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Unsichtbare Qualität

„Schauen Sie“, sagt Uwe Fliedner, „hier kann ich ohne Probleme dazwischengreifen.“ Der Leiter der Modulentwicklung bei Schott Solar nimmt das Modul und schiebt locker seine Hand zwischen die einzelnen Lagen des Folienverbundes. Dann fasst er eine Ecke der weißen Deckfolie und zieht nur ganz leicht daran; gerade so stark, als ob er eine Haftnotiz von einem Blatt abziehen wollte. Die Deckfolie aus dem als TPT (Tedlar-Polyester-Tedlar) bekannten Verbund lässt sich problemlos und ohne zu reißen abziehen. Dass die drei zum Verbund zusammengeklebten Folien nicht wie vorgesehen fest aneinander haften, ist offensichtlich. Noch deutlicher zeigt sich das an einem anderen Modul. Hier kommt Fliedner die Deckschicht auf der Rückseite des Moduls fast schon von selbst entgegen. „Das hält noch schlechter als eine Haftnotiz“, sagt er.

Die Vorstellung, dass solche Module auf Hausdächern liegen, kann bei Her stellern und deren Kunden Albträume verursachen. Denn wenn die Folien delaminieren, der ursprünglich feste Verbund aus Einbettmaterial und Rückseitenfolien oder deren einzelne Folienlagen auseinanderfallen (siehe Grafik Typischer Aufbau eines Moduls), gelangt nicht nur Wasser in das Innere der Module. „Spätestens wenn das Wasser bei Frost arbeitet, gibt es kein Halten mehr“, prognostiziert der Entwicklungsleiter. „Dann ist der Schaden enorm.“ Das, was Fliedner demonstriert und mit Worten veranschaulicht, sind Ergebnisse einer systematischen Testreihe, die der Modulhersteller vor zwei bis drei Jahren startete. Sie zeigen, wie komplex der Modulbau ist, und geben ein Beispiel, mit welchen Tücken die Hersteller zu kämpfen haben. Der Kunde erkennt nicht auf Anhieb, ob der Produzent die Probleme gelöst hat. Denn die Unterschiede zwischen guter und schlechter Qualität zeigen sich eventuell erst nach Jahren.

Selbst testen für mehr Sicherheit

Ziel der Testreihe war es, optimale Alternativen zu den bisherigen Foliensystemen zu finden, die zu dem Zeitpunkt nicht in ausreichenden Mengen zur Verfügung standen. Einen vergleichbaren Folienverbund aufgrund von technischen Daten und Produktbeschreibungen einzusetzen: Dieser einfache – und auf den ersten Blick naheliegende – Schritt kam allerdings nicht in Frage.

„Die Rückseitenfolie ist so etwas wie die Haut des Moduls. Wie das Glas auf der Oberseite schützt sie das Modul auf der Rückseite vor Schäden“, erläutert Fliedner. „Da wollen wir sehr sicher sein, dass sie 25 Jahre oder mehr unbeschadet übersteht.“ Andernfalls droht die Gefahr, dass die Module zum „Stromschlag-Austeiler“ mutieren. In glimpflicher verlaufenden Fällen bricht „nur“ die Stromproduktion der Solaranlage ein und sie quittiert früher oder später ihren Dienst.

Technische Daten, Produktbeschreibungen oder der Hinweis, dass ein anderer renommierter Modulbauer seit Jahren die bestimmte Folie ohne Probleme verwendet, können diese Sicherheit in der Regel nicht geben. Denn obwohl die Module, abgesehen von ihrer Größe, für einen Laien ziemlich gleich aussehen, gibt es Unterschiede. Jeder Hersteller baut sie aus eigens ausgewählten Komponenten zusammen: angefangen vom Glas über die Zelle, vom Einbettmaterial, zum Beispiel EVA, und dem Lötmaterial bis zu der mehrlagigen Rückseitenfolie können alle Komponenten variieren.

In diesem herstellerspezifischen System verhalten sich besonders die eingebauten Kunststoffkomponenten EVA und Rückseitenfolie ausgesprochen reaktionsfreudig. Hinzu kommen Klebstoffe, welche die Folien (meist sind es drei) erst zu dem als Rückseitenfolie bezeichneten Verbund zusammenfügen. Bei Belastung führen diese Kleber ebenfalls ein Eigenleben. So kann es unter Umständen vorkommen, dass ein und derselbe Typ Rückseitenfolie auf Modulen unterschiedlicher Hersteller nach einigen Jahren Betrieb unter denselben Umweltbedingungen selbst für Laien erkennbare Unterschiede aufweist.

Wer als Hersteller seinen Kunden größtmögliche Sicherheit geben und unerwartete Pannen ausschließen will, kommt um eigene Tests nicht herum. Das wissen zumindest die etablierten Modulbauer. „Die, die wir kennen, prüfen alle selbst, bevor sie sich für eine bestimmte Komponente entscheiden“, bestätigt Karl-Anders Weiß, Mitarbeiter der Gruppe Gebrauchsdauer-Analytik und Umweltsimulation des Fraunhofer-Institus für Solare Energiesysteme ISE in Freiburg. Allerdings müssen sie mehr tun, als nur die Eigenschaften und Eignung der Komponenten zu testen. Wichtiger ist ein Modultest, und zwar mit der eingebauten Komponente, beispielsweise einer bestimmten Rückseitenfolie. Solche Tests empfiehlt Weiß dringend: „Selbst wenn die Hersteller nur zertifizierte Komponenten im Modul zusammenbauen, heißt das noch lange nicht, dass das Modul dann in Ordnung ist.“

Trotz des sehr hohen Aufwands stand bei Schott Solar von Anfang an fest: Vor einer Entscheidung mussten sich die zur Auswahl stehenden Rückseitenfolien einer aus Komponenten- und Modultest bestehenden systematischen Prü fung unterziehen. Zu diesem Zweck baten die Mitarbeiter der Modulentwicklung aus der Vielzahl der Anbieter 21 Produzenten um Warenproben. Dafür, dass es sich ausschließlich um Folienhersteller aus Europa, Nordamerika und Japan handelte, hat Fliedner einen Grund: „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass es etwa drei bis fünf Jahre dauert, bis die Hersteller wirklich wissen, worauf es bei der Entwicklung neuer Folienalternativen ankommt.“ Anbieter aus ostasiatischen Staaten mit weniger Know-how blieben deshalb in diesem Prüfzyklus außen vor. In Zukunft wird das jedoch anders aussehen, schließlich laufen die Tests kontinuierlich weiter.

Spreu vom Weizen trennen

Insgesamt kamen 65 Folienvarianten im Testlabor an. Nur drei Hersteller lieferten ein Produkt, die meisten drei, einer sogar zehn unterschiedliche Materialkombinationen. Nach klärenden Gesprächen mit den Produzenten blieben 52 Produkte für die Testserie übrig. Die anderen schieden aus technologischen oder Kostengründen von vornherein aus. Von den 52 wurden die Ursprungseigenschaften erfasst und anschließend je ein Referenzmuster und für einen Komponententest fünf Testmuster gefertigt. Dazu verbanden die Prüfer auf einer 30 mal 30 Zentimeter großen Glasscheibe das übliche Einbettmaterial EVA mit jeweils einer der Folienvarianten. Am Referenzmuster ermittelten sie per Zugversuch die Hafteigenschaften des Laminats. Ansonsten ließen sie es unverändert, um später den optischen Vergleich mit den belasteten Testmustern vornehmen zu können.

Alle Testmuster durchliefen nun die als Vortest bezeichneten Klimakammer-Tests. Sie hatten den Zweck, die Spreu vom Weizen zu trennen. 2.000 Stunden bei 85 Grad Celsius und einer Luftfeuchtigkeit von 85 Prozent (modifizierter Damp-Heat-Test) standen auf dem Programm sowie 400 Temperaturwechsel von minus 40 Grad auf plus 90 Grad (modifizierter Thermal-Cycling-Test) und schließlich noch eine im Unternehmen eigens entwickelte Testkombination. Im Prinzip handelt es sich dabei um den in der IEC-Norm vorgeschriebenen Humidity-Freeze-Test, der kristalline Module zehn Tage lang bei 85-prozentiger Luftfeuchtigkeit Temperaturwechseln von minus 40 Grad auf plus 85 Grad aussetzt. Doch bei Schott gelten nach eigenen Angaben schärfere Bedingungen: 20 Wochen lang mussten die Testmuster den Wechsel von vier Tagen Damp-Heat- und drei Tagen Thermal-Cycling-Belastung ertragen.

Ob und wann sich die Folien verfärbten, ob sie schrumpften, sich Blasen bildeten oder Risse zeigten, das alles nahmen die Prüfer an den Prüflingen nach vorgegebenen Zeitintervallen in Augenschein. Zudem überprüften sie, wie lange die an dem Referenzmuster gemessenen Hafteigenschaften des Laminats erhalten blieben. „Wir haben zum Beispiel nach 500 Stunden Damp-Heat-Test die Muster aus der Klimakammer genommen und mit einem Zugversuch gemessen, mit welchem Kraftaufwand sich die Folie abziehen lässt.“ Nach 1.000, 1.500 und 2.000 Stunden mussten sie dann weitere Male beweisen, ob und wie sie der Belastung standhalten konnten. So ließ sich verfolgen, wann die Haftkraft des Gesamtverbunds, aber auch die von EVA- zu Rückseitenfolie am deutlichsten nachließ.

Alle Materialien, die sich nach dem Abschluss der drei Klimakammer-Tests in ihre Einzelteile auflösten, bei denen Risse oder Versprödungen auftraten, wurden nicht zum Haupttest zugelassen. Materialien, die bereits vorher solche Schwächen zeigten, schieden sowieso aus. Fliedner: „Delamination, Risse oder Versprödung, das sind für uns definitive K.-o.-Kriterien. Ganz besonders, wenn das bei den Vortestmustern schon nach der Hälfte der Prüfzeit auftritt. Dann steht für uns die Sicherheit der Module auf jeden Fall in Frage.“ Ein Riss zum Beispiel bedeutet, dass Kontakte freiliegen können. Nach starkem Morgentau oder Regen steht dann die ganze Anlage unter Strom. Und wer nur aus Versehen die Kontakte anfasst, hat das Nachsehen.

Von den 52 Folienvarianten überstanden 23 die Belastungen der Vortests relativ unbeschadet. Mit ihnen wurden auf einer Produktionslinie und unter Produktionsbedingungen jeweils zehn 80 mal 200 Zentimeter große Module gefertigt. Für die 230 Testmodule begann dann das für die IEC-Zertifizierung übli che Testprogramm: ein vorgegebener Ablauf aus elektrischen, mechanischen sowie Umwelt- und Alterungsprüfungen. In Bezug auf die beiden letztgenannten Prüfungen unterscheidet sich das Testprogramm ganz erheblich von den IEC-Vorgaben. Es gilt, 2.000 Stunden Damp-Heat-Test (die IEC-Norm 61215 schreibt 1.000 Stunden vor) und 400 Temperaturzyklen (200 Stunden nach IEC) plus die als Kombitest bezeichnete verschärfte Testkombination auszuhalten. Das alles möglichst ohne Schäden. Dem Testprogramm müssen sich laut Schott – nebenbei bemerkt – bei dem Modulhersteller stichprobenartig alle Modullinien regelmäßig unterziehen.

Tests nach IEC-Standard zu lasch

Dass einige Folienhersteller (und genauso einige Modulhersteller) den Sinn eines solch harten Testprogramms in Frage stellen, ist durchaus verständlich. Schließlich gelten die deutlich moderateren Belastungen der IEC, um Module in akkreditierten Testlabors zertifizieren zu lassen. Doch speziell bei den Zertifizierern gibt es Befürworter von schärferen Prüfungen. Sie haben immer wieder festgestellt, dass fast alle Folienkombinationen die IEC-Umwelt- und -Alterungstests problemlos überstehen. Bei härteren Tests sieht es aber schnell ganz anders aus. Für die Zertifizierer drängt sich daher die Frage auf, ob nicht etwa die Folien punktgenau auf die Standards optimiert wurden. Die für die Module wichtige Langzeitstabilität geriete dadurch ins Hintertreffen. Auch Fliedner hält den Kritikern ein gewichtiges Argument entgegen: „Wir haben im Laufe der Jahre festgestellt, wie stark gerade Feuchtigkeit und Temperatur sowie die Temperaturwechsel die Langzeitstabilität der Module beeinflussen. Die IEC-Vorgaben berücksichtigen das nicht in dem Maße, wie wir es brauchen, um für die 25-jährige Leistungsgarantie auf der sicheren Seite zu sein.“

Haftung der Rückseitenfolie
KomponentenHaftung vor Damp-Heat-Test (Newton/Zentimeter)Haftung nach 2.000 Stunden Damp-Heat-Test (Newton/Zentimeter)
Glas und EVA> 100> 40
EVA und Rückseitenfolie> 100> 5
Ein Zugversuch an den Testmustern, die den Vortest durchliefen, zeigt: Die Haftung der Folien sinkt deutlich, wenn sie dem Damp-Heat-Test ausgesetzt werden (Durchschnittswerte von allen getesteten Foliensystemen).

Dass die Langzeitstabilität inzwischen deutlich stärker in den Fokus der Hersteller rückt, liegt nicht unwesentlich im Erfolg der Photovoltaik begründet. „Der Markt wandelt sich mehr und mehr zu einem Investorenmarkt. Und Investoren wollen Sicherheit“, sagt Weiß. Aber nicht nur die interessieren sich für die Langzeitstabilität der Module und damit für den Wert der von den Herstellern gegebenen Garantien. Auch die Versicherungswirtschaft denkt angesichts der starken Nachfrage nach Solaranlagen um – und sie fragt nach. Schließlich ist die Wahrscheinlichkeit eines Schadensfalles mittlerweile drastisch gestiegen. Für die Modulhersteller kommt da zusätzlich Druck auf.

Den Druck können die IEC-Standards nicht abfedern, denn eine Garantie der Langzeitstabilität ist nicht Sinn und Zweck der Normen. „Standards sichern lediglich ein bestimmtes Qualitätslevel ab, das die Normungsgremien definiert haben“, sagt Weiß. „Sie zu erfüllen ist notwendig, aber nicht hinreichend. Das weiß jeder.“ Zwar werden die Normen ständig überarbeitet und besser an die Praxis angepasst. Trotzdem sieht Weiß wenig Chancen, dass sich damit irgendwann eine 20- oder 25-jährige Langzeitstabilität eindeutig prüfen und zertifizieren ließe. „Eine Norm schreibt immer ein Prozedere vor, das für eine Vielzahl von Modultypen gelten kann.“ Da jeder Typ unterschiedlich auf ein und dasselbe Prozedere reagiert, bleiben Unsicherheiten. Und mit dieser Unsicherheit müssen die Modulhersteller umgehen.

Mit härteren Prüfroutinen als den in der Norm vorgeschriebenen lassen sich die Unsicherheiten zumindest etwas reduzieren. Aber für Weiß sind Klima- und Alterungstests vor allem für vergleichende Prüfungen geeignet. „Es gibt Produkte, von denen weiß man, dass sie stabil sind. Wer jetzt im direkten Vergleich nach härteren Vorgaben prüft, kann auf jeden Fall eine Besser- Schlechter-Aussage treffen. Sie sehen dann, welches Produkt stabiler ist.“ Aber: Wie lange es im tatsächlichen Einsatz hält, das sieht man nicht.

Erfolg: schlechte Ergebnisse

Die Prüfer bei Schott sehen das ähnlich: Ihre harten Testbedingungen geben ihnen die Richtung vor, nach denen sie jetzt und zukünftig die Qualität ihrer Module sichern wollen. So entdeckten sie im Rahmen der Modultests ganz unterschiedliche und teilweise ganz erhebliche Schwächen an den geprüften Rückseitenfolien. Davon kann die Verfärbung der anfangs weißen Deckfolie am Ehesten als Schönheitsfehler durchgehen. Und auch wenn sich im Laufe der Tests eine inhomogene Pigmentverteilung in der Deckschicht zeigte, erhielten die Module nur ein kleineres Minus.

Kritischer dagegen waren teils handtellergroße Blasen, die sich im Modul oder auf der Rückseite aufblähten. Für den Rückseitenfolienverbund heißt das: Er hält nicht mehr fest zusammen, der Klebstoff hat an einigen Stellen nicht mehr das getan, was er sollte. Woran das lag, erkannten die Prüfer, indem sie den Folienverbund auseinander rissen. In einigen Fällen war der Kleber den Belas

Testergebnisse im Überblick
Bewertungskriteriensicherheits- relevantK.-o.- KriteriumwichtigEinzelfall bewertenAnteil der auffälligen Muster im Vortest (%)Anteil der auffälligen Muster im Haupttest (%)
Leistungsdegradationxkeine Bewertung, da Schott Solar diesen Punkt noch mit Folienherstellern diskutieren muss.
Rissexx2030
Versprödungxx2040
Delamination im Foliensystemxx2040
Delamination EVA/Rückseitenfoliexx1020
Haftungsproblemexx3020
Blasenbildung im Modulxx1020
Blasenbildung in der Rückseitenfoliexx1030
Schrumpfung des gesamten Folienverbundesxx1050
Schrumpfung einzelner Lagen des Folienverbundesxx50
Verfärbungxx6070
Materialinhomogenitätenxx1020
Durchschlagfestigkeitxk. A.20
Nach den Prüfungen für die Vortestmuster blieben weniger als die Hälfte der anfangs 52 Foliensysteme noch im Rennen. Von den 23 Foliensystemen im Haupttest bestanden nur drei.

tungen nicht gewachsen. In anderen zeigte sich, dass die Folienhersteller beim Klebstoffauftrag nicht sorgfältig genug gearbeitet hatten: An einigen Stellen fehlte der Kleber, an anderen dagegen bildeten sich Klebstoffklumpen.

Zu weiteren Punktabzügen führte das Schrumpfverhalten der Rückseitenfolien. An den Testmustern noch kaum bemerkbar, kann man es an den danach gebauten Modulen nicht mehr übersehen. Einige Folien zogen sich insgesamt zusammen, bei anderen schrumpften einzelne Folienlagen. Bemerkenswert ist, dass nur die Hälfte der Foliensysteme ihre Ausgangsgröße behielt, was je nach Grad der Schrumpfung zum Ausmustern des Prüflings führte. Waren wenige Mil limeter noch tolerabel, so versetzte die extremste Schrumpfung die Prüfer in Staunen: Nach der Belastung war das Foliensystem rundum einen Zentimeter kürzer. Hier gab es keinen Zweifel, es wurde ausgemustert.

Kein Pardon gab es auch, wenn die Prüfer die Delamination des Folienverbundes oder die Delamination von Einbettmaterial und Rückseitenfolie erkannten: Die Foliensysteme, die mit wenig Kraftaufwand auseinanderfielen, waren durchgefallen. Ebenso die, die nach den Klimatests oder nach den folgenden mechanischen Prüfungen und Alterungstests Risse oder Versprödungen aufwiesen. Fliedner: „Wir hatten Folien, die sahen nach den Klimatests auf den ersten Blick noch ziemlich gut aus. Aber die waren so versprödet, dass es ausgereicht hätte, leicht mit dem Schraubendreher draufzuschlagen. Dann wären sie zersprungen wie Glas.“ Den Schraubendreher-Test haben die Prüfer selbstverständlich nicht gemacht. Die IEC sieht andere mechanische Belastungstests vor: zum Beispiel den Hageltest.

Nur drei kommen durch

Alles in allem waren die Testserien mit den Rückseitenfolien für den Modulhersteller ein voller Erfolg. Das Ergebnis hätte aber durchaus besser ausfallen können. Denn: Nur drei der 23 Testkandidaten haben die in der IEC vorgeschriebenen Prüfroutinen mit verschärften Klimatests so gut überstanden, dass sie die Produktspezifikation des Modulherstellers erfüllen. Eine „Ausbeute“, die sich mit belastungsgerecht entwickelten Folien verbessern ließe.

Und was passiert mit den Ergebnissen, Materialdaten und Messwerten, die sich im Laufe der Testreihen angesammelt haben? Sie sollen, sagt Fliedner, in eine Datenbank einfließen. Damit stehen sie den Prüfern für zukünftige Tests zur Verfügung, was den Testaufwand um einiges senkt. „Die Wasserdampfdurchlässigkeit der Folien zum Beispiel müssen wir für jeden Typ ja nur einmal messen.“ Darüber hinaus werden die Daten benutzt, um so viel wie möglich über Materialien und die Wechselwirkungen der Komponenten im System – also im Modul – herauszufinden. Dann fällt es leichter, festzulegen, welche Eigenschaften des Rückseitenmaterials zwingend erforderlich sind. Und es fällt leichter, genau das dann gemeinsam mit dem Folienproduzenten zu entwickeln.

Eine stärkere gemeinsame Arbeit von Modul- und Folienproduzenten, das könnte sich der Entwicklungsleiter sehr gut vorstellen. Ebenso würde er es begrüßen, wenn die Materialhersteller bereits im Vorfeld einige der Prüfroutinen übernähmen, die er und seine Mitarbeiter für die Folienauswahl durchgeführt haben. „Die Materialkombination Glas, Einbettmaterial und Rückseitenfolie, die sollte zukünftig standardmäßig ein Folienhersteller testen.“

Allerdings braucht man für solch eine Arbeitsteilung geltende Standards – Vorgaben also, die Umfang und Art des Testprogramms eindeutig festlegen. Für Rückseitenfolien gibt es die heute noch nicht. Bis auf eine Ausnahme: Diese Komponentennorm legt die Zulässigkeit der späteren Betriebspannung fest – eine rein elektrische Prüfung, die nichts zur Haltbarkeit der Folien aussagt. Es gibt zwar inzwischen nationale und internationale Aktivitäten, weitere Standards speziell zur Haltbarkeit von Rückseitenfolien aufzubauen. Doch es wird noch eine Weile dauern, bis sie gelten. Sofern alles gut läuft, noch mindestens zwei Jahre.

Um das aufwändige Prüfen der Module mit den ausgewählten Komponenten kommen die Hersteller dann trotzdem nicht herum. Dem Kunden bleibt nur, dem Hersteller zu vertrauen, dass er die sehr aufwändigen Tests sorgfältig durchführt.

Claudia Treffert

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