Q-Cells war damals eine große Nummer und unser größter Kunde. Wir haben viele schlüsselfertige Produktionsanlagen für Solarzellen gebaut. Die meisten davon in Asien. 14 Millionen Euro pro Linie – aber kaum einer der Kunden hat weniger als zehn am Stück bestellt. Es war auch die Hochphase der Dünnschichtfabriken. Wir haben auf CIS und CIGS gesetzt, andere auf amorphe oder mikromorphe Module.
Damals wollte Turkmenistan die damals größte integrierte Fabrik der Welt bauen. Ich durfte als 24-jähriger dem Präsidenten und seinen Ministern das 861,2 Millionen Euro Projekt vorstellen, das er aus seinen sprudelnden Gaseinnahmen in der zentralasiatischen Steppe bauen wollte. Allein für die Machbarkeitsstudie hat er uns ein Vermögen gezahlt. Was man heute einen Shitstorm nennt, haben wir uns eingefangen, als wir Artikel veröffentlichten mit der Aussage, dass man kristalline Solarmodule mit neuester Fabriktechnologie bereits für 1,06 Euro je Watt produzieren kann. Bei damals 3,30 Euro Modulpreis war das ein unvorstellbar niedriger Wert, der viel Aufregung in der Branche verursachte.
Das Rad drehte sich weiter, jetzt mit der Envalue GmbH, einem EPC für Dachanlagen und Solarparks. Von Null auf über 60 Millionen Euro Jahresumsatz in drei Jahren: Die Branche boomte.
Aufbruch mit einer verrückten Idee
Aber wie sollte es weitergehen? Mit noch größeren Solarparks? In weiteren Länder, die eine Förderung auflegten und dann Solarfirmen wie Heuschrecken über sich hereinbrechen sahen? So wie Spanien, Tschechien, Italien oder Griechenland? Nein. Mit 28 Jahren und vielen Erfahrungen war die Zeit für die Selbstständigkeit gekommen. Ausgerechnet am Beginn des Abstiegs der Photovoltaikbranche. Alleine mit einer Kollegin und einem Praktikanten. Allein mit der verrückten Idee, dass die viel zu teuren Lithiumspeicher irgendwie Sinn machen würden. Als Partner vom Weltkonzern BYD, der bereitwillig unsere Ideen in Produkte umsetzte, aber leider in Europa noch völlig unbekannt war.
Damals dachten wir, ein Speicher würde der Energiewende dienen, wenn er möglichst viel Eigenverbrauch macht. Mühsam und mit echten Pionieren als Kunden wuchsen wir und entwickelten uns – bis uns die Donauflut im Juni 2013 wieder alles entriss. Spenden und staatliche Hilfen sicherten unser Überleben. Die Zeit zwischen Flut und Hilfsgeldern bereitete unseren heutigen Erfolg vor: Wenn zehn junge Ingenieure fast ein halbes Jahr nichts zu verkaufen haben, weil es sich die Fluten geholt haben, hat man Zeit, frei zu denken und zu entwickeln.
Reine Solarspeicher schon wieder Auslaufmodell
Viele unserer Alleinstellungsmerkmale wie das Smartphone-Konzept für Speicher mit Open Source Firmware und flexiblen Applikationen, das Energiepartnermodell, für das wir 2016 den wichtigsten deutschen Energiepreis entgegennehmen durften, und natürlich auch die Produkte mit all den Funktionen entstanden in dieser Zeit. Heute sind reine Solarspeicher schon wieder ein Auslaufmodell. Speicher müssen heute das Netz stabilisieren und an Energiemärkten teilnehmen –das ist gut für die Energiewende. Die besten Renditen werden heute mit Netz- und Peak-Shaving-Speichern erzielt. Aus dem beschaulichen Deggendorf konnten wir schon vier Kontinente und 20 Länder mit Stromspeichern für verschiedene Anwendungen beliefern.
Was bedeutet das im Zehn-Jahres-Vergleich? Ich bin noch in der Branche – aber ich mache etwas völlig anderes als Photovoltaik. Denn die Anlagen müssen heute nicht mehr möglichst viel Leistung an einen Wechselrichter und der ans Netz abgeben. Sie sind lediglich ein Bestandteil der Energieversorgungsanlage um einen Stromspeicher herum.
Deutschland ist bei den aktuellen Zubauzahlen ein Zwerg. Sicher nicht schön – aber die hier angestoßene Energiewende verändert gerade die ganze Welt!
Der Weg ist vorgezeichnet
Niemals wieder wird Strom an der Steckdose günstiger sein als der, der vom eigenen Dach und aus dem eigenen Keller kommt! Das ist nicht nur eine wahnsinnige Errungenschaft. Es zeichnet den weiteren Weg der Energiewende bereits klar vor, unabhängig von politischen Hürden oder Besitzstandsbewahrern.
Wie viele Studien haben wir gesehen, die von der Realität überrollt wurden. Und jetzt gibt es wieder welche für 2027. Ich bin überzeugt, dass wir bereits in zehn Jahren über die Idee lachen, ein Auto mit Verbrennungsmotor zu kaufen, Netzstabilisierung über schneller oder langsamer laufende Kohlekraftwerke bereitzustellen oder Gebäude ohne Stromspeicher zu bauen.
In diesem Sinne wünsche ich uns allen die Entdeckungsfreude und den Unternehmergeist zu bewahren, die uns hierhergeführt hat. Dem Team der photovoltaik um Heiko Schwarzburger wünsche ich, dass es es weiterhin die ganze Komplexität der Branche und seiner Produkte auf verständliche Weise und nahe am Menschen kommuniziert.
Franz-Josef Feilmeier ist Gründer und Geschäftsführer von Fenecon in Deggendorf.