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Teure Nacharbeit

Drei Jahre dauerte der erste Goldrausch in der Photovoltaik, genau von 2009 bis 2012. Da wurden die Anlagen nach Megawatt installiert, saftige Renditen lockten. Nun macht sich Ernüchterung breit.

Denn die damals in aller Hast errichteten Generatoren erweisen sich als problematisch. „Die Bestandsanlagen werden immer älter“, sagt Marcus Brand, technischer Leiter von B + B Solarreinigung in Leipzig. „Nun treten die Mängel offen zutage. Verschmutzungen reduzieren den Wirkungsgrad. Das sind Verschmutzungen, die durch falsche Installation oder Mängel bei der Modulherstellung entstehen.“

Marcus Brand ist ein alter Hase im Geschäft. Sein Unternehmen hat 2013 rund einige Megawatt Solaranlagen gereinigt, davon vorzugsweise größere Dachanlagen und Freiflächenanlagen. „2014 war sogar unser bestes Jahr“, meint er zufrieden. „Wir hatten sehr gute Umsätze. Denn letztlich wirken sich Verschmutzungen genauso negativ auf den Ertrag der Anlagen aus wie technische Fehler in den Zellen, in der Stringverschaltung oder am Wechselrichter.“

Neben der Modulreinigung bietet er auch die Grünpflege für Solarparks an, also den Schnitt der Pflanzen zwischen den Modulreihen.

Im Grunde genommen profitieren die professionellen Reinigungsbetriebe von den Fehlern, die bei der Auswahl der Komponenten und bei der Installation der Anlagen gemacht wurden. Bis 2012 wurde die Photovoltaik als Renditeobjekt verkauft, im Großen wie im Kleinen. Nicht Qualität zählte, sondern ein Renditeversprechen, mit 20 Jahren Laufzeit. „So wurden damals etliche Dachanlagen ohne ausreichende Aufständerung gebaut“, urteilt Marcus Brand. „Um bei der Unterkonstruktion zu sparen, wurden die Module einfach auf das Firmendach gelegt.“

Das rächt sich nun. Denn bei null bis vier Grad Aufständerung hat der Regen keine Chance, Staub und Schmutz von den Modulen zu waschen. „Unserer Erfahrung nach funktioniert der Selbstreinigungseffekt erst ab 15 Grad Aufständerung, was auch die Modulhersteller empfehlen“, urteilt Marcus Brand. „Liegen die Module eben auf dem Flachdach, bildet der Regen Pfützen aus. Auf den Modulen entstehen Flecken, die sich später durch die ultraviolette Strahlung der Sonne ins Frontglas der Module brennen. Da können Sie mit der Reinigung kaum noch etwas machen.“

Dieser Effekt stellt sich bereits im ersten Sommer nach der Inbetriebnahme ein, er hängt von der Sonneneinstrahlung ab. „Diese Schmutzflecken werden schon in den ersten Jahren eingebrannt“, bestätigt der Experte. „Zudem raut sich dadurch die Glasoberfläche auf, so dass sich noch mehr Schmutz absetzt. Auf diese Weise entstehen Ertragsverluste von 15 bis 20 Prozent.“

Dieses Problem taucht auch bei Dünnschichtmodulen auf. Früher wurden vor allem Cadmiumtellurid-Module verbaut, beispielsweise von First Solar. Die Anlagen waren als reine Renditeobjekte konzipiert, an allen Ecken wurde gespart. Aufgeständerte Module erzeugen deutlich höhere Windlasten, brauchen also viel stabilere Unterkonstruktionen. Viele Dächer hätte man auf diese Weise gar nicht belegen können.

Mehr als ein Drittel Verlust

Auf dem Dach aufliegende Module werden auch nicht hinterlüftet, so dass die Verluste an heißen Tagen steigen. Kristalline Module hingegen wurden meistens aufgeständert, um den optimalen Winkel zur Sonne zu haben. Marcus Brand und seine Mitarbeiter können ein Lied davon singen: Mit flach aufgelegten Modulen haben sie alle Hände voll zu tun. „Das machte 2014 rund ein Fünftel unseres Umsatzes aus“, verrät der Technikchef von B + B Solarreinigung.

So berichtet er von einer Aufdachanlage in Sachsen auf einer Firmenhalle. Die Nennleistung beträgt 3,2 Megawatt, die Module stammen von First Solar. Aufgrund der Verschmutzung sank der Wirkungsgrad um sage und schreibe 35 Prozent. Eine erste, flüchtige Reinigung drückte diese Verluste um lediglich fünf Prozent. „Dann wurden wir mit einer zweiten, gründlichen Reinigung beauftragt“, erzählt Marcus Brand. „Wissen Sie, die Qualität der Reinigung ist entscheidend. Jetzt leistet die Anlage immerhin wieder 80 Prozent ihrer Nennleistung.“

Eine Anlage mit 7,4 Megawatt schrieb 25 Prozent Verlust. Nach der Reinigung waren es nur noch sieben Prozent Verlust. Ganz nebenbei stellten die Reinigungsteams fest, dass einige Solarmodule schadhaft waren. Aufgrund der Seriennummer konnte der Kunde die Module beim Hersteller reklamieren, sie wurden ausgetauscht. Das Hallendach ist mehr als einen Kilometer lang und 300 Meter breit. „Im Vorfeld solcher Aufträge haben wir Versuche gemacht, uns unsere Reinigungstechnologie vom jeweiligen Modulherstellern freigeben zu lassen“, erläutert Marcus Brand. „Denn die Reinigungsverfahren müssen von den Herstellern anerkannt sein, sonst riskiert der Anlagenbetreiber die Ansprüche aus der Gewährleistung.“

Manche Anlagen müssen die Teams fünf- oder sechsmal reinigen, „obwohl sich keine außergewöhnlichen Emittenten in der Nachbarschaft befinden“, wie der Fachmann ausführt. „Das passiert nicht selten.“

Ein besonderes Problem sind die eingebrannten Schmutzflecke, die sich mit der Zeit aus den Pfützen auf den Modulen bilden. „So etwas ersetzt der Modulhersteller beispielsweise nicht“, weiß Marcus Brand. „Denn die Wartungsfirma hat versäumt, die rechtzeitige Reinigung der Anlage anzumahnen.“

Hier kommt ein generelles Problem ins Spiel, das den Projektierern nun auf die Füße fällt: Erst haben sie ihren Investoren traumhafte Renditen versprochen. Nun liegt der Wartungsaufwand deutlich höher als seinerzeit kalkuliert. Große EPC-Projektierer wie Juwi bieten ihren Kunden neben der Projektierung auch den After-Sales-Service an. Die Investoren sitzen oft weit entfernt von den Anlagen, sie haben keine Ahnung, was mit ihrer Kapitalanlage passiert.

Schlamperei zahlt sich nicht aus

Stehende Pfützen auf flach aufgelegten Dünnschichtmodulen erhöhen auch das Risiko von Delaminationen, wenn die Nässe unter die Rahmenkanten und in die Ecken des Moduls kriecht. Im Winter bildet sich an solchen Stellen Eis, das mächtige Sprengkräfte entfalten kann.

Solardächer in der Landwirtschaft sind häufig stark mit Ammoniak belastet. Sie werden mit speziellen Reinigungsmitteln gewaschen. Sonst bilden sich Schlieren, die sich gleichfalls in das Frontglas brennen und die Verschmutzung eher verstärken. Nicht selten müssen schadhafte Module ausgetauscht werden, das ist durchaus normal. Um jedoch jedes Quäntchen Dachfläche zu verwerten, wurden viele Anlagen ohne Wartungsstege gebaut. „Wir haben beobachtet, dass drei Module beschädigt werden, um eins zu wechseln“, nennt Marcus Brand ein Beispiel. „Manchmal laufen die Installateure einfach über die Module, die Abdrücke ihrer Sohlen können wir genau nachverfolgen. Auch sie brennen sich mit der Zeit ins Glas ein.“

Verbogene Blechkanäle

Oder: In Ermangelung von fachgerechten Stegen laufen die Wartungsteams über die Blechkanäle der DC-Verkabelung. Dabei verbiegen sich die Bleche, öffnen sich Schlitze und Lücken. Dort nisten sich Mäuse ein. Sie fressen die Kabel an. Die Foige: Kurzschlüsse und Brände. Marcus Brand hat sogar beobachtet, dass schadhafte Module durch verschmutzte Altmodule ersetzt wurden – in frisch gereinigten Solaranlagen! Er hat auch beobachtet, dass die Installateure gelegentlich Schrauben oder Kabelstücke auf den Modulen vergaßen.

Im Akkord wurden die Module aufs Dach geworfen, Qualität spielte nur selten eine Rolle. „Natürlich finden wir auch Vogelkot. Er ist säurehaltig und kann sich gleichfalls in Glas einbrennen. Doch in der Regel wäscht ihn der Regen zuvor ab.“ In einigen Gegenden werfen die Vögel Walnüsse auf die Module, um sie zu knacken.

Jetzt rächt sich auch der Stress, dem die Gutachter ausgesetzt waren. Nach 3.000 bis 5.000 Modulen wird auch der gewiefteste Experte „modulblind“. Er sieht die kleinen Fehler und Verschmutzungen einfach nicht mehr. Nicht selten haben die Gutachter übersehen, dass die Drehmomente der Schrauben an den Modulklemmen zu stark angezogen waren. Die Folge jetzt, drei oder fünf Jahre später: Aufgrund der Spannungen hat sich unterm Glas eine Delamination gebildet. Marcus Brand hat sich angewöhnt, solche Auffälligkeiten sofort an die zuständige Wartungsfirma oder an die Anlagenbetreiber zu melden. „Die Kunden müssen für solche Mängel sensibilisiert werden“, sagt er. „Sonst gibt es eines Tages ein böses Erwachen.“

Generell empfiehlt der Fachmann, jede Anlage mindestens einmal im Jahr zu reinigen. Effizient sind die Reinigungen immer dann, wenn der Verschmutzungsgrad der Anlage nicht zu hoch ist. „Also lieber früher und häufiger reinigen“, meint Marcus Brand. „Die Module sollten möglichst leicht zugänglich sein. So eine Solaranlage ist auch eine Kapitalanlage. Zu starke Verschmutzung summiert sich bei großen Anlagen schnell auf 100.000 bis eine halbe Million Euro im Jahr. Sie gehen den Investoren durch die Lappen.“

Bei Freilandparks kommt der Grünschnitt hinzu. Auch hier warten viele Anlagenbetreiber oft viel zu lange, bis die hoch stehenden Pflanzen vor den Modultischen gemäht werden. „In der Regel werden wir erst angerufen, wenn die Pflanzen bereits die untere Modulreihe verschatten“, berichtet Brand. „Das ist zu spät. Denn dann fliegen die Grassamen oder der Blütenstaub auf die Module und setzen sich dort ab. Durch Sonne und Regen entsteht eine klebrige, sehr widerstandsfähige Schicht, wie Harz.“

Reihen zu eng gebaut

Wie auf den Dächern nicht selten die Wartungsstege fehlen, stehen bei etlichen Freilandparks die Modulreihen viel zu eng. „Dann können wir keine Maschinen einsetzen, dann ist nur die Reinigung von Hand möglich. Was das für die Kosten bedeutet, können Sie sich sicher vorstellen.“ Als Faustregel für die Reinigungskosten gelten minimal zehn Euro je Kilowatt. Bei Sonderfällen oder Spezialreinigungen steigen diese Kosten aber bis auf zehn Euro pro Modul. Das sind die Fälle, in denen jedes Modul aufwendig von Hand nach patentierten Verfahren gesäubert werden muss. Dazu gehören Rückstände von Silikon aus der Modulfertigung.

http://www.solarreinigung-gbr.de/photovoltaik-solar-reinigung/photovoltaik-solar-reinigung-startseite/

Kurz nachgefragt

„Realistische Budgets für die Betriebsführung“

In der Vergangenheit wurden Dünnschichtmodule nicht selten ohne Aufständerung auf Gewerbebauten oder die Dächer von landwirtschaftlichen Betrieben installiert. Wie hoch ist die Gefahr, dass sie verschmutzen?

Sönke Jäger: Grundsätzlich ist an nahezu jedem Standort mit einer mehr oder minder starken Verschmutzung von Solarmodulen zu rechnen. Wie stark die Module verschmutzen und wie dadurch der Ertrag beeinflusst wird, hängt maßgeblich vom verwendeten Moduldesign, der Installationsart und den äußeren Einflüssen ab. Die von Ihnen genannten Installationen wurden oftmals mit rahmenlosen Dünnschichtlaminaten ausgeführt, wodurch ein Aufstauen von Schmutz am Modulrahmen vermieden werden sollte. Nichtsdestotrotz ist bei diesen Anlagen teilweise eine äußerst starke Verschmutzung zu beobachten. Ein Grund hierfür ist unter anderem der in vielen Fällen sehr flache Neigungswinkel von beispielsweise zehn Grad oder weniger gegen die Horizontale.

Ist die unzureichende Aufständerung der einzige Grund oder wirken mehrere Faktoren zusammen?

Im landwirtschaftlichen Bereich ist als Hauptursache Abluft zu nennen, die mit organischen Substanzen angereichert ist und sehr stark auf der Moduloberfläche haftet. Hierdurch kann der Schmutz nur sehr schlecht durch Regen abgewaschen werden, sodass in diesen Fällen schon nach kurzer Zeit mit einer starken Verschmutzung zu rechnen ist. Schnell können Ertragseinbußen von zehn Prozent oder mehr auftreten.

Sind die Module stark verschmutzt, muss man sie reinigen. Oder gar austauschen. Wann lohnt es sich, die Module im Nachhinein aufzuständern, um die erneute Verschmutzung zu vermeiden?

Eine nachträgliche Aufständerung von Modulen wirtschaftlich abzubilden, ist nahezu unmöglich. Zum einen verringert sich die installierte Leistung – abhängig von der gewählten Aufständerungsvariante – um 50 Prozent oder mehr. Der daraus resultierende Minderertrag abzüglich der spezifischen Ertragssteigerung durch die Aufständerung fehlt im Vergleich zur ursprünglichen Wirtschaftlichkeitsberechnung also in jedem Fall. Es sei denn, es ist zusätzlicher Platz auf dem Dach vorhanden, der für die Montage genutzt werden kann. Das ist in der Regel nicht der Fall. Weiterhin kommen für die De- und Remontagearbeiten, die Aufständerung und Neuverkabelung schnell Kosten in einer Größenordnung von 400 bis 500 Euro je Kilowatt zusammen.

Eine nachträgliche Aufständerung von Modulen wirtschaftlich abzubilden, ist nahezu unmöglich. Zum einen verringert sich die installierte Leistung – abhängig von der gewählten Aufständerungsvariante – um 50 Prozent oder mehr. Der daraus resultierende Minderertrag abzüglich der spezifischen Ertragssteigerung durch die Aufständerung fehlt im Vergleich zur ursprünglichen Wirtschaftlichkeitsberechnung also in jedem Fall. Es sei denn, es ist zusätzlicher Platz auf dem Dach vorhanden, der für die Montage genutzt werden kann. Das ist in der Regel nicht der Fall. Weiterhin kommen für die De- und Remontagearbeiten, die Aufständerung und Neuverkabelung schnell Kosten in einer Größenordnung von 400 bis 500 Euro je Kilowatt zusammen.

Ein ordentlicher Batzen, den zuvor niemand einkalkuliert hat ...

Das stellt bei heutigen Anlagenpreisen ein Drittel oder mehr der ursprünglichen Installationskosten dar. Unabhängig vom Leistungsverlust durch den größeren Platzbedarf müsste die Anlage mindestens 25 bis 30 Prozent mehr Ertrag bringen, um die Umbaukosten zu refinanzieren. Zusätzliche Kapitalkosten sind hierin noch nicht einmal berücksichtigt. Abschließend ist zu beachten, dass die Reinigungskosten durch einen Umbau nicht auf null sinken werden. In der Regel ist sogar davon auszugehen, dass die Reinigungskosten pro Durchführung bei einer aufgeständerten Aufdachanlage im industriellen Maßstab größer sind als bei einer dachparallelen Anlage, da eine teilmaschinelle Reinigung bei dachparallel installierten Modulen einfacher umzusetzen ist.

Welche anderen Möglichkeiten gibt es außer der Aufständerung, um starke Verschmutzung zu vermeiden?

Grundsätzlich sollten Lösungsansätze standortbezogen entwickelt werden. Allgemein ist zu beobachten, dass sich seit einigen Jahren immer mehr Institute und Firmen mit der Anwendung von Antihaftbeschichtungen auf Solarmodulen beschäftigen. Eine Standardlösung hat sich zwar noch nicht etabliert. Aber ich denke, dass es in diesem Bereich noch spannende Entwicklungen geben wird. In jedem Fall sollte, wie bei der Modulreinigung auch, vor Aufbringung einer Antihaftbeschichtung fallbezogen geklärt werden, ob und wie die Aufbringung die Herstellergarantien beeinflusst.

Wie kann man mit den spezifischen Bedingungen des Anlagenstandorts umgehen?

Bei Anlagen auf landwirtschaftlichen Gebäuden kann man das Lüftungskonzept anpassen. Denkbar ist beispielsweise das Umlenken von Abluft aus Firstlüftern auf die Nordseite der Dächer. Weiterhin besteht die Möglichkeit von einer dezentralen Firstentlüftung auf eine Zentralabluft oder eine giebelseitige Entlüftung umzustellen. Aufgrund der erforderlichen Baumaßnahmen sollte dies aber vor der Installation der Solaranlage erfolgen. Generell ist anzumerken, dass eine durchdachte Anlagenplanung kombiniert mit einem realistischen Betriebsführungsbudget die beste Möglichkeit ist, eine zu starke Modulverschmutzung zu vermeiden und langfristig einen hohen Ertrag zu gewährleisten. Durch professionelle Betriebsführung besteht die Möglichkeit, den wirtschaftlich optimalen Zeitpunkt für eine Reinigung zu erkennen und die notwendigen Maßnahmen einzuleiten.

Die Fragen stellte Heiko Schwarzburger.

https://adlersolar.de/

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