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Falsch verkabelt

Solaranlagen haben Mängel. 20 Jahre wartungsfreier Betrieb – von diesem Versprechen hat sich die Branche längst verabschiedet. Zu Recht, denn ein Kraftwerk mit elektrischen Komponenten kommt nicht ohne Wartung aus. Über Qualitätsmängel an Bestandsanlagen wurde schon viel berichtet. Die Geschichten über fehlerhafte Installationen, aber auch über Produktmängel füllen Bände. Nicht selten geht es im Streitfall sogar vor Gericht. Egal, wer am Ende für den wirtschaftlichen Schaden geradesteht: Die Devise lautet, aus Fehlern zu lernen, um sie zu vermeiden.

Schon 850 Anlagen überprüft

Seit Eon 2015 mit seinem Anlagencheck auf den Markt ging, wurden mehr als 850 Anlagenprüfungen durchgeführt. Alle ermittelten Daten wurden anonymisiert und methodisch einheitlich erfasst. Auf Grundlage dieser Daten hat Eon nun gemeinsam mit den Projektpartnern Fraunhofer CSP aus Halle und dem ZAE Bayern die einzelnen Mängel in aggregierter Form ausgewertet und besondere Häufigkeiten und Verteilungen festgestellt.

Bevor eine wissenschaftliche Analyse vorliegt, wird noch einige Zeit ins Land gehen. Doch schon jetzt sind einige Aussagen möglich. Die quantitativen Ergebnisse aus den bisherigen Anlagenchecks decken sich mit den Erkenntnissen anderer Servicedienstleister. Dennoch füllt Eon mit diesem Vorhaben eine Lücke: 98 Prozent der Forschungsgelder der Photovoltaikbranche gehen derzeit in die Forschung zur Effizienzsteigerung von Komponenten. Angesichts der 1,65 Millionen Bestandsanlagen wäre eine Studie in dieser Richtung ein wichtiger Meilenstein, um fundierter über Bestandspflege und Erhaltung sprechen zu können.

Ungeeignet oder fehlerhaft verlegt

Die Hitliste der häufigsten Mängel wird von nicht fachgerecht verlegten DC-Kabeln angeführt. Viel zu oft werden außerdem falsche beziehungsweise nicht adäquate Kabel verwendet: Kabel, die weder für den Außenbereich noch für die auftretenden Spannungen geeignet sind. Ein Fehler mit Gefahrenpotenzial, der vermieden werden kann. Mangelnden UV-Schutz, mangelnden Kantenschutz oder die Verlegung an senkrechten Wänden ohne richtige Abfangmaßnahme sehen die Techniker von Eon bei fast jeder Anlage.

An senkrechten Wänden ist eigentlich eine Kabelsteigleiter mit Andruckwanne und Gegenwanne die richtige Abfangmaßnahme. Stattdessen werden Kabel mit Kabelbindern zusammengefasst oder hängen in Fallrohren frei. Infolgedessen kommt es zu Beschädigungen, die wiederum Isolationsfehler verursachen. Der Wechselrichter stoppt den Einspeisebetrieb. Bei Aufdachanlagen sind diese Mängel nur mit großem Aufwand zu beheben. Ebenfalls häufig werden fehlerhafte Materialkombinationen gewählt oder nicht herstellerkonforme Verarbeitungen ausgeführt.

Dazu zählen alle Arten von Anschlüssen. Regelmäßig werden Kabelfreischnitte bei Anschluss an Federzugklemmen nicht eingehalten oder an Schraubverbindungen ohne Aderendhülsen gearbeitet.

Fehlender Überspannungsschutz

Auf der DC-Seite fehlt häufig der Überspannungsschutz. Im Rahmen des Solarprofi-Checks wird das nur als Auffälligkeit festgestellt, denn dazu gehört ja noch eine standortbezogene Gefährdungsbeurteilung. Diese soll klären, ob ein Überspannungsableiter eingesetzt werden muss oder nicht. Die Gefährdungsbeurteilung wird häufig nicht durchgeführt.

Gerade bei Einfamilienhäusern ist diese Lücke sichtbar. Dort werden die Leitungen häufig an irgendeiner Stelle ins Gebäude eingeführt, um an den Wechselrichter zu gelangen. An der Gebäudeeinführung wird jedoch kein Überspannungsableiter installiert.

Im Falle eines Blitzschlags wird dann die Überspannung, die ansonsten vielleicht über eine funktionierende Erdung abgeführt werden könnte, ins Haus hineingezogen. Je nachdem, wie sich diese Leitungen mit der Hausinstallation kreuzen, ist das eine Stelle, an der ein hoher Folgeschaden entstehen kann. Werden solche Mängel erkannt, gibt es für den Betreiber zumeist kaum eine Chance auf Nachbesserung, da die Gewährleistungsfrist häufig bereits abgelaufen ist.

Tritt ein Schaden ein, sind die Versicherungen aktuell noch recht kulant. Längst nicht alle Versicherer erwähnen in ihren Versicherungsbedingungen einen Überspannungsableiter oder eine geeignete Maßnahme gegen Überspannung. Deshalb sind auch viele Kunden der Meinung, dass die Versicherung diesen nicht fordert.

Doch weit gefehlt. Überspannungsschutz, wenn durch Gefährdungsbeurteilung gefordert, ist eine normative Vorgabe, die der Installateur einhalten muss.

Auch der nächste Mangel ist ein alter Bekannter: die Dokumentation. Fehlend oder unvollständig – 90 Prozent der Anlagen sind betroffen.

Dokumentationslücken kosten Geld

Fehlende Stringpläne, Unklarheit über verwendete Komponenten: Im Fehlerfall kosten Dokumentationslücken zusätzlich Geld, denn mühsam Stück für Stück die Anlage zu erkunden kostet Zeit. Eon bietet inzwischen das nachträgliche Erstellen von Dokumentationsunterlagen an; Reverse Engineering nennt sich dieser Service. Er ist nicht Bestandteil des Solarprofi-Checks, kann aber separat beauftragt werden. In diesem Service steckt je nach Anlage viel Arbeitszeit. Und das, obwohl ein Gerät verwendet wird, mit dessen Hilfe man ohne große Betriebsunterbrechung nachträglich Stringpläne erstellen kann. Mit einem Laserstrahl, der aufs Modul gerichtet wird und in einer bestimmten Frequenz modelliert ist, kann über einen Funkkopfhörer akustisch festgestellt werden, zu welchem String ein Modul gehört.

Verschmutzung, Verschattung, Modulfehler sind weitere häufig festgestellte Ursachen für Mindererträge. Verschmutzung und Verschattung wurden bei 50 Prozent der Anlagen festgestellt. Modulfehler bei 45 Prozent. Und auch der Potenzialausgleich fehlt oft. Dieser Mangel wird häufig erst erkannt, wenn tatsächlich ein Blitz einschlägt, aber dann auch mit entsprechend hohem Schaden.

Aufgrund der bisher gemachten Erfahrungen legt Eon beim Check mehr Wert auf die DC-Verkabelung und auf die Komponentenaufnahme. Gerade Letzteres erweist sich im Bedarfsfall als sinnvoll: Es kommt vor, dass eine Anlage geprüft wurde, alles einwandfrei funktioniert, aber ein paar Monate später zum Beispiel der Wechselrichter kaputtgeht. Dann ist es gut, die genauen Komponentendaten im System zu haben, um das defekte Gerät schnell austauschen zu können.

Mit dem Solarprofi-Check stieg Eon werbewirksam und flächenendeckend in das Wartungsgeschäft ein. 850 Anlagen wurden seitdem geprüft. Das Verständnis für eine regelmäßige Überprüfung wächst, ist angesichts der 1,1 Millionen Anlagen unter zehn Kilowatt Leistung in Deutschland aber noch ausbaufähig, wie Michael Blödner erklärt. Er ist bei Eon für Photovoltaikservice und Wartung zuständig. Es gibt kaum ein anderes bundesweites Angebot, das zu dem Preis von 300 Euro für kleine Anlagen eine so detaillierte Zustandsbeschreibung vor Ort ermöglicht.

Keine Pflicht zur Überprüfung

Einen wichtigen Grund für das mangelnde Interesse sieht Eon darin, dass es keine Pflicht zur Überprüfung gibt.

„Alle zwei Jahre eine Feuerstättenschau vornehmen zu lassen oder das Auto zum TÜV zu bringen ist verpflichtend und auch sinnvoll. Solch eine Vorgabe gibt es für Photovoltaikanlagen nicht“, erklärt Blödner. Die zweijährige Prüfung, wie sie jetzt für Solaranlagen definiert ist, sei keine wirkliche Vorschrift, die die Betreiber tatsächlich in die Pflicht nehme.

Einzig im Bereich der Industrie, wo die Unfallverhütungsvorschrift für elektrische Anlagen und Betriebsmittel greift, gibt es diese Vorgabe. Aber auch hier könne man sich leicht entziehen, da das Beiblatt so verwirrend sei und zudem noch eine Risikoeinschätzung vor Ort durch den Installateur als weiches Kriterium enthalten sei.

Auch die Versicherungen tragen einen Teil der Verantwortung. Solange die Versicherungen kleinere Schäden pauschal regulieren, gibt es keinen wirklichen Leidensdruck für die Betreiber.

Bestehende Leitfäden oder Richtlinien zur Wartung sind außerdem oft so umfangreich und unübersichtlich, dass sie für kleinere Anlagenbetreiber unbrauchbar sind. Best-Practice-Studien zum Thema behandeln nur große Anlagen. Der Qualitätsverband Solar-Dach entwickelt gerade ein Qualitätshandbuch. Dies wird wiederum ein Mix aus allem sein. All diese Dokumente sind schwer zu lesen, entweder zu umfangreich oder bilden nur Teilbereiche ab.

„Das Richtige für die Anlage zu tun ist meist auch das Richtige für den Betreiber“, so bringt es Michael Blödner auf den Punkt. Es geht um ein breit in der Branche und bei den Betreibern verankertes Wissen, wie mit den Anlagen in der Betriebsführung und beim Anlagencheck umzugehen ist, auf welche Dinge besonders geachtet werden muss und in welchen Intervallen.

Mit den Ergebnissen aus den Anlagenprüfungen hat Eon die Erfahrungen anderer Servicedienstleister bestätigt. Eigentlich weiß die Branche, woran es hapert.

Eine wissenschaftliche Studie zu diesem Thema scheint nicht unbedingt zwingend, aber bei näherem Hinschauen dennoch ein Gebot der Stunde. Michael Blödner erklärt: „Alle unsere Feststellungen sind rein quantitativ. Wir wissen in etwa, mit welcher Häufigkeit welche Mängel vorhanden sind, aber wünschenswert ist es, noch belastbarere Aussagen zu den ertragsmindernden oder sicherheitsrelevanten Auswirkungen treffen zu können.“ Auch seien die Daten nur eingeschränkt repräsentativ.

Wissenschaftliche Studie – warum?

Vor allem ist davon auszugehen, dass rund 70 Prozent der Kunden solch einen Check nur dann beauftragen, wenn sie annehmen, das etwas nicht stimmt.

Eine Anlage, die den erwarteten Ertrag bringt, bei der das Dach dicht ist und regelmäßig der Installateur vorbeischaut, taucht in dieser Erhebung demnach eher nicht auf.

Deshalb soll künftig noch mehr ins Detail gegangen werden. Rückschlüsse, ob zum Beispiel ein Hersteller besonders betroffen ist, ein bestimmter Zelltyp oder ein Modultyp, werden dadurch sichtbar. Das Fraunhofer CSP in Halle und das ZAE Bayern sind die Partner bei diesem Vorhaben. Die Studie soll außerdem einen Querschnitt über alle Anlagen ermitteln. In den Ergebnissen sollen auch fehlerfreie Anlagen repräsentiert werden.

So soll das Thema Bestandspflege noch mehr ins Bewusstsein der Betreiber rücken. Bei 1,65 Millionen Bestandanlagen im Land bedeutet ein Prozent Ertragsverlust in Summe ungefähr den Energiebedarf von 150.000 Haushalten. Es lohnt, sich dieser Aufgabe in einem größeren Umfang anzunehmen.

https://www.eon.de/de/pk/solar.html

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