Die Schweizer Solarbranche jodelt, die Geschäfte laufen gut. Doch auch bei den Eidgenossen läuft die Einspeisevergütung langsam aus. Eigenverbrauch gewinnt an Bedeutung.
Nix von der Stange: Der eidgenössische Solarmarkt nimmt langsam Fahrt auf. Im Unterschied zum deutschen Massenmarkt dominiert jedoch nicht der Preis, sondern der Blick fürs besondere. Vor allem: Die Generatoren müssen zu den Gipfeln passen, nicht umgekehrt. So hat beispielsweise die Energiebüro AG aus Zürich eine photovoltaische Lawinenverbauung entwickelt. Schon ein Megawatt wurde damit in der Gemeinde Sankt Antönien in Graubünden installiert. Energiebau hat ein Patent angemeldet, bis auf 3,5 Megawatt könnten die Fangzäune ausgebaut werden. Das bekannte Skigebiet liegt auf 1.500 Metern Höhe. Insgesamt könnten rund 200 Kilometer Lawinenverbauung zwischen 50 und 60 Megawatt Solarleistung tragen. „Das Beispiel zeigt, dass nebst der Bestückung von Dachflächen mit Solaranlagen noch viel mehr möglich ist“, kommentiert David Stickelberger, Geschäftsleiter des Schweizerischen Fachverbands für Sonnenenergie Swissolar in Zürich.
Knifflige Anforderungen
Selbst Dachanlagen müssen oft knifflige Bedingungen erfüllen. So hat der Schweizer Installateursbetrieb Tritec unlängst einen Generator von 5,21 Megawatt auf das Dach der Migros AG gesetzt. Innerhalb von fünf Monaten ging die Anlage am Südfuß des Jura ans Netz. Die Solarmodule sind von der nahegelegenen Autobahn gut sichtbar. Was man nicht sieht: Auf den riesigen Dachflächen der Migros-Verteilbetrieb Neuendorf AG liegen mehr als 20.000 Solarmodule, die etappenweise installiert wurden. Das Solarkraftwerk besteht aus vier Teilgeneratoren auf sechs Gebäuden. Insgesamt wurden neun Flachdächer mit 20.039 monokristallinen 260-Watt-Modulen belegt. Die Gesamtmodulfläche beträgt über 32.000 Quadratmeter. Mehr als 60 String- und zwölf Zentralwechselrichter von Solarmax wurden verbaut. Solarmax ist eine Marke des Schweizer Herstellers Sputnik Engineering AG in Biel. Vor allem die Unterkonstruktion machte den Ingenieuren zu schaffen.
Für eine gewichtsneutrale Dachbelastung wurde die Dachbegrünung (Substrat) abgesaugt und durch Kies ersetzt. Zur Aufständerung der Module wurde zudem ein besonders ballastarmes und aerodynamisches Montagesystem eingesetzt. Es wurde in Zusammenarbeit mit dem Schweizer Spezialisten Montavent entwickelt und genau auf die technischen Anforderungen angepasst.
Das Montagesystem mit einer optimierten Neigung von zehn Grad ist leicht nach Südost ausgerichtet. „Bei den zwei Teilanlagen von 1,7 Megawatt zwei Megawatt speisen wir den Solarstrom direkt auf dem Dach ins Mittelspannungsnetz ein“, sagt Roland Hofmann, Geschäftsleiter der Tritec AG. „So vermeiden wir Verluste und bringen die elektrische Energie schnell und optimal von 320-Volt-Niederspannung auf 16.000 Volt Mittelspannung“.
Die mehrere Tonnen schweren Kompaktstationen wurden von einem Lastkran auf die bis 20 Meter hohen Dächer des Migros-Verteilzentrums gehievt - zuerst das Gehäuse und dann der Transformator. Die Trafo-Kompaktstationen mit einer Nennleistung von 1,6 und zwei Megawatt stehen auf eigens gegossenen Betonfundamenten.
Vom Dach in die Mittelspannung
Die gewonnene Energie wird ins Stromnetz der Elektra Neuendorf eingespeist. Das Sonnenkraftwerk wird jährlich fast fünf Millionen Kilowattstunden saubere Energie produzieren. Dies entspricht dem durchschnittlichen Verbrauch von etwa 1.300 Haushalten.
Tritec trat bei dem Projekt als Planer und Generalunternehmer auf. „In der Schweiz haben wir ungefähr 50 Leute, weltweit sind es rund 100“, berichtet Roland Hofmann. „Die Schweiz ist unser wichtigster Solarmarkt, auch in Deutschland und Österreich sind wir aktiv.“
Anfang 2013 ließ sich das Photovoltaikmarkt in der Schweiz sehr ruhig an, weil es im Vergleich zum Vorjahr keine Absenkung der Einspeisetarife zum Ende Februar gegeben hatte. „Im Gesamtjahr 2013 gab es dann aber ein deutliches Wachstum“, meint Hofmann. „Wir rechnen mit 300 Megawatt. 2012 waren es 220 Megawatt gewesen. Bis Jahresende wurden noch viele Anlagen fertig gestellt, weil die Tarife zum Ende Dezember wieder sanken.“
So haben die Schweizer eine Jahresendrallye wie früher die deutschen Installateure. Der eidgenössische Markt läuft – zeitlich gesehen – dem deutschen Markt hinterher. Zunächst bei den Preisen: „Die Vollkostenpreise in der Schweiz liegen höher als in Deutschland, das ist aber nicht nur in der Photovoltaik so“, rechnet Hofmann vor. „Für Anlagen mit weniger als 30 Kilowatt liegen wir bei ungefähr 3.000 Franken je Kilowatt. Bei größeren Anlagen bis ein Megawatt sinkt der Preis bis 2.400 Franken pro Kilowatt.“ (Heiko Schwarzburger)
Den vollständigen Report lesen Sie im Februarheft der Fachzeitschrift photovoltaik, das am 6. Februar 2014 erscheint.