Leipzig im Spätherbst: Eine tiefe Sonne steht über den braunen Wiesen, flutet grell gegen die weißen Hallen des BMW-Werks an der Autobahn. Hier lassen die Bayern ihre Elektromobile vom Band, etwa den i3. Auf der anderen Seite der Ausfahrt liegt ein unscheinbares Gewerbegebiet. Hier hat die Deutsche Energieversorgung GmbH ihren Sitz.
Vattenfall und RWE wären neidisch auf diesen Titel. Doch dahinter verbirgt sich eine kleine Ideenschmiede, wie sie zu Hunderten an der Energiewende arbeiten, überall in Deutschland. Mit einem Unterschied: Schon vor vier Jahren hat das Unternehmen seinen ersten Bleispeicher für Photovoltaik auf den Markt gebracht. Damals steckte die Idee noch in den Kinderschuhen.
Denn alle redeten nur von Solarmodulen und Wechselrichtern. „Von unserem Senec-Set-Speichersystem haben wir seinerzeit 120 Stück verkauft“, erinnert sich Mathias Hammer, Gründer und Geschäftsführer des Unternehmens. „Damals noch mit älterer Ladetechnik aus der Automobilbranche.“ Der gelernte Kfz-Mechaniker war im Vertrieb von Versicherungen unterwegs, bevor er 2009 in die Photovoltaik wechselte. Er ist 27 Jahre jung und stammt aus Leipzig.
Mehr als 1.800 Systeme verkauft
Mittlerweile hat die Deutsche Energieversorgung GmbH bundesweit mehr als 1.800 Bleibatterien für die Photovoltaik verkauft. Der Senec Home G2 markiert inzwischen die dritte Generation von stationären Speichersystemen, die das Unternehmen anbietet. Die Senec-Systeme werden in Leipzig gefertigt, komplettiert und für den Vertrieb konfektioniert.
Der neue Senec Home G2 hat eine Speicherkapazität von acht Kilowattstunden. Eine kleinere Variante mit vier Kilowattstunden befindet sich in Vorbereitung. Hammer setzt auf Blei-Säure-Akkus, wie sie sich in Tausenden Gabelstaplern, Autos und Notstromsystemen bewährt haben. „Die Blei-Flüssig-Akkus sind zuverlässig und kostengünstig“, meint Mathias Hammer. „Damit erreichen wir schon Speicherkosten von 20 Eurocent je Kilowattstunde.“
Die Blei-Flüssig-Akkus werden weltweit als sogenannte Traktionsbatterien verwendet, also für Fahrzeuge und Systeme, die kurzzeitig hohe Leistungen abfordern und deren Ladeprofile wechselhaft sind. Im Unterschied zu Blei-Gel-Akkus muss man einmal im Jahr destilliertes Wasser nachfüllen und den Säurestand kontrollieren. Generell brauchen Bleiakkus eine Entlüftung, nach DIN EN 5027-2-2, weil die Säure, egal ob als Flüssigkeit oder Gel gebunden, bei Überladung ausgasen. Allerdings haben Blei-Gel-Akkus eine um 30 bis 40 Prozent kürzere Lebensdauer, weil das Gel im Laufe der Zeit austrocknet. Es versprödet und reißt. „Dadurch verringert sich die Kontaktfläche an den Bleiplatten“, analysiert Hammer. „Der elektrische Kontakt ist nicht mehr vollständig gewährleistet, die Kapazität sinkt.“ Zudem sind Blei-Flüssig-Batterien weniger empfindlich gegen Temperaturschwankungen. Allerdings kann man sie nicht waagerecht lagern. Das ist mit den Gelbatterien möglich.
Die Firma von Mathias Hammer setzt auf die Blei-Säure-Technik, weil diese Technik ein hohes Potenzial für Verbesserungen und zur Kostensenkung bietet. „Die Ladetechnik entscheidet, ob der Akku zwei Jahre hält oder zwölf Jahre“, meint Hammer. „Im Laufe der vergangenen vier Jahre haben wir uns ein hohes Wissen in der Bleitechnik und in der Ladetechnik erarbeitet.“ Aus Leipzig kamen beispielsweise die Sol-Liberty-Speicher von Solon. Die Batteriesysteme wurden als OEM-Auftrag gefertigt. „Heute verarbeitet die modernste Version unserer Steuersoftware rund 1.000 Parameter und Befehle“, nennt Hammer ein Beispiel. „So werden die Temperatur und der Zustand der Batterie laufend überwacht, um die Lebensdauer zu verlängern.“ Bleiakkus können 20 Jahre laufen, wenn sie lediglich in der Spannungshaltung betrieben werden, etwa für die Notstromversorgung. Im zyklischen Betrieb rechnet Hammer derzeit mit 3.200 Ladezyklen mit dem richtigen Lademanagement.
Das entspricht in der Photovoltaik zwischen 12 und 14 Jahren. Wenn der Akku nach etwa zwölf Jahren seine Restkapazität von 80 Prozent erreicht hat, bietet das Unternehmen den Austausch für eine Pauschale von 999 Euro an. „Wir hatten aber schon Akkus, die haben 4.000 Zyklen geleistet und stellten noch immer rund 80 Prozent Restkapazität in den Batterien bereit.“
Derzeit 300 Systeme im Monat
Derzeit gehen vom neuen Senec Home G2 monatlich zwischen 250 und 300 Geräte über den Ladentisch. Die kleine Fabrik in Leipzig kann täglich bis zu 35 Systeme fertigen, inklusive Zellen und Schaltschrank für die Ansteuerung. „Wir bauen für Wechselrichterhersteller wie Platinum oder Sunways“, sagt Mathias Hammer. „Wir vertreiben ausschließlich über den Großhandel. Unsere Vertriebspartner sind Sharp, Sonepar, Hagemeyer, Fischer und Redpoint Solar. Ein wichtiger Partner ist außerdem Solar Invert.“
Ein Senec Home G2 kostet für den Endkunden etwa 8.500 Euro. „Entscheidend für den Vertriebserfolg ist die Marge der einzelnen Akteure in der Handelskette“, sagt Mathias Hammer. „Das gilt für die Großhändler, das gilt für die Installateure gleichermaßen. Und natürlich bieten wir dem Endkunden auch einen attraktiven Preis. Doch den Direktvertrieb an Endkunden betreiben wir überhaupt nicht mehr.“
Um den Vertrieb zu unterstützen, werden die Verkäufer der Händler technisch geschult. In der zweitägigen intensiven Schulung wird die Installation ebenso besprochen wie Vertrieb, Marketing und allgemeines Akkuwissen. Für spezifische technische Fragen der Installateure bietet die Deutsche Energieversorgung zudem eine Service-Hotline an.
Monatlich 800 Geräte als Ziel
Das Ziel der Vertriebsaktivitäten ist es, die Zahl der verkauften Geräte auf 500 bis 800 Stück im Monat zu steigern. „Das können wir ab April 2014 schaffen“, gibt Hammer einen Ausblick. „Bei solchen Stückzahlen können wir die Kosten ordentlich senken. „So haben wir eine Wechselrichtertopologie gekauft und wollen im ersten Quartal 2014 auf eine eigene Platine umstellen.“ Auch soll der Vertrieb in Österreich und der Schweiz anlaufen, über regionale Partner. International will das Unternehmen mit Platinum wachsen, einem Wechselrichterhersteller aus dem Allgäu. „Wir wollen die Kosten so weit drücken, dass eine Fünf-Kilowatt-Anlage mit Solargenerator, Speicher und Installation nur 10.000 Euro kostet.“ Schon 2016 könnte es so weit sein.
Ladetechnik entscheidet
Die Richtung ist klar, der Weg auch. Für Mathias Hammer und seine Mitarbeiter ist die Bleitechnik längst nicht ausgereizt. „Bisher sind nur 50 Prozent Entladung möglich, ohne dem Akku langfristig zu schaden“, sagt der Firmenchef. „Wenn man Wechselrichter, Ladetechnik und Akku nicht optimal abstimmt, kann man keinen Schutz gegen Tiefenentladung oder Überspannung gewährleisten.“ Viele Faktoren spielen eine Rolle, beispielsweise die Bauhöhe der Zellen, ihr innerer Widerstand oder der Säuregehalt. Eine neue Fabrik ist ebenfalls in Planung. „Sie wird dann nur halb so viel Blei benötigen. Als Nächstes lösen wir das Problem der Tiefenentladung. Durch vereinfachte Platinen senken wir zudem die Kosten noch weiter. Und wir werden künftig einen Wechselrichter anbieten, in den die Batteriesteuerung bereits integriert ist.“ Dann gehören die gesplitteten Systeme mit Netzinverter und Batteriewechselrichter der Vergangenheit an.
Nicht nur beim Vertrieb stützt sich die Deutsche Energieversorgung auf bewährte Partner. Auch in der vorgelagerten Wertschöpfung sind wichtige Zulieferer an den Innovationen beteiligt. Die Schaltschränke werden im Leipziger Stadtteil Schönefeld montiert und verkabelt.
Anschließend spielen die Mitarbeiter von Mathias Hammer die Software zur Ladesteuerung auf. Die Akkuzellen werden von verschiedenen Herstellern, unter anderem Werbat in Wernigerode, geliefert. Sogar die Bleilegierung gibt das Leipziger Unternehmen genau vor. Rund 15 Leute sind in Leipzig damit beschäftigt, die Schaltschränke zu komplettieren und das System zu montieren. Eine Stunde dauert es, bis ein neues Senec Home G2 die Fertigung durchläuft. Etwa 2,5 Stunden dauert die abschließende Prüfung aller Komponenten und der Software. Dafür stehen drei Prüfplätze zur Verfügung.
Das Blei und die Säure ausrangierter Zellen werden wiederverwertet. Jeder Kunde bekommt ein Angebot, um die Zellen nach Ablauf ihrer Lebenszeit auszutauschen.
Auch arbeiten die Entwickler zurzeit an einem Elektroheizstab mit Schaltbox, der zwischen null und neun Kilowatt stufenlos moduliert. Erst füttert die Solaranlage alle elektrischen Verbraucher im Haus, dann die Batterien und danach den Warmwasserspeicher. Auf diese Weise wird der Eigenverbrauch weiter nach oben getrieben, dadurch steigt die Wirtschaftlichkeit der Solaranlage und des Speichers. Auch Ladeboxen für Elektroautos befinden sich in Vorbereitung.
Großspeicher zur Jahresmitte
Ab Mitte 2014 will die Deutsche Energieversorgung auch größere Speicher anbieten, für Anwendungen in der Industrie. Sie sollen 30, 60 und 120 Kilowatt leisten. Dafür brauchen sie höhere Spannungen, die Spannung muss genau überwacht werden. „Der technische Aufwand ist höher“, meint Mathias Hammer. „Aber wir wollen ein System mit 35 Kilowattstunden für etwa 25.000 Euro Endkundenpreis anbieten.“
Fazit: Auch bei den Bleispeichern haben Technik und Kosten längst nicht das Ende der Fahnenstange erreicht.
Kurz nachgefragt
„Die Förderung ist viel zu kompliziert“
Wie bewerten Sie das Förderprogramm für Stromspeicher, das die Bundesregierung im Mai 2013 gestartet hat?
Das Programm ist viel zu kompliziert. Ich habe selbst mehr als eine Stunde gebraucht, um die Details zu verstehen. Auch die Prozedur ist untauglich. So muss man erst auf die Zusage der KfW warten, bis man die Anlage installieren darf. Die Hausbanken machen das aber nicht gerne, weil es zu kleinteilig ist. Also lehnen sie jeden zweiten oder dritten Kreditantrag ab. Wir verkaufen derzeit nur rund ein Zehntel unserer Speicher über die Förderung. Um die Kosten zu senken, bräuchten wir ein intelligentes Förderprogramm. Dann könnten wir die Kosten bis 2016 halbieren.
Wie müsste die Förderung gestaltet werden?
Die KfW zwingt die Antragsteller, einen Kredit aufzunehmen. Und das, obwohl viele Menschen ihre Solaranlage schon ohne Kredit stemmen, weil die Technik so billig geworden ist. Sich mit der Hausbank um einen Kredit zu streiten, das lohnt sich für viele Leute nicht. Auch sind es zu viele Formulare für die Installateure. Und niemand weiß, welche Handwerker die Speicher installieren dürfen. Dafür hat die KfW keine Kriterien definiert. Viel einfacher wären Zuschüsse zur Investitionssumme, das würde Dynamik in den Markt bringen.
Machen wir es konkret: Wie könnten sinnvolle Spielregeln aussehen?
Rein volkswirtschaftlich ist es Unsinn, kleine Speicher mit zwei Kilowattstunden Kapazität genauso zu fördern wie Speicher mit acht Kilowattstunden. Besser wären Zuschüsse je Kilowattstunde Kapazität. Mein Vorschlag lautet: 300 Euro bei Bleiakkus und 500 Euro bei Lithium-Ionen-Batterien. Gerade hat die Sächsische Aufbaubank ein eigenes Förderprogramm aufgelegt. Sie erstattet die Hälfte der Investitionskosten, wenn der Wechselrichter auf 40 Prozent Netzeinspeisung reduziert wird. Die reduzierte Einspeisung ist über drei Jahre nachzuweisen.
Das Gespräch führte Heiko Schwarzburger.
Deutsche Energieversorgung GmbH
Im Geschäft mit Komplettanlagen
Die Deutsche Energieversorgung GmbH ist nicht nur in der Speichertechnik tätig. Gegründet wurde das Unternehmen 2009. Ursprünglich stand der Vertrieb von Photovoltaikgeneratoren im Vordergrund. „Ich war zu der Zeit in der Versicherungsbranche tätig“, erzählt Firmengründer Mathias Hammer. „Der Verkauf von Versicherungen war damals schwieriger als der von Photovoltaikanlagen.“ Daher beschäftigte sich Hammer ausführlich mit der Branche und realisierte erste Photovoltaikprojekte. Heute werden die Anlagen meist für gewerbliche Kunden errichtet, mit Leistungen von 300 bis 400 Kilowatt. Dabei werden Module von Heckert Solar aus Chemnitz, von LDK, Ja Solar und Q-Cells verbaut. „Die Untergestelle bauen wir selbst “, erläutert Hammer. Die Wechselrichter stammen von Platinum aus Wangen im Allgäu.
Im Jahr 2012 hat die Deutsche Energieversorgung GmbH rund vier Megawatt installiert. 2013 sind es zwischen sieben und acht Megawatt. „Die Photovoltaik braucht man nicht mehr zu fördern“, ist Hammer überzeugt. „Wir können weiterhin rentabel bauen. Besser ist eine Förderung in Stromspeicher.“ Das Unternehmen erledigt das komplette Projektgeschäft: „Wir akquirieren die Dächer, gestalten die Verträge, planen, bauen und nehmen die Anlage in Betrieb.“ Dafür ist ein Team von sechs Experten zuständig, zwölf Monteure installieren die Generatoren vor Ort.
Senec Home G2
Sharp wird Vertriebspartner
Der japanische Elektronikkonzern Sharp hat die Speichersysteme Senec Home G2 in seinen Vertrieb aufgenommen. Sharp produziert auch Solarzellen und Solarmodule. „Mit Sharp Electronics als starkem Vertriebspartner erwarten wir eine noch stärkere Nachfrage nach unseren Speichersystemen, vor allem bei Elektroinstallateuren“, kommentiert Mathias Hammer, Geschäftsführer der Deutsche Energieversorgung GmbH. Sharp Electronics wird Schulungen für Installateure und Interessierte zum Senec Home G2 durchführen.
Batterie fürs Gewerbe
Großer Bleispeicher bietet 96 Kilowattstunden
In Magdeburg ist ein großer Speicher für einen Gewerbekunden in Betrieb gegangen. Er hat eine Gesamtkapazität von 180 Kilowattstunden. Davon kann er 96 Kilowattstunden nutzen. Eingebaut wurde er im Restaurant Seeblick, das jährlich rund 120.000 Kilowattstunden Strom verbraucht. Angeschlossen ist ein Bowlingcenter. Der gastronomische Betrieb liegt direkt am Neustädter See. Mit dem Speichersystem Senec IES werden künftig nur noch etwa zehn Prozent des benötigten Stroms aus dem öffentlichen Netz bezogen. Die Speicherkosten liegen unter zwölf Eurocent je Kilowattstunde. Rechnet man die Kosten für die Photovoltaikanlage ein, liegen die Stromgestehungskosten bei 22 Cent je Kilowattstunde. „Neben den wirtschaftlichen Aspekten ist der Verbrauch selbst erzeugter Energie natürlich ein Imagegewinn“, sagt Jens Heppner, Besitzer des Restaurants. „Die Gäste wissen es zu schätzen, wenn die Beleuchtung der Terrasse oder die Bowlingbahn mit Solarstrom betrieben werden – auch am Abend.“
Themendossier
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