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Knappes Material

Nicht nur Öl ist knapp, auch die erneuerbaren Energien müssen mit Beschaffungsproblemen ihrer Rohstoffe rechnen. Das Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung (IZT) in Berlin hat die Versorgungssituation mit wichtigen Metallen und seltenen Erden untersucht. Dabei kam zutage, dass die stark wachsende Nachfrage nach einigen wichtigen Rohstoffen auf unzureichend erschlossene Lagerstätten trifft, die nicht selten in politisch instabilen Regionen liegen. Schon in 20 Jahren könnte zwischen Angebot und Nachfrage eine erhebliche Lücke klaffen. Hohe Rohstoffpreise könnten den massenhaften Ausbau der Solartechnik und der modernen Lichtleitertechnik mit Glasfasern gefährden.

Viele Technologien betroffen

Die Studie hatte das Bundeswirtschaftsministerium in Auftrag gegeben. „Zu den betroffenen Technologien gehören Brennstoffzellen, Hybrid- und Elektrofahrzeuge, Elektrooptik, Dünnschichtsolarzellen und Mikroelektronik“, sagt IZT-Chef Rolf Kreibich. „Ihr massenhafter Ausbau ist durch die Engpässe bei seltenen Rohstoffen wie Platin, Neodym, Indium, Gallium, Tellur oder Tantal bedroht.“ Insgesamt haben die Forscher rund 100 Zukunftstechnologien hinsichtlich ihrer Rohstoffbasis und des konkurrierenden Bedarfs verschiedener Branchen analysiert. 32 Technologien wurden vertieft betrachtet. Das Ergebnis ist eine 400-seitige Studie, die über den Buchhandel lieferbar ist.

Ein Beispiel ist Indium (siehe photovoltaik 02/2009). „Sowohl die Hersteller von Flachbildschirmen als auch von Dünnschichtsolarzellen konkurrieren um das besonders knappe Indium“, erläutert Lorenz Erdmann vom IZT. „Es wird für die transparenten Elektroden auf den Flachbildschirmen benötigt. Es kommt auch in bestimmten Solarzellen zum Einsatz.“ Diese Solarzellen bestehen aus einem Verbindungshalbleiter, in dem Kupfer, Indium, Gallium und Selen oder Schwefel stecken (CIS, CIGS). „Die Nachfrage nach Indium wird 2030 die heutige Produktion um mehr als das Dreifache übersteigen“, sagt Erdmann. Dadurch könnten die Preise ins Uferlose steigen. Der Wissenschaftler sieht die Hersteller der Displays im Vorteil, weil das Indium in den Bildschirmen als Kostenfaktor deutlich geringer ins Gewicht fällt als bei der CIS- oder CIGS-Solartechnik. Sein Urteil: „Unabhängig davon, welche Photovoltaiktechnik sich durchsetzen wird, rechnen wir damit, dass die Rohstoffknappheit den massenhaften Ausbau der Solarenergie begrenzen kann.“ Indium steckt jedoch nicht nur in Flachbildschirmen oder Solarzellen. Es wird auch für die neuen Blue-Ray-DVDs benötigt, denen gleichfalls ein Boom prophezeit wird.

Auch beim Gallium droht ein Engpass. Es wird für CIGS-Solarmodule und elektrotechnische Schaltungen in superschnellen Mobilfunknetzen benötigt. Der Galliumbedarf wird 2030 rund das Sechsfache der heutigen Produktion erreichen. Das untersuchte Technologiesegment deckt gut ein Viertel des heutigen Bedarfs ab. Neben CIGS-Zellen und Hochleistungschips wird Gallium auch in weißen Leuchtdioden (LED) verwendet. Die Wiederverwertung ist bislang nur schwach entwickelt.

Was das Cadmiumtellurid (CdTe) betrifft, so erwarten die Berliner Wissenschaftler allein für CdTe-Dünnschichtzellen einen Anstieg der Nachfrage bei Cadmium von 20 Tonnen im Jahr 2007 auf 336 Tonnen (2030) beziehungsweise 687 Tonnen (2050). An Tellur wurden in der Photovoltaik 2007 rund neun Tonnen verbraucht. 2030 werden es 148 Tonnen sein, bis 2050 rund 302 Tonnen. Dem stehen eine weltweite Cadmiumproduktion von 20.000 Tonnen und ein Tellurangebot von 132 Tonnen (2006) gegenüber. Der wachsende Cadmiumbedarf erscheint unkritisch, aber beim Tellur wird es eng. Tellur steht chemisch gesehen zwischen den Metallen und den Nichtmetallen. Es fällt unter anderem bei der Raffination von Kupfer an. Für ein Gigawatt Solarmodule werden rund 47 Tonnen Tellur benötigt.

Geringe Weltproduktion

Für Hochleistungssolarzellen in der Raumfahrt wird Germanium benötigt, als Substrat oder als Siliziumersatz in Wafern für Hochleistungszellen. Die Weltproduktion dieses Rohstoffs lag 2003 bei 44 Tonnen, 2007 bei 100 Tonnen. Im gleichen Zeitraum stieg der Preis von 380 Dollar auf 1.280 Dollar je Kilogramm. So basieren beispielsweise Solarzellen aus Galliumarsenid (GaAs) überwiegend auf Wafern aus Germanium als Trägermaterial. Solche Zellen haben sehr hohe Wirkungsgrade von bis zu 40 Prozent. Als Stapelzellen werden sie vor allem in Satelliten eingesetzt.

Bekannt ist Germanium aber auch als Halbleitermaterial in schnell schaltenden Transistoren. Dotiert mit Arsen, Gallium, Indium, Antimon oder Phosphor entstehen Dioden und andere elektronische Bauteile. Dabei wird Germanium zunehmend von Silizium oder Galliumarsenid verdrängt. In Zukunft könnte Germanium durch die neue Germanium-Kohlenstoff-Silizium-Technologie erneut an Bedeutung gewinnen. Dies gilt insbesondere für integrierte Schaltungen für sehr hohe Frequenzen. Aufgrund einer schmalen Bandlücke im Infrarotspektrum sind sowohl Germanium als auch sein Oxid transparent für infrarotes Licht. Daher werden sie in der Infrarotoptik eingesetzt, als Fenster oder Speziallinsen. Nachtsichtgeräte und Thermografiekameras nutzen diesen Effekt aus. Germanium kommt außerdem in Lichtwellenleitern (Glasfasern) zum Einsatz, um die Lichtreflexion im Leiter zu erhöhen. Allein aus der Entwicklung der Glasfasertechnik wird bis 2030 ein jährlicher Germaniumbedarf von rund 220 Tonnen resultieren, das 2,44-fache der heutigen Weltproduktion. In der Polyesterchemie dient Germaniumdioxid als Katalysator zur Herstellung bestimmter Polyesterfasern, die nicht vergilben. Daraus lassen sich beispielsweise recyclingfähige PET-Flaschen herstellen.

Bislang kaum in Erscheinung getreten ist Neodym, das zu den seltenen Erden gerechnet wird. Es findet zunehmend Einsatz in Hochleistungs-Permanentmagneten für Elektroantriebe. 2030 wird die Nachfrage knapp viermal höher liegen als die Ausbeute der Minen, im Wesentlichen verursacht durch die Elektromobilität. 97 Prozent des Neodyms kommen aus China. Ein Knackpunkt ist das Recycling dieses kostbaren Rohstoffs. Sollte der Neodympreis zu stark klettern, könnten die Hersteller der Motoren auf Samarium-Magnete ausweichen. Sie sind aber längst nicht so leistungsstark wie die Neodym-Magneten.

Ebenfalls stark vom Ausbau der Elektrofahrzeuge betroffen ist Platin, das in Brennstoffzellen verwendet wird. Allein durch diese Branche könnte der Bedarf so stark anwachsen, dass die Nachfrage das Angebot um rund 50 Prozent übersteigt.

Info

Rohstoffe für Zukunftstechnologien, Studie des IZT im Auftrag des BMWi, Berlin 2009, ISBN 978-3-8167-7957-5, 39 Euro

Heiko Schwarzburger

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