Noch ist anhand der Spuren zu sehen, wo vor wenigen Tagen die Paletten mit den Solarmodulen gestanden haben. Inzwischen sind auch die letzten Paneele auf den Modultischen montiert, die vorher auf der Fläche unweit von Trier aufgebaut worden waren.
Hoch über dem Areal schwebt eine Kamera und beobachtet es wie mit Argusaugen. Obwohl das feste Überwachungssystem noch nicht installiert ist, das den neuen Solarpark gegen Diebe schützt. Das mobile Überwachungssystem hat Liveye hier zunächst nur für die Absicherung der Baustelle errichtet.
Mobiles System entwickelt
Das Unternehmen aus Föhren, nur wenige Kilometer östlich von Trier, hat schon jede Menge Erfahrung mit der Überwachung von Solarparks, Windkraftanlagen, Baustellen und anderen Arealen gesammelt. Im Laufe der Zeit hat Liveye auch eine ganze Reihe von Systemen zur Absicherung entwickelt und betreibt in Föhren sogar eine eigene Notruf- und Serviceleitstelle.
Die neueste Entwicklung ist ein mobiles und autarkes Überwachungssystem. An einer Grundeinheit sind Solarmodule montiert. „Beim Transport sind diese Solarmodule eingeklappt und umhüllen das System“, erklärt Carsten Simons, Geschäftsführer von Liveye.
Solarmodule liefern Betriebsstrom
Vor Ort werden diese Module ausgeklappt und nach dem Stand der Sonne ausgerichtet. „Wir haben dabei einen Sommerbetrieb in Zeiten, wenn die Sonne höher steht, und einen Winterbetrieb, wenn der Winkel der Sonne zur Erde etwas flacher ist“, erklärt Carsten Simons. Außerdem sind die Module parallel verschaltet und jeweils mit einem eigenen Wechselrichter versehen, um den Stromertrag auch bei der Verschattung eines Moduls zu maximieren. „Bei uns zählt jede Wattstunde, die das System liefert, um die Kameras zu versorgen“, betont Simons.
Da die Hauptüberwachungszeit allerdings in den dunklen Nachtstunden liegt, in denen die Solaranlagen keinen Strom liefern, hat Liveye das System mit einem großen Batteriespeicher ausgestattet. Dieser reicht aus, um die Kameras am Mast über mehrere Tage und vor allem Nächte hinweg zu versorgen.
Brennstoffzelle als Back-up
Für längere Phasen mit geringer oder ohne Solarstromproduktion beinhaltet das System noch eine Brennstoffzelle. Um diese zu betreiben, hat Liveye zwei Tanks mit einem Fassungsvermögen von 60 Litern in das System eingebaut. Diese werden mit Methanol gefüllt, das einfacher zu handhaben ist als Wasserstoff.
Diese Tanks müssen in der Regel einmal im Jahr aufgefüllt werden. Die Grundversorgung des Systems übernehmen die Solarmodule. „Wir fahren über die Brennstoffzelle das System zwischen 30 und 60 Tagen im Jahr“, sagt Carsten Simons.
Bewegliche Kameras installiert
Die eigentliche Überwachung übernehmen zwei sogenannte PTZ-Kameras. PTZ steht für „Pan-Tilt-Zoom“. Das heißt, die Kameras ermöglichen eine ferngesteuerte Richtungs- und Bildgrößensteuerung. Damit können die Mitarbeiter in der Leit- und Servicezentrale in Föhren bei einem Alarm die Täter im Solarpark auch verfolgen und vergrößerte Aufnahmen der Diebe und ihrer Fahrzeuge inklusive der Kfz-Kennzeichen machen. Sie sind so auch in der Lage, der Polizei Informationen für eine Nahbereichsfahndung zu liefern und sie durch den Solarpark zu leiten, um die Täter eventuell zu schnappen. Dazu sind die Bilder so hoch aufgelöst, dass diese Details tatsächlich auch erkennbar sind.
Die Kameras sind an einem 6,5 Meter hohen Mast angebracht. Sie können einen Überwachungsradius von bis zu 200 Metern abdecken. Liveye überwacht mit dem System hauptsächlich Baustellen. Die Bauphase ist für den Solarpark eine kritische Zeit. Denn die Module und andere Komponenten stehen auf Paletten bereit zur Installation. Und die angelieferte Ware, die nicht an einem Tag verbaut wird, bleibt über Nacht stehen und wird so zur leichten Beute für Diebe. „Dabei spielt nicht nur der Wert der gestohlenen Komponenten eine Rolle. Auch der Arbeitsablauf ist gestört, wenn palettenweise Module oder Wechselrichter gestohlen werden. Auf einer eng getakteten Baustelle führt das zu Verzögerungen, die viel Geld kosten“, erklärt Andreas Schmitz, Prokurist von Liveye.
Bauablauf anpassen
Dies kann eine Kameraüberwachung verhindern. Dazu müssen aber auch die Abläufe auf der Baustelle angepasst werden, um die Kosten für eine solche Überwachung zu minimieren. „So ist es nicht effizient, in der Bauphase das gesamte Baufeld zu sichern“, sagt Carsten Simons. „Deshalb sollten alle Vermögenswerte und Assets abends in den Bewachungszonen der Kameras konzentriert werden, um damit die Anzahl der notwendigen Systeme zu reduzieren.“
Es ist auch nicht sinnvoll, beispielsweise die Module schon vorab über den gesamten Park zu verteilen. „Vielmehr sollten sie dann von einem Lagerplatz abgeholt werden, wenn sie die Installateure tatsächlich auch an diesem Tag montieren. Außerdem ist es eine Überlegung wert, in den Tagen, wenn besonders viel Ware zum Bau bereitsteht, die manuelle Bewachung der Baustelle aufzustocken.“
Mit dem Stapler positionieren
Schließlich kostet ein solches Überwachungssystem Geld. Für die gesamte Baustellenüberwachung preist Liveye monatliche Kosten von 1.600 bis 2.200 Euro pro System ein. Darin enthalten sind aber auch die komplette Alarmauswertung in der Notrufzentrale und die Kosten für die Datenübertragung.
Zur Installation werden die Systeme in Föhren auf einen Lkw geladen und zum Einsatzort gebracht. Sie sind so ausgelegt, dass sie mit einem Gabelstapler oder einem Hubwagen bewegt werden können. Immerhin wiegt jede Anlage 800 Kilogramm.
Da sie vor allem zur Baustellenüberwachung eingesetzt werden, stehen vor Ort in der Regel ohnehin Stapler zur Verfügung, die die Systeme vom Lkw abladen und auf der Baustelle positionieren können. Danach müssen nur noch die stabilisierenden Stützen ausgezogen und die Solarmodule ausgeklappt werden. Im Anschluss wird der Mast mit den Kameras ausgefahren und das System ist einsatzfähig – komplett autark und ohne Stromanschluss.
Öffentliche Bereiche verpixeln
Im Anschluss nehmen die Mitarbeiter der Notruf- und Servicezentrale die Systeme von Föhren aus in Betrieb und richten sie ein. Dazu werden zunächst die Zeiten der scharfen Überwachung festgelegt und die Kameras auf den Überwachungsbereich ausgerichtet. Dabei müssen die Mitarbeiter von Liveye darauf achten, dass sie möglichst keine öffentlichen Bereiche mit überwachen.
Sollte sich das nicht verhindern lassen, müssen diese Bereiche auf der Kameraaufnahme dauerhaft verpixelt werden. Denn Liveye muss bei der Überwachung mit Kameras die geltenden Datenschutzvorgaben einhalten. Personen oder Fahrzeuge, die am Rande der Anlage in öffentlichen Bereichen vorbeilaufen oder vorbeifahren, dürfen nicht identifizierbar sein. „Diese Verpixelung können wir auch nicht aufheben oder rückgängig machen“, erklärt Andreas Schmitz. „Begibt sich eine Person allerdings in den Überwachungsbereich, ist dieser nicht verpixelt. Doch bis dahin ist sie an mindestens zwei bis drei Schildern vorbeigelaufen, mit denen wir auf die Überwachung hinweisen.“
Diese Hinweisschilder gehören ebenfalls zum Datenschutz. Sie müssen anzeigen, dass eine Videoüberwachung installiert ist. Diese sind im Format DIN A1 groß genug, damit jeder, der sich der Baustelle oder dem Solarpark nähert, sie nicht übersehen kann. „Die Schilder haben auch einen präventiven Charakter“, erklärt Andreas Schmitz. „Wer an diesem Schild vorbeiläuft, muss sich bewusst sein, dass tatsächlich jemand das Areal beobachtet und die Kameras nicht etwa irgendwelche Dummies sind.“
Datenschutz ist vorgeschrieben
Die Texte auf den Schildern sind vorgeschrieben. So muss auch eine verantwortliche Stelle genannt werden, an die sich jeder wenden kann, der an der Baustelle oder dem Solarpark vorbei kommt. „Wir sind da sehr transparent“, betont Andreas Schmitz. „Die betroffenen Personen bekommen auch in Absprache mit dem Kunden Bildmaterial. Wir sind auch in einem sehr guten Kontakt zu den Landesdatenschutzbehörden. Wir hatten über die Jahre hinweg noch nie Probleme.“
Sichere Datenverbindung aufgebaut
Ist die Einrichtung der Systeme abgeschlossen, kontrollieren sie lückenlos, was sich auf der Baustelle des Solarparks oder in einer fertigen Anlage tut. Wann sie tätig werden, ist mit dem Kunden genau vereinbart. „In der Regel überwachen die Systeme nachts die Baustelle oder die Anlage, da dann nicht gearbeitet wird“, erklärt Andreas Coböke, Leiter der Notruf- und Servicestelle von Liveye. Tagsüber würde jeder Mitarbeiter einen Alarm auslösen.
So schaltet sich das System automatisch zum vereinbarten Zeitpunkt scharf. Nehmen die Kameras in der Überwachungszeit eine ungewöhnliche Bewegung wahr, schlagen sie Alarm in der Notruf- und Servicestelle in Föhren. Dieser Alarm wird über das Mobilfunknetz übertragen. „Wenn ein Mobilfunknetz nicht anliegt, was im Solarpark oder auf der Baustelle für eine solche Anlage tatsächlich sehr oft der Fall ist, können wir auch über eine sehr stabile Satellitenverbindung arbeiten“, sagt Carsten Simons. Die Datenübertragung läuft über eines dieser Netze innerhalb eines virtuellen privaten Netzwerkes (VPN), sodass sie gegen Angriffe abgesichert ist.
Fehlalarm herausfiltern
In der Notrufzentrale übernimmt zunächst eine von Liveye selbst entwickelte Analysesoftware die Auswertung des Alarms. „Wir müssen mit einer künstlichen Intelligenz – KI – die Tiere oder andere ungewöhnliche Bewegungen herausfiltern und dennoch zuverlässig Menschen detektieren“, erklärt Prokurist Andreas Schmitz. „Das ist relativ anspruchsvoll. Aber die Entwicklung der KI bleibt nicht stehen. Es gibt schon seit 15 Jahren KI-Lösungen für Einbruchszenarien, die Menschen, Tiere und Fahrzeuge unterscheiden können. Und sie werden immer besser. Die Bilderkennungs- und Videoverifikationssoftware verfügt in der neuesten Generation über KI und wurde speziell auf die Erkennung von Menschen und Fahrzeugen trainiert.“
Immerhin seien 95 Prozent der Alarme, die eine Kamera an die Notrufzentrale übermittelt, Fehlalarme. Die Analysesoftware filtert diese heraus und gibt nur die etwa fünf Prozent der Alarme an die Mitarbeiter in der Notrufzentrale weiter, die tatsächlich aufgrund von Menschen oder Fahrzeugen ausgelöst wurden.
Meldekette ist festgelegt
Die Notrufmitarbeiter können sich von Föhren aus über einen Monitor auf die Kamera aufschalten und diese steuern. „Insgesamt laufen jeden Tag im Durchschnitt zwischen 12.000 und 15.000 Alarmmeldungen hier auf, die in der Zentrale bearbeitet werden müssen“, sagt Andreas Coböke. „In Spitzenzeiten sitzen deshalb hier tatsächlich vier Personen, die dann die Alarme bearbeiten.“
Wenn sie tatsächlich sehen, dass sich eine Person oder ein Fahrzeug im Solarpark bewegt, geben sie diese Information gemäß einer vorher vereinbarten Meldekette weiter. Die Systeme sind zudem noch mit einem Lautsprecher ausgestattet. Darüber können die Mitarbeiter in der Notrufzentrale die Täter direkt ansprechen. Sie müssen diesen dabei klarmachen, dass es keine Bandaufzeichnung ist, die abgespielt wird, sondern dass die Diebe tatsächlich von einem Notrufmitarbeiter gesehen werden. „Dies führt tatsächlich häufig dazu, dass die Täter den Ort schleunigst verlassen“, weiß Carsten Simons.
Wartung aus der Ferne ist möglich
Gleichzeitig wird eine Videoaufzeichnung gestartet, um für die Strafverfolgung notwendige Beweise und Hinweise zu sichern. Bei einer sogenannten originären Tathandlung, also wenn tatsächlich Komponenten gestohlen werden sollen, kann das der Mitarbeiter in der Notrufzentrale erkennen und ruft in der Regel sofort die Polizei. Es gibt aber auch Situationen, in denen er zunächst den Betreiber der Baustelle informiert, sodass dieser tätig werden kann.
Diese lückenlose Kameraüberwachung inklusive der Fahndungsunterstützung funktioniert allerdings nur, wenn die Systeme auch jederzeit einsatzbereit sind. Deshalb haben die Mitarbeiter in der Notrufzentrale die Möglichkeit, die Geräte aus der Ferne zu beobachten. Wenn die Tür zu einem der Systeme geöffnet wird, läuft in Föhren ein Alarm auf.
Die Mitarbeiter erkennen außerdem, wenn eine Kamera ausgefallen oder ein anderer Fehler aufgetreten ist. Auch der Füllstand der Tanks für die Brennstoffzelle wird in der Servicezentrale angezeigt. So kann der Mitarbeiter rechtzeitig eine Servicekraft zur Baustelle schicken, die die Tanks bei Bedarf wieder auffüllt, was in der Regel der einzige Wartungsbedarf ist, den die Systeme haben.
Liveye
Täglich Bilder von der Baustelle
Die Systeme von Liveye überwachen Baustellen in der Regel nur nachts. Die lückenlose Überwachung am Tage ist aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht erlaubt. Denn dann wäre es möglich, dass der Errichter oder der Betreiber der Anlage seine Mitarbeiter überprüfen kann. Das ist verboten. Deshalb sind die Systeme tagsüber in der Regel unscharf geschaltet. „Wir haben dafür jedoch einen Smart-by-Day-Service entwickelt“, sagt Carsten Simons, Geschäftsführer von Liveye.
Der Kunde bekommt von den Kameras alle 15 Minuten ein Standbild und dreimal am Tag eine Aufnahme über 360 Grad (Panorama). Darin kann er sich mit dem Mauszeiger bewegen, ähnlich wie bei Google Street View. „Personen und Fahrzeuge werden automatisch verpixelt, sodass der Kunde weder Touristen, Besucher noch seine Mitarbeiter auf der Baustelle erkennen kann“, beschreibt Carsten Simons die datenschutzrechtliche Absicherung dieses Services.
Das System ist gut dazu geeignet, den Baufortschritt zu dokumentieren und Bauprozesse aufeinander abzustimmen. Alle am Bau des Solarparks Beteiligten können aus der Ferne auf die Bilder zugreifen. Sie müssen sich nicht zu jeder Besprechung vor Ort auf der Baustelle treffen.
Dies wird noch dadurch vereinfacht, dass die Kunden auch die Möglichkeit haben, auf der Plattform eigene Bilder hochzuladen. „Der Kunde kann sich auf der Plattform neben der reinen Ansicht der Bilder über einen historischen Kalender zurückbewegen“, erläutert Simons. „Dadurch kann er Zeitrafferfilme von einzelnen Bauabschnitten oder von der gesamten Baustelle erstellen, um die Prozesse am Bau besser nachzuvollziehen.“
Die Kunden haben zudem die Möglichkeit, über die Aufnahme der Baustelle aus Google Earth eine CAD-Datei zu legen. So können sie die Planung mit dem tatsächlichen Bau abgleichen, um Termine zu kontrollieren und Verzögerungen rechtzeitig auszuschließen.