Als sich Ulrich von Borstel vor zwei Jahren als Betriebsführer für Photovoltaikanlagen selbstständig machte, da hatte er einfach genug. Genug Zeit vertrödelt beim Abklappern der verschiedenen Monitoringportale, beim Zusammensuchen der Daten für aussagekräftige Berichte und genug vom Hin und Her zwischen verschiedenen Softwaresystemen zur Verwaltung von Tickets für die Störungsbeseitigung und den Stammdaten der Anlage. Vier Jahre lang hatte er sich über die eingeschränkten Fähigkeiten der Hilfsprogramme geärgert, dann erfüllte er sich den Wunsch nach einem schnelleren, integrierten System selbst. Er ließ den 8.2 Solman nach seinen Vorstellungen programmieren. Inzwischen läuft er und ist seit diesem Jahr erhältlich.
Doch auch andere Anbieter von Überwachungssoftware haben in der Zwischenzeit ihre Systeme aufgerüstet. Sie alle ermöglichen nun die Überwachung mehrerer Anlagen in einem Portal oder einer Leitwarte. Das Monitoring bildet den Kern der jeweiligen Programme und bietet stets in übersichtlicher Diagrammform aufbereitete Messdaten. Üblich sind Push- und Pull-Dienste zur Datenabfrage, die sofortige Weiterleitung von Alarmmeldungen an den zuständigen Bearbeiter und verschiedene Vergleichs- und Kontrollfunktionen. So werden Alarme ausgelöst, wenn die Verbindung unterbrochen ist, Daten nicht plausibel erscheinen, wenn Erträge zu stark von Sollvorgaben abweichen oder Differenzen zwischen Wechselrichtern beziehungsweise Modulsträngen auftreten. Unterschiede gibt es bei der Frage, welche Datenlogger, Sensoren, Digitalkontakte und externe Datenreihen eingebunden werden können. Entscheidend für den Betriebsführer ist aber auch, welche seiner täglichen Aufgaben er sonst noch über das System abwickeln kann. Denn wer Fremdanlagen als Dienstleister überwacht, muss Investoren Rechenschaft ablegen, muss seine Arbeit zuverlässig dokumentieren sowie organisieren und benötigt eine Basis für die Kostenkalkulation. Da er die Sicherheit der Messdaten garantieren muss und sich auch zu festgelegten Reaktionszeiten verpflichtet, sind die Ansprüche an die Software hoch. Die folgenden Programme aus dem deutschsprachigen Raum sehen sich alle als Betriebsführungssysteme in diesem Sinne, sind aber für unterschiedliche Zielgruppen und Herangehensweisen konzipiert.
Programme im Einzelnen
So ist der 8.2 Solman auf die Bedürfnisse eines unabhängigen technischen Betriebsführers ausgerichtet. Ulrich von Borstel, Geschäfts- und Betriebsführer bei Ensibo, arbeitet mit der Überwachungstechnik, die er vor Ort vorfindet. Seine Software unterstützt ihn bei der Integration der Überwachungsgeräte.Sind sie eingebunden, helfen ihm direkte Links von der Fehlermeldung auf das jeweilige Diagramm bei der Detektivarbeit, die manchmal nötig ist, um den Störungen auf den Grund zu gehen. Der Operator kann weitere Graphen dazuschalten und so die Ursache der Störung eingrenzen. Jede seiner Maßnahmen und Entscheidungen hält er in einem Ticket fest, das wiederum in die Lebenslaufakte der Anlage einfließt. So liegen alle Daten für die automatisierte, schnelle Erstellung eines Monatsberichts vor. Alarme, Wartungstermine und sonstige Erinnerungen warten in einer aktuellen Aufgabenliste auf ihre Abarbeitung. Betreiber und Investoren haben über ein Webportal Zugriff auf die wichtigen Informationen zu ihrer Anlage. Die Software läuft auf dem Server des Betriebsführers, der somit für die Daten, deren Sicherheit und Verfügbarkeit selbst verantwortlich ist.
Bewertungszwang
Entspannt blickt Björn-Lars Kuhn, Inhaber der Proteus Solutions, auf diesen Neuankömmling in seinem Marktsegment. Er ist seit 2006 für die Entwicklung des Programms RPView von RPV Elektrotechnik mitverantwortlich. Inzwischen ist es die an Funktionen wohl umfangreichste Software für die technische Betriebsführung und verfügt über ausgeklügelte Arbeitsabläufe. Kuhn hält sich nicht lange mit dem Monitoring auf. „Die reinen Funktionalitäten sind die gleichen wie bei anderen Monitoringsystemen auch.“ Interessant ist, was mit der Vielzahl an Daten und den gemeldeten Fehlern weiter passiert. RPView ist auf den Operator im Leitstand der Fernwarte ausgerichtet. Er kann Fehler nicht einfach ignorieren oder gar löschen. Er muss sie bewerten und entscheiden, was geschehen soll. Diese Bearbeitung wird automatisch und ohne die Möglichkeit einer späteren Manipulation in der Anlagenakte festgehalten. „Das ist wichtig, aus Gründen der Beweissicherheit“, betont Kuhn. Das Anhängen von E-Mails, Telefonnotizen und anderen elektronischen Dokumenten an das Ticket ist denkbar einfach. Jeder Kontakt zwischen Operator, Techniker und Betreiber kann in Kopie ans System geschickt werden und gelangt mittels Ticketnummer über das Dokumentenmanagement in die Akte. Dafür ist kein Login nötig. Der Betreiber kann im Webportal die Fortschritte bei der Ticketbearbeitung kontrollieren. Wie beim Tracking eines Postpaketes kann er jeden Schritt nachvollziehen und sieht beispielsweise auch, wann er selbst beim Operator telefonisch nachgehakt hat.
Auf Knopfdruck erstellt der Operator Berichte, je nach Wunsch ausführlicher oder knapp. Die Zuständigkeiten samt Kontaktdaten sowie Anlagenpläne sind in den Stammdaten abgelegt und müssen nur einmal eingepflegt werden. Auch von mobilen Geräten können die Techniker im Einsatz darauf zugreifen. Es ist auch möglich, Arbeitszeiten zu erfassen und an die Faktura weiterzumelden oder Kundenkontakte an das CRM-System. Externe Datenreihen lassen sich einbinden und auswerten.
Das Serviceportal von Alpensolar ermöglicht auch Neueinsteigern ein professionelles Anlagenmanagement. So können die Partner, beispielsweise Installateure aus der Region, die Software nicht nur selbst zur Überwachung einsetzen, sondern einen aufmerksamen Innendienst dazubuchen. Der Operator interpretiert die verschiedenen Fehlerbilder und Meldungen und lotst den Partner zu den Störfällen seiner Servicekunden. Dieser kann sich somit weiter auf das Handwerkliche konzentrieren. Das Portal ist dafür in zwei Ebenen geteilt. Während der Operator die Fehlermeldungen und seine Tickets im Blick behält, sieht der Techniker seine Aufträge. Er wird unterwegs über eingehende Aufträge und deren Dringlichkeit informiert und kann sie in seinen Arbeitsplan aufnehmen. Ist der Auftrag abgearbeitet, kontrolliert der Operator die Anlage und kann das Ticket schließen. Ins Portal werden bisher nur Wechselrichter und Datenlogger eingebunden, zusätzliche Sensoren sind für den nächsten Entwicklungsschritt geplant. Durch die regionalen Partner und die Einbindung externer Ertragsdaten, zum Beispiel vom Solarenergie-Förderverein, lässt sich die Anlagenperformance abschätzen. Für die Endkunden kann jeder Partner das Portal nach seinen Wünschen gestalten und Präsentationen anlegen sowie Vergleiche, Fakten und Fehlerübersichten anbieten.
Meteocontrol bietet Anlagenüberwachung in verschiedenen Stufen an, für den Heimbereich, den Profibereich sowie für die Betriebsführung durch den Servicedienstleister. Installateure können mit Safer‘sun Professional ein eigenes skalierbares Überwachungsportal betreiben. Für die technischeBetriebsführung größerer Parks mit Zentralwechselrichtern und höheren Ansprüchen an Analyse, Dokumentation und Reporting wird aber der virtuelle Leitstand VCOM empfohlen. Dort ist ein Ticketsystem mit Kommentarfunktionen integriert, und es sind individuelle Berichte abrufbar. Es gibt ein Dokumentenmanagement auf Anlagenebene. So könne beispielsweise der Lageplan mit den Meldungen und Daten der eingebauten Geräte verlinkt werden, erläutert Julius Schärdinger, Vertriebsleiter bei Meteocontrol. „Dadurch kann man auf einen Blick sehen, welche nachgelagerten Bereiche von einer Störung betroffen sind.“ Die besondere Stärke der Meteocontrol-Überwachung ist, dass aus den Einstrahlungsdaten auf den Ertrag jeder Anlage für jeden Tag geschlossen wird. Weichen Simulation und Ertrag zu stark ab, gibt es eine Alarmmeldung. Ertragsprognosen sind für die Direktvermarktung des Solarstroms bis zu 72 Stunden im Voraus verfügbar. Aus rechtlichen Gründen verzichtet Meteocontrol noch auf die Darstellung von Ertragsverlusten durch das Netzmanagement.
Für Großanlagen
PVGuard von Skytron Energy ist auf das Monitoring von Großanlagen ausgerichtet. Auf einen Blick erkennt man die Performance Ratio der Anlage, die Vorgaben des Einspeisemanagements einschließlich Cos-Phi-Fahrweise und dadurch verursachte Ertragseinbußen. Die Daten liegen in Minutengenauigkeit vor und ermöglichen kürzeste Reaktionszeiten. Die Detailtiefe und Analysegenauigkeit des Systems ist enorm, insbesondere wenn der gesamte Park mit Skytron-Überwachungstechnik ausgestattet ist. Hinzu kommen in diesem Februar zusätzliche Funktionen für die Betriebsführung. So gebe es ein Betriebstagebuch, in dem eine große Zahl von Alarmmeldungen zu einem Ticket zusammengefasst und weiterverfolgt werden könne, erläutert Hendrik Hoffmann, Direktor für Softwareentwicklung bei Skytron Energy. Auch eine Wiedervorlage mit Link zum entsprechenden Gerät sei dann möglich. Außerdem lassen sich Tagebucheinträge mit der Lebenslaufakte verknüpfen. PVGuard ermöglicht die Direktvermarktung des Solarstroms über Schnittstellen zu Energiehändlern.
Was für die Betreiber von Großanlagen die Direktvermarktung ist, ist für kleinere Anlagen der Eigenverbrauch. Und auch hierfür gibt es eine Softwarelö- sung, die auf einem Überwachungsgerät basiert, nämlich dem Powerdog der Ecodata. Die kleinste Variante kostet 499 Euro, lässt sich aber per Software-Upgrade aufrüsten. Der Powerdog wird in ein Webportal eingebunden und kann dort überwacht werden. Der Eigentümer kann Ertrags- und Sensordaten auswerten und die Stromernte mit dem Verbrauch synchronisieren. So kann er Wärmepumpen, Klimaanlagen und in Kürze auch Funksteckdosen steuern und programmieren. Wird ihm die Haustechnik zu komplex, kann auch ein Installateur den Service für mehrere Anlagen übernehmen. Die Schaltparameter seien flexibel definierbar und verschachtelbar, erläutert der Geschäftsführer der Ecodata, Gerhard Hütter. So könnte, falls der Netzbetreiber zeitweilig eine Wirkleistungsbegrenzung verhängt, der Eigenverbrauch gesteigert und Ertragsverluste minimiert werden. Der Powerdog ist für das Einspeisemanagement per Rundsteuerempfänger sowie die Blindleistungssteuerung geeignet.
Ebenso bietet Solare Datensysteme mit dem Solar-Log Web Commercial Edition Installateuren und Serviceanbietern die Möglichkeit, ein eigenes Anlagenüberwachungsportal zu gestalten. Darin können alle Photovoltaikanlagen eingebunden werden, die mittels Solar-Log oder Sunny Webbox überwacht werden. Zusätzlich lassen sich Einstrahlungssensoren und Stromzähler darstellen. Fehlermeldungen können mit einem Status versehen, im Logbuch abgelegt und delegiert werden. Das Logbuch kann auch zur Ablage von Aufgaben, Notizen, Kommentaren und zur Erinnerung an Termine verwendet werden. Zu jeder Anlage lassen sich Dokumente wie Bau- und Schaltpläne ablegen. Gedacht ist das Portal für Installateure, die ihren Kunden ein Rundum-sorglos-Paket anbieten möchten und ohnehin auf Solar-Log-Datenlogger vertrauen.
Das Interesse an Betriebsführungssoftware ist im Moment sehr hoch. Alle Programme werden derzeit an den Kundenwüschen entlang rasant weiterentwickelt. Es ist zu erwarten, dass die Funktionsvielfalt und die Ausdifferenzierung der Produkte noch deutlich zunehmen wird.