In Asien wächst die Nachfrage nach Solarmodulen. In Europa müssen chinesische Hersteller seit Herbst 2012 empfindliche Antidumpingzölle berappen. Ist der deutsche Markt für Talesun noch von Bedeutung?
Gregor Albrecht: Die Margen schrumpfen. Dennoch sehen wir in Deutschland und in Europa generell eine gute Perspektive. Talesun ist ohnehin erst seit 2011 im europäischen Raum tätig. Wir gehören zum Zhongli-Konzern, einem großen Anbieter von Kabeln, der rund 65 Prozent Anteil am chinesischen Markt abdeckt.
Setzen Ihnen die Antidumpingzölle nicht zu?
Es gibt ein Bedrohungspotenzial, aber am Ende entscheiden Qualität und Preis. Talesun Solar hat beispielsweise das Krisenjahr 2012 mit schwarzen Zahlen abgeschlossen. Wir produzieren Zellen und Module, dafür können wir eine Kapazität von bis zu drei Gigawatt nutzen. Derzeit sind es 1,2 bis 1,5 Gigawatt. Allein damit sind wir bereits gut ausgelastet und wirtschaftlich gesund.
Das wäre eine Auslastung unter 50 Prozent. Wie erreichen Sie die Wirtschaftlichkeit?
Unser Werk in Changshu ging im Dezember 2011 in Betrieb. Das Areal ist rund 210.000 Quadratmeter groß. Allerdings hat der Firmengründer Herr Wang zunächst nur die Hälfte mit Maschinen ausgestattet. Die Erweiterung auf drei Gigawatt ist jederzeit möglich. Aufgrund der 20-jährigen Erfahrungen in der Kabelbranche sind wir deutlich vorsichtiger an den Aufbau von Kapazitäten gegangen als andere Hersteller in China. Wir stellen kein Silizium her, auch keine Zellen. Sie werden gekauft. Das erlaubt uns heute, schneller mit Innovationen in den Modulen auf den Markt zu kommen.
Chinesische Modulhersteller sind daran gebunden, dass sie ihre Maschinen nur über zehn Jahre abschreiben dürfen. Über diesen langen Zeitraum abzuschreiben war im internationalen Wettbewerb zunächst ein Vorteil. Nun erweist sich diese Vorgabe aus Peking als Pferdefuß. Wie gehen Sie damit um?
Das Problem stellt sich für uns nicht. Denn wir können ohne Weiteres neue Maschinen aufstellen, wenn die Nachfrage entsprechend hoch ist. Auch ist es leichter, die Modulfertigung zu erneuern als beispielsweise eine Zellproduktion. 2013 haben wir rund 1,5 Gigawatt abgesetzt. Mal sehen, wie es 2014 läuft.
Wagen Sie eine Prognose?
Viele Märkte befinden sich im Umbruch. Der Handel mit Modulen allein reicht heute nicht mehr aus, auch nicht für Unternehmen, die als Modulhersteller gestartet sind. Wir forcieren deshalb zunehmend das Projektgeschäft. Mittlerweile verstehen wir uns mehr als Anbieter von schlüsselfertigen Solarkraftwerken, inklusive Full Service und Zwischenfinanzierung, falls benötigt. Wir entwickeln und bauen ein Projekt bis zur Schlüsselübergabe an den Investor. Wir fungieren als Generalunternehmer.
Wie teilten sich die Geschäftsbereiche bei Ihnen im vergangenen Jahr auf?
2013 machte der klassische Modulhandel noch rund ein Drittel unseres Umsatzes aus. Schon zwei Drittel wurden im Projektgeschäft erwirtschaftet. Insgesamt haben wir im EMEA-Raum rund 150 Megawatt umgesetzt. In Deutschland spielt der Modulhandel noch eine wichtige Rolle. Verstehen Sie mich richtig: Wir sind erst seit zwei Jahren in Europa aktiv. Somit können wir ein ordentliches Ergebnis vorlegen.
Wie viele Mitarbeiter haben Sie in München?
Es sind 14 Mitarbeiter.
Durch die Antidumpingzölle sind Sie auf 56 Cent je Kilowatt festgenagelt. Erschwert das Ihnen nicht das Geschäft?
Natürlich, zumal einige deutsche Hersteller diesen Preis bereits unterbieten. Da wir uns zunehmend auf das Projektgeschäft orientieren, fließt der Modulpreis in den Systempreis ein. Er spielt ohnehin nicht mehr die wesentliche Rolle im Vergleich zur Montage oder dem Netzanschluss. Wer sich auf das Modulgeschäft verlassen hat, hat nun große Probleme. Deshalb sind viele ausländische Hersteller aus Europa verschwunden. Wir haben 2012 ein breites Netz an Partnern aufgebaut. Darauf können wir uns jetzt stützen.
Wie bewerten Sie die Zukunft auf dem deutschen Markt?
Deutschland ist und bleibt für uns der wichtigste Photovoltaikmarkt in Europa. Er wird einer der ersten Märkte sein, der sich von der Einspeisevergütung weg zum einem Markt entwickelt, der durch die Strompreise getrieben wird. All die Dächer da draußen, auf den Wohnhäusern und in der Industrie, sind unser Markt. Es wird mehr Energie benötigt, die Preise werden weiter steigen. Den Bedarf verbrauchernah decken, das kann nur die Photovoltaik. Wir erwarten eine nachhaltige Entwicklung. Allerdings ist dieser Markt nur durch Zwischenhändler erreichbar. Für 2014 erwarten wir, dass der deutsche Markt konstant bleibt oder geringfügig wächst. Die einheimischen Hersteller werden die Nachfrage nicht bedienen können.
Welche Entwicklung erwarten Sie im Projektgeschäft?
Wie erwähnt, sind wir als Systemanbieter aktiv. Wir verbauen unsere Module, schreiben die Wechselrichter aus, ebenso die Montagegestelle. So kooperieren wir beispielsweise mit Power-One. Bei den Stromspeichern verbindet uns eine enge Partnerschaft mit Leclanché. Unser Ziel ist es, nicht nur einzelne Projekte zu realisieren, sondern wir wollen gemeinsam mit unseren Partnern möglichst dauerhaft und breit agieren. Zumal die Preise innerhalb Europas stark variieren. In Großbritannien sind höhere Preise möglich als seit Jahresbeginn 2014 in Rumänien.
Haben Sie konkrete Beispiele?
In Rumänien haben wir 56 Megawatt errichtet, in Süditalien knapp 25 Megawatt. Dazu kam kürzlich ein neuer Auftrag von 13 Megawatt. In Deutschland haben wir 20 Megawatt installiert, als Teil eines Kraftwerks mit insgesamt 140 Megawatt in Neuhardenberg. Auch in China sind wir erfolgreich: So haben wir dort kürzlich 300 Megawatt errichtet, aufgeteilt in drei 100-Megawatt-Parks.
Welche Märkte sind für Sie als Hersteller und Projektierer besonders interessant?
Wir werden unsere Aktivitäten geografisch ausweiten, auf Südafrika und Ostafrika sowie auf den Mittelmeerraum. In der Türkei haben wir ein Joint Venture mit einheimischen Partnern gegründet, die aus der fossilen Energiebranche kommen. Sie wollen ihr Portfolio erweitern. Wir haben großes Interesse am türkischen Markt, aber ohne Partner kommt man dort nur schwer rein. Interessant sind weiterhin Großbritannien und Arabien, also der Mittlere Osten. Das Projektgeschäft in dieser Region wird von Mailand aus bearbeitet. Das arabische Handelsgeschäft decken wir in München mit ab.
Wie bewerten Sie die weitere Preisentwicklung in der Photovoltaik in diesem Jahr?
Sinkende Systempreise hängen davon ab, wie sich die neuen Märkte auswirken. Wir gehen davon aus, dass Rumänien ausscheiden wird. Aber die asiatischen Märkte wachsen stark. Wenn die Module knapp werden, sehe ich eher stagnierende Preise oder eine leichte Erhöhung.
Welche Chance geben Sie Solarparks auf der freien Fläche, speziell in Deutschland?
Die Zukunft der großen Freiflächenanlagen sehe ich bei Produzenten wie in der Automobilbranche, etwa BMW oder Mercedes. Sie haben einen hohen Stromverbrauch und verfügbare Flächen. Solaranlagen entlang der Autobahnen oder Gleise finden hingegen kaum Absatz. Das könnte aber durch die Elektromobilität wieder interessant werden. Im Augenblick ist der deutsche Markt für Freiflächenanlagen sehr ruhig. Zwar ist ein gewisses Interesse an Bürgeranlagen vorhanden, aber diese Zielgruppe wartet auf sinkende Preise. Wir behalten das Segment auf alle Fälle im Auge, da wird wieder etwas passieren.
Das Gespräch führte Heiko Schwarzburger.
Centrotherm
Steigende Aufträge
Der Fabrikausstatter Centrotherm aus Blaubeuren hat im Dezember und im Januar viele neue Aufträge eingesammelt. Insgesamt 30 Millionen Euro stehen nun in den Büchern, für neue Zellfabriken und Fertigungkapazitäten für Solarmodule. Damit wuchs der Auftragsbestand im Geschäftsbereich Photovoltaik auf rund 62 Millionen Euro. Vor allem Hersteller in Asien und den USA bestellten neue Maschinen.
Als Verkaufsschlager erweisen sich vor allem neue Anlagen zur Beschichtung mit Antireflexschichten und Feuerungsöfen, in denen die Metallisierung zur Kontaktierung der Solarzellen mit hohem Durchsatz aushärtet. Auch beim neuen Niederdruck-Diffusionsofen rechnet Centrotherm mit steigender Nachfrage. Erst kürzlich war in Südostasien eine neue Massenfabrik mit 800 Megawatt Jahreskapazität ausgerüstet worden. Die Anlage erreicht einen deutlich höheren Waferdurchsatz und bildet die Emitter mit gleichmäßig hoher Qualität aus. Dadurch sinken die Kosten gegenüber dem Standardprozess.
Talesun Solar Germany
Innovationsoffensive zur Jahresmitte
Der chinesische Systemanbieter Talesun wird in diesem Jahr mehrere Neuheiten auf dem deutschen Markt vorstellen. Nach Auskunft von Philipp Ecker, dem Leiter des technischen Service bei Talesun in München, wird es ein spezielles Dachmodul (Roof Module) geben, das kleiner und leichter ist als die bisherigen Paneele. Beim neuen Easy Mount Module wird der Rahmen optimiert. Bisher verfügen alle Talesun-Module über einen Rahmen von 40 Millimetern Höhe. Im Laufe des Jahres stellt das Unternehmen außerdem ein Modul in Aussicht, das keine potenzialinduzierte Degradation mehr aufweist. Es läuft unter dem Codenamen PID Zero.
Schon im vergangenen Jahr hatte Talesun neue Module mit vier Busbars vorgestellt. Die Metallisierungslinien wurden durch hauchfeine Querkontakte ergänzt, um die elektrische Ausbeute zu verbessern. Auf diese Weise sind die Solarmodule robuster gegen Microcracks. Der Wirkungsgrad der Sechs-Zoll-Zellen in den 60-Zellen-Modulen soll in diesem Jahr auf 18 Prozent steigen, bis 2019 auf 19 Prozent. Talesun hat auch polykristalline Module mit 72 Fünf-Zoll-Zellen im Angebot. Das sogenannte Twinkle-Modul ist rahmenlos. Alle Module sind zunächst als Glas-Folie-Module erhältlich in polykristalliner und monokristalliner Version.
Im Juni 2013 wurde auch das neue Glas-Glas-Modul vorgestellt, das 60 Zellen beinhaltet. Speziell für Anlagen an Autobahnen, Bahngleisen und für Flughäfen wurde ein strukturiertes Frontglas eingeführt, das Blendeffekte minimiert.
Künftig wollen die chinesischen Ingenieure in der Anschlussdose der Module auch MPP-Tracker und intelligente Elektronik unterbringen. Die Entwicklungen laufen mit einem Partner aus der Elektronikbranche, allerdings werden sie in Europa frühestens 2015 kommen. Für den US-Markt bietet Talesun bereits ein AC-Modul an, bei dem das Standardmodul durch eine DC-AC-Platine ergänzt wird. Das AC-Modul ist auf 600 Volt Systemspannung und 60 Hertz Anschlussfrequenz ausgelegt.
IHS Suppli
Große Hersteller steigern Investitionen
Das Marktforschungs- und Beratungsunternehmen IHS blickt optimistisch in das Jahr 2014. Die Talsohle von 2013 sei überwunden. Nachfragewachstum und stabilisierte Preise sorgten für bessere Stimmung und eine verbesserte Marktdynamik, so IHS. „Die Tier-1-Photovoltaikhersteller bauen aus, um auf die steigende Nachfrage zu reagieren“, sagt Jon Campos, Analyst für Solarforschung bei IHS.
Die globalen Investitionen der Hersteller von Polysilizium, Ingots, Wafer, Zellen und Modulen würden 2014 um 42 Prozent steigen, auf eine Gesamtsumme von 3,37 Milliarden US-Dollar und im Jahr 2015 wiederum um weitere 25 Prozent auf dann 4,22 Milliarden Dollar. Für 2014 erwartet IHS das stärkste Wachstum seit drei Jahren mit Neuinstallationen von 40 bis 45 Gigawatt. Die zu erwartende höhere Nachfrage führe zur Erweiterung der Produktionskapazitäten bei den führenden Herstellern, um sich Marktanteile zu sichern beziehungsweise diese auszubauen.
„Zwar gibt es auch Erweiterungen in den entwickelten Solarregionen der Vereinigten Staaten, der Europäischen Union und China, aber besonders interessant sind für die Photovoltaikhersteller die Schwellenländer“, sagt Campos. Daher erwarten die Analysten von IHS längerfristig neue Fabriken und Investitionen vor allem im Nahen Osten, in Südamerika und in Teilen von Afrika.
Gregor Albrecht
ist seit 2011 bei Talesun Solar Germany in München tätig. Mittlerweile ist er Geschäftsführer und dirigiert die 14 Mitarbeiter in der europäischen Dependance. Talesun ist ein chinesischer Modulhersteller, der zunehmend im Projektgeschäft tätig ist.gregor.albrecht@talesunenergy.com