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“Mehr Funktionen, hohe Qualität“

Welche Trends sehen Sie in der technischen Weiterentwicklung der Stromspeichersysteme?

Olaf Wollersheim: Innerhalb der Speicher-Community gibt es keinen Konsens, wohin die Reise in der Technik geht. Was wir erkennen: Hersteller von Wechselrichtern wie SMA, Kostal oder Fronius haben sich aus der Entwicklung eigener Batteriesysteme verabschiedet. Sie bieten Schnittstellen an, um verschiedene Batterien einzubinden. Allerdings gibt es noch keinen verbindlichen Standard, um eine Fremdbatterie an den Hybridwechselrichter zu bringen. Da laufen noch Diskussionen zwischen den Herstellern der Wechselrichter und den Anbietern der Batterien.

Solarwatt kooperiert mit Fronius, baut die Snap-Inverter in seine neuen Solarpakete ein. Der Stromspeicher My Reserve läuft ohnehin auf der DC-Seite, also zwischen den Solarmodulen und dem DC-Eingang des Wechselrichters. Ist das System mit allen gängigen Wechselrichtern kompatibel?

So ist es, bisher gab es nur eine große Ausnahme, das waren die Wechselrichter von Solaredge, bei denen das MPP-Tracking bekanntlich in den DC-DC-Optimierern läuft und die eine andere Kommunikationstechnik nutzen als gängige Solarwechselrichter mit integriertem MPP-Tracking. Wie unsere Labortests zeigen, sind wir jetzt auch mit diesen Wechselrichtern kompatibel, und zwar sowohl mit den neuen HD-Wave-Wechselrichtern von Solaredge als auch mit älteren Geräten.

Auf welche Weiterentwicklungen konzentriert sich Solarwatt?

Generell versuchen die Anbieter von DC-gekoppelten Speichersystemen, mehr Funktionalität und noch bessere Qualität anzubieten. So werden wir zum Beispiel in Verbindung mit bestimmten Wechselrichtern demnächst Netzersatzstrom liefern können. Daneben bleibt der Kostendruck enorm, das gilt für alle Anbieter von Heimspeichern. Wir haben mittlerweile Stückzahlen erreicht, um die manuelle Fertigung bestimmter kostenintensiver Baugruppen in die industrielle Produktion zu überführen.

Solche Verbesserungen sieht der Kunde oder sein Installateur in der Regel nicht, das sind Fortschritte innerhalb des Systems …

Das stimmt, solche Verbesserungen sind aber wichtig für das richtige Preis-Leitungs-Verhältnis. Ein Beispiel: Bisher wurden bedrahtete Halbleiterbauteile per Hand an den Kühlkörper der Leistungsplatine geschraubt. Das machen wir künftig ohne Verschraubungen, also schneller und damit kostengünstiger. Und obendrein verbessert sich die Effizienz des Systems.

Welche neuen Funktionalitäten bereiten Sie derzeit vor?

Bisher hatten wir ein sogenanntes Power Data Gateway als kleines, separates Kästchen, das Betriebsdaten des Speichersystems an unsere Server schickte. Diese Informationen nutzen wir unter anderem, um unsere Systeme weiterzuentwickeln. Das Kästchen brauchen wir künftig nicht mehr, diese Funktion wird integriert.

Welche neuen Anforderungen kommen aus den internationalen Märkten?

Künftig werden unsere Speicher den Schutzgrad IP54 erfüllen, lassen sich also problemlos im Außenbereich installieren. Es gibt Märkte, die das fordern. Dann kann man die Speicher sogar in den Regen hängen. In Deutschland wird das weniger eine Rolle spielen, in Australien jedoch ganz sicher. Wir führen diese Neuerung aber für alle Geräte ein, ganz gleich, wo sie installiert werden sollen.

DC-Systeme tun sich oft schwer mit der Einbindung von weiteren Generatoren, etwa BHKW oder Kleinwindkraft. Wie weit sind Sie beim Thema Winterautarkie?

Wir werden ein AC-Ladegerät bringen, mit dem man den Stromspeicher aus beliebigen Stromquellen, also neben mehreren PV-Strings auch über ein kleines Windrad oder die erwähnten Blockheizkraftwerke, beladen kann – oder direkt aus dem Stromnetz, wenn gewünscht. Dadurch entsteht ein neuartiges Hybridsystem, das die Vorteile aus AC- und DC-Kopplung in sich vereint und das alle denkbaren Einsatzzwecke abdecken dürfte. Einen genauen Termin möchten wir dafür noch nicht nennen.

Mit dem My Reserve stoßen Sie auch in das junge Segment der Gewerbespeicher vor. Wie groß sind die Speicher, die man damit bauen kann?

Generell beobachten wir den Trend zu größeren Speicherkapazitäten, auch bei Privatkunden. Unser My Reserve wird meist mit drei Batterieblöcken ausgeliefert, das sind schon 7,2 Kilowattstunden. Für den kommerziellen Einsatz haben wir bisher keine Grenze gefunden. Mit unserem Konzept könnten wir aktuell 60, später vielleicht bis 100 Kilowattstunden bauen. Irgendwann macht es aber keinen Sinn mehr, so große Speicher aus einer Vielzahl kleiner Leistungselektronikeinheiten zu erstellen. Das sollten dann vorkonfektionierte Schränke oder Container sein, die kostengünstiger sind.

Wie der Container, den Sie vor einigen Jahren auf der Intersolar in München vorgestellt haben …

Für den Speichercontainer, den das KIT in Karlsruhe aufbaut, haben wir uns in einer öffentlichen Ausschreibung als Batterielieferant durchgesetzt. Er wird 480 Batteriemodule enthalten und rund 1,2 Megawattstunden Speicherkapazität bieten. Uns ist klar, dass der Markt der Gewerbespeicher in der weiteren Entwicklung unserer Branche eine zentrale Bedeutung hat. Auch für uns als Unternehmen.

Was unterscheidet die Gewerbespeicher von den Heimspeichern?

Die Zielgruppen und der Planungsaufwand. Gewerbespeicher sind eher Projektgeschäft, während bei den privaten Endkunden fast ausschließlich Kompaktspeicher zum Einsatz kommen. Um in diesem Segment erfolgreich zu sein, ist es gut, wenn man auf starke Partner aus dem installierenden Handwerk vertrauen kann.

Welche Funktionen sind für die Gewerbekunden interessant?

Bei den Heimspeichern geht es um möglichst hohen Eigenverbrauch, da muss der Stromspeicher gut zur Solaranlage und dem Stromverbrauch im Haus passen. Bei Gewerbespeichern steht auch der Eigenverbrauch im Vordergrund. Daneben geht es jedoch auch um Kappung der teuren Spitzenlasten am Netzzähler und um kurzzeitig hohe Leistungen für die Elektromobilität. Das sind drei sehr wichtige Faktoren, die für die Investitionsentscheidung ganz wesentlich sind. (HS)

www.solarwatt.de

Dr. Olaf Wollersheim

bringt mehr als zehn Jahre Erfahrung in der Lithiumtechnik mit. 2016 vom Karlsruher Institut für Technologie zu Solarwatt gewechselt, leitet Dr. Wollersheim gemeinsam mit Walter Bornscheuer das Forschungs- und Entwicklungszentrum Solarwatt Innovation in Frechen bei Köln. Hier verantwortet er unter anderem die Weiterentwicklung der My-Reserve-Speichertechnologie.

Im Jahr 1964 in Braunschweig geboren, studierte er Physik an der Universität Bonn, wo er auch promovierte. Seine berufliche Laufbahn begann Dr. Wollersheim am Institut für Mikrostrukturtechnik des Forschungszentrums Karlsruhe, wo er später das Institut für Nanotechnologie leitete, an dessen Gründung er beteiligt war. Nach einer weiteren beruflichen Station in der Schweiz baute er ab 2011 gemeinsam mit Dr. Andreas Gutsch das Projekt „Competence E“ auf, das sich unter anderem mit der Wirtschaftlichkeit und Sicherheit von Speichersystemen befasst.

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