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Noch ein PV*SOL

Seit Anfang dieses Jahres ist die neue Version PV*SOL 4.0 set der Berliner Valentin Energiesoftware GmbH erhältlich. Das Programm ist eine Simulationssoftware zur Auslegung und Ertragsberechnung von Photovoltaikanlagen, das die Firma kontinuierlich weiterentwickelt. Der Hersteller lobt die neue Version natürlich in den höchsten Tönen. Mit ihr sei es zum Beispiel einfacher, beliebige Dachflächen abzubilden und die in einigen Ländern Europas gültigen Schieflastvorschriften der Energieversorger zu berücksichtigen.

Wir – eine Studentengruppe von der Hochschule München – wollten es genauer wissen und arbeiteten uns in das Programm ein, um sowohl die bisherigen als auch die neuen Tools und Möglichkeiten kennenzulernen und zu testen.

Allerdings ist es schwierig, überhaupt einen Überblick darüber zu bekommen, was die Software leisten soll. Von einer Auslegungssoftware erwartet man, dass sie möglichst einfach Vorschläge zur Planung macht – zum Beispiel wie man die Module verschalten und welchen Wechselrichter man wählen kann und auch soll. Das ist das, was dem Solarteur schnell hilft. Von einer Simulationssoft ware zur Ertragsberechnung erwartet man, dass sie sehr genau den voraussichtlich erzielbaren Ertrag der Anlage berechnet. Der Solarteur setzt die Ertragsberechnung erst ein, wenn er die Anlage konfiguriert hat.

Unklarheit über Programmunterschiede

Von PV*SOL 4.0 set heißt es, es sei ein Programm zur Auslegung und Ertragssimulation. Das Programm enthält die beiden anderen Programme PV*SOL gridcon, für die Simulation netzgekoppelter, und PV*SOL standalone, für die Simulation netzautarker Anlagen. Nicht enthalten ist eine dreidimensionale Darstellung wie in dem Programmpaket PV*SOL Expert. Nach längerer Suche im Internet stellt sich heraus, dass PV*SOL Expert die Version PV*SOL set mitbeinhaltet und zusätzlich ein 3D-Visualisierungstool besitzt.

Nachdem geklärt ist, welche Versionsvarianten es gibt, können wir uns nun endgültig mit der Software PV*SOL 4.0 set beschäftigen. Die alte Version ermöglichte es bereits, Ertrags- und Wirtschaftlichkeitsberechnungen von Photovoltaikanlagen mit Volleinspeisung, Überschusseinspeisung und als Inselanlage durchzuführen sowie rechteckige Dächer ohne Störobjekte zu planen. Die Verschattungsanalyse beschränkt sich auf Objekte, die neben dem Generator stehen. Dachaufbauten und die Eigenverschattung von Modulreihen auf Flachdächern können zwar skizziert werden, finden jedoch keine Berücksichtigung in der Ertragsberechnung. Ein- und zweiachsige Nachführungen können mit dem Programm gerechnet werden, es ist aber nicht möglich, die Module nur bis zu einem bestimmten Punkt nachführen zu lassen. Für die Wechselrichterauslegung schlägt das Programm verschiedenste Wechselrichter vor, aus denen der Anwender wählen kann. Die Datenbanken sind sehr vielfältig und übersichtlich. So stehen dem Benutzer zum Beispiel über 4.000 Modul- und 1.000 Wechselrichterdaten zur Verfügung. Darüber hinaus lassen sich die Datenbanken immer wieder mittels eines Downloads aktualisieren. Auch die Klimadaten für viele Standorte sind vorhanden, und weitere können über Meteosyn vom Anwender generiert werden.

Die Version 4.0 bietet neuerdings an, die Leistung des PV-Generators aus den Dachparametern zu bestimmen, indem Dachformen und auf dem Dach befindliche Sperrflächen eingegeben werden und daraufhin eine automatische Modul belegung erfolgt. Außerdem ist es jetzt möglich, die Schieflastvorschriften der verschiedenen Energieversorger in einigen europäischen Ländern zu berück sichtigen. Auch das Handbuch gibt es neuerdings in fünf verschiedenen Sprachen.

Gute Funktionen teils versteckt

Die Software bietet für kleinere Anlagen variantenreiche Möglichkeiten der Dachplanung mit einer Dachskizze. Es ist möglich Satteldächer, Flachdächer, Freiflächen sowie Fassaden mit Modulen zu belegen. Unter der Menüfunktion „Technische Daten“ und deren Unterfunktion „Generator“ finden sich zum einen unter „Einbausituation“ die Wahlmöglichkeiten für den Generator. „Frei“ bedeutet aufgeständerte Module, „hinterlüftet“ meint parallel zur Dachkante, und „nicht hinterlüftet“ steht für eine gebäudeintegrierte Anlage. Zum anderen, eher etwas versteckt, ist die Auswahl „Leistung aus Dachfläche bestimmen“ zu finden. Daneben wiederum ist der Button „Dachparameter“ angebracht. Der Kunde braucht also eine gewisse Zeit für die Suche, um an die beworbene Neuheit zu gelangen.

Hier lassen sich fast alle denkbaren Dachflächen eingeben. Es reicht, dem Programm die Eckpunkte des Daches mitzuteilen, es berechnet dann die Fläche und bildet sie ab. Für häufig auftretende geometrische Dachformen, wie etwa rechteckige oder trapezförmige, existieren bereits Voreinstellungen. Probleme bekommt das Programm, wenn die Dachfläche eine bestimmte Größe (200 Meter mal 200 Meter) übersteigt. Hallendächer, die mittels der Dachzeichnung geplant werden sollen, müssten deshalb zum Beispiel gestückelt realisiert werden. Ohne eine Dachskizze ist es auch möglich, größere Anlagen auszulegen, wenn die Anzahl der Module bekannt ist.

Bevor das Programm die Leistung berechnet, muss man aber noch eingeben, welche Flächen des Dachs mit Modulen belegt werden. Das geht automatisch. Maximal kann eine Belegungsfläche mit 10.000 Modulen bestückt werden. Dabei können auch Sperrflächen definiert werden. Auch hier hat der Kunde die freie Auswahl an verschiedenen Formen, indem er, wie bei der Dachfläche, eine frei wählbare Anzahl an Eckpunkten definiert. Die Sperrflächen werden bei der automatischen Modulbelegung natürlich nicht belegt. Positiv ist, dass mehrere Belegungsfelder auf einem Dach positionierbar sind und diese verschiedene Ausrichtungen haben können.

Die neuen Möglichkeiten, wie man die Belegungsflächen positionieren und verschiedene Dachformen definieren kann, erhöhen also die Einsatzmöglichkeit des Programms beträchtlich. Bei der vorherigen Version konnte man nur rechteckige Dächer eingeben. Leider ist das Programm bei mehreren Testern, gerade bei der Dachzeichnung und der Bearbeitung der Parameter, hin und wieder abgestürzt oder brachte Fehlermeldungen, die im extremsten Fall dazu führten, dass nicht mehr mit dem Programm gearbeitet werden konnte. Auch wenn das an der Computerkonfiguration gelegen haben mag, erwarten wir von einem Programm, dass es so stabil ist, dass es auf jedem Computer problemlos läuft.

Auch die zweite große Neuerung – die Miteinbeziehung der Schieflastvorschriften der Energieversorger aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und der Tschechischen Republik – ist hilfreich. Dadurch berücksichtigt das Programm bei der Wahl der Wechselrichter, wie viele man benötigt, um die Einspeisung auf die verschiedenen Phasen zu verteilen, damit nicht eine Phase stärker belastet wird, als es die gesetzlichen Vorschriften erlauben.

Die nachfolgenden Ausführungen skizzieren unsere Erfahrungswerte in der Anwendung des Programms bei der Projektierung und Berechnung etlicher Testsysteme unter verschiedenen Testkriterien. Die Einarbeitung in die Software nimmt mindestens einen Tag in Anspruch, wobei eine Stichwortsuche zwar in der Hilfedatei, aber nicht im Programm selbst zur Verfügung steht. Die Einarbeitungszeit verkürzt sich wahrscheinlich mit dem Besuch eines Schulungskurses des Herstellers. Der Eingabe- oder Auslegungsassistent ist für den Einstieg gut geeignet, bei komplexeren Anlagen ist jedoch eher davon abzuraten, da die Einstellungsmöglichkeiten doch recht begrenzt sind.

Funktionen muss man erst finden

Die Handhabung des Programms gestaltet sich nach der Einarbeitung gut. Einige Einstellungen sind allerdings sehr versteckt, und die Struktur der Benutzeroberfläche ist nicht immer intuitiv nachvollziehbar. Der Anwender kann vielfältige und detaillierte Einstelllungen vornehmen, und ihm steht eine große Anzahl verschiedener Funktionen zur Verfügung. Das Problem besteht leider darin, diese auch zu finden.

Positiv aufgefallen ist der Umfang und die Art der Wirtschaftlichkeitsberechnungen. Die Ergebnisse werden je nach Kundenwunsch zum Teil in sehr anschaulichen Grafiken dargestellt. Ein sehr übersichtlicher Projektbericht mit Wirtschaftlichkeitsberechnungen, einer Jahresenergiebilanz und vielen wissenswerten Details sowie die Dachzeichnung kann ausgedruckt werden.

Zusammenfassend ist PV*SOL eine Software, die für die Auslegung größtenteils gut und für die Wirtschaftlichkeitsberechnungen sehr gut geeignet ist. Bei diesem Programm ist es hilfreich, wenn der Planer den Modultyp und entweder die Modulanzahl oder die Generatorleistung schon kennt und die Auslegung dann in vier bis neun Schritten vornimmt. Die Planung von größeren oder komplexeren Anlagen ist aber eher mühsam, da dies bei dem Versuch, den Dachplan abzuspeichern, zu Programmabstürzen führte. Leider sind die Kosten für dieses Programm mit 698 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer auch nicht gerade gering. Die Version Expert gridcon, mit der ausschließlich netzgekoppelte Photovoltaikanlagen mit einer 3D-Visualisierung und somit besserer Verschattungsanalyse berechnet werden können, belaufen sich auf 998 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer. Für Anwender, die sowohl netzautarke als auch netzgekoppelte Anlagen auslegen und simulieren möchten, bietet der Hersteller die Version PV*SOL Expert set 4.0 für 1.228 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer. Der Unterschied zu der hier vorgestellten Version liegt sowohl im Preis als auch im oben angesprochenen 3D-Visualisierungstool. Insgesamt haben wir uns mehr erhofft von der vom Hersteller angekündigten „komfortablen Planung von PV-Anlagen mit PV*SOL 4.0 durch frei konfigurierbare Dachflächen und Schieflastberechnung“. Die Wirtschaftlichkeitsberechnungen haben uns im Gegensatz dazu überzeugt.

Die Autoren studieren an der Hochschule München Regenerative Energien und haben zum Teil bereits in Betrieben Photovoltaikanlagen geplant.

Christine Butz/Patrick Dewit/Kai Fränkle/Laura Meder/David Zerweck

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