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“Ein starkes Signal für den Markt“

Wie schätzen Sie die Aussichten für Mieterstromprojekte ein?

Michael Geißler: Wir bieten Versorgungsmodelle für Mieter schon seit Jahren an, sowohl mit Photovoltaik als auch mit BHKW oder als Kombination dieser beiden Technologien. Nun wird unser Optimismus dadurch gestärkt, dass sich zunehmend große Wohnungsbaugesellschaften, Wohnungsbaugenossenschaften, aber auch private Einzelgebäudeeigentümer für dieses Thema öffnen. Die steigende Einspeisevergütung und die sinkenden Kosten für Photovoltaik zeigen uns, dass wir in die richtige Richtung gehen. Eine wichtige Rolle spielt natürlich auch der allgemeine Strompreis.

In Berlin regiert eine rot-rot-grüne Koalition. Spüren Sie politischen Rückenwind für Mieterstrommodelle?

Im Koalitionsvertrag stehen sehr viele Ideen für die Energiewende und die eigenständige Versorgung von Berlin als Kommune. Unter anderem sollen zehn Millionen Euro für Bürgschaften bereitgestellt werden, um mehr Mieterstrommodelle realisieren zu können. Aktuell noch wichtiger scheint mir der Rückenwind aus der Bundespolitik. Im neuen EEG 2017 wurde die Bundesregierung dazu aufgefordert, die EEG-Umlage für Mieterstrom endlich zu reduzieren. Allerdings steht die konkrete Ausgestaltung der entsprechenden Umsetzungsverordnung noch aus.

Also sehen Sie in der Senkung der EEG-Umlage den entscheidenden Hebel?

Die EEG-Umlage für Mieter anderen Eigenverbrauchsmodellen gleichzustellen, indem man sie beispielsweise auf 40 Prozent der vollen Umlage absenkt, das wäre ein sehr starkes Signal für den Markt. Wir werden sehen, wann die Details bekannt werden.

Welche Trends erwarten Sie bei den Strompreisen?

Entweder werden wir eine Seitwärtsbewegung sehen oder einen weiteren Anstieg. Das ergibt sich aus der Erhöhung der EEG-Umlage und den steigenden Netzkosten. Generell helfen uns die hohen Strompreise, sodass der Markt für Mieterstrommodelle anzieht. Die Nachfrage wird sich erhöhen.

Wie viele Anlagen haben Sie 2016 realisiert?

Im vergangenen Jahr haben wir eine Photovoltaikanlage mit rund 70 Kilowatt und sieben Blockheizkraftwerke installiert. Vor der Fertigstellung sind weitere Anlagen als sogenannter Hybrid in der Kombination Photovoltaik und BHKW. Ich gehe davon aus, dass die Photovoltaik im Jahr 2017 aus den oben genannten Gründen wieder anzieht und wir in diesem Bereich unsere Investitionen auch wieder hochfahren werden. Man muss aber bedenken, dass es trotz der auf den ersten Blick vielen Dächer sehr viele Hindernisse gibt, vor allem Eigentumsfragen und juristische Besonderheiten. Vor allem muss man Eigentümer gewinnen, sich auf dieses Thema einzulassen. Einen rein betriebswirtschaftlichen Anreiz gibt es für die Gebäudeeigentümer bislang nicht.

Für die Photovoltaik war das vergangene Jahr nicht herausragend, erst recht nicht in Berlin. Welche Pläne haben Sie für 2017?

Das hängt sehr von den politischen Vorgaben ab, deswegen möchte ich mich eher zurückhaltend äußern. Bei neuen Wohnbauten wird Mieterstrom ein wichtiges Thema, weil sich solche Modelle mit der Erstvermietung leichter implementieren lassen. Im Wohnungsbestand, wo die Mieter zum Teil lange zurückreichende Stromverträge haben, ist der Umstieg viel aufwendiger. Auch spielt im Neubau die Elektromobilität eine wachsende Rolle. Sie bietet den Vermietern einen Vermarktungsvorteil, durch Ladestationen an Stellplätzen oder in Tiefgaragen. Entscheidend wird sein, rechtzeitig mit den Bauherren und ihren Architekten ins Gespräch zu kommen.

Bauen Sie die Anlagen selbst oder greifen Sie auf Installationspartner zurück?

Die Berliner Energieagentur gibt es seit 1992. Seit 1996 setzen wir Mieterstromprojekte um und wir haben bisher mehr als 80 BHKW und über 50 Photovoltaikanlagen gebaut. Daran können Sie erkennen: Wir haben umfangreiche Erfahrungen in der Installation gesammelt. Mittlerweile arbeiten wir mit einer Handvoll Installationsbetrieben zusammen. Wir erledigen die planerischen Aufgaben, die Absprachen mit dem Bauherrn und die kaufmännische Seite. Meist treten wir als objektbezogener Energieversorger auf, der Hausstrom und Mieterstrom sowie die Heizwärme komplett liefert und abrechnet.

Wie groß ist das Potenzial für Mieterstrom in der Bundeshauptstadt?

Berlin hat rund zwei Millionen Wohnungen, davon etwas zwei Drittel im privaten Streubesitz – Eigentumswohnungen, Ein- und Zweifamilienhäuser, private und gewerbliche Vermieter. Der Rest befindet sich in kommunaler oder genossenschaftlicher Hand. Für uns ist beim Thema solarer Mieterstrom vor allem dieser Bereich interessant, weil diese Eigentümergruppen nicht ausschließlich renditeorientiert denken, sondern auch eine gesellschaftliche Verantwortung haben und in längeren Zeiträumen denken. Beim BHKW-Mieterstrom fokussieren wir auch auf private Gebäudeeigentümer, hier gibt es im Zusammenhang mit dem Brennstoffwechsel von Öl auf Gas noch immer große Potenziale zu erschließen.

Was ist mit den öffentlichen Gebäuden?

Wir konzentrieren uns aktuell auf Mieterstromprojekte, haben in der Vergangenheit aber auch schon Photovoltaik auf dem Roten Rathaus, beim Berliner Großmarkt, auf der Max-Schmeling-Halle oder beim Deutschen Technikmuseum installiert. In Berlin gibt es rund 5.000 öffentliche Gebäude. Es ist erklärtes Ziel der neuen Koalition, die Verwaltungen klimaneutral zu versorgen. Ich hoffe, das gibt der Photovoltaik – und auch der dezentralen Kraft-Wärme-Kopplung – in der Stadt zusätzlichen Schwung.

Das Gespräch führten Heiko Schwarzburger und Sven Ullrich.

www.bea-kiezstrom.de

Michael Geißler

(im Foto rechts) ist seit 1997 alleiniger Geschäftsführer der Berliner Energieagentur GmbH (BEA). Er studierte Verfahrens- und Umwelttechnik an der TU Berlin und absolvierte ein weiteres Studium zum Wirtschaftsingenieur. Geißler (55) ist Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes der Energie- und Klimaschutzagenturen Deutschlands e. V. (eaD), ehrenamtlicher Generalsekretär von Fedarene, des europäischen Netzwerkes der regionalen Energie- und Klimaschutzagenturen, Mitglied des Beirates der Investitionsbank Berlin und Mitglied des Präsidiums der Industrie- und Handelskammer Berlin.

Berliner Energieagentur

Seit 1996 in der Bundeshauptstadt aktiv

Die Berliner Energieagentur wurde 1992 gegründet. Sie ist ein Beteiligungsunternehmen des Landes Berlin mit den weiteren Gesellschaftern KfW-Bankengruppe, Vattenfall Europe Wärme AG und Gasag. Die BEA betreibt an 65 Standorten in Berlin und Umland Mieterstromprojekte mit Blockheizkraftwerken (BHKW) und Photovoltaikanlagen oder in Kombination. Die ersten BHKW mit dezentraler Stromvermarktung an Mieter wurden 1996 realisiert. Die BEA hat heute über 4.000 private und gewerbliche Stromkunden für ihren BEA Kiezstrom.

www.berliner-e-agentur.de

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