwerker füllt den Pass aus, indem er die aufgelisteten Punkte abhakt, die Protokolle ausfüllt und die notwendigen Dokumente beilegt. Mit dem Pass bestätigt der Handwerker somit für den Laien leicht nachvollziehbar, dass er nach den Regeln der Technik gearbeitet hat und damit ein qualitativ hochwertiges Gesamtprodukt übergibt. Mit dem ausgefüllten Anlagenpass haben der Kunde und auch ein späterer Gutachter eine Basisdokumentation der Anlage, eine praktikable Hilfe.
Jörg Tappeser, Solarinstallateur und seit 2013 auch TÜV-zertifizierter Gutachter aus Schwerte, bietet bei Neuinstallationen seinen Kunden den Anlagenpass grundsätzlich immer an. Einige Kunden sind zögerlich wegen der Mehrkosten, doch gibt es gute Argumente für den Anlagenpass, sodass die meisten Kunden ihn dann auch beauftragen. 400 Anlagenpässe hat Tappeser für von ihm errichtete kleinere Anlagen bisher ausgestellt und wundert sich, warum andere Unternehmen diese Dokumentation als Bürokratie ansehen. „Nach VDE 0126/23 sind doch Mindestanforderungen bei Inbetriebnahme zu erfüllen, die im Grunde mit der Dokumentation im Anlagenpass identisch sind. Das ist doch überhaupt keine Mehrarbeit. Im Gegenteil, durch die strukturierte Form des Anlagenpasses wird mir die Erfüllung dieser Norm erleichtert“, argumentiert er. „Bei fachgerechter Ausführung aller Arbeiten ist die Erstellung des Anlagenpasses keine Hürde.“ Seit seiner Einführung wurde der Anlagenpass rund 9.500 Mal ausgestellt, eine vergleichsweise geringe Zahl gemessen an der Zahl installierter Kleinanlagen. Dieses Instrument zur Qualitätssicherung könnte besser wahrgenommen werden. Für Kunden kann sich sogar ein finanzieller Vorteil bieten. Manche Versicherungen bieten Rabatte, wenn bei Erstinstallation ein Anlagenpass ausgestellt wird. Die Mannheimer Versicherungen zum Beispiel geben bei Vorlage eines Anlagenpasses 30 Prozent Rabatt auf die Versicherungsprämie für die Photovoltaikanlage.
Allerdings hat Tappeser auch eine Kritik zur aktuellen Version des Passes. „Die Vorgaben zur neuen Niederspannungsrichtlinie sind nicht eingearbeitet, so dass ich an dieser Stelle immer einen individuellen Zusatz formulieren muss.“ Tappeser hat außerdem inzwischen 40 Speichersysteme installiert und sieht die Erstellung eines Speicherpasses analog zum Anlagenpass als längst überfällig an. Laut BSW-Solar steht das Angebot eines Speicherpasses analog zum Anlagenpass unmittelbar bevor.
Tappeser ist oft unterwegs an Anlagen, die er nicht selbst errichtet hat. Er führt viele 50,2-Hertz-Umrüstungen durch und wird auch hin und wieder als Gutachter angefragt. Dabei ist er oft mit Anlagen konfrontiert, die schlecht dokumentiert sind. „Es gibt kaum Beschriftungen oder Stromlaufpläne. Ergebnisse von normativen Messungen, bei Inbetriebnahme eigentlich Pflicht, Fehlanzeige. Sie finden oft einfach nicht statt“, berichtet er.
Ergänzend zum Anlagenpass gibt es den E-Check PV des ZVEH. Er kann bei der Wiederholungsprüfung zur Kontrolle einer bereits installierten Anlage genutzt werden. Er umfasst eine Sichtprüfung, eine mechanische Prüfung und eine elektrische Prüfung. Ähnlich wie beim Anlagenpass wird durch das vorgegebene Formular eine Checkliste zur Prüfung der Anlage vorgegeben, die es dem Handwerker erleichtert, alle relevanten Punkte systematisch abzuarbeiten. Der E-Check PV sollte alle vier Jahre wiederholt werden. Doch anders als beim Anlagenpass darf der E-Check PV nur von Betrieben der elektrotechnischen Handwerke verwendet werden, die Mitglieder einer entsprechenden Innung sind, was auf manche Solarinstallateure nicht zutrifft.
TÜV Rheinland Akademie
Die Akademie von TÜV Rheinland bietet seit mittlerweile dreieinhalb Jahren den modular aufgebauten Lehrgang zum Gutachter für Photovoltaikanlagen an. Zulassungsvoraussetzung für die Zertifizierungsprüfung sind eine Basisqualifikation im Bereich Photovoltaik und praktische Erfahrungen. „Das ist der erste Baustein für eine spätere Qualitätsarbeit als Gutachter“, betont Michael Reichmann von TÜV Rheinland. Im ersten Modul auf dem Weg zum Gutachter geht es um die fachgerechte Planung und Installation von Photovoltaikanlagen. Nach erfolgreich abgelegter Prüfung erwirbt man hierüber einen Sachkundenachweis. Darauf folgt ein dreitägiges Modul, in dem typische in der Praxis vorkommende Installationsfehler analysiert werden. Hierbei geht es nicht nur um elektrische Verschaltung, sondern auch um Statik und Montage. Das dritte, ebenfalls dreitägige Modul beschäftigt sich mit dem Erstellen von Gutachten und mit deren rechtlichen Grundlagen, mit Fallbeispielen aus der Praxis und dem Verhalten vor Gericht. Hat man alle drei Module durchlaufen, erfolgt die Prüfung durch die unabhängige Personenzertifizierungsstelle Perscert TÜV. Für diese Prüfung muss ein Gutachten erstellt werden. Wer die Prüfung erfolgreich absolviert, erhält ein Abschlusszertifikat als Gutachter für Photovoltaikanlagen (TÜV), das drei Jahre gültig ist.
Michael Reichmann erläutert: „Wie sorgfältig ein Gutachter nach unserer Ausbildung später im Alltag arbeitet, können wir verständlicherweise nicht beurteilen. Unser Lehrgang zielt darauf ab, das erforderliche Basiswissen zur Erstellung von Gutachten zu vermitteln. Die unabhängige Personenzertifizierungsstelle stellt mit ihrer Prüfung sicher, ob der Teilnehmer über das nötige Know-how als Gutachter verfügt. Wenn nicht, dann wird auch kein Zertifikat ausgestellt.“
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Die Akademie von TÜV Rheinland bietet seit mittlerweile dreieinhalb Jahren den modular aufgebauten Lehrgang zum Gutachter für Photovoltaikanlagen an. Zulassungsvoraussetzung für die Zertifizierungsprüfung sind eine Basisqualifikation im Bereich Photovoltaik und praktische Erfahrungen. „Das ist der erste Baustein für eine spätere Qualitätsarbeit als Gutachter“, betont Michael Reichmann von TÜV Rheinland. Im ersten Modul auf dem Weg zum Gutachter geht es um die fachgerechte Planung und Installation von Photovoltaikanlagen. Nach erfolgreich abgelegter Prüfung erwirbt man hierüber einen Sachkundenachweis. Darauf folgt ein dreitägiges Modul, in dem typische in der Praxis vorkommende Installationsfehler analysiert werden. Hierbei geht es nicht nur um elektrische Verschaltung, sondern auch um Statik und Montage. Das dritte, ebenfalls dreitägige Modul beschäftigt sich mit dem Erstellen von Gutachten und mit deren rechtlichen Grundlagen, mit Fallbeispielen aus der Praxis und dem Verhalten vor Gericht. Hat man alle drei Module durchlaufen, erfolgt die Prüfung durch die unabhängige Personenzertifizierungsstelle Perscert TÜV. Für diese Prüfung muss ein Gutachten erstellt werden. Wer die Prüfung erfolgreich absolviert, erhält ein Abschlusszertifikat als Gutachter für Photovoltaikanlagen (TÜV), das drei Jahre gültig ist.