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Die Flaute meistern

Traue keinem über 30: In der Photovoltaik stimmt dieser Spruch ganz sicher nicht. Im Gegenteil: Wer schon 30 Jahre im Geschäft ist, hat Stehvermögen bewiesen. „Es ist nicht ganz leicht, in Feierstimmung zu kommen“, sagt Kai Lippert, Geschäftsführer von EWS in Handewitt. „Vor allem, wenn man sich einer Branche verschrieben hat, die seit zwei Jahren in der Krise steckt.“ Es sei schon „hart zu erleben, wie man alles, was man in 30 Jahren Firmengeschichte erreicht hat, infrage stellen muss“. Doch der Umweltpreisträger des Landes Schleswig-Holstein sagt auch: „Doch das hat uns zu neuen, wichtigen Erkenntnissen gebracht, durch die wir gestärkt und weiterhin zuversichtlich in die Zukunft blicken können.“ Der 51-Jährige spricht über die schwierige Phase der Restrukturierung, die EWS gerade hinter sich gebracht hat.

Kai Lippert hat das Planungsbüro EWS – Energie aus Wind und Sonne schon 1985 gegründet, in einem alten Bahnwärterhaus nahe der dänischen Grenze. Schnell wurde ihm klar, dass es den Installateuren vor allem an Bezugsquellen mangelte. Das galt nicht nur für Windkraftanlagen, die damals den Schwerpunkt des Geschäftes bildeten, sondern auch für die Komponenten der Photovoltaik.

Mit einem Mann gestartet

Sie wurden zunächst hauptsächlich für Inselanlagen angefragt, die Strom für Freizeitaktivitäten liefern sollten. Noch im gleichen Jahr wurden bei EWS die ersten Ingenieure und Kaufleute eingestellt. Parallel zur fachlichen Unterstützung der Installateure baute man auch Herstellerkontakte auf und machte die ersten Erfahrungen als Photovoltaikgroßhändler.

Produktionsstätten für Solarmodule gab es nur sehr wenige. „Wenn wir damals einmal eine ganze Palette abgenommen haben, wurden Sonderschichten gefahren und Dankesschreiben gefaxt“, erinnert sich Kai Lippert. Der Preis pro Kilowatt Solarleistung betrug seinerzeit umgerechnet 15.000 Euro. Die typische Leistung pro Modul lag bei 40 Watt. Module aus einer der weltweit ersten Serienfertigungen bezog EWS ab 1986 aus Kalifornien. Die Fabrik wurde von Siemens und danach von Shell übernommen. Mittlerweile haben sich die beiden Unternehmen leider wieder aus der Photovoltaikbranche verabschiedet.

Zwei Jahre lang auf dem Rückzug

Ähnlich erging es EWS mit BP Solar. Dennoch wurde das Portfolio erweitert, bis heute befinden sich die Solarmodule und Wechselrichter namhafter Hersteller im Angebot. Für einige war EWS zeitweilig einer der wichtigsten Abnehmer weltweit: Mit bis zu 120 Megawatt Jahresabsatz hatte sich das Unternehmen vom Systemanbieter zum führenden Solargroßhändler in Norddeutschland und Skandinavien entwickelt. Zeitweise gehörten 150 Mitarbeiter zum Team.

Dann brach im deutschen und dänischen Photovoltaikmarkt fast zeitgleich die Nachfrage ein. Seit Ende 2012 bedeutete dies einen Rückgang von 70 bis 80 Prozent. Was die Branche anfangs noch für ein verlängertes Sommerloch hielt, raubte nach und nach immer mehr Solarfachbetrieben und Großhändlern in der Photovoltaik die Existenzgrundlage. Zwei von drei Arbeitsplätzen in der deutschen Photovoltaikbranche fielen weg.

Auch EWS musste Federn lassen. Alle Kostenpositionen kamen auf den Prüfstand, alle Strukturen wurden überprüft, alle Prozesse optimiert. Fast zwei verlustreiche Jahre lang wurden immer neue Marktszenarien durchgespielt, Geschäftspläne entwickelt und Anpassungen durchgeführt. Mittlerweile hat sich bei einer Mannschaftsstärke von 40 Mitarbeitern ein Gleichgewicht zwischen Erträgen und Ausgaben eingestellt. „Das hat Kraft gekostet und auch viel Geld“, sagt Firmengründer Kai Lippert, der alleiniger Gesellschafter von EWS ist. In die Umstrukturierung hat er einen guten Teil seines Vermögens investiert. Er resümiert: „Aber am schwersten war es, sich von all den Kollegen zu trennen.“

Es bleibt ein Rätsel

Warum die Nachfrage so drastisch einbrach, bleibt für den Unternehmer aus Handewitt ein Rätsel. „Wahrscheinlich hatte sich jeder, der reif für eine Kaufentscheidung war, von der Euphorie der Boomjahre bis 2012 mitreißen lassen“, mutmaßt er. Ob die negative Darstellung des Solarstromausbaus in Politik und Medien der Auslöser für die Abkühlung des Marktes war oder diese Entwicklung nur verstärkte, ist für ihn mittlerweile unbedeutend. „Irgendwann musste sich die Photovoltaikbranche der harten Realität im freien Wettbewerb des Marktes stellen“, urteilt Lippert. „Die Zeiten der Zuteilung sind endgültig vorbei!“

Branche mit Zukunft

Kai Lippert bleibt trotz allem optimistisch und hofft, dass seine Investitionen in die Umstrukturierung und eine neue, offensive Vertriebsstruktur sein Unternehmen wieder auf Wachstumskurs bringen. „Wer jetzt noch dabei ist, meint es wirklich ernst“, sagt er voller Zuversicht. „Wir haben unsere gesamte Argumentation auf Eigenverbrauch von Solarstrom umgestellt, denn er ist inzwischen für immer größere Zielgruppen wirtschaftlich.“ Die Nachfrage in Deutschland scheint sich derweil stabilisiert zu haben.

Für EWS tun sich zusätzliche Absatzmärkte in Skandinavien auf. Mit drei Jahrzehnten Marktpräsenz und dem Standort an der dänischen Grenze hält EWS im Norden einen Marktanteil von über zehn Prozent im Distributionsgeschäft.

Starke Marken im Angebot

Auch im Süden Deutschlands konnte EWS seine Position als Fachgroßhändler in der Photovoltaik festigen. Das liegt sicher daran, dass sich die Installateure nach zwei Jahren der Marktbereinigung von der etwas konservativen, aber soliden Positionierung bei EWS angesprochen fühlen.

Gründe dafür sind die gesunde Eigenkapitalquote und die finanzielle Stärke des Unternehmers. Auch die Motivation des Teams spricht sich herum: sich mit vollem Einsatz für den gemeinsamen Erfolg mit den Partnern einzusetzen – in guten wie in schwierigen Zeiten.

Zu einigen Lieferanten pflegt EWS sehr enge Beziehungen. „Besonders hervorzuheben ist REC als wichtigster Modullieferant“, nennt Kai Lippert ein Beispiel. „Oder Fronius aus Österreich, deren Wechselrichter wir bereits seit 15 Jahren erfolgreich verkaufen.“ Diese Kontinuität sichere den Erfolg der Geschäftsbeziehung mit Kunden und Lieferanten.

Mit der Marktbereinigung festigt sich das Bild, wer im Photovoltaikmarkt künftig präsent sein wird. So sind Bosch, SMA und Kostal im Sortiment der EWS vertreten. Aus China werden die Produkte von Yingli und neuerdings auch von Sungrow geführt. „Die leistungsstärksten Module kommen schon lange nicht mehr aus deutscher Fertigung“, stellt Lippert mit erkennbarem Bedauern fest. „Wir beziehen 60-Zellen-Module mit 330 Watt heute von Ben Q, einem Hersteller aus Taiwan. Die ganz großen Marken in der weltweiten Serienfertigung von Leistungselektronik werden zukünftig das beste Preis-Leistungs-Verhältnis bieten.“

Jüngster Neuzugang bei EWS sind die Speichersysteme von LG, deren Solarmodule schon länger ein fester Bestandteil des Angebotes bei EWS sind. „Gerade bei Solarspeichern sind Kompetenz und Beständigkeit des Herstellers extrem wichtig“, erklärt Lippert. „Hier ergibt sich ein großes Geschäftspotenzial, gleichzeitig aber auch ein erhebliches Risiko für den Vertrieb. Denn Akkus sind und bleiben Verschleißteile.“

Mehrwert im Handelsgeschäft

Auch auf Kundenseite konzentriert sich EWS auf langfristige Partnerschaften. Von den mittlerweile gut 600 kaufenden Installateuren steht über die Hälfte länger als fünf Jahre in der Kundendatei, über 100 sogar länger als zehn Jahre.

Jeder Kunde erhält von Beginn der Partnerschaft an drei feste Ansprechpartner: einen Außendienstmitarbeiter für die gemeinsame Vertriebsarbeit, einen Projektierer für die Konfiguration der Systeme und einen Kollegen für die Auftragsabwicklung.

Die Mehrheit der EWS-Stammkunden beteiligt sich an einem über zwölf Monate rollierenden Forecast-Bonussystem, das den voraussichtlichen Bedarf der Produkte gegenüber den Herstellern darstellt.

Diese unverbindliche Bedarfsmeldung sichert den Kunden nicht nur die bestmöglichen Einkaufsrabatte inklusive Boni, sondern zusätzlich den sicheren und flexiblen Zugriff auf die begehrtesten Komponenten, die EWS entsprechend ab Lager verfügbar hält.

Keine Kompromisse bei der Qualität

Bei EWS wird jeder Kunde und jedes Projekt individuell behandelt, wobei Aufwand und Nutzen nachvollziehbar dargestellt werden – bei jedem Detail, bis hin zu den Frachtkosten. Zusätzlich unterstützt das praxiserprobte Team seine Kunden mit umfangreichen Marketingmaßnahmen sowie Hilfen bei Projektierung und Verkauf. Im gesamten Vertriebsgebiet werden Schulungen angeboten, auch gibt es Informationsveranstaltungen. „Durch unsere Leistungen und unser Wissen bieten wir einen echten Mehrwert“, urteilt Kai Lippert. „Wir kalkulieren unsere Produkte transparent und fair. Pauschalangebote frei Haus für jedermann sucht man bei uns vergeblich.“

Mittlerweile hat der Preisdruck im deutschen Photovoltaikmarkt ruinöse Dimensionen angenommen. Onlinehändler bieten Komplettpakete aus No-Name-Produkten zum Teil unter dem Preis von Markenmodulen an.

Das größte Risiko trägt das Handwerk, denn hier liegt die Verantwortung für jedes Detail des Systems – von den Steckverbindern bis zur kleinsten Schraube beim Montagegestell. „Man kann sich das Geschäft ruinieren, wenn man Tausende von Federringen mit zu geringem Nickelgehalt im Edelstahl verbaut hat“, nennt der EWS-Chef ein Beispiel. „Nur um dabei ein paar Euro gegenüber geprüfter Markenware zu sparen …“ Seit mehr als 15 Jahren bietet er ausschließlich die Montagegestelle von Altec Systemtechnik aus Crispendorf an. Denn: „Die Materialauswahl bei den Montagegestellen ist Vertrauenssache.“

Das Team von EWS fühlt sich nun wieder gut aufgestellt und hofft, dass es im Laufe dieses Jahres oft genug Anlass und Gelegenheit geben wird, die Geschichte, Gegenwart und Zukunft von EWS zu feiern. „Bei der Firmengründung 1985 waren wir einer der ersten Großhändler im Photovoltaikmarkt“, fasst Kai Lippert zusammen. „Heute gehören wir zu den wenigen Unternehmen, die die Krise überstanden haben. Als Partner des Handwerks bleiben wir ein verlässliches Bindeglied zwischen den Herstellern der Komponenten und den Installateuren.“

www.pv.de

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