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Gewerbespeicher

„Wir überwachen jede einzelne Batteriezelle“

Wie relevant schätzen Sie eventuelle Sicherheitsrisiken von Lithiumbatterien ein?

Simon Schandert: Sicherheitsprobleme mit Lithiumbatterien muss man relativieren. Neue Produkte wie E-Autos oder Stromspeicher werden zunächst kritisch gesehen, das ist ganz natürlich. Wenn man sich jedoch die Statistiken anschaut, dann sind Batterien im E-Auto nicht gefährlicher als Verbrenner. Die Ausfallquoten sind sogar geringer.

Manche Hersteller behaupten, dass Batterien mit Lithium-Eisenphosphat-Zellen (LFP) sicherer seien als andere. Bildet sich das in den Statistiken ab?

Das ist ein Märchen. LFP-Zellen sind nicht per se sicherer als NMC. Entscheidend sind die Sicherheitsarchitektur der Geräte im übergeordneten Batteriemanagementsystem und das Monitoring auf Zellebene. Wenn man Lithiumzellen parallel schaltet, werden sie faktisch im Blindflug betrieben.

Wie sichern Sie die Zellen ab?

Wir schalten unsere Zellen prinzipiell in Reihe. Jede einzelne Zelle wird einzeln gemessen und überwacht. Entscheidend ist ebenso die Qualität der Zellen in der Fertigung. Wir verwenden ausschließlich Industriezellen von Samsung, die höchste Qualität, die der Markt derzeit anbietet. Zu behaupten, LFP sei sicherer, ist ein Trugschluss. Rund 80 Prozent der bislang auffälligen Speicherbrände betrafen Geräte mit LFP-Zellen.

Brennende Heimspeicher fallen besonders auf, werden sofort zur Schlagzeile stilisiert. Woran liegt das?

Bei Schäden ist oftmals nicht klar, was sie verursacht hat. Nehmen wir dieses Beispiel: Unlängst explodierte der 30-Kilowattstunden-Speicher in einem Haus. Waren Lithiumzellen die Ursache? Oder griff ein Brand über und ließ sie explodieren? Manchmal stehen die Speicher zwischen dem Trockner und der Waschmaschine. Oder der Batteriespeicher wird unmittelbar an einer Gasleitung installiert. Der Aufstellort ist also sehr wichtig, weil ein Feuer jederzeit übergreifen kann.

Was war beim erwähnten Speicherbrand die Ursache?

Meines Wissens ist die genaue Ursache bis heute nicht bekannt. In diesem Fall handelte es sich aber um ein Speichersystem der Marke Eigenbau, gekauft über die Plattform Alibaba. Das haben wir schon öfter gehört: Selbsternannte clevere Tüftler bauen irgendwelche Komponenten zusammen, im schlimmsten Fall ausgediente Starterbatterien. Die damit einhergehenden Risiken werden häufig unterschätzt, leider.

Ist der Aufstellort so wichtig, dass man ihn als kritischen Parameter bezeichnen kann?

Bezüglich des Brandrisikos ist der Ort, wo der Batteriespeicher installiert wird, das A und O. Die Temperaturen und die Brandlasten des Aufstellortes sind entscheidend, damit Brände nicht von außen auf die Batterie übergreifen können. Oder Brände der Batterie nicht um sich greifen und Folgeschäden nach sich ziehen.

Bei Heimspeichern gehen die Installateure oft sehr lax mit der Aufstellung um. Einige Hersteller werben sogar mit Fotos, bei denen die Batteriepacks im Wohnzimmer stehen. Wie geht Tesvolt mit diesem Thema um?

Wir empfehlen, unsere Gewerbespeicher in brandgeschützten Räumen zu installieren, die in gewerblichen Gebäuden meist vorhanden sind. Zudem sollte in dem Raum eine Brandmeldeeinheit installiert werden, um im Notfall auch ein Signal zu geben. Das steht ganz klar in unseren Installationsanleitungen. Das vermitteln wir den installierenden Partnern in unseren Schulungen bei uns an der Tesvolt-Akademie.

Welche Rolle spielt die fehlerhafte Installation für die Risiken, beispielsweise für einen Brand oder aber für einen Systemausfall?

Wir haben die hauptsächlichen Installationsfehler analysiert, das tun wir laufend. Häufig werden die DC-Verbindungen fehlerhaft ausgeführt. Man glaubt es kaum, aber Plus und Minus werden vertauscht. Oder die Anzugsmomente der Kontakte werden nicht eingehalten. Sie können sich mit der Zeit lockern, das begünstigt die Überhitzung der Kontaktflächen.

Also müsste man die Technik so konstruieren, dass Fehler ausgeschlossen sind …

Genau das tun wir. Mit der Firma Harting haben wir eigene DC-Stecker für die Batteriemodule entwickelt, die verpolschutzsicher sind. Niemand kann mehr Plus und Minus vertauschen. Zudem verfügen die Kontakte über einen Mechanismus zur Verriegelung. Bei uns wird nichts mehr geklemmt oder geschraubt. Anders als bei den Heimspeichern installieren unsere Fachpartner nicht jeden Tag einen Gewerbespeicher. Deshalb muss die Montage vor Ort so einfach und sicher wie möglich sein. Möglichst intuitiv und verpolsicher.

Wie nehmen Ihre Installationspartner diese Strategie an?

Grundsätzlich sehr gut. Denn unsere Fachpartner haben nur wenig Zeit. Sie wollen das Speichersystem vor Ort zügig und fehlerlos aufbauen und in Betrieb nehmen. Der Personalmangel drückt, Zeit ist Geld.

Welche Fehler sind Ihnen bei Ihrer Analyse außerdem aufgefallen?

Nicht selten werden die Kabel für das Netzwerk oder die Erdung vergessen. Deshalb haben wir eine App entwickelt, die den Aufbau und die Inbetriebnahme Schritt für Schritt anleitet und als digitalen Zwilling bei uns ablegt. Über eingebaute Bestätigungen stellen wir sicher, dass nichts Wesentliches ­vergessen wurde. Die einzelnen Schritte werden über QR-Codes oder Fotos bestätigt. Dann können wir sicher sein, dass der Gewerbespeicher korrekt implementiert wurde.

Wie viele Installateure kommen pro Jahr in Ihre Schulungen?

Zwischen 450 und 500 Leute. Die Schulungen führen wir zum Teil virtuell durch. Aber ohne Schulung darf niemand unsere Geräte installieren. Zudem bieten wir Unterstützung bei der Planung und bei den ersten Installationen. Wenn die Fachpartner drei Speicher von uns aufgebaut haben, wissen sie in der Regel, wie der Hase läuft. In unseren Schulungen geht es aber nicht nur um unsere Produkte, sondern auch um den allgemeinen Umgang mit Lithiumbatterien.

Wie wird die Unterstützung der Inbetriebnahme angenommen?

Sehr gut. Denn manche Anwendungen der Gewerbespeicher können sehr komplex sein. Es geht ja nicht nur darum, möglichst viel Sonnenstrom zu speichern, um den Eigenverbrauch im Unternehmen zu erhöhen. Die Speicher erlauben es auch, Lastspitzen zu kappen, um den Netzanschluss zu schonen. Oder sie steuern mehrere Ladesäulen eines Firmenfuhrparks an. Wichtig sind auch Not­strom­anwendungen und hohe Stromqualität.

Welche Rolle spielt der Service in Ihrem Geschäft?

Unsere Hotline bietet qualifizierte Kontakte auf verschiedenen Ebenen. Wir clustern die eingehenden Fehlermeldungen und lernen daraus, wie man sie künftig vermeidet. Ein wichtiges Thema ist die Kompatibilität mit Wechselrichtern. Der Service ist gestaffelt. Sehr knifflige Fragen und Probleme werden durch geschulte Fachinstallateure und unsere Ingenieure betreut.

Wo sitzt die Hotline?

Bei uns im Werk in Wittenberg. Wir bilden auch Servicepartner aus, die ein ­höheres Level erreichen als die normalen Installateure. Sie sind bundesweit verteilt, um zum Beispiel bei Maßnahmen vor Ort schnell präsent zu sein.

Langsam nimmt das Marktsegment der Gewerbespeicher Fahrt auf. Tesvolt war und ist Pionier, aber die Konkurrenz wird schärfer. Wie bewerten Sie die Situation?

Zurzeit drängen mehr asiatische Hersteller nach Europa. Die Produktqualität im Massenmarkt sinkt, weil in Asien andere Normen gelten als bei uns. Hohe Anforderungen an die funktionale Sicherheit erfüllen sie nicht. Die Zertifikate, die auf den Datenblättern ausgewiesen werden, sind nicht immer korrekt. Natürlich hat die geringere Qualität zur Folge, dass das Risiko von Fehlern und Schäden steigt.

Wie grenzen Sie sich dagegen ab?

Wir arbeiten mit dem TÜV Rheinland zusammen, und wir sind in der europäischen und deutschen Normung engagiert. Tesvolt war einer der ersten Anbieter von Lithiumspeichern, die vom TÜV zertifiziert wurden.

Sie erwähnten den digitalen Zwilling, der bei Ihnen angelegt wird. Wie wichtig ist die Sicherheit der Daten?

Dieses Thema ist essenziell und viel sensibler als bei Heimspeichern. In den Betriebsdaten von Gewerbespeichern stecken wichtige Informationen über die Unternehmen, die den Speicher betreiben. Wer Batteriespeicher aus Asien kauft, erlaubt mitunter, dass solche sensiblen Daten auf Servern in China landen. Wir reduzieren die Datenströme auf ein Minimum und hosten sie auf Servern bei uns in Deutschland. Das ist für uns genauso wichtig wie die technische Sicherheit.

Das Gespräch führte Heiko Schwarzburger.

Abschließende Qualitätskontrolle und Verpackung der Batteriemodule.

Foto: Niels H. Petersen

Abschließende Qualitätskontrolle und Verpackung der Batteriemodule.

Im Interview

Simon Schandert

ist CTO von Tesvolt in Wittenberg. Seine berufliche Karriere begann im ­Handwerksunternehmen seiner Eltern, in dem er sich mit dem Elektrohandwerk vertraut machte. Nach dem ­Abitur machte er eine Lehre zum Elektroniker für Gebäude- und Energietechnik. Es folgte ein Studium im Wirtschaftsingenieurwesen mit dem Schwerpunkt Energiespeichertechnologien. Ab 2014 baute er gemeinsam mit Daniel Hannemann die Firma Tesvolt auf, um Gewerbespeicher für die solare Energiewende zu entwickeln, zu fertigen und zu vertreiben. Nach Anfängen mit Bleibatterien konzentrierte sich Tesvolt seit 2015 auf Lithium-Ionen-Systeme. Die prismatischen Zellen stammen seit 2017 von Samsung SDI aus Korea. Die Komplettierung der Batteriemodule und ­Speicherschränke erfolgt in der Gigafab von Tesvolt in Wittenberg. Heute hat Tesvolt rund 270 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in zwei Werken in der Lutherstadt.

TÜV Rheinland

Stromspeicher von Tesvolt für höchste Sicherheit zertifiziert

Der TÜV Rheinland hat Batteriespeicher von Tesvolt als sicher eingestuft. Damit haben die Speicher strenge Prüfungen bestanden. Tesvolt ist einer der wenigen Hersteller, der die Sicherheit seiner Produkte mit der Zertifizierung durch den TÜV belegen kann.

Das Zertifikat bestätigt die elektrische sowie funktionale Sicherheit der Speicher. „Tesvolt nimmt die Sicherheit sehr ernst und unterscheidet sich da von seinen Wettbewerbern“, bestätigt Roman Brück, Abteilungsleiter für Komponenten, Power Electronics und Zertifizierung beim TÜV Rheinland in Köln. „Die Wittenberger lassen nicht nur den fertigen Speicher prüfen, sondern beziehen uns schon bei der Produktentwicklung ein, um eine möglichst hohe Sicherheit ihrer Stromspeicher zu erreichen. Leider ist die Prüfung der Produktsicherheit in der Speicherbranche noch keine Selbstverständlichkeit.“

Tesvolt verfolgt ein mehrstufiges Sicherheitskonzept. In der Fertigung in Wittenberg findet die teilautomatisierte Vollzyklisierung statt: Jedes Batteriemodul wird vollständig be- und entladen und auf Unregelmäßigkeiten bezüglich Temperatur, Spannung und Innenwiderstände geprüft. Für größtmögliche Sicherheit sorgt im Anschluss die vollautomatisierte End-of-Line-Prüfung. Hier wird jede Batteriezelle geprüft.

Außerdem sind alle Stromspeicher von Tesvolt durch mehrere Sicherheitsmerkmale geschützt. Die Batteriezellen unterliegen sechs Sicherheitsmechanismen. Zum Beispiel unterbricht eine Schmelzsicherung den Stromfluss bei Kurzschluss und Überstrom. Bei Überdruck öffnet sich ein Sicherheitsventil an der Zelle für den Druckausgleich. Ein robustes Aluminiumgehäuse schützt jede Zelle vor Beschädigung. „Das Herzstück in unserem Sicherheitskonzept ist unser zertifiziertes und prämiertes Batteriemanagementsystem (BMS), das alle Batteriezellen permanent überwacht“, erläutert Tesvolt-CTO Simon Schandert. „Wird der sichere Betriebsbereich verlassen, aktiviert das BMS den sogenannten Safe State, wodurch die Stromversorgung unterbrochen wird.“

Die Batteriespeicher von Tesvolts A- und E-Serie sind nach den Normen IEC 62619, 62620, 61000, 61010, 61508 sowie UN 38.3 geprüft. Tesvolt ist außerdem nach ISO 9001:2015 für Qualitätsmanagement zertifiziert.

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