Frank Asbeck muss wieder einmal hart durchgreifen. Kurz nach dem Jahresbeginn verkündete er, dass der Bonner Modulhersteller aus der Produktion polykristalliner Solarzellen und Module komplett aussteigt. Noch in diesem Jahr werden demnach alle entsprechenden Linien stillgelegt. Stattdessen will sich Solarworld auf die Herstellung und den Vertrieb von monokristallinen Siliziummodulen mit Perc-Technologie konzentrieren.
Dazu investiert der Konzern bis 2019 einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag in den Ausbau der Monofertigung. Entsprechend wird Solarworld auch alle Forschungsaktivitäten in Zukunft auf die monokristalline Siliziumtechnologie konzentrieren. Es wird dabei um die Entwicklung von Verfahren gehen, die sich mit der Perc-Technologie kombinieren lassen. Der Grund: Durch die Passivierung und Verspiegelung der Modulrückseite steigt die Leistung.
Zwei Megawatt Modulabsatz als Ziel
Solarworld plant, die Fertigungsprozesse künftig auf zwei Standorte zu konzentrieren. Deshalb wird die kleine Zellherstellung im sächsischen Freiberg geschlossen und komplett in das thüringische Arnstadt verlagert. Dort wird wiederum die Modulfertigung eingestellt. In Zukunft kommen alle Module, die von Solarworld in Deutschland hergestellt werden, aus Freiberg. Dort werden auch wie bisher die Wafer aus der Kristallisationsanlage gefertigt, die weiterhin in Arnstadt steht.
Am US-amerikanischen Standort Hillsboro stellt Solarworld weiterhin Zellen und Module her. Dadurch ergeben sich für den Konzern Synergien in der Produktion sowie für Vertrieb und Verwaltung, Arbeitskräfte werden abgebaut. Insgesamt rechnet das Unternehmen damit, dass bis Ende 2019 dadurch die Mitarbeiterzahl um rund 400 Beschäftigte sinken wird. „Unser Ziel ist es, gestärkt aus der schwierigen Marktphase hervorzugehen und bis 2019 unsere Modulabsatzmenge auf rund zwei Gigawatt zu steigern“, erklärt Frank Asbeck.
Das wäre im Vergleich zum Vorjahr eine Absatzsteigerung um gut 45 Prozent. Denn 2016 verkaufte Solarworld Module mit einer Gesamtleistung von rund 1,4 Gigawatt Leistung. Voraussetzung ist, dass die Preise auf dem Modulmarkt nicht schneller fallen als angenommen.
Centrotherm liefert an Asiaten
Aber die Asiaten, allen voran die Chinesen, schlafen nicht. Hinweise darauf geben die Orderbücher der Anlagenbauer.
Erst Mitte Februar 2017 verkündete der Photovoltaikmaschinenhersteller Centrotherm Photovoltaics aus Blaubeuren, dass in den Büchern im letzten Quartal 2016 Aufträge von asiatischen Solarzellenherstellern über 80 Millionen Euro stehen. Interessant ist, dass sich darunter ein „erteilter Großauftrag von über 45 Millionen Euro über die Lieferung eines Technologie- und Anlagenpakets zur Herstellung von monokristallinen Solarzellen“ befindet. Die Asiaten rüsten also auch selbst auf – oder sogar um?
Solarworld liefert künftig alle Module mit monokristallinen Zellen in Leistungsklassen mit zehn Watt Sortierung aus, statt wie die meisten Wettbewerber in Fünf-Watt-Schritten. Bereits die Fokussierung auf die Monozelle mit Perc-Technologie bedeutet mehr Leistung pro installierter Fläche. Da die Nennleistung nur die Leistung der Vorderseite erfasst, kommt der Mehrertrag, den das bifaziale Modul über die Rückseite generiert, als zusätzlicher Mehrertrag hinzu. Die neuen Leistungsklassen bedeuten einen Vorteil im Wettbewerb, hofft Solarworld.
Solarworld verkauft Poly ab
„Die Hersteller von Polymodulen sind derzeit in Europa stark unter Druck, weil die asiatischen Produzenten sehr aggressiv am Markt auftreten“, erklärt Bernhard Weilharter, Geschäftsführer bei der CS Wismar. Der Modulhersteller mit der Marke Sonnenstromfabrik bezieht die Zellen von Drittfirmen.
Im Kern handelt es sich bei den Modulen um eine Weiterentwicklung der Centrosolar-Module. „Die Innovationen auf Zellebene finden einfach in Asien statt. Und die Kosten werden dann über Skaleneffekte im asiatischen Markt wieder eingespielt“, analysiert Weilharter. Solarworld steigt nun aus dem Segment der Polymodule komplett aus. Derzeit verkaufe der Bonner Konzern aggressiv seinen Polybestand ab. Nicht nur Solarworld, sondern auch andere europäische Firmen setzten künftig auf hohe Leistungsklassen, damit die Kosten pro Watt sinken, erklärt er. „Diese Strategie macht Sinn. Denn je stärker das Modul, desto eher lassen sich Lohn- oder andere Produktionskosten auffangen.“
CS Wismar will auch Nischen bedienen
Die CS Wismar macht das ebenso bei ihren Glas-Glas-Modulen, um die Kosten für die doppelte Rückseite und die zusätzlichen Bohrungen zu decken. „Aus diesem Grund bieten wir Module mit bis zu 360 Watt Leistung an.“
Allerdings seien die Rüstkosten bei CS Wismar überschaubar, sodass es bei der Sonnenstromfabrik keinen zwingenden Handlungsbedarf gibt – der Hersteller setzt auf Diversifikation, ermöglicht laut Weilharter durch „einen flexiblen Wertschöpfungsfootprint und eine intelligente Plattformstrategie“.
„Wir haben eine einheitliche Preisliste für jedes Produkt, die für ganz Europa gilt“, sagt er. Dennoch werden regional unterschiedliche Produkte nachgefragt. „Die Märkte zeigen je nach Land oder Region bestimmte Präferenzen.“ Frankreich ist beispielsweise ein preissensibler Markt. „Hier wollen viele ein möglichst günstiges Glas-Glas-Produkt haben. Das Einstiegs-Glas-Glas wird bereits unter 50 Cent pro Watt angeboten“, erzählt Weilharter. Für den Zuschlag bei Ausschreibungen sei außerdem die Kohlendioxidbilanz bei der Modulfertigung wichtig. Hier hat die Sonnenstromfabrik eine exzellente Bilanz zertifiziert bekommen, was die Module für Ausschreibungen attraktiv macht.
Poly wird in der Masse verschwinden
In Deutschland gebe es dagegen Kunden, die bereit seien, für ein Premiumprodukt auch einen entsprechenden Preis zu bezahlen. Auch in Österreich geben viele Kunden demnach mehr Geld für Markenprodukte aus. CS Wismar verkauft hier beispielsweise anteilig viele Glas-Glas-Monomodule.
Für Weilharter steht aber fest, dass das Polyprodukt vom Preis-Leistungs-Verhältnis derzeit immer noch das günstigste ist. „Wir sehen für das Polymodul auch mittelfristig innerhalb der nächsten drei Jahre Bedarf, auch wenn die Nische kleiner wird. Deshalb wollen wir auch künftig Polymodule anbieten – und zwar sowohl für Glas-Glas- als auch für Glas-Folien-Module.“ Langfristig werde Poly natürlich in der Masse verschwinden, weil der Trend in Richtung Hochleistungsmodule gehe. Es gebe aber noch ein hohes Kostensenkungspotenzial bei Hochleistungsmodulen mit Monozellen oder Perc-Technologie. Weilharter: „Bei den Preisen für Polymodule kann die Reise nur mehr begrenzt weiter nach Süden gehen.“
Vor allem polykristalline Solarmodule sind schon für knapp 40 Eurocent das Watt zu haben, asiatische B-Ware sogar ab 30 Eurocent. Bei monokristallinen Modulen stiegen die Preise pro Watt leicht an. Die Herstellung von monokristallinem Silizium ist aber aufwendiger als bei Polyzellen. Meist wird das sogenannte Czochralski-Verfahren verwendet. Dabei wird ein Impfkristall in die flüssige Siliziumschmelze gegeben. Beim langsamen Drehen und Herausziehen dieses Impfkristalls bildet sich ein Einkristall mit homogener Struktur. Monokristallines Silizium erreicht in der industriellen Produktion einen Wirkungsgrad von 21 Prozent.
Anteil im Handel steigt
Es gibt Tendenzen, dass Monomodule im Handel weiter zulegen: „Früher war das Verhältnis zumindest bei uns gefühlt 70 zu 30 zugunsten von polykristallinen Modulen“, berichtet Patrick Kahl, Geschäftsführer der Online-Handelsplattform Solartraders. Polymodule waren günstiger und wurden deshalb hauptsächlich bei größeren Anlagen eingesetzt. Der Preisunterschied sei aber nicht mehr so hoch wie vor rund vier Jahren. „Die Tendenz der angebotenen Monomodule ist derzeit eindeutig steigend.“
Klar ist: Die Hochleistungsmodule mit 300 Watt und mehr wie von Panasonic, Ben-Q oder Sunpower sind fast immer nur monokristallin, und auch diese wandern eigentlich ausschließlich in kleinere Dachanlagen. Die Monomodule werden wegen ihres besseren Schwachlichtverhaltens eher in privaten Projekten eingesetzt, um kleine Flächen optimal zu nutzen. „Bei einer Dachanlage von vier bis 20 Kilowatt ist der Preisunterschied in Summe ja nicht mehr so groß – anders als bei einem Solarpark“, sagt Kahl.
Die Optik ist nicht zu vernachlässigen. Bei privaten Dächern geben oft ästhetische Komponenten den Ausschlag. „Schwarze Rahmen, schwarze Monozellen und eine schwarze Rückseite, das kostet ein paar Cent pro Watt mehr und wird gefühlt ausschließlich auf privaten Dächern verbaut“, meint Kahl. Solange die Förderung für Großprojekte europaweit gedrosselt wird, sollte der Monoanteil demnach sukzessive steigen.
Immer mehr Hersteller nehmen zumindest Monomodule mit ins Programm auf: Seit Oktober 2016 produziert Astronergy aus Frankfurt an der Oder Monomodule mit Perc-Technologie.
Monos von Heckert und Aleo
Nach der Intersolar 2016 nahm Heckert Solar sein Nemo-Modul auch als monokristalline Variante ins Sortiment. Neben einer Variante in Silber gibt es eine ganz schwarze Version mit 60 Zellen. Entsprechend investierte Heckert zuvor in die Produktionsstätte in Chemnitz.
Der Höhepunkt am Intersolar-Stand 2016 bei den Prenzlauern von Aleo Solar war ein neues Glas-Glas-Monomodul, das in zwei Varianten angeboten wird: Ein Doppelglasmodul erreicht eine höhere Stabilität und eine längere Lebensdauer. So sind die Module auch ohne Rahmen für eine Belastung von 5.400 Pascal freigegeben. Für diese Module gibt Aleo eine lineare Leistungsgarantie von 30 Jahren. Die zweite Variante ist für die Gebäudeintegration vorgesehen. Durch die transparente EVA-Folie und die beiden Floatglasscheiben wird es semitransparent.
Die Abstände zwischen den einzelnen Zellen können dabei variieren. Wünscht der Kunde ein besonderes Layout, können die Prenzlauer auch das realisieren. Mit der seitlich angebrachten Anschlussdose und der seitlichen Kabelführung kann der Installateur die gesamte Anschlusstechnik in den Pfosten der Fassade oder in den Sparren des Daches verstecken. Zukünftig will sich das Unternehmen noch stärker auf Monokristallin fokussieren.
LG Solar prescht mit Neon vor
Michael Harre leitet das europäische Modulgeschäft bei LG Electronics mit Sitz in Ratingen. Der Preiskampf ist auch ein Kampf um Marktanteile. Dieser wird aber nicht allein durch Preise ausgemacht. LG hat derzeit mit seinen Neon-Modulen die leistungsstärksten Monomodule auf dem Markt. Nach der Markteinschätzung von LG-Manager Harre könnten sich die Preise für Monomodule in der nächsten Zeit stabilisieren – vielleicht sogar etwas ansteigen. Das erste Halbjahr 2017 stimmt ihn zuversichtlich. Harre: „Bei polykristallinen Modulen werden die Preise niedrig bleiben. Wobei ich davon ausgehe, dass sich weltweit Angebot und Nachfrage annähern.“
Als Zellhersteller sieht es Solarworld-Chef Frank Asbeck naturgemäß etwas puristischer. Er will sich Trina & Co nicht kampflos ergeben. Sinngemäß heißt es nun für Solarworld: auf die harte Monokur setzen – oder eben sterben.
Für Schnelle Leser
Lesen Sie in diesem Artikel:
- Neue Strategie: Warum Solarworld nun aggressiv Polymodule in den Markt bringt.
- Mehr Mono am Markt: Es gibt immer mehr europäische Hersteller, die Module mit 300 Watt und mehr anbieten.
- Das Auge entscheidet mit: Gerade auf dem eigenen Hausdach spielt die Ästhetik bei der Modulwahl eine wichtige Rolle.
Astronergy
Monomodule aus Frankfurt an der Oder
Der Modulhersteller Astronergy steigt ins Geschäft mit monokristallinen Solarmodulen ein. Seit Kurzem produziert das Werk in Frankfurt an der Oder neben poly- auch monokristalline Solarmodule. Für Module in der Klasse mit 295 bis 310 Watt Leistung setzt der Hersteller Perc-Zellen ein. „Neben den Monomodulen mit silbernem Rahmen bieten wir auch komplett schwarze Monomodule an“, berichtet Thomas Volz, Geschäftsführer bei Astronergy.
Die Firma habe hierfür die schwarzen Zellen mehrerer etablierter Tier-1-Zellhersteller getestet, nur zwei hätten jedoch den Ansprüchen an Farbtiefe und Gleichmäßigkeit der Zellen genügt. Zusätzlich zu schwarzen Solarzellen verwendet Astronergy schwarze Abdeckstreifen, hinter denen die silbernen Querverbinder am oberen und unteren Rand des Moduls verschwinden, sodass das Modul komplett schwarz aussieht. Die Module werden über den Großhandel vertrieben. Alle Module kommen aus der Produktion des Astronergy-Werks in Frankfurt an der Oder.
Sharp Energy Solutions
Effizientes 48-Zellen-Modul nach Europa gebracht
Sharp hat in Europa ein 48-zelliges monokristallines Solarmodul eingeführt, das einen Wirkungsgrad von 19,8 Prozent erreicht. Das NQ-R256A mit 256 Watt wurde bislang ausschließlich für den japanischen Markt gefertigt. „Seit Dezember ist die Nachfrage in Schwung gekommen“, bestätigt Peter Thiele, Präsident von Sharp Energy Solutions in Europa. „Unser Ziel ist es, in Europa bis zu 100 Megawatt abzusetzen, sowohl bei privaten Endkunden als auch bei Gewerbekunden.“
Seine Effizienz verdankt das Modul der Back-Contact-Technologie von Sharp, mit der sich die nutzbare Solarfläche erhöht. Bei herkömmlichen Solarzellen befinden sich die elektrischen Kontakte auf der Vorderseite, wo sie die Zellen verschatten und etwa sechs Prozent des eintreffenden Sonnenlichts ungenutzt bleiben.
Bei der Back-Contact-Technologie werden sie auf die Rückseite verlegt. Dadurch verringern sich die Verluste von sechs auf drei Prozent, was einer Verbesserung um 50 Prozent entspricht. Zudem wirken die Module homogen schwarz, weil die Zellen nicht durch Busbars strukturiert sind. Das kompakte und leichte 48-Zellen-Modul ist einfach in der Handhabung und lässt sich hochkant oder quer montieren.
Das Modul verfügt über einen Rahmen mit zwei zusätzlichen Querstreben und wurde auf eine Schneelast von 5.400 Pascal getestet. Das NQ-R256A ist ab sofort im europäischen Markt erhältlich. Der Vertrieb erfolgt direkt an die Installateure.
PV Guided Tours
Hochleistungsmodule und smarte Module
Zur Intersolar in München bringen wir Sie zu den Brennpunkten der Innovationen: Denn der Modulmarkt segmentiert sich weiter. Polykristalline Module kratzen an der Leistungsfähigkeit von monokristallinen Standardmodulen. Nach oben hin verschieben monokristalline Hochleistungsmodule die Wirkungsgrade immer weiter. Auch bifaziale Module spielen eine zunehmende Rolle, ebenso Module mit integrierter Leistungselektronik. Bei ihnen steckt der DC-Optimierer oder gar der Wechselrichter (AC-Module) in der Anschlussdose.
Unser Tourguide ist Götz Fischbeck von Smart Solar Consulting aus Frankfurt am Main.
Nähere Informationen zur Anmeldung finden Sie auf Seite 6/7 dieser Ausgabe oder hier: