Sie haben die Solaranlage an unserem Verlagshaus im Stuttgarter Westen bis zur Inbetriebnahme betreut. Was war das Besondere daran?
Stefan Ronzani: Unsere Stärke ist die Betreuung von Privat- und Gewerbekunden von der Planung bis hin zur Realisierung – je nach Auftrag bis hin zum Betrieb. Bei diesem konkreten Projekt haben wir viele Technologien, die wir als Stadtwerke Stuttgart anbieten, erstmals in Kombination umgesetzt. Die Anlage für den Alfons W. Gentner Verlag war noch aus einem anderen Grund für uns besonders spannend: Neben den drei Dachschrägen ging es darum, eine südwärts gerichtete Fassade mit Solarmodulen zu nutzen. Zusätzlich haben wir einen Gewerbespeicher eingebaut. Auch das war für uns Neuland.
Wie groß ist der Stromspeicher?
Rund 40 Kilowattstunden. Wir haben sechs Batterien zu je 6,5 Kilowattstunden miteinander verschaltet.
Bleiben wir zunächst bei der Photovoltaikanlage. Warum war die Fassade so knifflig?
Wir haben auf dem Dach polykristalline Module montiert, an der Fassade monokristalline Module. Die Module zu beschaffen, war kein Problem. Aber es war überhaupt nicht leicht, einen Installateur zu finden, der sich die Arbeit an einer solchen Solarfassade bei unbekannter Bausubstanz zutraut.
Haben Sie schließlich trotzdem einen geeigneten Installateur gefunden?
Der Hersteller des Montagegestells haftet nur für die Befestigung der Module mit den Klemmen an der Stahlkonstruktion. Der Installateur der Fassade muss die Gewährleistung übernehmen, dass die Metallkonstruktion in der Gebäudefassade richtig verankert ist. Das ist vielen Installateuren zu riskant. Unsere Suche war aber schließlich erfolgreich.
Und die Fassade sieht richtig gut aus, oder?
Ja. Die monokristallinen Module werten die ansonsten sehr nüchterne Fassade deutlich auf. Der Installation vorausgegangen war ohnehin eine Sanierung des Daches und der Gebäudehülle mit Dämmung und neuem Außenputz. Insofern konnten wir sehr gut einschätzen, ob das betagte Gebäude die Solarfassade halten kann. Jetzt bin ich sehr zufrieden, die Monteure haben sauber gearbeitet.
Haben Sie nicht auch Module auf dem Vordach der Südfassade installieren lassen?
Genau, wir haben auch das Blechdach belegt. Da es sich um ein älteres Trapezblechdach handelt, konnten wir die Module nicht direkt darauf installieren. Hier haben wir Stockschrauben verwendet, um diesen String standsicher zu installieren. Sie liegen flach auf dem Blech und sind von unten kaum zu erkennen.
Gab es Schwierigkeiten bei den Dachgeneratoren?
Eigentlich nicht. Wir haben auf allen drei Dachschrägen mit Ziegeleindeckung Module installiert. Allerdings mussten wir warten, bis das Dach saniert und Fenster und Türen erneuert waren. Erst am Ende kamen die Solarmodule aufs Dach. Die Generatorhauptleitung haben wir durch den früheren Kamin nach unten ins Verlagslager geführt, wo früher die Druckerei war. Dort wurden dann auch die Wechselrichter und die Stromspeicher installiert.
Was war außerdem eine besondere Herausforderung?
Normalerweise laufen die Gewerbeanlagen bei uns im Pachtmodell. Der Gentner Verlag hingegen hat die Anlage gekauft. Er ist jetzt Eigentümer und Betreiber einer hochmodernen und komplexen Gesamtanlage. Denn neben dem Batteriespeicher wurde neue Klimatechnik in die Stromversorgung des Gebäudes eingebunden sowie zwei Ladeboxen. Und das Ganze dreiphasig. Wenn künftig im Sommer die Klimaanlage anspringt, wird sie von der eigenen Photovoltaikanlage versorgt. Das heißt, wir haben hier eine ökologisch und wirtschaftlich optimale Solarenergienutzung.
Was waren die Voraussetzungen bei der Ladeinfrastruktur?
Die Wallboxen bieten die Möglichkeit, die Ladeströme für die einzelnen Mitarbeiter abzurechnen, denn der Verlag möchte seine Mitarbeiter ermuntern, auf Pedelecs und E-Autos umzusteigen. Demnächst wird innerhalb des Gebäudes noch eine Ladestation für elektrische Fahrräder eingebaut, damit sie unabhängig vom Wetter untergestellt und versorgt werden können.
Welche Leistung haben die Wallboxen?
Jede hat elf Kilowatt maximale Ladeleistung. Wenn die Ladebox mehr als 3,7 Kilowatt hat, muss man sie beim Energieversorger anmelden. Das ist für uns selbstverständlich, das erledigen wir natürlich für den Kunden mit. Wie auch die anderen Anmeldungen, etwa bei der Bundesnetzagentur.
Wie lange hat es gedauert, bis die Anlage in Betrieb genommen werden konnte?
Die ersten Kontakte gab es im Februar 2017, der Anschluss und die Inbetriebnahme erfolgten Mitte September dieses Jahres. Es hat nur ein paar Tage gedauert, bis die Stuttgart Netze den Zähler setzen konnten. Und wir mussten mit der Fassadenanlage warten, bis die Gebäudesanierung abgeschlossen war, inklusive Dämmung und Aufputz. Zunächst haben wir die Fassadenfüße gesetzt, dann kamen die Dämmung und später der Putz. Es waren so viele Gewerke zu koordinieren, da war die Photovoltaik das kleinste Problem.
Bei dieser Anlage haben wir als Verlag Sie direkt angesprochen. Aufgrund unserer Marktkenntnis kannten wir Ihre Aktivitäten in der Photovoltaik. Wie finden Sie normalerweise Ihre Kunden?
Bei den Einfamilienhäusern nutzen wir ein Solarkataster. In besonders geeigneten Straßenzügen schreiben wir die Kunden direkt an. Zuvor prüfen unsere Fachleute die Eignung der Dächer. Die Rücklaufquote ist vielversprechend. Immer mehr Adressaten entscheiden sich tatsächlich für eine Anlage.
Und wie sieht es bei den Gewerbekunden aus?
Gewerbekunden gewinnen wir auf ähnliche Weise. Wir prüfen zuvor die Eignung der Dächer anhand unseres Solarkatasters, dann sprechen wir die Firmen direkt an. Man muss die Leute wecken. Selbstverständlich dauert es bis zum Vertragsabschluss und bis zur Inbetriebnahme bei den Gewerbekunden länger als bei Privatkunden. Die Anlagen und ihre Einbindung sind einfach größer und komplexer und manchmal sind sie mit einer umfangreichen Gebäudesanierung wie beim Gentner Verlag verbunden.
Wie bewerten Sie die Aussichten von Stromspeichern bei Gewerbekunden?
Bisher erleben wir eine gewisse Zurückhaltung. Bei Privatkunden haben wir eher die Situation, dass es bei der Installation zu Verzögerungen kommt, da einige Batterieanbieter zurzeit nicht liefern können. Im Gewerbe ist der Strompreis meist günstiger als für Privatkunden, da rechnet sich der relativ teure Stromspeicher noch nicht. Der wirtschaftliche Vorteil der Photovoltaik leuchtet den Geschäftsleuten ziemlich schnell ein, jedoch müssen für den breiten Einsatz von Stromspeichern im Gewerbe die Preise noch weiter fallen.
Das Interview führte Heiko Schwarzburger.
Auf einen Blick
Projektbeteiligte:
Planung & Projektsteuerung: Stadtwerke Stuttgart GmbH
Installation: Novatech GmbH
Hersteller Solarmodule: Heckert Solar GmbH
Hersteller Wechselrichter: SMA Solar Technology AG
Stromspeicher: IBC Solar AG
Montagegestell Fassade: Schletter GmbH
Montagegestell Dach: VM Edelstahl GmbH
Ladeinfrastruktur: Mennekes GmbH & Co. KG
Stefan Ronzani
ist Key Account Manager für urbane Energiesysteme bei den Stadtwerken Stuttgart. Er ist seit 2013 im Unternehmen.