Auf dem Gelände der RWTH Aachen ist ein Großspeicher in Betrieb gegangen, in dem unterschiedliche Batterietechnologien integriert sind. Dadurch kann er verschiedene Systemdienstleistungen erbringen und jede Technologie kann ihre Stärke ausspielen.
Gut ein Jahr haben die Installateure und Bauarbeiter gewerkelt und montiert. Jetzt ist der modulare Großspeicher M5BAT auf dem Campus der RWTH Aachen ans Netz gegangen. Modular bedeutet in diesem Falle , dass zwei verschiedene Batterietechnologien verbaut wurden, die jeweils ihre Stärken ausspielen und so den Speicher universeller einsetzbar machen. „In sechs Strängen mit unterschiedlichen Lithium-Ionen-Batterietechnologien und vier unterschiedlichen Bleibatteriesträngen werden mehr als 25.000 Batteriezellen vom ersten Tag an intensiv und individuell überwacht“, erklärt Dirk Uwe Sauer, Professor am Institut for Power Generation and Storage Systems (PGS) der RWTH Aachen. Er ist seitens der Hochschule für das Projekt und den Betrieb der M5BAT verantwortlich.
Der Betrieb der unterschiedlichen Batterietechnologien und die individuelle Überwachung jeder einzelnen Zelle wollen die Aachener wertvolle Informationen zur Alterung, zur Zuverlässigkeit und zur Lebensdauer gewinnen. „Gleichzeitig wollen wir mit einem intelligenten Batteriemanagement demonstrieren, wie der Gesamtbetrieb durch ein Hybridsystem mit verschiedenen Technologien optimiert betrieben werden kann“, sagt Sauer. Da ist der Standort direkt neben einem Umspannwerk und in unmittelbarer Nähe zu den Laboren der Aachener Wissenschaftler ideal.
An verschiedenen Märkten platzieren
Die Überwachung des Speichers, dessen Regelung und Fernsteuerung sowie die Vermarktung der Energie hat der Energieversorger Uniper übernommen. Das ist die von Eon abgespaltene Tochter, über die der Energiekonzern den Betrieb der konventionellen Kraftwerke ausgelagert hat. Uniper hat aber auch das Energiehandelsgeschäft von Eon mit übertragen bekommen, so dass das Unternehmen der Ansprechpartner für die Aachener ist, wenn es darum geht, den Speicher auch zu vermarkten. Das soll zu Forschungszwecken auf verschiedenen Märkte geschehen. So wird er am Markt für Primärregelleistung genauso platziert wie an den Märkten für weitere Systemdienstleistungen. „Mit M5BAT testen wir die Nutzungsmöglichkeiten einer Kombination unterschiedlicher Batterietechnologien im realen Netz und am Markt“, erklärt Eckhardt Rümmler, Vorstand von Uniper und dort verantwortlich für neue Technologien. „Der Speicher ist bereits heute in Unipers operatives Handelsgeschäft eingebunden und wird kurzfristig wichtige Erkenntnisse zur Entwicklung von Geschäftsmodellen auf Basis dezentraler Speicher liefern. Für das Gelingen der Energiewende sind Energiespeicher ein wichtiger Baustein. Sie tragen zu einer höheren Flexibilität der Energiesysteme und zur Systemstabilität bei.“
Dazu wird im M5BAT überschüssigen Strom aus dem Netz aufnehmen und in dann wieder einspeisen, wenn er gebraucht wird. Um die schnelle Umwandlung des Netzstroms in Gleichstrom und wieder zurück zu realisieren, hat der Kasseler Wechselrichterhersteller SMA spezielle, neu entwickelte Inverter geliefert, die in den Großspeicher integriert wurden.
Direkter Technologievergleich
Für den M5BAT ist aber vor allem der Einsatz der verschiedenen Technologien von entscheidender Bedeutung. Dass hier auch Bleitechnologien zum Einsatz kommen, ist für die Aachener kein Rückschritt, sondern eine Ergänzung zu den Lithium-Ionen-Akkus. „Lithium-Ressourcen sind endlich und in stationären Anwendungen, in denen es auf Volumen und Gewicht weniger ankommt als in mobilen Anwendungen, stellen Bleibatterien eine interessante technologische Alternative dar“, beschreibt Rainer Bußbar von Exide Technologies die Potenziale der lang erprobten und recycelbaren Bleitechnologien. Bußbar ist bei Exide als Direktor für die Segmente Industriebatterien und die europäischen Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten verantwortlich. Der amerikanische Bleibatteriespezialist hat die Bleibatterien für den Aachener Hybridspeicher geliefert. „In M5BAT werden zwei der fünf Batteriestränge mit Bleibatterien im direkten Technologievergleich in der Praxis erprobt“, betont Bußbar. (su)