F ür Betreiber einer Anlage auf dem eigenen Hausdach ist der allabendliche Gang in den Keller vielerorts zum Ritual geworden. Kann man sich doch beim Ablesen der Ertragswerte in der Regel an den Früchten der getätigten Investition erfreuen. Noch mehr Spaß macht es, von unterwegs jederzeit via App die Stromproduktion zu überwachen. Kaum einer dieser Anlagenbesitzer will sich dieser selbst auferlegten Pflicht entledigen. Und das ist auch nicht notwendig, ist es doch bei dieser Anlagengröße wirtschaftlich nicht sinnvoll, einem Dritten die Überwachung zu übertragen. Schließlich weiß man ja auch selbst am besten, wann Schnee auf der Anlage liegt oder es den ganzen Tag geregnet hat. Stimmt der Ertrag trotz Sonnenschein nicht, wird der Installateur um Rat gefragt.
Aber nicht nur die Betreiber von sehr kleinen Anlagen überwachen ihre Anlagen selbst. Insgesamt nimmt über die Hälfte aller Anlagenbetreiber das Monitoring selbst in die Hand. Sogar die Hälfte der Anlagen mit einer Leistung von mehr als einem Megawatt wird in Eigenregie überwacht. Zu diesen Ergebnissen kommt eine aktuelle Studie, die vom Online-Marktplatz Milk the Sun und dem Marktforschungsunternehmen Photovoltaikzentrum durchgeführt wurde (siehe Seite 62).
Doch je größer die Anlage, umso komplexer die Aufgabe. Steffen Schuhmacher von Wirsol erläutert: „Mit der Größe einer Anlage steigen natürlich auch die möglichen Fehlerquellen. Nicht nur in ihrer Menge, sondern auch in ihrer Art. Bei Anlagen ab einer gewissen Größe muss ins Mittel- und Hochspannungsnetz eingespeist werden.“ Dann kommen zu den Modulen und Wechselrichtern auch noch Transformatoren und Schaltanlagen dazu. So stellt sich die Frage, ob Anlagenbetreiber mit dem Eigenmonitoring wirklich die optimale Strategie fahren. Können sie vom System generierte Meldungen richtig deuten und die erforderlichen Maßnahmen schnell einleiten? Die Vielzahl der am Markt verfügbaren Monitoringtools erweckt auf den ersten Blick den Eindruck, dass für jeden das passende zu finden ist und die Überwachung der eigenen Anlage leicht selbst übernommen werden kann. Nicht zuletzt bieten die Wechselrichterhersteller eigene Datenlogger an, die ihre Daten übers Internet an das Webportal des Herstellers senden, wo sie jeder Anlagenbetreiber abrufen kann. Doch kann jeder Anlagenbetreiber damit wirklich umgehen?
Täglich kontrollieren
Das tägliche Monitoring ist ein zusätzlicher Baustein der Wartung und Betriebsführung. Bei der jährlichen Inspektion, die in den meisten Wartungsverträgen Standard ist, wird die Anlage in der Regel einmal pro Jahr mit Argusaugen überprüft. Eine Sichtprüfung, eine Prüfung der Unterkonstruktion und Stichprobenmessungen gehören zum Programm. Auch Thermografieaufnahmen, direkt an den Strings oder durch Überflug mit Drohnen (siehe photovoltaik 06/2012) gehören zum Repertoire der Betriebsführung. Fehler werden damit zuverlässig entdeckt.
Einziger Haken: Diese jährliche Prüfung kommt unter Umständen oft zu spät. Fehlfunktionen, die vielleicht schon mehrere Monate unentdeckt geblieben sind, haben bereits erheblichen Minderertrag verursacht. Deshalb ist die kontinuierliche Überwachung und schnelle Abhilfe gerade bei größeren Anlagen unabdingbar. Hier summieren sich die Ertragsausfälle schnell auf beträchtliche Beträge. Deshalb stellen bei großen Anlagen die finanzierenden Banken oft die Bedingung, dass eine bestimmte Performance Ratio – ein bestimmtes Verhältnis von Einstrahlung und Ertrag – durch tägliches Monitoring gewährleistet ist.
Performance Ratio genügt nicht
Das Hamburger Unternehmen Project Quality 4t2 positioniert sich als unabhängiger Spezialist für technische Betriebsführung und Repowering. Es hat momentan rund fünf Megawatt Leistung im täglichen Monitoring. Geschäftsführer Gerwin Dreesmann sieht ganz klar einen Interessenkonflikt, wenn der Errichter einer Anlage auch die Betriebsführung übernimmt. „Das wird immer dann sichtbar, wenn Probleme nicht sofort kommuniziert werden.“ Das Angebot des Unternehmens stößt deshalb auf positive Resonanz. Gearbeitet wird mit der Monitoringlösung 8.2 Solman. Die mit zwei Kollegen besetzte Leitwarte befindet sich in Potsdam. Vor-Ort-Einsätze werden selbst durchgeführt. Ist ein Check weiter entfernter Anlagen notwendig, rücken lokale Partner aus. Project Quality 4t2 trumpft mit einer weiteren Karte auf: Das Unternehmen garantiert den Kunden eine bestimmte energetische Verfügbarkeit der Anlage. „Wir definieren die energetische Verfügbarkeit eines Solarkraftwerkes als das jährliche Verhältnis des tatsächlichen Energieertrages zum theoretischen Energieertrag, der generiert worden wäre, wenn es zu keinen Funktionsstörungen gekommen wäre“, erläutert Gerwin Dreesmann. „Wir garantieren unseren Kunden eine energetische Verfügbarkeit von zum Beispiel 97 Prozent. Im Vergleich zu einer Garantie der zeitlichen Verfügbarkeit hat das für Betreiber einen klaren Vorteil: In unserem Modell werden Zeiten der Nichtverfügbarkeit mit dem während dieser Zeiten erzielbaren Solarertrag gewichtet. Das ist für uns eine hohe Motivation, Störungen schnellstmöglich zu beheben. “
Damit werden auch mögliche Ungenauigkeiten marktüblicher Performance-Ratio-Garantien aufgefangen. Die Herausforderung für den Betreiber ist hierbei oft der Nachweis der tatsächlich verfügbaren Solarstrahlung. Dies ist nur mit genau kalibrierten und sauberen Einstrahlungssensoren möglich. Sind Einstrahlungssensoren verschmutzt oder arbeiten sie ungenau, wird die verfügbare Solarstrahlung eventuell zu gering angesetzt. Einsprechend steigt die Performance Ratio.
Ein Newcomer: Smart Control
Eine relativ junge Monitoringlösung ist das Produkt Smart Control der Münchner Smartblue AG. Das herstellerunabhängige Tool integriert eine kontinuierliche Leistungssimulation der überwachten Solaranlage in die Software. Diese Simulation wird auf der Basis von Wettersatellitendaten berechnet. „Mit der Integration der Satellitendaten fügen wir ein Referenzsignal zu der Datenbasis hinzu, und das ohne zusätzliche Hardware“, erklärt Vorstand Philipp Geiger. „Wir bieten Installateuren damit die Möglichkeit, ihren Service aufzuwerten. Mit einem Klick können sie Leistungs-Soll-Werte zu jeder Anlage hinzufügen.“ Die Daten bestehen im Grunde aus Wetterfotos, die alle 15 Minuten von einem Satelliten aufgenommen und vom Smart-Control-Server in Echtzeit synchronisiert werden. Mit diesen Daten wird der Sollertrag der Anlage viertelstündlich simuliert und mit den tatsächlichen Ertragsdaten verglichen. Nach Aussage des Unternehmens ist diese Lösung zuverlässiger und genauer als die meisten Einstrahlungssensoren. Ob diese Daten wirklich einen zuverlässigeren Referenzwert darstellen, muss die Praxis beweisen. Max Dinter ist Serviceleiter des oberpfälzischen Unternehmens HM-PV, das dieses Produkt seit Oktober 2012 einsetzt. Er meint: „Uns fehlt derzeit noch das Gefühl beziehungsweise die Erfahrung, um diesen Vorteil klar zu erkennen. Eigentlich haben wir auch von den Einstrahlungssensoren bisher relativ zuverlässige Daten erhalten.“
Doch die Satellitendaten als Referenz sind nicht der einzige Clou der Lösung von Smartblue. Sie verspricht noch viel mehr. „Unsere Stärke ist die Herstellerunabhängigkeit“, sagt Philipp Geiger. „Zu uns kommen die großen, professionellen Wartungsunternehmen, welche in der Komplexität der vielen verschiedenen Herstellerportale ertrinken. Ihnen ersparen wir mit unserem Leitstand signifikant viel Arbeit und damit Kosten.“ Doch nicht nur das, wie Geiger weiter ausführt: „Zudem haben wir eine intelligente Fehlererkennung programmiert, die automatisch auch schleichende Fehler erkennt und zum anderen den Nutzer nicht mit falschen Fehlern überschwemmt. Sie erzeugt und verschickt nur die wirklich relevanten Fehlermeldungen.“
Eine neue Dienstleistung
Smartblue spricht eine weitere Kundengruppe an: Installateure, die das Monitoring als Dienstleistung anbieten wollen. Das Produkt sei gerade für mittlere Unternehmen interessant, die keine zusätzlichen Mitarbeiter fürs Monitoring abstellen und dennoch diese Dienstleistung anbieten wollen. „Die Maschine macht genau das, was sie gut kann – jeden Tag ganz stupide dieselben Routinen durchlaufen, Daten vergleichen und die Ergebnisse auswerten“, meint Geiger. „Niemand muss deshalb den ganzen Tag vorm Monitor sitzen.“
Der Preis des Produkts variiert nach Anlagengröße. Er beginnt bei deutlich unter einem Euro pro Kilowatt und Jahr für die Nutzung des Smart-Control-Leitstandes inklusive der Satellitenoption.
Monitoring lohnt sich
Das bayerische Unternehmen Suntec Energiesysteme arbeitet seit April mit Smart Control. Rund 50 Anlagen mit einer Leistung von zehn Megawatt werden bisher damit überwacht. Vor Einführung des Systems wurde mit Datenloggern der verschiedenen Hersteller gearbeitet. Geschäftsführer Jochen Hilpert zeigt sich zufrieden: „Zwar bedeutet das Einpflegen der Anlagen einigen Aufwand, aber mit den bisherigen Tools war das Servicepersonal eigentlich am Limit. In dieser Aufstellung hätten wir unser Geschäft in diesem Bereich nicht weiter ausbauen können. Nun sind Chancen für weitere Expansion im Monitoring geschaffen.“
Kein Anlagenbetreiber will vermeidbare Mindererträge akzeptieren. Kontinuierliches Monitoring lohnt sich, nicht nur aus Sicht des Betreibers. Auch Anbieter dieser Dienstleistung können sich ein lohnenswertes Geschäftsfeld erschließen. Zwar nicht im Bereich der Kleinstanlagen, wohl aber bereits ab Anlagengrößen von 20 Kilowatt kann die Dienstleistung für Kunden interessant sein. Stimmen Kommunikation und Preis-Leistungs-Verhältnis, wird die Kundenbindung gestärkt. Folgeaufträge und Weiterempfehlung nicht ausgeschlossen.
Tipps
Empfehlung für Neueinsteiger
- Bieten Sie Ihren Kunden bereits beim Kauf der Anlage die permanente Überwachung und Kontrolle der Anlagen an.
- Wenn Sie die Dienstleistung bisher nicht anbieten wollen oder können, kooperieren Sie mit einem Unternehmen aus diesem Geschäftsbereich.
- Bieten Sie ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis an mit fairen Kündigungsfristen und angemessener Vertragslaufzeit.
Tipp
Lesen Sie auch den Artikel zur Qualität in Planung und Montage auf Seite 146.
NACHGEHAKT
Überwachen heißt vergleichen
„Optimales Monitoring beginnt eigentlich schon bei der Planung der Anlage“, sagt Steffen Schuhmacher, bei Wirsol als Abteilungsleiter für technische Betriebsführung zuständig. „Werden zum Beispiel Einstrahlungssensoren montiert, Möglichkeiten zur Einzelstringüberwachung geschaffen oder Webcams installiert? Schon relativ kleine Stellschrauben helfen, beim späteren Betrieb auch ein optimales Monitoring zu gewährleisten.“
Schuhmacher bringt es auf den Punkt:„Überwachen heißt vor allen Dingen vergleichen.“ Gibt es zum Beispiel zwei Wechselrichter an einer Anlage, die bei gleicher Einstrahlung unterschiedliche Daten melden, liegt der Schluss nahe, dass ein Defekt vorliegt. „Die Kunden schätzen die Dienstleistung. Sie merken, dass die Anlage nicht von alleine läuft.“ Das Wissen und die Erfahrung der Mitarbeiter im Leitstand zahlen sich für die Kunden aus. Denn nicht jeder vermeintliche Fehler ist auch tatsächlich einer. „Anlagenbetreiber ohne tiefere technische Kenntnisse müssen auch schon mal beruhigt werden“, berichtet Schuhmacher.
Vor allen Dingen steigen die Anforderungen an die Datenpräsentation. Finanzierende Ban- ken stellen sehr detaillierte und zum Teil sehr individuelle Ansprüche an die Aufbereitung der Daten. Auch die Datenverbindung zur Anlage ist ein wichtiges Thema. „Eine unterbrochene Datenverbindung kann Fehler generieren, die wie eine Netzabschaltung aussehen“,nennt Schuhmacher ein Beispiel.„Obwohl die Anlage fehlerfrei läuft,muss wertvolle Zeit in die Fehleranalyse investiert werden. Deshalb ist eine Überlegung, ein redundantes Übertragungssystem zu installieren, also zwei parallele Kommunikationswege zu schaffen. Zum Beispiel parallele Überwachung per GSM-Karte und Satellitenverbindung.“
Eine neue Studie beleuchtet den Markt rund um die Wartung und den Service.
Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser
Der Online-Marktplatz Milk the Sun und das Marktforschungsunternehmen Photovoltaikzentrum – Michael Ziegler haben eine Studie zur Wartung, Instandhaltung, Pflege und zum Betrieb von Photovoltaikanlagen durchgeführt. Die Daten der Marktanalyse wurden online in einem Zeitraum von mehreren Monaten erhoben. An der Befragung beteiligten sich insgesamt 1.465 Betreiber von Solarstromanlagen aus Deutschland, Italien, Frankreich und Großbritannien sowie Investoren aus weiteren europäischen Ländern.
Serviceangebot schon bei Planung
Nach Ergebnissen der Studie überwachen und kontrollieren 54 Prozent der Investoren ihre Anlage selbst. Sogar die Hälfte der Photovoltaikanlagen mit einer Leistung von mehr als einem Megawatt wird in Eigenregie überwacht. Nur 46 Prozent der Anlagenbetreiber haben mit einem Anbieter von Operations & Maintenance (O&M) eine vertragliche Regelung für die Wartung und den Service ihrer Photovoltaikanlage getroffen, wobei die Größe der Anlage bei dieser Entscheidung kaum eine Rolle spielt. Annähernd 70 Prozent der Investoren haben einen Servicevertrag mit einem Partner abgeschlossen, über den auch die Solarstromanlage bezogen wurde. Als Hauptgrund nannten viele das Vertrauen in den Partner, welches bereits durch den Erwerb der Anlage gewonnen wurde. Voraussetzung jedoch ist, dass O&M-Leistungen ein wesentlicher Bestandteil des Angebots sind. Weitere Kriterien für die Wahl des Partners sind ein ausgewogenes Preis-Leistungs-Verhältnis sowie eine schnelle Schadenbehebung innerhalb von 24 Stunden.
Betreiber passen auf
Trotz eines bestehenden Servicevertrages kommt es vor, dass Probleme und Störungen an der Solarstromanlage erst dann vom Dienstleister behoben werden, nachdem diese durch den Betreiber darauf aufmerksam gemacht wurden. Diese Erfahrung mussten bereits etwa 35 Prozent der Betreiber machen. Interessant sei die Erkenntnis, dass ein Großteil der O&M-Partner, die auch am Verkauf der Anlage beteiligt waren, Probleme und Schäden an der Photovoltaikanlage erst dann behoben beziehungsweise beseitigten, nachdem sie von den Anlagenbetreibern darauf aufmerksam gemacht worden waren, so die Studie. Serviceunternehmen, die nicht am Verkaufsprozess beteiligt waren, agierten aufgrund ihrer Unbefangenheit neutraler und zuverlässiger.
Fehler sofort melden
Überraschendes Ergebnis: Obwohl Operations & Maintenance ein relativ junges Geschäftsfeld ist, besteht eine recht große Wechselbereitschaft. Immerhin 25 Prozent der Betreiber von Solaranlagen, die bereits einen Servicevertrag mit einem Anbieter geschlossen haben, würden einen Wechsel in Betracht ziehen. Der größte Verbesserungsbedarf bei bestehenden Verträgen wird in der Kommunikation gesehen. Betreiber wollen sofort von auftretenden Störungen informiert werden und wünschen sich vom Dienstleister ein Lösungskonzept zur Behebung der Ertragsminderung.
Die Studie richtet sich an Anbieter von O&M-Leistungen, Installateure, Dienstleister, Solarverbände sowie an Solaranlagenbetreiber und Solarinteressierte. Die Studie umfasst 41 Seiten und ist im Onlineshop von Photovoltaikstudie.de zum Preis von 289 Euro erhältlich.