Aktuell gibt es hierzulande rund 600 Projekte mit Batteriespeichern in Gewerbe, Handel und Industrie sowie Mehrfamilienhäusern. Das teilt der Bundesverband Energiespeicher (BVES) auf Anfrage von photovoltaik mit. „Gewerbespeicher in Deutschland haben grundsätzlich ein großes Potenzial, vor allem wenn mehrere Betriebsmodelle zum Tragen kommen“, erklärt BVES-Geschäftsführer und Jurist Urban Windelen und ergänzt: „Eine wirtschaftliche Umsetzung gemischter Betriebsmodelle wird durch den Paragrafen 61k im EEG 2017 endlich ermöglicht.“ Das erhöhe die Attraktivität von Energiespeichern in der Industrie enorm.
Immer professionellere Anfragen
Das bestätigt auch das Feedback von Unternehmen, die im Markt für Gewerbespeicher unterwegs sind. „Im Vergleich zum vergangenen Jahr haben sich die Anfragen in diesem Jahr vervielfacht“, sagt Franz-Josef Feilmeier, Geschäftsführer von Fenecon. Zudem hätten sich die Anfragen deutlich professionalisiert.
Seltener stehe die solarstromorientierte Denkweise im Mittelpunkt, um den Eigenverbrauch zu erhöhen. Und falls doch, seien kombinierte Anwendungen wie Spitzenlastkappung, Regelleistung oder Notstromfähigkeit mit enthalten. „Wir sehen hierzulande einen kurzfristig stark wachsenden Markt“, erklärt Feilmeier. Derzeit seien Länder wie die Schweiz, Österreich und Holland noch voraus, aber Deutschland werde aufholen können.
Ein attraktiver Eigenverbrauch wird bei einem Gewerbespeicher nicht so schnell erreicht wie bei privaten Nutzern. Der Grund sind die niedrigeren Stromkosten, die je nach Branche für kleine und mittlere Firmen zwischen 17 und 26 Cent pro Kilowattstunde liegen. „Hinzu kommt ein rasant steigender Leistungspreis sowie die Kosten für Blindleistungskompensation“, berichtet Tesvolt-Chef Daniel Hannemann. Der Leistungspreis könne mithilfe eines Lithiumspeichers gekappt werden, denn die Preise für ein Kilowatt Leistung liegen bei einem Verbrauch ab einer Gigawattstunde zwischen 60 und 180 Euro pro Kilowatt und Jahr. Benötige ein Betrieb beispielsweise bis zu 200 Kilowatt Leistung im Jahr, könnten die Spitzen mit einem Hochvoltspeicher um 50 Kilowatt sinken, rechnet Hannemann vor.
„Je nach Tarif kann der Betrieb dann mindestens 3.000, aber sogar bis zu 9.000 Euro jährlich einsparen.“ Das sei mit einer Amortisationszeit von fünf bis acht Jahren ein lohnendes Geschäft. Die zeitliche Verschiebung der Last erhöht dann wiederum den Eigenverbrauch.
Auch Busso von Bismarck schätzt die benötigten Amortisationszeiten ähnlich ein. Die ersten Business Cases sind heute, dem Qinous-Geschäftsführer zufolge, über die Lastenverschiebung darstellbar. „Die Kosten für die durchgespeicherte Kilowattstunde liegen bei 12 bis 16 Cent“, meint Bismarck.
Die Stromkosten hängen natürlich auch von der Größe des Speichersystems ab. Tesvolt-Chef Hannemann sieht bei einem Preis von zehn Cent pro Kilowattstunde die Bedingungen für einen Eintritt in den Massenmarkt gegeben. Auf der Intersolar soll eine neue Lösung vorgestellt werden, die diesen Wert erreicht, verspricht er. Erst auf der Energy Storage in Düsseldorf stellte das Unternehmen aus Wittenberg die TS-Serie vor, die eine mit Samsung SDI entwickelte Hochvoltbatterie enthält.
Fast zeitgleich präsentierte Solarwatt den vollständig skalierbaren Speicher My Reserve Matrix. Damit steigen auch die Dresdener in den Markt für Gewerbespeicher ein.
Zyklen bestimmen den Speicherpreis
„Die Preise pro gespeicherter Kilowattstunde hängen vor allem davon ab, wie oft man den Speicher be- und entladen kann. Also welche Energie durch den Speicher über seine Lebenszeit hinweg transportiert wird“, erklärt Gunnar Wrede. Er ist auf Neudeutsch Head of Regulatory Affairs und somit für die Geschäftsentwicklung beim Unternehmen Ads-Tec zuständig. Das Ergebnis entspreche dem monetären Nutzen, weiß Wrede und veranschaulicht: Koste ein Speicher 1.000 Euro pro Kilowattstunde in der Anschaffung und werde er 5.000 Mal be- und entladen, würde die Kilowattstunde 20 Cent kosten.
Bei 10.000 Zyklen reduzieren sich die Kosten entsprechend auf zehn Cent. Was den Markt für Großspeicher noch behindert, ist die Definition von Energiespeichern als „Letztverbraucher und Erzeuger“, erklärt Wrede. Diese sei inhaltlich schlicht falsch. Für die Wirtschaftlichkeit der Speicher sei der Markt für Primärregelleistung auch deswegen relevant, weil hier die höchsten Anforderungen zur Teilnahme vorliegen.
„Eine Präqualifikation für andere Regelleistungsprodukte ist im Pool immer möglich, die Marktpreise sind aber entsprechend den geringen Anforderungen auch niedriger“, sagt Ads-Tec-Manager Wrede. In der Reaktionsgeschwindigkeit liege die große Stärke von Batteriespeichern: Je höher die Anforderung an Schnelligkeit und Präzision, desto besser könnten sich Batterielösungen gegenüber konventionellen Kraftwerken behaupten.
Doppelbelastungen mit Abgaben
Zusammen mit dem Branchenverband BVES fordern die Firmen faire Rahmenbedingungen für die Speicher und eine Abschaffung der Doppelbelastungen mit Abgaben. Förderungen wie in den Bundesländern Nordrhein-Westfalen und Thüringen würden die Refinanzierung zwar beschleunigen, aber wichtiger wäre es, die Benachteiligung für Speicher am Markt zu beseitigen.
„Regelenergie wird bedeutend bleiben“, meint auch Roland Gersch, technischer Leiter und Mitgesellschafter bei Caterva. Zwar steige die Zahl der Anbieter, aber umgekehrt auch der Bedarf, denn der Anteil volatiler Stromerzeuger insbesondere durch mehr Windkraft- und Photovoltaikanlagen steigt. Außerdem werden über kurz oder lang viele fossile Kraftwerke, die heute zur Netzstabilisierung beitragen, von den Betreibern aus Wirtschaftlichkeitsgründen abgeschaltet werden, erklärt Gersch und fordert: „Dafür muss Ersatz geschaffen werden.“
Positive und negative Regelenergie
Speicher seien hier insbesondere bei Primär- und Sekundärregelleistung eine attraktive Sache, denn sie können durch Laden und Entladen das Netz stabilisieren. „Und bei Primärregelleistung werden positive und negative Regelleistung mit einem Angebot vermarktet, sodass die Speicher einen klaren Vorteil gegenüber reinen Erzeugungsanlagen oder elektrischen Verbrauchern ausspielen können“, sagt der Caterva-Mitgesellschafter.
Sein Unternehmen kooperiert seit März 2017 mit Fenecon. Die Firma aus Deggendorf von Franz-Josef Feilmeier bietet für den Heimspeicher Pro 9-12 das Vergütungsmodell 20 Jahre Freistrom von Caterva an. Für Gewerbe und Industrie bietet Fenecon Lösungen ab 100 Kilowatt bis mehreren Megawatt Leistung an. Verbaut werden die Akkus von BYD aus China.
Laut Feilmeier sollte ein Batteriespeicher in den nächsten zwei Jahrzehnten nicht in der solaren Eigenversorgung gefangen sein. Eine Kombination von mehreren Anwendungen sei entscheidend.
Zwei von drei Anfragen würden auch eine Notstromversorgung beinhalten, sagt Feilmeier. „Auch wenn alle wissen, dass Stromausfälle selten sind, so hat die Industrie doch hohe Kosten für Arbeits- und Maschinenausfälle.“
Standardisierung der Systeme
Auch er sieht weiter eine Relevanz für Regelenergie, weiß aber, dass die Preise in den nächsten Jahren deutlich nach unten gehen werden. Bei kleineren und modular aufgebauten Speichern hinter dem Zähler können künftig zusätzlich immer mehr Erträge durch Netzdienstleistungen generiert werden.
Der Trend geht demnach hin zu einer Standardisierung der Produkte sowie offenen Software-Architekturen und Hochvoltsystemen. Denn die neue Ladeinfrastruktur für Elektroautos verlangt nach mehr Leistung.
In Clusterlösungen werden dann mehrere Stromspeicher nebeneinander agieren. Feilmeier: „Denn die Hardware-Redundanz ist bei Anwendungen wie Spitzenlastverschiebung und Notstrom sehr wichtig.“
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