Wie schätzen Sie das vergangene Geschäftsjahr ein?
Philipp Schröder: 2017 haben wir 11.000 Speichereinheiten verkauft. Im November waren wir sogar ausverkauft. Generell kann man sagen, dass der Absatz noch nicht in jedem Monat stabil ist, das geht auf und ab. In diesem Jahr erhoffen wir uns eine Stabilisierung auf hohem Niveau.
Ist die Fabrik in Wildpoldsried ausgelastet?
Nein, noch nicht. Wir haben eine Endmontage, in der wir die Batteriemodule und die Leistungselektronik montieren. Wenn wir in zwei oder drei Schichten arbeiten, können wir deutlich mehr Systeme bauen. Eher gibt es ein Platzproblem für die Ware, die zum Verkauf bereitgestellt werden muss. Diese Flächen sind begrenzt.
In welchen Märkten haben Sie Speicher verkauft?
Für uns waren und sind vor allem drei Märkte interessant: der deutschsprachige Raum in Europa, hier in erster Linie Deutschland. Außerdem haben wir in Italien und Australien unseren Vertrieb entwickelt. In Italien geht es um einphasige Systeme, in Australien hauptsächlich um dreiphasige Speicher.
Wie viele Systeme konnten Sie in Australien absetzen?
Etwa 1.400, davon die meisten in der zweiten Jahreshälfte. In Südaustralien sind die Strompreise mit 38 oder 39 Cent je Kilowattstunde sehr hoch, selbst im australischen Vergleich. Die Stromtarife sind wie Handytarife gebaut, Spitzenlaststrom ist sehr teuer. Und es häufen sich die Netzausfälle. Zusammen mit der sehr hohen Sonneneinstrahlung von mehr als 300 Sonnentagen im Jahr gibt es gleich mehrere Gründe, warum der Solarmarkt und der Speichermarkt einen derartigen Boom erfahren.
Also hängen Stromspeicher und Photovoltaik nach wie vor zusammen?
Ja, beide Märkte sind eng verzahnt. In Australien wurden 2017 rund 200.000 neue Solaranlagen installiert, viermal mehr als in Deutschland – obwohl Australien nur 24 Millionen Einwohner hat. Der Markt stößt bereits an die Grenzen der Installationskapazitäten.
Wie groß ist der Solarmarkt in Down Under?
Insgesamt gibt es dort fast zwei Millionen Photovoltaikanlagen. Da steckt ein enormes Retrofit-Potenzial. Aber derzeit haben unsere australischen Partner alle Hände voll damit zu tun, die Solaraufträge zu installieren. Erst danach kommt das Speichergeschäft. Wenn sich der Solarmarkt etwas abkühlt, könnten mehr Speicher verkauft werden, vor allem zur Nachrüstung von Anlagen.
Bei solchen Größenordnungen könnte sich eine Fabrik in Australien lohnen, oder nicht?
Wir haben mit der Regierung des Bundesstaats Südaustralien eine weitreichende Allianz vereinbart, in der vor Ort auch eine Fabrik entstehen soll. Die Wechselrichter mit der Leistungselektronik und die Schränke kommen aus Europa. Die Zellen kommen aus Japan nach Australien. Nun müssen wir geeignete Räumlichkeiten und vor allem die richtigen Leute finden, so eine Fertigung aufzuziehen. Das sind hohe Anfangskosten, die man genau durchrechnen muss.
Andere Speicheranbieter, vielleicht von Tesla abgesehen, tun sich in Australien schwer. Was ist Ihr Erfolgsgeheimnis?
Man braucht ein gutes Team. Oft werden die kulturellen Unterschiede unterschätzt, auch die Zeitverschiebung bringt Probleme mit sich. Wir haben solche Teams in den USA, in Italien und Australien aufgebaut und konsequent unsere Partnerstrategie umgesetzt. Das zahlt sich nun aus. Obwohl wir es uns 2015 leichter vorgestellt hatten, das gebe ich gern zu. Aber wir haben den Markteintritt geschafft, wir hatten den Atem, das durchzuhalten.
Wie viel Umsatz hat Sonnen im Jahr 2017 erzielt?
Es waren 65 Millionen Euro, 21 Millionen Euro mehr als 2016. Damit ist uns ein ordentlicher Sprung gelungen. Um Ihre nächste Frage vorwegzunehmen: In diesem Jahr peilen wir 100 Millionen Euro an. 2018 erwarten wir auch im deutschen Markt einen deutlichen Zuwachs, eine Stabilisierung und wachsenden Erfolg.
Wie viele Fachpartner haben Sie weltweit?
In Deutschland sind es rund 450 Installationsbetriebe, in Italien etwa 100, in Australien rund 200 und in den Vereinigten Staaten etwa 200 bis 300. Global gesehen sind es rund 1.000 Vertragspartner, von uns zertifiziert und gebunden. Man muss jedoch wissen, dass etwa ein Fünftel dieser Betriebe rund 80 Prozent unseres Umsatzes generieren.
Wäre es nicht an der Zeit, neues Kapital für weiteres Wachstum einzusammeln, zum Beispiel über einen Börsengang?
Wir wollen ein Unternehmen aufbauen, das 100 Jahre existiert. Zunächst geht es uns darum, unsere Erfolgsstrategie weiter auszurollen. Wenn wir 100 Millionen Euro Umsatz erreichen wollen, sind das 35 Millionen Euro mehr als 2017. Das muss man erst einmal schaffen. Möglicherweise gehen wir den Weg einer IPO an der Börse, möglicherweise gehen wir andere Wege, um neues Kapital von Investoren zu beschaffen. Das ist offen.
Beim Vertrieb arbeiten Sie eng mit Ihren Fachpartnern aus dem Handwerk zusammen. Wie profitieren Ihre Partner von der Kooperation?
Mit unseren Partnern haben wir beispielsweise das Portal Solarplanung entwickelt, über das wir Leads von Speicherkunden einsammeln. Unsere wichtigsten Vertriebspartner übernehmen unsere Leads direkt in ihr System. Die Gewinnung der Leads und der Support sitzen in Berlin. Zudem haben wir rund 300 Handelsvertreter geschult und zertifiziert. Denn die Beratung der Kunden ist für den Verkaufserfolg entscheidend, das ist die halbe Miete.
Wie viele Systeme haben Sie bisher über diesen Weg verkauft?
Rund 2.200. Wenn man bedenkt, dass jeder Lead in Gesamtaufträge beim Handwerker in Höhe von rund 24.000 Euro mündet, dann sprechen wir über rund 52 Millionen Euro Gesamtumsatz für unsere Partner, inklusive Solarmodule, Wechselrichter, Speicher und so weiter. Normalerweise kosten solche Leads richtig Geld, beim Käuferportal etwa 300 Euro, bei anderen Anbietern bis zu 400 Euro. Unsere Partner im Sonnen Elite Programm werden an der Sonnen Academy zertifiziert, sie erhalten diese Leads kostenlos.
Wie schätzen Sie die Marktentwicklung in Deutschland in diesem Jahr ein?
Wir werden eine richtig positive Überraschung erleben, da bin ich mir sicher. Wir haben eine starke Pipeline an Leads aufgebaut. Zwischen Kontaktanfrage, Erstberatung und Installation braucht so ein Auftrag zwischen sechs und 18 Monaten. Die Konjunktur brummt, jetzt geht es richtig los.
Gibt es neue Märkte, die Sie im Auge haben?
Ja, wir haben zum Beispiel die ersten 100 Speichersysteme in Spanien verkauft. Auch in Schweden sehe ich Anlass zur Hoffnung, wenn auch auf niedrigem Niveau.
Werden Sie dort einen eigenen Vertrieb starten?
Das ist für uns ein opportunistischer Markt, den wir gern mitnehmen, wie etwa Frankreich auch. In diesem Jahr konzentrieren wir uns aber ganz klar auf die deutschsprachigen Regionen, auf Italien, die USA und Australien.
Wie wichtig ist die Sonnen Flat für Ihren Vertrieb?
Zwischen 80 und 90 Prozent unserer Stromspeicher werden in Deutschland mit einem Flat-Tarif verkauft. Das ist ein echter Innovationstarif, dafür müssen wir beim Kunden sogar einen eigenen Zähler installieren. Im Februar haben wir in Berlin den neuen Sonnen Charger vorgestellt. Die Ladestation hat einen Wert von rund 1.400 Euro. Wir geben sie an unsere Kunden kostenfrei ab, wenn sie eine Sonnenbatterie und die 8.000er-Flat kaufen.
Kommt jetzt die Elektromobilität ins Spiel?
Zweifellos, und das muss man intelligent machen. Unser Sonnen Charger kann eigenstromoptimiert oder netzoptimiert laden, wie es der Kunde wünscht. Gesteuert wird er über eine App, die das Elektroauto mit seinem mobilen Speicher und den stationären Heimspeicher verknüpft. Denn normalerweise steht die Solarbatterie in Konkurrenz zur Autobatterie, das wissen wir. Also muss man dem Kunden den besten Nutzen anbieten.
Ein Wort zum Service: Welche Bedeutung hat er für den Vertrieb?
Die Qualität der Produkte ist entscheidend, das ist klar. Dennoch haben die Installateure und Kunden Fragen, die schnell und möglichst präzise beantwortet werden müssen. Unsere Sonnen Eco 7 war technisch gesehen sehr gut entwickelt. Die Eco 8 durchlief eine Lernkurve, mittlerweile liefert die Hardware exzellente Ergebnisse. Die Installateure haben sich daran gewöhnt und bei der Installation bereits umfangreiche Erfahrungen gesammelt. Viele Fragen im Service beziehen sich gar nicht auf die Speicher, sondern auf die Sonnen Flat.
Wie organisieren Sie den Service?
In Berlin sitzen die Teams der Service-Level eins und zwei. Das sind etwa 35 Mitarbeiter. Im ersten Level geht es meist um Fragen zur Sonnen Flat, unsere Leute sind jederzeit erreichbar. Im zweiten Level kümmern sich fünf oder sechs Mitarbeiter um Fragen zur Hardware oder schwierigere Themen rund um die Flat. Da können wir die Kunden nicht warten lassen.
Und in Wildpoldsried, wo Ihre Entwickler sitzen?
Der Service im dritten Level ist der Entwicklungsabteilung in Wildpoldsried zugeordnet. Da werden sehr tiefgehende technische Feinheiten aufgenommen und bearbeitet.
Das Gespräch führte Heiko Schwarzburger.
EuPD Research
37.000 neue Heimspeicher 2017 installiert
Nach Informationen von EuPD Research wuchs der deutsche Markt für Heimspeicher im vergangenen Jahr um knapp 50 Prozent. Insgesamt 37.000 Speichersysteme wurden installiert. Basis ist der Zubau in der Photovoltaik bei den Privatkunden: Rund 50.000 Solargeneratoren zwischen drei und zehn Kilowatt Leistung wurden 2017 installiert.
Das entspricht einem Anstieg von knapp einem Drittel im Jahresvergleich. Die Neuinstallationen, der bestehende Förderrahmen sowie der harte Wettbewerb mit sinkenden Modulpreisen seien die Hauptgründe für den gestiegenen Absatz von Heimspeichern.
Insgesamt laufen bereits rund 85.000 Heimspeicher. Immerhin jeder fünfte Heimspeicher wurde in ein bestehendes Photovoltaiksystem integriert.
EuPD Research zählte im deutschen Markt sogar 44.000 verkaufte Heimspeicher. Etwa 15 Prozent der Systeme befinden sich laut EuPD noch in den Lagern im Großhandel, bei Installateuren sowie bei anderen Zwischenhändlern.
Neben der Marktgröße wurden die Anteile einzelner Anbieter ermittelt: Sonnen ist demnach weiter der stärkste Anbieter in Deutschland, LG Chem liegt auf Platz zwei – als einziges Unternehmen mit Sitz außerhalb Deutschlands. Gefolgt wird das Führungsduo von E3/DC, Senec, Solarwatt und Varta mit Marktanteilen zwischen neun und elf Prozent. Die drei größten Anbieter Sonnen, LG Chem und E3/DC decken die Hälfte des deutschen Marktes ab. Für 2018 rechnet EuPD Research mit 45.000 neuen Heimspeichern hierzulande – einem Plus von etwa 20 Prozent.
Philipp Schröder
ist Geschäftsführer für Vertrieb und Marketing bei Sonnen. Zuvor leitete der 35-Jährige das Deutschlandgeschäft des US-Elektroauto-Pioniers Tesla. Begeistert von den erneuerbaren Energien, gründete Philipp Schröder sein erstes Unternehmen bereits während des Studiums. Danach ging er zum Projektentwickler Juwi Solar, wo er den Vertrieb leitete. Anschließend kam er zum ersten Mal zu Sonnen, wo er den Vertrieb aufbaute. Nach seinem Engagement bei Tesla ist Philipp Schröder seit Oktober 2015 wieder bei Sonnen, um den Vertrieb und das Marketing weiterzuentwickeln sowie die internationale Ausrichtung des Unternehmens voranzutreiben.