2011 hat BYD rund 80 Prozent seines Umsatzes mit Photovoltaik in Europa gemacht, 2014 waren es noch fünf Prozent. Viele chinesische Anbieter haben sich aus dem deutschen Markt verabschiedet. BYD kehrt mit neuartigen Solarmodulen zurück. Warum?
Tom Zhao: BYD bietet Solarmodule und Speicher an. Wir haben 180.000 Mitarbeiter in zwölf Werken. Die Analysten stufen uns als Tier 1 ein. In Märkten wie Deutschland und Großbritannien werden kombinierte Systeme aus Photovoltaik und Stromspeichern eine entscheidende Rolle spielen oder spielen sie bereits. Die Förderung der Photovoltaik mit Einspeisetarifen ist ein Modell, das bald keine Bedeutung mehr haben wird. Mit Stromspeichern kann man viel höhere wirtschaftliche Erträge aus den Solargeneratoren erzielen als durch sofortige Einspeisung des Stroms ins Netz. Denken Sie an Spitzenlaststrom oder Regelenergie. Da sind Amortisationszeiten von sechs Jahren möglich.
In Europa haben Sie nicht nur mit schwachem Wachstum, sondern auch mit Antidumpingzöllen zu kämpfen. Verdirbt Ihnen das nicht die Laune?
Auf diese Weise erlaubt uns die EU nicht, die Kostenvorteile unserer innovativen Produkte an die Kunden weiterzugeben. In anderen Märkten, wo es keine Hochpreispolitik gibt, sind wir damit erfolgreich. Zum Glück hängt die weltweite Entwicklung nicht nur von Deutschland ab. In Südafrika und Brasilien haben wir Modulfabriken errichtet. Wir bieten unsere Module für kommerzielle Anwendungen, also das Projektgeschäft. Dafür müssen die Produkte innovativ und von den Kosten her attraktiv sein. Und wir bieten an, die Finanzierung von Projekten zu unterstützen. Dabei arbeiten wir eng mit Investoren, Banken und Projektentwicklern zusammen. Das beinhaltet auch Speicher, also komplette Lösungen.
Der kleinteilige Dachmarkt der privaten Hausbesitzer ist für Sie nicht interessant?
Wir sind global aufgestellt. Der Markt der Privatkunden ist sehr aufwendig, deshalb sind wir in diesem Segment nicht offensiv unterwegs. Unser Schwerpunkt ist das Projektgeschäft auf den verschiedenen Solarmärkten der Welt.
Wie viele Module wollen Sie 2015 verkaufen?
In diesem Jahr werden wir 1,4 Gigawatt verkaufen. Im Vorjahr war es ein Gigawatt. Das ist ein ordentlicher Zuwachs. Allerdings machen wir das mit viel weniger Leuten. Früher hatten wir 150 Leute an der Modullinie, heute sind es noch 50. Die neue Fabrik in Südafrika hat einen Ausstoß von 100 Megawatt. Derzeit werden die Maschinen angefahren, dort laufen 60-Zellen-Module vom Band. Wir haben zum Beispiel ein großes Projekt mit Juwi, einen Solarpark mit 86 Megawatt. Auch in Brasilien haben wir ein modernes Modulwerk errichtet, das 400 Megawatt leistet. Bis 2018 werden wir in Südamerika eine Projektpipeline von drei Gigawatt umsetzen.
Zurück nach Europa: Sie haben zur Intersolar neue Glas-Glas-Module gezeigt. Welche Neuheiten wollen Sie im europäischen Markt einführen?
Die Zeit der billigen und einfachen Produkte ist vorbei, sie endet mit der Einspeisevergütung für Sonnenstrom. Unsere Ingenieure im Forschungslabor in Shenzhen haben viel Entwicklungsarbeit in die neuen Solarmodule gesteckt. So haben wir das PID-Problem gelöst, die potenzialinduzierte Degradation. Das ist derzeit ein wichtiges Thema, das im Prinzip alle Hersteller beschäftigt.
Erklären Sie uns das bitte näher?
Der Grund für PID liegt im bisherigen Moduldesign. Die verwendete PTB-Folie oder EVA-Folie ist nicht resistent gegen ultraviolette Strahlung. Aufgrund der UV-Strahlung löst sich die Vernetzung der Kohlenstoffverbindungen in der Folie auf. Auch ergibt sich das Problem, dass Alumiuniumionen aus dem Rahmen durch die Folie in die Zellen wandern, sie schädigen. Deshalb haben wir bei unserem neuen Glas-Glas-Modul auf die EVA-Folie verzichtet, es wird ausschließlich Silizium verwendet. Auch verzichten wir auf den Alurahmen, ebenso auf die Rückseitenfolie.
Sie geben die Lebensdauer Ihrer Module mit 30 oder gar 40 Jahren an. Wie wollen Sie diese Haltbarkeit garantieren?
Dafür gibt es mehrere Wege. So hält die EVA-Folie in einem Modul höchstens 25 Jahre. Das haben wir in Dampfwechseltests ermittelt. Statt der Metallrahmen verwenden wir eine spezielle Gummidichtung, die auch in Fahrzeugreifen Verwendung findet und sehr stabil ist. Sie ist 250 Mal dauerhafter als EVA und hält die Feuchte ab. Deshalb erreichen wir mindestens 30 Jahre, sogar 40 oder 50 Jahre sind möglich.
Sie verwenden drei Anschlussdosen statt einer. Warum?
Herkömmliche Anschlussboxen beinhalten sechs Dioden, deren Kontakte korrodieren können, beispielsweise in salzhaltiger Umgebung. Dadurch entstehen Hotspots, auch muss man die Anschlussboxen sehr groß bauen, um die Wärme abzuführen. Wir haben drei Anschlussdosen entwickelt, die elektrisch und thermisch viel weniger beansprucht werden. Sie sind mit Silikon ausgeschäumt und erfüllen die Schutzart IP 66. Wir sind auch von den breiten Busbars weggegangen und kontaktieren die Frontseite mit Multiwire-Technik. Dadurch senken wir die Kosten noch weiter.
Wie viel kostet die Herstellung der Module?
Derzeit sind wir bei 50 US-Cent je Watt. Wir verwenden ausschließlich polykristalline Zellen, könnten die Module aber auch problemlos mit monokristallinen Zellen bauen. Das wäre freilich etwas teurer. Allein die Multiwire-Technik kann die Kosten deutlich senken. Denn derzeit ist es die Silberpaste der Busbars auf der Vorderseite und auf der Rückseite, die 30 Prozent der Zellkosten ausmacht. Die Busbars bilden elektrische Widerstände, die sich bei hoher Leistung der Module zusätzlich aufheizen. Mit einem engmaschigen Raster von 24 dünnen Kontaktlinien sind die Übergangswiderstände viel geringer. Auch müssen die Elektronen kürzere Wege gehen, bis sie eingesammelt werden. So sinkt der Widerstand um zehn Prozent. Zunächst führen wir Multiwire bei den 72-Zellen-Modulen ein. Unser Ziel sind Fertigungskosten von 40 US-Cent je Watt.
Welche Varianten der Glas-Glas-Module bieten Sie an?
Mit 60 Sechs-Zoll-Zellen erreichen wir schon 270 Watt. Mit 72 Zellen schaffen wir 310 Watt.
Mit 27,5 Kilogramm sind die Doppelglasmodule sehr schwer. Haben Sie schon über dünnere Gläser nachgedacht?
Wir haben mit zwei Millimeter dünnen Gläsern experimentiert. Dann ist das Modul nicht mehr so stabil wie jetzt. Also müsste man die Gläser thermisch vorspannen. Dieser zusätzliche Prozess wiederum treibt die Kosten nach oben. Deshalb scheinen 3,2-Millimeter-Standardgläser im Moment die bessere Wahl. Wir konzentrieren uns auf andere Möglichkeiten, um die Kosten zu senken. Zum Beispiel haben wir es geschafft, die Laminierungszeit der Module um 40 Prozent zu senken. Auch laufen unsere Modullinien mit viel weniger Handarbeit als früher.
BYD tritt bislang nicht unter der eigenen Marke auf. Warum nicht?
Wir müssen unsere Marke stärken, sowohl in der Photovoltaik als auch bei den Stromspeichern oder den Elektroautos, die wir demnächst in Europa vertreiben werden. Da sich der Markt in Europa und vor allem in Deutschland sehr stark gewandelt hat, arbeiten wir eng mit erfahrenen Importeuren zusammen. In Zentraleuropa ist das die Firma Fenecon aus Deggendorf, die vor allem im Speichergeschäft sehr erfolgreich ist. Mit den neuen Solarmodulen bauen wir zurzeit ein erstes Projekt in der Schweiz auf, dem schon sehr bald weitere folgen, auch in Deutschland. Wir sind zuversichtlich, dass sich die Geschäfte in Europa gut entwickeln werden. Schon bald werden wir Solarparks mit Stromspeichern bauen.
Das Gespräch führte Heiko Schwarzburger.
Tom Zhao
ist Geschäftsführer der Solar Division von BYD in Shenzhen, der Wirtschaftszone nördlich von Hongkong. Das Solargeschäft ist neben Batterien und Elektroautos der dritte Geschäftszweig des chinesischen Konzerns. 1995 gegründet, hat sich BYD zunächst auf die OEM-Fertigung von Batterien für die Elektronikindustrie konzentriert. In der Photovoltaik verfügt das Unternehmen über eine Fertigungskapazität für kristalline Waferzellen von einem Gigawatt, auch die Modulfabriken können im Jahr ein Gigawatt ausstoßen. 2014 wurden weltweit rund 600 Megawatt Zellen verkauft, in China 400 Megawatt.