In den vergangenen Jahren hieß es mit steter Regelmäßigkeit: Das Brennstoffzellen-Heizgerät kommt in zwei oder drei, vielleicht auch erst in fünf Jahren. Für Installateure und ihre Kunden sind solche vagen Informationen wenig hilfreich. Gibt es jetzt konkretere Angaben über die Einführung von Seriengeräten?
Andreas Ballhausen: Es wird keinen definierten Startschuss für das Brennstoffzellen-Heizgerät geben. Dennoch sehe ich sehr positive Signale für diese Technologie. Die Anzahl der aktiven Entwickler und Mitglieder in der IBZ hat gegenüber den letzten Jahren zugenommen. Vor allem mit Bosch, Viessmann und Elcore konnten wir wichtige Zugpferde gewinnen. Die ersten Hersteller haben bereits mit der Markteinführung begonnen, beispielsweise Ceramic Fuel Cells (CFC) mit dem Blue-Gen-Gerät, das man bereits im Internet kaufen kann. Viessmann hatte auf der ISH im vergangenen Jahr angekündigt, sein in Kooperation mit Panasonic entwickeltes Brennstoffzellen-Heizgerät 2014 in den Markt einzuführen. Auch Baxi und Elcore wollen ihre Geräte 2014 auf den Markt bringen. Zusätzlich stehen Vaillant und Bosch, ebenso Viessmann mit dem Hexis-Gerät in den Startlöchern. Nochmals: Es wird mit Sicherheit kein Schalter umgelegt mit der Ankündigung, jetzt beginnt die Markteinführung. Eher ist von einem Marktstart in Etappen auszugehen.
Welche Voraussetzungen müssen für die Marktreife erfüllt sein?
Es gibt zweierlei Kriterien für die Markteinführung: technische und kommerzielle. Bei den technischen Kriterien ist es so, dass die Hersteller bisher unterschiedliche Reifegrade ihrer Produkte erreicht haben. Innerhalb des Callux-Projekts sind aktuell rund 310 Anlagen installiert. Hinzu kommen Feldtests der Hersteller außerhalb des Callux-Projekts, sodass wir in Deutschland auf etwa 500 bis 600 installierte Brennstoffzellen-Heizgeräte kommen.
Welches Kriterium entscheidet über den Erfolg der Markteinführung?
Das wichtigste Kriterium sehe ich in der Verfügbarkeit funktionstüchtiger Geräte für potenzielle Kunden. Ein weiteres Kriterium ist die Qualifikation von Handwerksunternehmen zur Installation und Wartung dieser Geräte. Hierbei bauen wir auf die Installationserfahrungen mit 600 Anlagen. Aus den Erfahrungen des Callux-Projektes mit zusammen rund drei Millionen Betriebsstunden kennen wir natürlich auch die typischen Probleme der Brennstoffzellen-Heizgeräte.
Sie erwähnten das holländische Unternehmen Ceramic Fuel Cells als Vorreiter. In dieser Firma verantworten Sie den Vertrieb der Blue-Gen-Geräte. Wie groß sind Ihre Erfahrungen?
Der Hersteller Ceramic Fuel Cells kommt mit seinen Blue-Gen-Geräten auf weitere zweieinhalb Millionen Betriebsstunden, sodass wir in Deutschland zusammen rund fünf Millionen Betriebsstunden erreichen. Wir wissen also genau, was gut funktioniert und wo wir besser werden müssen. Natürlich gibt es noch technischen Entwicklungsbedarf, allerdings auf dem Niveau eines sehr hohen Reifegrades.
Wo liegen die typischen Schwachpunkte solcher Heizgeräte?
Die Schwerpunkte der weiteren Forschung liegen in der Verbesserung der Robustheit, vor allen Dingen des Brennstoffzellenstapels, einer längeren Lebensdauer und niedrigeren Kosten. Diese drei Kernziele verfolgen alle Hersteller von Brennstoffzellen-Heizgeräten.
Innovationen sind erfahrungsgemäß gegenüber dem Endverbraucher sehr erklärungsbedürftig und damit in der Regel für den Installateur sehr zeitintensiv. Wie kann das Handwerk motiviert werden, die Heizgeräte mit Brennstoffzellen in den Markt zu bringen?
Für den fachlich versierten Heizungshandwerker bietet das Brennstoffzellen-Heizgerät ein lukratives Geschäft, denn durch den höheren Preis verdient er mehr als mit einem Brennwertgerät oder einer Wärmepumpe. Wir sehen natürlich die Markteinführung als Herkulesaufgabe, da sicherlich nicht alle Betriebe die notwendige Qualifikation nachweisen können. Aus der Erfahrung bei CFC wissen wir, dass Heizungsfachunternehmen mit starkem Engagement in der Photovoltaik am besten für die Markteinführung von Brennstoffzellen-Heizgeräten aufgestellt sind. Das passt gut zu deren Produktportfolio.
Welche Unterstützung können Fachbetriebe bei der Markteinführung erwarten?
Alle Hersteller bieten intensive Schulungen an und begleiten die Installateure bei den ersten Inbetriebnahmen. Das erfolgt schrittweise. Auch im Rahmen des Callux-Projektes gibt es ein Programm zur Unterstützung des Handwerks bei der Markteinführung. Zusätzlich werden von der IBZ Bildungsträger ausgewählt, Kooperationen in die Wege geleitet und Fachreferenten für berufsbildende Einrichtungen angeboten.
Spätestens wenn das Potenzial der sogenannten Early Adopters – also der Brennstoffzellenfreaks – ausgeschöpft ist, fragen die Kunden nach dem Preis. Gibt es schon eine Preisbildung bei den Brennstoffzellen-Heizgeräten?
Hier muss man klar sagen: Brennstoffzellen-Heizgeräte sind in den nächsten Jahren auf Förderung angewiesen. Alle Technologiesprünge, ob bei Brennwertheizgerät, Wärmepumpe, Solarthermie oder Photovoltaik, sind beziehungsweise waren nur über eine Förderung am Markt zu etablieren. Im Moment gibt es für Brennstoffzellen-Heizgeräte eine Förderung im Rahmen des Bafa-KWK-Programms. Das sind etwa 1.500 Euro je Kilowatt elektrischer Leistung. Als Initiative Brennstoffzelle treten wir für ein erweitertes Programm ein, das besonders die Einsparung von Kohlendioxidemissionen honorieren könnte. Sie liegt bei etwa 50 Prozent gegenüber der konventionellen Stromerzeugung. Dieses Programm sollte natürlich möglichst kurzfristig starten. Wir rechnen damit, dass sich die Brennstoffzelle ab dem Jahr 2020 ohne zusätzliche Förderung am Markt behaupten kann. Die Förderung sollte am Anfang relativ hoch sein und dann in Abhängigkeit der Degression der Stückkosten zurückgenommen werden. Mit den entsprechenden Ministerien sind wir bereits im Gespräch.
Können Sie einen Richtwert für ein Kilowatt elektrische Leistung nennen?
Die Gerätekonzeptionen sind zu unterschiedlich, um dafür einen verbindlichen Preis zu nennen. CFC bietet sein 1,5-Kilowatt-Gerät (elektrische Leistung) mit 60 Prozent elektrischem Wirkungsgrad für 25.000 Euro an – komplett installiert. Sonst kenne ich noch keine verbindlichen Preise. Die Zielkosten eines Brennstoffzellen-Heizgerätes liegen – je nach Typus des Gerätes – zwischen 5.000 und 15.000 Euro je Kilowatt elektrisch. Der Preis hängt davon ab, ob ein Back-up-Heizgerät oder ein Speicher im Preis enthalten sind. Auch geht die Höhe des elektrischen Wirkungsgrads in den Kilowattpreis mit ein.
In der Photovoltaik läuft der Markt gegenwärtig über den Eigenverbrauch, hängt also stark am Strompreis der Netzversorger. Welche Rolle spielen die Netzstrompreise bei den Brennstoffzellen?
Sicher wird bei der Preisbildung der Brennstoffzellen-Heizgeräte auch die Preisentwicklung bei Strom und Gas, aber auch die Preise bei anderen innovativen Wärmesystemen, wie den verschiedenen Arten von Wärmepumpen, eine Rolle spielen. Sagen wir es so: Kunde und Hersteller müssen Spaß mit dieser Technologie haben.
Könnte es auch sein, dass Hersteller aus Fernost künftig die Preise mitbestimmen?
Die japanischen Hersteller mit rund 40.000 installierten Geräten verfügen natürlich über viel mehr Erfahrungen als die Europäer. Die Produktionsprozesse für so hohe Stückzahlen führen zu einer Kostendegression. Dadurch werden japanische Geräte preislich interessanter. Die nach japanischen Normen gebauten Geräte müssen jedoch an die europäischen Normen und Vorschriften angepasst werden. Deshalb bieten sich Kooperationen mit europäischen Herstellern an.
Was eher ein Argument für starke deutsche Marken ist ...
Bei der Markterschließung durch fernöstliche Unternehmen in Europa muss man auch berücksichtigen, dass es zwischen den Heizungsfachbetrieben und den klassischen europäischen Herstellern von Heizgeräten traditionell eine sehr enge Kundenbindung gibt, die durch Importfirmen nicht so einfach geknackt werden kann. CFC hat deshalb seine Produktion und damit die Wertschöpfung von Australien nach Deutschland verlegt. Denn Deutschland ist in Bezug auf die Klimaschutzziele der wichtigste Markt in Europa.
Photovoltaik wird immer billiger. Muss das Brennstoffzellen-Heizgerät den Wettbewerb durch Solarstrom fürchten?
Das Brennstoffzellen-Heizgerät sehe ich eher im Grundlastbereich angesiedelt, Photovoltaikmodule liefern Strom nur bei entsprechender Sonneneinstrahlung. Ich könnte mir Anlagen vorstellen mit der Brennstoffzelle zur Deckung der Grundlast und der Solaranlage zur Deckung der Mittel- und Spitzenlast eines Gebäudes, beispielsweise mit Klimaanlage.
Gibt es schon Richtwerte für die Wartung und Instandhaltung von Brennstoffzellen-Heizgeräten?
Ich gehe davon aus, dass die Hersteller – ähnlich wie bei BHKW – Vollwartungsverträge anbieten, in der die Wartung, Instandhaltung und der Austausch der Stacks enthalten ist. Das ist insbesondere in der Anfangsphase sinnvoll, denn nur so ist das Risiko für den Kunden kalkulierbar.
Neubauten erfüllen heute einen sehr hohen Dämmstandard und hohe Energieeffizienz. Lohnt es sich, ein Mikro-KWK-Gerät mit Brennstoffzelle einzubauen?
Gerade dann lohnt sich ein Brennstoffzellen-Heizgerät, denn die Stromerzeugung mittels Brennstoffzellen bietet eine Technologie mit der höchsten Stromkennzahl. Und je besser ein Gebäude gedämmt ist, desto eher lohnt sich ein Gerät mit hoher Stromkennzahl. Die Abwärme dieser Geräte kann man beispielsweise ganzjährig für die Trinkwassererwärmung nutzen. Das führt zu hohen Jahresbetriebsstunden und damit zu einer hohen Wirtschaftlichkeit. Durch die Vielfalt der künftig angebotenen Brennstoffzellen-Heizgeräte findet jeder Kunde das für sein Haus günstigste Gerät. Überschüssiger Strom kann ja ins Netz eingespeist werden.
Der Beliebigkeit von Stromeinspeisungen ins öffentliche Netz werden in Zukunft womöglich Grenzen gesetzt. Das könnte der Wirtschaftlichkeit solcher Geräte schaden. Wie ist Ihre Einschätzung?
Das Thema Stromeinspeisung und Kapazitätsmärkte wird im Rahmen der Callux-Partner intensiv diskutiert. Geplant ist eine standardisierte Datenschnittstelle – die sogenannte Callux-Box – die es erlaubt, Brennstoffzellen-Heizgeräte in ein virtuelles Kraftwerk oder in das Geschäftsmodell eines Dienstleisters einzubinden. Der Kunde muss natürlich durch eine besondere Vergütung davon profitieren, dass sein Gerät zur Lastgangsteuerung genutzt wird. Ich kann mir vorstellen, dass in Regionen mit hoher Einspeisung von Sonnenstrom extern gesteuerte Brennstoffzellen-Heizgeräte zur Stabilisierung der Netze vor Ort beitragen können. Für Netzbetreiber sind solche Geräte durchaus interessant. Ich halte es jedenfalls für realistisch, dass entsprechende Dienstleister in Zukunft Brennstoffzellen-Heizgeräte im Contracting-Modell zur Netzstabilisierung anbieten.
Sind Brennstoffzellen-Heizgeräte auch in der Lage, momentane Lastkurven eines Haushaltes oder eines Gebäudes abzufahren, sodass sich eine Einspeisung überschüssigen Stroms erübrigt?
Die meisten Geräte sind in der Lage, zu modulieren. Das lässt vermuten, dass man die Last nachführen kann. Aus wirtschaftlichen Gründen plädiere ich jedoch für eine Einspeisung überschüssigen Stroms ins Netz, zumindest solange es möglich ist. Durch die Stromeinspeisung erhält der Betreiber einen Deckungsbeitrag von derzeit fünf bis sechs Cent je Kilowattstunde. Warum sollte er auf diesen Beitrag verzichten? Jeder Betreiber wird versuchen, aus seiner Anlage das wirtschaftliche Optimum herauszuholen. Wir rechnen bei Brennstoffzellen-Heizgeräten mit einem breiten Angebot, das viele Kundenbedürfnisse abdeckt. Das ist der Vorteil gegenüber Photovoltaikanlagen, die nur zur Stromerzeugung eingesetzt werden können und ihren Strom volatil einspeisen.
Mit Mühe hat sich in den letzten Jahren ein kleiner Markt für motorbetriebene Mikro-KWK-Anlagen etabliert. Wird dieser Markt durch die Brennstoffzellen-Heizgeräte zurückgedrängt?
Das wird der Kunde entscheiden. Im Rahmen des Callux-Projekts äußerten sich die Nutzer sehr wohlwollend über den Stand und die Perspektive der Brennstoffzellen-Heizgeräte, auch was die Energieeffizienz und die Emissionen anbelangt. Die Startposition des Brennstoffzellen-Heizgerätes sehe ich deshalb unter Marketinggesichtspunkten bedeutend günstiger als die von Mikro-KWK-Geräten mit Verbrennungs- oder Stirlingmotor.
Das Gespräch führte Wolfgang Schmid. Er ist freier Fachjournalist für technische Gebäudeausrüstung in München.
Andreas Ballhausen
http://www.ceramicfuelcells.de
ist Sprecher der Initiative Brennstoffzelle (IBZ) und seit Oktober 2012 für den europäischen Vertrieb und den Service bei Ceramic Fuel Cells B. V. in Heerlen (Niederlande) verantwortlich. Ballhausen kommt von EWE Energie, wo er seit 1996 tätig war und verschiedene Führungspositionen innehatte. Zuletzt leitete er den Vertrieb von Energiedienstleistungen. Ein Schwerpunkt von Ballhausens Arbeit bildeten Contracting-Lösungen für Privathaushalte, Industrie und Kommunen sowie das Brennstoffzellen-Projekt von EWE. Ballhausen ist Mitglied in verschiedenen Gremien im Energiesektor.
Ceramic Fuel Cells produziert kleinformatige Mikro-KWK-Anlagen, die für Haushalte und andere Gebäude kombiniert Elektrizität und Wärme erzeugen. Der elektrische Wirkungsgrad beträgt bis zu 60 Prozent. Hauptprodukt von Ceramic Fuel Cells ist die Mikro-KWK-Anlage Blue Gen.