Forscher und Entwickler aus Alzenau, Gießen und Mainz wollen organische Verbindungen entwickeln, die in Redoxflow-Speichern als Elektrolyt eingesetzt werden und das teure Vanadium ersetzen. Der Rohstoff ist bisher ein Abfallprodukt in der Papierherstellung.
Ein Projektkonsortium aus verschiedenen Unternehmen und Universitäten wollen einen Redoxflow-Speicher mit organischen Elektrolyten entwickeln. Das teilt die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) mit, über die das Projekt vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft gefördert wird. Als Elektrolyte soll dabei Lignin zum Einsatz kommen.
Der Rohstoff für die Speicher entsteht als Nebenprodukt in der Zellstoff- und Papierherstellung in Form von Ligninsulfonaten. Lignin ist ein festes Biopolymer, das in der pflanzlichen Zellwand eingelagert wird und dadurch die Verholzung der Zelle bewirkt. Der Stoff ist reichlich vorhanden. Denn immerhin enthalten die Bäume, die zu Zellstoffen verarbeitet werden, etwa 20 bis 30 Prozent Ligninen und gehören damit neben der Zellulose und dem Chitin zu den häufigsten organischen Verbindungen die auf der Erde vorkommen. Die Lignine werden bei der Herstellung herausgelöst und fallen sozusagen als Abfall an.
Neues Oxydationsmittel entwickeln
Aus diesem Ligninsulfonaten wollen die Forscher zwei Elektrolytpaare für Redoxflow-Speicher entwickeln. Dazu filtern sie zunächst das Ligninsulfonat und spalten es elektrochemisch und chemisch mit Katalysatoren zu aromatischen Verbindungen auf. Diese sind die Vorläufer, die anschließend zu Chinonen umgesetzt werden, dem Zielmolekül, das die Forscher anvisieren. Das sind aromatische organische Verbindungen, die sich sehr gut als Oxydationsmittel eignen. Das Redoxpotenzial kann durch Substituenten wie Halogen-, Cyan-, Alkyl- oder Hydroxygruppen weiter verändert werden. Die nicht zum Elektrolyt umgewandelten Bestandteile der Ablauge mit dem Ligninsulfonat wird wieder in den Stoffkreislauf der Zellstoff- und Papierfabrik zurückgeführt. Das betrifft auch die anorganischen Chemikalien, die die Forscher zurückgewinnen wollen, so dass sie im Produktionsprozess der Papier- und Zellstoffherstellung wieder verwendet werden können.
Forscher wollen Komponenten optimieren
Mit den organischen Elektrolyten wollen die Forscher die bisher meist verwendeten, teuren und vor allem chemisch recht instabilen Vanadiumverbindungen ersetzen. Zudem können sie so das ohnehin anfallende Lignin wirtschaftlich weiter verwerten. Bisher wird es hauptsächlich verbrannt. Neben dem eigentlichen Elektrolyt beschäftigen sich die Forscher aber auch mit der Optimierung der Komponenten und des Zellaufbaus der Redoxflow-Batterie. Dies wird Aufgabe von CMBlu mit Sitz im bayerischen Alzenau sein. Die Forscher der Technischen Hochschule Mittelhessen in Gießen werden sich mit der Entwicklung der Trennverfahren beschäftigen. Der Ludwigsburger Spezialist für Filtration wird die entsprechenden Membrane entwickeln. Den elektrochemischen Teil haben die Forscher der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz übernommen. Mit der chemischen Synthese, der Modifikation der Chinone und der Entwicklung der eigentlichen Elektrolyte beschäftigen sich die Wissenschaftler der Justus-Liebig-Universität in Gießen.
Pilotlinie entwickeln
Wenn das eigentliche Konzept funktioniert, werden die Wissenschaftler in einem folgenden Projekt eine Pilotanlage zur Serienproduktion von Chinonen entwickeln. Das Ziel ist dabei, zunächst ein Kilogramm der Verbindung herzustellen. Aufgrund der Nutzung von preiswerten Elektrolyten erwarten die Projektbeteiligten eine erhebliche Senkung der Kosten für den Speicher. Sie gehen davon aus, dass mittelfristig mit dem Konzept die Kilowattstunde Strom für einen Preis von acht Cent gespeichert werden kann – ein Preis, bei dem die Internationale Energieagentur den wirtschaftlichen Durchbruch der Batteriespeicher sieht. (su)