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Mit spitzer Feder rechnen

Nach der Zustimmung des Bundesrates am 11. Juli ist das neue EEG am 1. August mit einigen Änderungen gegenüber dem letzten Entwurf vom Mai in Kraft getreten. Wenngleich die Novelle erhebliche Verschlechterungen für die Photovoltaik enthält, müssen die Akteure die neuen Rahmenbedingungen jedenfalls für gebäudeintegrierte Photovoltaikanlagen bis zur nächsten Novelle hinnehmen.

Für Bestandsanlagen mit Inbetriebnahme bis zum 31. Juli 2014 gelten die Vorgaben des bisherigen EEG grundsätzlich fort. Mit der Novelle stellt sich insbesondere für gewerbliche und kommunale Investoren und Projektplaner die Frage, ob und in welcher Form sich neue Photovoltaikprojekte rentieren. Vor allem ist fraglich, ob der erzeugte Strom ins Netz eingespeist, selbst verbraucht oder beides kombiniert werden sollte.

Einspeisung oder Eigenverbrauch

Die Vorschriften zum Eigenverbrauch haben sich im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens mehrfach geändert (siehe unseren Beitrag in der photovoltaik, April 2014, Seite 32). Nunmehr wird der Eigenverbrauch von Strom aus neuen Photovoltaikanlagen bis Ende 2015 mit 30 Prozent der EEG-Umlage belastet. Bis Ende 2016 werden es 35 Prozent sein, ab 2017 40 Prozent.

Ausgenommen von der Umlage bleiben der Kraftwerkseigenverbrauch, Kleinanlagen mit einer Leistung von maximal zehn Kilowatt, soweit die selbst verbrauchte Strommenge zehn Megawattstunden nicht überschreitet, und Bestandsanlagen mit Inbetriebnahme bis 31. Juli 2014. Letztere bleiben auch bei Ersatzmaßnahmen und Modernisierungen (Repowering) von der EEG-Novelle 2014 ausgenommen, sofern dadurch die Anlagenleistung um höchstens 30 Prozent steigt. Um vom Bestandsschutz zu profitieren, musste die Anlage vor dem 1. August auf Eigenverbrauchsbetrieb umgestellt worden und zumindest ein geringer Stromverbrauch erfolgt sein.

Umlagebefreit ist zudem Strom von Eigenversorgern, die weder unmittelbar noch mittelbar an ein Netz angeschlossen sind. Dasselbe gilt für Eigenversorger, die sich vollständig selbst mit Strom aus erneuerbaren Energien versorgen und für den Strom aus ihren Anlagen, den sie nicht selbst verbrauchen, keine finanzielle Förderung nach dem EEG in Anspruch nehmen.

Eine vollständige Umlagebefreiung kommt bei neuen Projekten abgesehen von kleinen Anlagen also nur in Ausnahmefällen in Betracht. Denn es dürfte die Ausnahme bleiben, dass der Strom zu 100 Prozent selbst verbraucht werden kann und zudem in sonnenarmen Zeiten keine Versorgung über das Stromnetz benötigt wird.

Aufschlag auf die Einspeisevergütung

Zum Ausgleich für die Belastung mit der EEG-Umlage bietet das EEG 2014 für Anlagen von zehn Kilowatt bis einschließlich ein Megawatt einen Aufschlag auf die Einspeisevergütung in Höhe von 0,3 Cent pro Kilowattstunde.

Weiterhin steigt die Einspeisevergütung durch die Streichung des sogenannten Marktintegrationsmodells. Danach wurde bei Solaranlagen mit zehn Kilowatt bis einschließlich ein Megawatt nur für maximal 90 Prozent der erzeugten Strommenge die Einspeisevergütung gezahlt. Für Anlagen mit Inbetriebnahme ab 1. April 2012 bis zum 31. Juli 2014 bleibt es beim Marktintegrationsmodell. Für neue Anlagen gilt es nicht mehr. Das heißt, die Einspeisevergütung wird auf die volle Strommenge gewährt.

Die Basisdegression beträgt ab August statt bislang einem Prozent nun 0,5 Prozent pro Monat. Je nach dem Zubau in den Vormonaten sinkt dieser Wert bis auf null oder steigt auf bis zu 2,8 Prozent monatlich.

Verpflichtende Direktvermarktung

Wird überschüssiger Solarstrom ins Netz eingespeist, müssen sich gewerbliche oder kommunale Anlagenbetreiber mit der Direktvermarktung des Stroms befassen und insbesondere einen guten Vertrag mit einem Stromhändler abschließen (siehe unseren Beitrag in photovoltaik, September 2013, ab Seite 76, wobei sich die Voraussetzungen der Direktvermarktung durch die EEG-Novelle teilweise geändert haben). Denn die Direktvermarktung von Sonnenstrom wird für Anlagen mit mindestens 500 Kilowatt installierter Leistung ab 1. August und für Anlagen ab 100 Kilowatt ab 2016 verpflichtend. Zum Ausgleich erhält der Anlagenbetreiber wie bislang eine Marktprämie und zusätzlich 0,4 Cent pro Kilowattstunde für den Mehraufwand durch die Direktvermarktung. Diese Kompensation ersetzt die vorherige Managementprämie.

Findet ein Anlagenbetreiber keinen Direktvermarkter oder kann er aus anderen Gründen seinen Strom nicht am Markt verkaufen, kann er möglicherweise eine sogenannte Ausfallvergütung in Höhe von 80 Prozent der Marktprämie geltend machen. Insbesondere die Insolvenz eines Stromhändlers ist von dieser Ausnahme erfasst.

Im Einzelfall genau prüfen

Grundsätzlich empfiehlt sich ein möglichst hoher Selbstverbrauch, je höher die Strompreise sind. Der Eigenverbrauchsanteil kann mithilfe von Speichersystemen deutlich erhöht werden, die bei Photovoltaikanlagen mit maximal 30 Kilowatt seit Mai 2013 von der Bundesregierung mit einem Zuschuss bis zu 660 Euro pro Kilowattpeak Solarstromleistung gefördert werden.

Ob die Einspeisung, der Eigenverbrauch oder eine Kombination aus beidem bei neuen Projekten rentabler ist, hängt aber von weiteren Einflussfaktoren ab, die sich im Einzelfall unterscheiden können. Daher sollte jede Investition individuell geprüft werden. Die derzeit in der Öffentlichkeit kursierenden Modellrechnungen sind mit Vorsicht zu genießen.

Denn keine der uns bekannten Berechnungen berücksichtigt alle denkbaren Einflussfaktoren. Festzustellen ist zwar, dass die Rendite beim Eigenverbrauch durch die Belastung mit der anteiligen EEG-Umlage sinkt. Ob dies etwa durch mögliche Kosteneinsparungen und Preissenkungen bei den Speichersystemen halbwegs kompensiert werden kann, lässt sich derzeit jedoch nicht beurteilen.

Insbesondere im kommunalen und gewerblichen Bereich lässt sich der erzielbare Eigenverbrauchsanteil ohnehin nicht beliebig erhöhen. Hier bietet es sich an, stets auch eine Überschusseinspeisung zu prüfen.

Einige Beispiele

Wesentlicher Einflussfaktor für die Rentabilität einer solchen Kombination ist die Höhe der Vergütung nach dem EEG, die sich grundsätzlich monatlich ändert. Die Höhe der Förderung kann der Anlagenbetreiber darüber hinaus durch einen sofortigen Wechsel in die Direktvermarktung zu seinen Gunsten beeinflussen.

Bei Kombination von Einspeisung und Eigenverbrauch erhalten zum Beispiel Dachanlagen mit einer Leistung von 40 bis 500 Kilowatt im August 2014 eine Einspeisevergütung von 11,09 Cent pro Kilowattstunde, wobei hierin die Kompensation für die Eigenverbrauchsbelastung eingerechnet ist. Im September beträgt die Vergütung 11,04 Cent, im Oktober je nach Zubau 10,93 bis 11,01 Cent pro Kilowattstunde.

Bei Direktvermarktung erhöht sich die Förderung im August durch die Kompensation für den Managementaufwand auf 11,49 Cent pro Kilowattstunde, entsprechend in den Folgemonaten.

Es lässt sich im Ergebnis nicht pauschal beurteilen, ob eine Kombination aus Eigenverbrauch und Einspeisung oder aber nur das eine oder das andere vorzuziehen ist. Anlagenbetreiber sollten in jedem Fall vor einer Investition die möglichen Modelle individuell prüfen und durchrechnen.

Einfluss negativer Börsenpreise

In Paragraf 24 des neuen EEG wurde eine Regelung aufgenommen, wonach die Förderung bei negativen Preisen entfallen kann. Für neue Anlagen ab 500 Kilowatt und Inbetriebnahme ab 2016 entfällt der Förderanspruch für den Zeitraum, in dem negative Börsenstrompreise in mindestens sechs aufeinanderfolgenden Stunden ohne Unterbrechung auftreten.

Eine Sonderregelung besteht für den Anspruch auf Einspeisevergütung in Ausnahmefällen: Der Anlagenbetreiber ist nach Paragraf 24 Absatz 2 EEG in diesem Fall verpflichtet, dem Netzbetreiber die Strommenge nachzuweisen, die er in dem betreffenden Zeitraum ins Netz gespeist hat. Andernfalls verringert sich der Vergütungsanspruch in dem jeweiligen Monat pauschal um fünf Prozent pro Kalendertag mit andauernden negativen Strompreisen.

Diese Regelung ist auf Anlagen nicht anwendbar, die unter die Bagatellgrenze fallen (Gesetzesbegründung, BT-Drucksache 18/1891, Seite 193), also Anlagen mit einer installierten Leistung von bis zu 500 Kilowatt mit Inbetriebnahme vor dem 1. Januar 2016 und bei Inbetriebnahme ab diesem Stichtag mit höchstens 100 Kilowatt installierter Leistung.

Nach unserer Einschätzung dürfte dieser Paragraf kaum einmal anwendbar sein. Negative Strompreise sind in der jüngsten Vergangenheit eher seltener als häufiger geworden. Zudem reicht eine minimale Unterbrechung der Kette der unmittelbar aufeinander folgenden negativen Stundenkontrakte, um die Regelung unanwendbar zu machen (Gesetzesbegründung, BT-Drucksache 18/1891, Seite 193).

Fernsteuerbarkeit von Anlagen

Die Fernsteuerbarkeit einer EEG-Anlage im Zeitpunkt der erstmaligen Inbetriebnahme war bislang stets Voraussetzung des Förderanspruchs. Nach Paragraf 35 Satz 2 EEG reicht es nunmehr für die Marktprämie, wenn die Anlage mit Beginn des zweiten auf die Inbetriebnahme folgenden Kalendermonats fernsteuerbar ist.

Bestandsanlagen müssen ab 31. März 2015 fernsteuerbar sein, um den Anspruch auf die Marktprämie geltend machen zu können.

Nun wenden wir den Blick auf die Freiflächenanlagen. Ihre Förderbedingungen werden nach Vorliegen einer Rechtsverordnung durch Ausschreibungen ermittelt werden (siehe unseren Beitrag in photovoltaik, Mai 2014, ab Seite 16). Bis zum Inkrafttreten der Rechtsverordnung wird Strom aus Freiflächenanlagen bis maximal zehn Megawatt mit 9,23 Cent pro Kilowattstunde vergütet (Wert für August 2014).

Die Bundesregierung hat die öffentliche Konsultation zum Ausschreibungsdesign am 14. Juli eingeleitet und in einem Eckpunktepapier das Ziel einer hohen Akteursvielfalt betont. Die Bundesregierung muss sich daran messen lassen, ob sie diese Absichtserklärung nicht nur als symbolischen Akt umsetzt, sondern gerade Genossenschaften, Bürgerinitiativen und andere kleinere Akteure in nennenswerten Größenordnungen Zuschläge im Bieterverfahren erhalten werden.

Fallen die Restriktionen für Flächen?

Ob die bestehenden Begrenzungen der verfügbaren Flächen gelockert werden, ist noch ergebnisoffen. Eine vollständige Streichung der Flächenkategorien wird als Alternative aufgeführt und wurde der Bundesregierung wissenschaftlich empfohlen. Angesichts der niedrigen Zubauraten laut Zielkorridor der Bundesregierung sind ohnehin keine nennenswerten Konflikte etwa mit Ackerflächen zu erwarten. Das Erfordernis eines Bebauungsplanes ist ein wirksames und ausreichendes Korrektiv gegen Wildwuchs und Fehlplanungen.

Nach dem Eckpunktepapier sollen Freiflächenanlagen bis 25 Megawatt über Ausschreibungen gefördert werden. Ein gänzlicher Wegfall der Größenbegrenzung erscheint nach dem Eckpunktepapier aufgrund des Landschafts- und Umweltschutzes kaum realistisch. Insgesamt sollen 600 Megawatt an Freiflächenkapazität pro Jahr versteigert werden.

Eckpunktepapier des Ministeriums

Die Bundesregierung bevorzugt derzeit ein statisches Ausschreibungsmodell (Pay-as-Bid-Auktionen). In jeder Ausschreibungsrunde werden einmalig verdeckte Angebote abgegeben, an welche die jeweiligen Bieter gebunden sind und die nicht mehr verändert werden können. Wenn die insgesamt gebotene Menge die ausgeschriebene Menge übersteigt, erhalten die kostengünstigsten Gebote den Zuschlag.

Die Ausschreibungen sollen 2015 mit einem Vorlauf von mindestens drei Monaten beginnen und mehrmals im Jahr stattfinden, mindestens zweimal. Um überteuerte Angebote auszuschließen, wird ein ambitionierter Höchstpreis veröffentlicht, der nah an den erwarteten Vollkosten liegt. Ein Mindestpreis soll nicht festgelegt werden. Zuständig für das Ausschreibungsverfahren ist die Bundesnetzagentur.

Die Bundesregierung nimmt die Kritik auf, die auch wir am Ausschreibungssystem unter anderem mit Blick auf Erfahrungen aus dem Ausland geäußert haben: Dort wurden bezuschlagte Projekte oft nicht umgesetzt. Deshalb sollen Verzögerungen oder nicht realisierte Projekte mit Strafzahlungen belegt werden. Außerdem werden Qualifikationsanforderungen eingeführt. Die Bundesregierung erkennt, dass dies die Eintrittsschwelle für Teilnehmer erhöht und zu höheren Finanzierungskosten führt. Die Akteursvielfalt könnte leiden, wenn die Finanzierungskosten steigen.

Deshalb könnte die Bundesregierung einen Aufstellungsbeschluss über einen Bebauungsplan und eine Netzanschlusszusage des Netzbetreibers fordern. Dadurch soll die notwendige Ernsthaftigkeit eines Gebots sichergestellt und verhindert werden, dass Bieter so niedrige Gebote einreichen, dass die Projekte nicht mehr zu diesen Bedingungen realisiert werden können (Underbidding). Zudem sollen die Teilnehmer eine finanzielle Sicherheit vor der Ausschreibung vorlegen (Bid-Bond).

https://www.dr-gottwald-berlin.de/

BSW Solar

Alle Neuerungen im Web dokumentiert

Der BSW-Solar hat die Neuerungen im EEG 2014 im Internet zusammengestellt und in übersichtlicher Form veröffentlicht. Alle dargestellten Regelungen sind vorbehaltlich der abschließenden Verabschiedung des Gesetzentwurfs und Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt. Das Merkblatt wird regelmäßig aktualisiert und ergänzt. Es erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Eine vertiefende Analyse und Bewertung der Änderungen erfolgt unter anderem in Seminaren des Verbandes in den Wochen nach Inkrafttreten des Gesetzes. Mitglieder erhalten vorrangigen und rabattierten Zugang.

BSW-Merkblatt zum EEG 2014:

Übersichtstabellen, Einspeisevergütung und Marktprämie:

Der Investorenleitfaden Photovoltaik hilft mit rechtssicheren Schritt-für-Schritt-Anleitungen bei der Erschließungneuer Geschäftsmodelle für Sonnenstrom, die nicht mehr auf einer vollständigen Finanzierung über das EEG beruhen:

http://bsw.li/1n9ZGez

http://www.solarwirtschaft.de/eeg-update

http://www.solarwirtschaft.de/geschaeftsmodelle-pv

Die Autoren

Rechtsanwalt Michael Herrmann

Rechtsanwalt Dr. Thorsten Gottwald

sind auf erneuerbare Energien spezialisiert. Sie betreuen vielfältige Projekte juristisch, darunter auch Solarparks im In- und Ausland. Die beiden Anwälte sind in der Berliner Kanzlei Dr. Thorsten Gottwald Rechtsanwaltsgesellschaft mbH tätig.

herrmann@dr-gottwald-berlin.de dr.gottwald@dr-gottwald-berlin.de

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