Springe auf Hauptinhalt Springe auf Hauptmenü Springe auf SiteSearch

Die Rente wird verschoben

Sieben Jahre sind Harald Heinrich, Thomas Hirsch und Claus Alt schon in der Solarbranche tätig. Sie haben die ersten Boomjahre der Photovoltaik miterlebt, die Krise gespürt und es doch geschafft, jede Herausforderung zu meistern. Mit ihrer Firma REM in Rottenburg bei Landshut setzten sie immer auf Innovationen. Und auf Erfahrung. Denn als sie ihr eigenes Unternehmen gründeten, hatten die drei schon ein langes Berufsleben hinter sich. Angefangen hat alles damit, dass ihr ehemaliger Arbeitgeber in die Insolvenz ging. Der Kollektorhersteller Nau aus Moosburg überlebte die Krise in der Solarthermie nicht. Claus Alt entwickelte dort Gasthermen, Thomas Hirsch arbeitete in der Konstruktion. Nach der Pleite wechselten sie zu Conergy. Das Hamburger Unternehmen hatte damals mit Suntechnics eine Thermiesparte. Nur Harald Heinrich blieb bei der Nau GmbH, die mit neuem Management weiter produzierte.

Glücklich war er mit diesen Veränderungen nicht. Ähnlich ging es auch Hirsch und Alt, deren neuer Arbeitgeber Conergy gerade sein neues Hauptquartier in Hamburg aufbaute. Einen Umzug von Niederbayern in den hohen Norden konnten sie sich nicht mehr vorstellen, nicht mit Anfang 50. „Wir wollten eigentlich nur gut gelaunt in die Rente gehen und dachten, Kollektoren können wir doch selber bauen“, erzählt Harald Heinrich.

Die Idee, in diesem Alter komplett neu anzufangen, stieß nicht durchweg auf Verständnis: „Was ihr da vorhabt, ist ein Krampf“, riet ihr Steuerberater. „Ihr geht morgen in eure Firmen zurück, sagt, das war ein Irrtum, und arbeitet die nächsten zehn Jahre weiter wie gehabt!“ Den Steuerberater hatten die drei Ingenieure konsultiert, um ihre neue Existenz vorzubereiten. Heute führen sie das Unternehmen gemeinsam.

Trotz gut gemeinter Ratschläge schrieben sie einen Businessplan, beantragten Überbrückungsgeld vom Arbeitsamt und machten sich auf die Suche nach einer kleinen Fertigungshalle. So entstand die Firma Regenerative Energie- und Montagesysteme GmbH, kurz REM. Eine geeignete Halle zu finden, war nicht so einfach. In seiner Not rief Heinrich die Bürgermeister rund um Landshut an – aus Rottenburg an der Laaber kam schließlich Unterstützung.

Doch als der Bürgermeister die Beleuchtung der ehemaligen Fabrikhalle für Tankentnahmesysteme eines Autozulieferers anknipste und Heinrich sich im gleißenden Licht einer riesigen Halle wiederfand, sah es wieder nach einer Enttäuschung aus. „Wir sind eine Drei-Mann-Show, das können wir uns für den Anfang nicht leisten“, sagte er dem Bürgermeister. Schließlich wurde man sich einig, vorerst nur einen Teilbereich anzumieten. Die drei Ingenieure schafften die benötigte Ausrüstung an. Anfangs arbeiteten sie mit gebrauchten Maschinen, die sie selbst wieder auf Vordermann brachten. Kein Problem, schließlich „hatten wir lange Jahre die Entwicklung von Kollektoren begleitet“. Im Januar 2006 konnte die Fertigung der solarthermischen Kollektoren bei der REM GmbH endlich anlaufen.

Wenige Aufträge zu Beginn

Der Vertrieb lief zunächst anders als gedacht. „Im Nachhinein betrachtet muss man sagen, dass wir von niemandem, von dem wir anfangs Zusagen hatten, einen Auftrag bekamen“, erzählt Harald Heinrich. Heute verantwortet er bei REM den Vertrieb, das Personal und die Finanzen. Also fuhr er persönlich zu den Heizungsbauern in der Gegend und knüpfte schnell gute Kontakte. Nach sechs Monaten lief das Geschäft – aber ganz langte es nicht. Ein zweites Produkt musste her. Thomas Hirsch, der die Fertigung, Konstruktion und Materialwirtschaft leitet, brachte Erfahrungen aus der Bearbeitung von Aluminium mit. So entschieden sie sich für Montagesysteme, um Sonnenkollektoren und Solarmodule auf die Dächer zu bringen. Mittlerweile hat REM beispielsweise das Montagesystem Delta Wing entwickelt, das in Rottenburg gefertigt wird.

Montagesysteme brachten Geld

Das Kollektorengeschäft lief weiter nebenher, aber das Geld brachten die Montagesysteme für Photovoltaikmodule. So ging es immer schön bergauf. Es waren die ersten Boomjahre der Photovoltaik, „auch ein bisschen wilder Westen“, wie Heinrich meint. Oftmals übernahmen die REM-Ingenieure die Anlagenplanung für die Elektriker. Sie sagten ihnen, wie viele Wechselrichter, Module und Gestelle sie bestellen sollten, damit der Handwerker nur noch installieren musste. „Es war oft so, dass beispielsweise ein Landwirt volle Vorkasse an den Elektriker gezahlt und vielleicht zehn Nachbarn, zwei Elektriker und einen Zimmermeister zu einem bestimmten Termin auf das Dach bestellt hat“, erinnert sich Harald Heinrich. „Nur die Module des Großhändlers hingen derweil irgendwo im Zoll fest. Dann gab es wütende Anrufe. Wir haben oftmals im Sinne des Kunden die Wogen geglättet.“

REM hatte also Arbeit, aber nicht den Umsatz. Also beschlossen die drei Ingenieure, die Solarmodule und Wechselrichter direkt bei den Herstellern zu kaufen und zu lagern. Damals war das Material knapp. Wer Anlagen bauen wollte, brauchte Liefersicherheit und ein gut gefülltes Lager. „Man muss die Kunden unterstützen, dass sie keine Probleme auf der Baustelle haben“, lautet Heinrichs Devise. Ein Service, der gerne angenommen wurde. Die Branche boomte weiter. Die Mitarbeiterzahl bei REM wuchs auf 33. Dazu kamen Zeitarbeiter, die rund um die Uhr Schienen für Aufdachmontagesysteme fertigten, um den regelmäßigen Endspurt vor der nächsten EEG-Absenkung zu bewältigen.

Viel Freizeit hatten die Gründer nicht: „Wir waren samstags und sonntags im Büro und ständig auf Baustellen unterwegs, um im Vorfeld technische Probleme auszuräumen oder die Kunden in der Planung zu unterstützen“, erinnert sich Heinrich. „Jeder von uns drei Geschäftsführern telefoniert regelmäßig mit unseren Kunden, aber auch Lieferanten, um zu wissen, welche Sorgen und Nöte sie haben.“ Der Einsatz lohnte sich: Seit der Gründung verdoppelte sich der Umsatz in jedem Jahr. 2010 wurden rund neun Millionen Euro umgesetzt.

Kein Wettlauf mit Billigheimern

Doch mit dem Jahreswechsel 2010 kam die Krise, die Nachfrage im Photovoltaikmarkt brach ein. „In Bayern traten überregionale Komplettanbieter mit Preisen auf, die wir nicht mitmachen wollten“, erzählt Heinrich. „Alles musste billig, billig sein. Zu diesen Preisen konnten und wollten wir nicht anbieten, weil wir auf Qualität setzen.“ Anstatt mit Billigheimern zu konkurrieren, gründeten sie mit mehreren Kommanditisten und Partnern eine Betreiberfirma für Solarparks.

Von der Zwei-Megawatt-Photovoltaikanlage im nordthüringischen Ellrich hängt ein Bild im Flur der Firmenzentrale in Rottenburg. Anschließend wurde auf einem ehemaligen Militärgelände bei Merseburg in Sachsen-Anhalt eine Anlage mit 5,3 Megawatt Solarleistung gebaut. „Da war’s ein bisserl eng“, bestätigt Heinrich. „Wir dachten, wir könnten die Anlage vom Plan wegverkaufen. Aber während der Bauphase kamen wir in Liquiditätsschwierigkeiten. Unser Geld steckte schon drin, und die Bank wollte nicht mehr zahlen. Uns war klar: Wenn das in die Hose geht, sind die Früchte unserer Arbeit weg.“

In dieser Krise zahlte sich aus, dass REM seine Geschäftsbeziehungen gut pflegt. Letztlich haben die Lieferanten der Solarmodule und Wechselrichter einen Teil der Kosten gestundet. Freunde und Bekannte investierten privates Geld, sodass die Anlage zum Stichtag ans Netz gehen konnte. „Damit war das Problem geknackt. Die Bank stand wieder parat und hat die Anlage durchfinanziert. Heute ist das alles ausgestanden. Die Anlage läuft bestens, und die Investoren sind zufrieden.“

Kluges Konzept für die Wartung

Bereits im letzten Jahr hat das Unternehmen begonnen, die eigenen Wege konsequent fortzusetzen. Die neueste Entwicklung ist eine Batterielösung für Sonnenstrom. Sie besteht aus einem Wechselrichter, einem Energiemanager und den Akkuzellen. Das wäre kaum erwähnenswert, weil inzwischen praktisch jedes Solarunternehmen eine Batterie im Sortiment hat. Doch REM will die Batterie selbst produzieren, um von der Expertise der Geschäftsführer zu profitieren. Thomas Hirsch, der Konstrukteur, wird die hauseigene Fertigung und Montage der Gehäuse sowohl von Batterie als auch dem Wechselrichter managen.

Mit Claus Alt, dem Experten für Softwareprogrammierungen und Zulassungen, wollen sie beim Batteriemanagement punkten. „Die Lithium-Ionen-Technik bedeutet eine sehr hohe Kapazitätsdichte pro Kilogramm Batteriematerial, also sehr viel Energie auf kleinem Raum“, erläutert Harald Heinrich, der die Neuheit auch auf der Intersolar in München präsentierte. „Diese Energie zu beherrschen, funktioniert nur über ein aufwendiges Batteriemanagement, dessen Funktion und Sicherheitslevel auch über Zulassungsprüfungen für den Betrieb und den Transport getestet und zertifiziert wird.“

Das Batteriemanagement sorgt zum einen dafür, dass die Zellen immer im sicheren Bereich betrieben werden. Andererseits erhöht es die Lebensdauer der Zellen. Der REM Accu Tower wird mit einem einphasigen Wechselrichter kombiniert, der dreiphasig überwacht und kompensiert. Über einen Sensor misst das Gerät ständig die im Haushalt benötigte elektrische Leistung und optimiert mit dem Accu Manager den Eigenverbrauch.

Die REM-Batterie wird es in drei verschiedenen Speicherkapazitäten von 4,6, 5,75 und 6,9 Kilowattstunden geben. Der Akku ist jeweils aus 36 Lithiumzellen modular aufgebaut. Bei einer Eingangsspannung von 3,2 Volt liegt die Kapazität pro Zelle bei 40, 50 oder 60 Amperestunden. Durch ein sogenanntes Zellbalancing und weitere Softwarefeatures bleibt die Kapazität besonders lange erhalten. Geplant sind mindestens 2.500 Vollzyklen, bis 80 Prozent der Restkapazität erreicht sind. Die Akkus liefen schon in Feldtestanlagen und wurden auf dem Prüfstand bis zur Schmerzgrenze zykliert. Nun werden die Prüfergebnisse vom externen Dienstleister SGS zertifiziert.

Austausch schwächelnder Zellen

In dem modularen Aufbau durch die 36 Lithiumzellen sieht Heinrich einen Vorteil für den Endverbraucher. „Jede Zelle wird bei uns über eigene Prüfmittel gegengecheckt, für jede Zelle gibt es einen Report, über den elektrische Kenndaten abgerufen werden können.“ Den für die Prüfungen nötigen finanziellen und technischen Aufwand nennt er „enorm“. Er zahle sich aber in einem hohen Qualitätsstandard aus.

Davon sollen die Kunden profitieren, denen laut Förderrichtlinie ein Wertausgleich zusteht, wenn die Batterie nach sieben Jahren Laufzeit weniger als 80 Prozent der ursprünglichen Kapazität bringt. So weit will Heinrich es gar nicht kommen lassen. Stattdessen sollen die Batteriebesitzer mit REM einen Überwachungsvertrag abschließen, damit das Unternehmen die Anlage über das Internet überwachen und jederzeit Daten auslesen kann. Schwächelt einer der Zellenblöcke, wird der betroffene Einschub von einem REM-Systempartner ausgetauscht. „Auf diese Weise hat der Kunde immer eine taufrische Batterie, und wir können den defekten Block wieder aufarbeiten. Ich glaube, damit haben wir ein sehr kostengünstiges Konzept entwickelt“, ist Heinrich überzeugt. Für den unkomplizierten Service und die einfache Wartung habe er bereits viel Zuspruch von freien Vertriebsmitarbeitern und Solarhändlern bekommen. Die Bruttopreise für den Endkunden werden je nach Größe des Systems zwischen 10.000 und 12.000 Euro liegen. Als Zielgruppe sieht Heinrich zunächst Besitzer von Einfamilienhäusern, mit nach EEG 2009 und 2010 errichteten Photovoltaikanlagen, bei denen der Eigenverbrauch noch privilegiert gefördert wurde.

Kunden wollen wechseln

Einmal dürfen die Besitzer von der Volleinspeisung auf den Eigenverbrauch wechseln. Bei den Elektrikern gebe es schon intensive Nachfragen: „Die Kunden fragen noch nicht einmal nach den Preisen. Sie wollen einfach autark werden.“ Als nächsten Schritt sieht Heinrich kleine und mittlere Unternehmen, die größere Drehstromleistungen und Lademanagement benötigen. Auch an Ladekombinationen mit Blockheizkraftwerken oder kleinen Windrädern wird bei REM gedacht.

Im August wurden in der Batteriefertigungshalle in Rottenburg die letzten Montagetische aufgebaut und die Prüfplätze installiert. Schon im Oktober will REM die ersten 50 Komplettsysteme ausliefern. Bis Ende des Jahres sind bis zu 200 Stück geplant. Im kommenden Jahr will REM dann richtig Menge machen. Heinrich plant mit einem Verkauf von jährlich etwa 1.000 Systemen. „Das ist eine solide Basis für die nächsten fünf Jahre. Wir müssen nicht schnell reich werden, sondern backen kleinere Brötchen mit einem gesunden Augenmaß“, sagt er. „Damit waren wir von Anfang an erfolgreich.“

Ein erfolgreiches Trio

Hat er die Selbstständigkeit mal bereut? „Auf keinen Fall“, lacht Harald Heinrich. Auch dass sie zu dritt in der Geschäftsführung arbeiten, findet er durchweg positiv. „Es ist eine unheimliche Erleichterung, das nicht alleine machen zu müssen. Der eine ist vielleicht mal ein bisschen ängstlicher, der andere dann etwas forscher. Dieser Ausgleich hat uns immer zum Vorteil gereicht. In allen kritischen Situationen haben wir zusammengehalten und sie gemeistert.“ Für die derzeit 24 Mitarbeiter und die kommende Generation, die bereits in den Startlöchern steht. Denn Harald Heinrich ist nun 57, und noch immer will er „gut gelaunt in die Rente“. Seine Tochter arbeitet seit Jahren im Betrieb mit und macht nebenbei ihren Master in Betriebswirtschaftslehre. Auch Thomas Hirschs Sohn, ein junger Maschinenbauingenieur, will zum väterlichen Betrieb stoßen. Banken und Kunden schätzen diese Kontinuität. Nur mit dem Steuerberater von damals arbeitet REM schon lange nicht mehr zusammen.

Auf einen Blick

http://www.rem-gmbh.com

Sieben Jahre im Geschäft

Die REM GmbH in Rottenburg bei Landshut ist ein typisches Beispiel, wie kleine und mittelständische Unternehmen die solare Energiewende tragen und mitgestalten. Große Teile der Wertschöpfung erfolgen im Betrieb, beispielsweise durch die Fertigung von Solarkollektoren, Montagesystemen für die Photovoltaik oder von Gehäusen des Batteriesystems Accu System. Viele Ideen und Innovationen stecken in der Elektronik des Eigenverbrauchssystems, etwa zur Ladung und Entladung der Batteriezellen oder dem Management der Energieströme im Gebäude. Derzeit hat die REM GmbH 24 Mitarbeiter.

Jetzt weiterlesen und profitieren.

+ PV E-Paper-Ausgabe – jeden Monat neu
+ Kostenfreien Zugang zu unserem Online-Archiv
+ Fokus PV: Sonderhefte (PDF)
+ Webinare und Veranstaltungen mit Rabatten
+ Adresseintrag im jährlichen Ratgeber
uvm.

Premium Mitgliedschaft

2 Monate kostenlos testen