Solarwatt gewinnt den EES-Award auf der Intersolar: Beim neuen Speichersystem wachsen Solargenerator und Batterien zusammen. Das System läuft wie die Photovoltaik über die Stringanschlüsse des Wechselrichters. Auf diese Weise lässt sich MyReserve bei jeder beliebigen Anlage problemlos nachrüsten. Und die Preise sind kaum zu schlagen.
Lange wurde gemunkelt, welche neuen Stromspeicher Solarwatt in München zeigen wird. Vor zwei Jahren waren die Sachsen mit der Sonnenbatterie gestartet, hatten sich im vergangenen Jahr jedoch aus dieser Kooperation verabschiedet. Nun ist die Katze aus dem Sack: Anfang Juni stellte Solarwatt am Unternehmenssitz in Dresden die technischen und ökonomischen Details des neuen Speichersystems MyReserve vor. Auf der Intersolar wird MyReserve am Stand 510 in Halle B1 ausgestellt und erläutert.
Solarstrings und Speicher werden eins
Um es vorwegzunehmen: So konsequent wurde die Einheit von Photovoltaik und Stromspeicher bisher nirgends gedacht und praktiziert. MyReserve bietet in der Basisvariante eine Speicherkapazität von 4,4 Kilowattstunden, aus Lithium-NMC-Zellen eines renommierten Herstellers aus Südkorea.
Mit zusätzlichen Batteriemodulen zu je 2,2 Kilowattstunden lässt sich das System auf elf Kilowattstunden erweitern. Der Batteriespeicher kann vollständig entladen werden, das wird über schonende Ladekurven erreicht. Die Zellen verfügen über keramische Separatoren, sind also sehr sicher. Sie werden auch in Automobilen eingesetzt, der Hersteller ist als Zulieferer zertifiziert.
Der Clou an der Sache: Die Batterie wird zusammen mit der Photovoltaikanlage an den MPP-Tracker des Wechselrichters angeschlossen. „Der Speicher gaukelt dem Wechselrichter eine Solaranlage vor“, erläutert Detlef Neuhaus, Chef von Solarwatt.
Andere Anbieter schließen ihre DC-Speicher an den Zwischenkreis des Wechselrichters an. Solarwatt braucht diesen Umweg nicht, weil der Speicher die MPP-Kurve der Solaranlage nicht verändert. Der Wechselrichter bekommt nicht mit, ob er Strom aus den Solarmodulen oder den Batteriemodulen bezieht. Die Gesamteffizienz (Roundtrip) liegt bei 93 Prozent (Batterie: 99,2 Prozent).
Nur 5.499 Euro brutto
Versuche am Institut für Technologie in Karlsruhe (KIT) haben dieses Regime bestätigt. Der Wechselrichter unterscheidet faktisch nicht mehr zwischen Speicher und Solarstrings. Das hat den Vorteil, dass sich die neuen Speicher an jedem beliebigen Wechselrichter nachrüsten lassen, ohne Batteriewechselrichter, ohne Eingriff in die Leistungselektronik oder die Kommunikation der Stringwechselrichter.
Das System ist streng auf DC ausgelegt, die DC-Steller sind in die Speichersteuerung integriert. Kombiniert mit dem Energiemanager von Solarwatt kann der MyReserve auch Netzfunktionen übernehmen. Der Energiemanager benötigt einen Sensor am Hauszähler, um die Schnittstelle zum Netz zu überwachen (zwei Sensorleitungen plus einmal 230 Volt für die Elektronik).
Wirklich sportlich sind die Preise, die Solarwatt aufruft: Der neue Speicher kostet in der Basisausführung nur 5.499 Euro. So zumindest lautet die unverbindliche Preisempfehlung für die Endkunden, brutto wohlgemerkt. Netto sind es um 4.600 Euro. Hinzu kommen die Montagekosten durch die Elektrofachkraft.
Sehr einfache Montage
Die allerdings nicht allzu hoch ausfallen dürften. Denn auch bei der Installation punktet der Speicher mit simplen, einfachen Ideen. Zwei Dübel arretieren ein Wandblech, in das der Speicher komplett im Gehäuse nur noch eingehängt werden muss. Das Gehäuse mit der Batteriesteuerung wiegt nur 28 Kilogramm, das kann ein Mann allein ohne Schwierigkeiten bewerkstelligen. Jedes Batterierack wiegt nur 25 Kilogramm.
Die beiden in Stahlgehäusen verpackten Zellblöcke werden mit Hilfe eines handlichen Montagebügels eingehängt, DC-Stecker rein und fertig. Der Anschluss der Photovoltaikanlage erfolgt über Klemmen, der DC-Ausgang wird zum Wechselrichter geführt – wie bislang die Solaranlage. Dann ist das System komplett und betriebsbereit – in weniger als einer halben Stunde. Displays gibt es nicht, der Betriebszustand wird über LED signalisiert.
Leicht erweiterbar
Um den Speicher auf elf Kilowattstunden zu erweitern, wird lediglich ein baugleiches Gehäuse daneben gehängt, das drei Batteriemodule zu je 2,2 Kilowattstunden aufnehmen kann. Die Steuerung läuft über das Basisgerät und den Energiemanager, wenn gewünscht. Das System wird ab der Intersolar in München lieferbar sein. Außer den asiatischen Zellen kommen alle Komponenten aus Deutschland, sie wurden nach Vorgaben von Solarwatt spezifiziert. Die Endmontage und die Gerätetests erfolgen in Dresden.
Derzeit befinden sich etliche Geräte in der Felderprobung, unter anderem in Karlsruhe. Das System erfüllt die DIN EN 62619 und ist für den Transport gemäß Richtlinie UN 38.3 zertifiziert. Es erfüllt alle Vorgaben des Leitfadens zu Batteriespeichern, die der BSW-Solar im vergangenen Jahr unter anderem mit Wissenschaftlern des KIT und anderen Partnern veröffentlicht hat. Die Prüfungen beim TÜV Rheinland und Cetecom hat MyReserve erfolgreich absolviert. Die letzten Prüfungen zur elektromagnetischen Verträglichkeit (EMV) stehen kurz vor dem Abschluss.
Ein lukratives Komplettpaket
Bisher werden Stromspeicher meist als ergänzende Zusatzkomponente verkauft, das gilt in der Nachrüstung von Bestandsanlagen auch für MyReserve. Doch Solarwatt geht einen Schritt weiter: Der Speicher (Basisvariante) wird mit einer Solaranlage (3,12 Kilowatt aus Glas-Glas-Modulen) und Wechselrichter ab der Messe in München für 8.999 Euro angeboten. Auch der Energiemanager mit Sensor ist im Paket enthalten.
Das ist ein unverbindlicher Nettopreis für den Endkunden. „Daraus resultieren Stromkosten von 0,23 Eurocent je Kilowattstunde“, rechnet Detlef Neuhaus vor. „Wir haben die Amortisationszeit mit rund zehn Jahren angesetzt, bei einem Autarkiegrad von 55 Prozent.“ Das bedeutet, dass Stromerzeugung durch Photovoltaik und Stromspeicherung zusammen nur noch 23 Cent kosten, in der oben beschriebenen Paketkonfiguration.
Mit offenen Karten spielen
So etwas war bislang nur mit Bleibatterien möglich. Nicht eingerechnet sind zusätzliche Vorteile durch die Förderung im KfW-Speicherprogramm, die der Kunde in Anspruch nehmen kann. „Wir sind ganz bewusst von sehr konservativen Annahmen ausgegangen, um mit offenen Karten zu spielen“, erläutert Neuhaus. „Was nützt es, den Leuten 10.000 Ladezyklen vorzurechnen? Auch wenn eine gute Lithiumbatterie rechnerisch diese Zyklen durchhält, so wird sie nach spätestens 15 Jahren das Ende ihrer chemischen Festigkeit erreichen.“ Ein Solarspeicher braucht im Jahr zwischen 230 und 270 Ladezyklen.
Der Dresdener Anbieter gibt auf die Speicherbatterie eine Garantie von zehn Jahren. Auf die Glas-Glas-Module werden 30 Jahren garantiert, sowohl bei der Leistung als auch auf das Produkt. Für den Wechselrichter, der von einem bekannten Zulieferer aus dem Allgäu kommt, gibt Solarwatt gleichfalls zehn Jahre Garantie. Damit decken die Fristen die gesamte Amortisationszeit des Pakets ab.
Der neue Speicher aus Dresden dürfte die Branche beflügeln, so viel steht fest. Es wird spannend sein, welche Innovationen die Konkurrenz in München präsentiert. Denn Fakt ist: Die Preise fallen schneller als erwartet, auch bei kleinen Heimspeichern. Für die Installateure und ihre Kunden öffnen sich völlig neue Möglichkeiten. Willkommen zur Speichershow in München: „Reine“ Photovoltaik war gestern. Jetzt liefert der Solargenerator sogar nachts noch Strom. (Heiko Schwarzburger)