Die Anforderungen an die Anlagendokumentation ergeben sich aus den Vorschriften der DIN VDE 0100 (Errichten von Niederspannungsanlagen). Ihr erster Teil enthält allgemeine Hinweise für die Dokumentation, wie sie bei jeder elektrischen Anlage anzuwenden sind (Absatz 132.13: Dokumentation der elektrischen Anlage).
In Teil 7 (Anforderungen für Betriebsstätten, Räume und Anlagen besonderer Art, elektrische Anlagen von landwirtschaftlichen und gartenbaulichen Betriebsstätten) sowie in Teil 5-51 (Auswahl und Errichtung elektrischer Betriebsmittel) wurden Anforderungen an die Dokumentation beschrieben. Sie fordern mindestens einen einphasigen Stromlaufplan.
Mit Einführung der DIN VDE 0126-23 im Jahr 2010 liegen für Photovoltaikanlagen konkrete Mindestanforderungen über Umfang und Inhalt der Dokumentation vor. In der Praxis kann man davon ausgehen, dass vor der Einführung dieser Norm in vielen Fällen kaum brauchbare Dokumentationen entstanden sind. Angefangen von dem Angebot und Rechnung der Photovoltaikanlage über Ertragsberechnungen bis hin zur Skizze der Modulbelegung aus der Angebotsphase ist vieles vorzufinden, was nicht wirklich verwendbar ist.
Dieser Umstand erschwert erheblich eine Inspektion und Prüfung, weil der Vergleich von Ist- und Sollwerten kaum möglich ist. Zudem lassen sich Messergebnisse nur schwer interpretieren. Die Suche nach Fehlern gleicht der Suche nach einer Stecknadel im Heuhaufen.
Auch die Inspektion dokumentieren
Auch die Inspektion und Wartung von Photovoltaikanlagen sind zu dokumentieren. Sowohl in DIN VDE 0100-600 und DIN VDE 0105-100 als auch in der DGUV-3 sind Hinweise enthalten, dass nach Beendigung der Arbeiten ein Prüf- beziehungsweise Messprotokoll zu erstellen ist.
Die Elektrofachkraft kann noch so viel messen und prüfen: Ohne ausreichende Dokumentation kann sie nicht belegen, dass sie überhaupt eine Prüfung vorgenommen hat.
Es ist deshalb auch eine haftungsrechtliche Frage, falls nach der Prüfung ein Schaden an der Anlage entstehen sollte. Selbstverständlich müssen die festgestellten Mängel oder Schäden dokumentiert und angezeigt werden. Der Anlagenbetreiber hat ein großes Interesse zu erfahren, ob seine Anlage richtig funktioniert und ohne Fehler läuft.
An dieser Stelle sei nochmals daran erinnert, dass Inspektion und Prüfung den Charakter eines Werksvertrages aufweisen. Neben den Angaben zur Anlage und den Prüfergebnissen sind in den Protokollen unbedingt anzugeben:
- das Datum der Prüfung oder Wartung,
- die Uhrzeit,
- die Wetterverhältnisse (Sonneneinstrahlung, Temperatur),
- sowie der Name des Prüfers oder Wartungsverantwortlichen.
Mängel müssen behoben werden
Darüber hinaus ist bei festgestellten Mängeln die Erfordernis einer Instandsetzung anzugeben. Hat der Mangel einen Einfluss auf das Ertragsverhalten der Anlage? Beeinflusst er die Dauerhaftigkeit, die Verkehrssicherheit, die Betriebssicherheit und Brandsicherheit der Anlage? Wie dringlich muss der Mangel behoben werden? Muss ihn der Betreiber sofort, innerhalb der nächsten Tage oder vor der nächsten Inspektion abstellen lassen?
Dem Prüfbericht sind die Ergebnisse der Messungen beizufügen. Hierzu gibt es entsprechende Formulare. Wichtig dabei ist, die Anlage nicht nur zu messen und die Messergebnisse niederzuschreiben, sondern die Ergebnisse zu interpretieren, insbesondere dann, wenn Abweichungen festgestellt wurden. Abweichungen können, müssen aber nicht zwangsläufig auf Fehler hindeuten.
Konkrete Empfehlungen geben
Der Inspektions- oder Prüfbericht fasst die Ergebnisse zusammen, bewertet diese und gibt Empfehlungen für erforderliche Instandsetzungsmaßnahmen, Reparaturen oder Verbesserungen.
Der Bericht dient dem Anlagenbetreiber als Grundlage, um Entscheidungen zu treffen und die Photovoltaikanlage wieder in einen sicheren und dauerhaften Zustand zu versetzen. Ein Angebot des Installateurs ist hilfreich, um den Kostenaufwand zu ermitteln und gewisse Prioritäten setzen zu können.
Wartung von eigenen Anlagen
Bei Photovoltaikanlagen sind die bisher richterlich entschiedenen Fristen zur Gewährleistung nicht unumstritten. Denn es ist viel Geld im Spiel, und Solargeneratoren sind sehr stark beanspruchte Anlagen zur dezentralen Stromerzeugung.
Dennoch gilt die Gewährleistung bei typischen Aufdachanlagen nur für zwei Jahre. Interessant kann es sowohl für Installateure als auch für Anlagenbetreiber werden, wenn überdies Wartungsverträge abgeschlossen wurden. Denn hieraus ergeben sich folgende rechtliche Fragen:
- Haftet der Wartungsverantwortliche bei auftretenden Schäden, wenn deren Eintritt bereits aufgrund bestehender Mängel bei den vorangegangenen Wartungen erkennbar war?
- Haftet der Wartungsverantwortliche bei bestehenden Mängeln an der Anlage, wenn diese nicht offengelegt werden und dadurch Gewährleistungsansprüche gegenüber dem Errichter verloren gehen?
Letzterer Punkt wird sicherlich interessant, wenn der Anlagenerrichter gleichzeitig einen Wartungsvertrag über die Anlage abschließt. Hier ergeben sich zusätzliche Fragen:
- Kann der Installateur seine eigenen Installationsmängel selbst erkennen und beurteilen?
- Wie soll sich der Installateur gegenüber dem Anlagenbetreiber verhalten, wenn er Mängel entdeckt, die ursprünglich im seinem eigenen Verschulden bei der Anlagenerrichtung lagen? Wer übernimmt die Kosten?
Nicht selten trifft man als Sachverständiger bei Anlagenbesichtigungen auf Mängel. Dies ist zwar nichts Ungewöhnliches, verwundert aber, wenn für die betreffende Anlage ein Wartungsvertrag existiert und bereits mehrere Wartungszyklen durchgeführt wurden.
Nicht so: einige Beispiele
So wurde bei einer Photovoltaikanlage der Trennungsabstand zur Blitzschutzanlage wegen des Blechdachs nicht eingehalten. Auch fehlten entsprechende Ableiter (SPD Typ 1). Die DC-Leitungen wurden ohne Schutz ins Gebäudeinnere geführt, teilweise parallel mit den Datenleitungen einer Leitwarte. Dennoch wies der Wartungsbericht eindeutig aus: „Alles okay!“
Die Konsequenz bei einer Überspannung oder Kabelbrand durch Blitzeinschlag wäre klar. Der Anlagenbetreiber würde den Errichter der Anlage und die wartungsverantwortliche Fachkraft in die Haftung nehmen und Schadenersatz fordern.
Fehlender Blitzschutz auf Schulgebäude
Die Schäden könnten beträchtlich sein, weil auch die Leitwarte ausfallen könnte. Kommen dabei sogar Personen zu Schaden (als Folge eines Blitzschlages), schaltet sich der Staatsanwalt ein.
Ein anderes Beispiel ist der Solargenerator auf einem Schulgebäude. Hier wurde der Trennungsabstand der Solarleitungen zur Blitzschutzanlage nicht eingehalten. Der Wechselrichter war im Technikraum der Schule untergebracht, ohne gesonderte Schutzeinrichtung (Überspannungsschutz Typ 1). Die ungeschützten Solarleitungen waren parallel mit der Haustechnik verlegt, zudem war die Leitungseinführung in das Gebäude mangelhaft. Im Wartungsbericht hatte der zuständige Installateur jedoch vermerkt: „Anlage ist ohne Mängel.“
Auch hier wären die Konsequenzen dramatisch, zumal es sich um eine Schule handelt. Überspannung oder Blitz könnte die Hauptverteilung im Technikraum zerstören, die Folge wäre unter Umständen eine Panik unter Schülern und Lehrern. An dieser Stelle hört der Spaß auf, auch da klopft der Staatsanwalt an die Tür.
Brand im Solarpark
Bei einer Freifeldanlage löste ein defekter Steckverbinder einen Brand aus. Die Leitungen waren mangelhaft verlegt. In den Wartungsberichten fand sich kein Hinweis daraus, dass die Biegeradien im Bereich der Steckverbindungen zu gering waren.
Bereits in der Vergangenheit aufgetretene Brand- und Schmauchspuren an den Steckern wurden nicht konsequent untersucht, um ihre Ursache zu ermitteln. Auch die Analyse des Risikos für den Anlagenbetreiber fehlte. Nun sieht sich das Wartungsunternehmen mit Regressforderungen der Versicherung konfrontiert.
Gefahr fürs Schwimmbad
Eine vierte Beispielanlage aus der gutachterlichen Praxis befindet sich auf einem Schwimmbad. Das Dach ist als Blechdach ausgeführt. Der Trennungsabstand für den Blitzschutz ist nicht einhaltbar. Die Solarleitungen wurden ohne Blitzableiter (SPD Typ 1) in den Technikraum neben den Umkleidekabinen geführt. Zudem war die Gestellbefestigung unzureichend, es gab eindeutige Schneckenspuren auf den Solarzellen. Im Wartungsbericht las der Gutachter: „Prüfung und Messungen ohne Beanstandungen“.
Auch bei Schwimmbädern handelt es sich wegen des Badebetriebs und der Nassbereiche um sensible Gebäude. Dementsprechend erfolgen Inanspruchnahme, Haftungen und Schadensersatzansprüche gegen den Anlagenerrichter und der wartungsverantwortlichen Fachkraft.
Bei Personenschäden erfolgt automatisch ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren. Bei Unterlassung des Hinweises auf mögliche Gewährleistungs- und Garantieansprüche (Schneckenspuren, Zellbrüche, Leistungsminderung) ist auch der Schadensersatz gegen die Wartungsfirma zu prüfen.
Fraunhofer IRB-Verlag
Neues Fachbuch über Inspektion, Prüfungund Instandhaltung
Wolfgang Schröder ist als Autor und Experte für verschiedene Verlage tätig. So ist er Herausgeber und Mitautor des „Ausführungshandbuchs für Photovoltaikanlagen“, das im Forum Verlag erschienen ist. Er publizierte in verschiedenen Fachzeitschriften, beispielsweise in „Der Bausachverständige“ des Fraunhofer IRB-Verlags. Jüngst erschienen ist sein neues Fachbuch „Inspektion, Prüfung und Instandhaltung von Photovoltaik-Anlagen“ beim Fraunhofer IRB-Verlag.
Unsere Serie
Experte gibt Tipps zum Service und zur Anlagenwartung
Photovoltaikanlagen brauchen die regelmäßige Durchsicht, Prüfung und Instandsetzung, gelegentlich sogar eine Reparatur. Noch immer wird dieser Service stiefmütterlich behandelt. Doch zunehmend entdecken die Installateure darin ein neues Standbein. Rechtlich und technisch gesehen ist das Thema sehr komplex. Deshalb bieten wir in vier Ausgaben Fachwissen aus erster Hand. Unser Autor ist Wolfgang Schröder, Sachverständiger für Photovoltaikanlagen und Fachkundiger für baulichen Brandschutz. Die Serie gliedert sich in vier umfangreiche Teile:
Klarheit der einzelnen Schritte: Mai 2016Klauseln gut durchdenken: Juni 2016Leistungen genau festlegen: Juli 2016Protokolle erleichtern Service: September 2016
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Hinweise des Autors
Zum Verständnis dieses Beitrags
Die vorangegangenen vertragsrechtlichen Betrachtungen und Abhandlungen wurden vom Autor sorgfältig recherchiert. Sie erheben jedoch keinen Anspruch auf Vollständigkeit und Anwendbarkeit auf alle möglichen Vertragskonstellationen. Insbesondere bei Photovoltaikanlagen ist sich die Rechtsprechung oft noch uneins.
Die obersten Gerichte haben sich in der Vergangenheit bereits vielfach mit der vertraglichen Behandlung von Photovoltaikanlagen beschäftigt. Grundsätzlich besteht nach aktueller Rechtsprechung bei der Installation einer Photovoltaikanlage der Vertragstypus des Kaufvertrages mit Montageverpflichtung. Das Gleiche gilt für Wartungsverträge, wo es noch keine Rechtsprechung gibt und deren rechtliche Bewertung nur nach der Gesetzeslage erfolgen kann.
Der Installateur, der sich mit Serviceverträgen auseinandersetzt, ist gut beraten, diese inhaltlich rechtlich abzustimmen, um spätere Unstimmigkeiten und Streitigkeiten zu vermeiden. Für den Anlagenbetreiber ist es wichtig zu wissen, welchen Leistungsumfang und welche Zuverlässigkeit er vom Installateur erwarten kann.
Der Autor
Wolfgang Schröder
ist Sachverständiger für Photovoltaikanlagen und Fachkundiger für baulichen Brandschutz. Nach dem Studium zum staatlich geprüften Bautechniker (Hochbau und Tiefbau) war er in einem mittelständischen Ingenieurbüro mit Bauüberwachung und Bauplanung betraut. Später qualifizierte er sich zum Projektmanager. Danach wechselte er als Bausachverständiger zum TÜV Süd sowie zu einem Systemanbieter in der Solarbranche, für den er als Projektmanager tätig war. 2008 absolvierte er die Prüfung als Sachverständiger für Photovoltaikanlagen beim Bundesverband Deutscher Sachverständiger und Fachgutachter. 2011 wurde er beim TÜV Rheinland zertifiziert. Seitdem ist er freiberuflich tätig, auch als Sachverständiger für Dachkonstruktionen, Dacheindeckungen, Dachabdichtungen und baulichen Brandschutz.