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Netzspeicher

Kein Projekt ohne Akzeptanz

Die Firma Eco Store baut derzeit mehrere Batteriekraftwerke in einer neuen Größenordnung. Was leisten diese Megaspeicher?

Hans Urban: In Zukunft wird der Ausgleich fluktuierender Ökoenergie immer wichtiger. Großbatteriespeicher können diesen Ausgleich schaffen, stabilisieren dabei gleichzeitig die Strompreise und garantieren eine weiterhin sichere Stromversorgung. Im Gegensatz zu den bisherigen Projekten haben die geplanten Projekte nun eine Größe in dreistelliger Megawattleistung sowie auch in der Kapazität in Megawattstunden. Diese neuen Dimensionen sind wichtig, um im Netz relevante Wirkungen zu erzielen. Die Batteriespeicher erreichen also inzwischen eine Größenordnung von Pumpspeicherkraftwerken. Trotzdem werden Batteriespeicher immer nur die Funktion von Kurzzeitspeichern über wenige Stunden erfüllen. Gerade für diese Zeitbereiche sind sie mit ihrer sehr hohen Effizienz und ihrem guten dynamischen Verhalten optimal geeignet.

Wie refinanzieren sich die Großprojekte?

Der große Vorteil solcher Netzspeicher ist, dass sie die Energiewende unterstützen und voranbringen, aber gleichzeitig die Volkswirtschaft nicht mit Kosten belasten. Um das auch quantitativ nachzuweisen, hat die Firma Eco Stor im Herbst 2023 eine entsprechende Studie veröffentlicht. Die Batteriespeicherprojekte werden ohne Förderungen und ohne Umlage auf die Netzentgelte ausschließlich mit privatem Kapital errichtet. Sie refinanzieren sich allein über die Einkünfte für die Bereitstellung von Regelleistung oder über den sogenannten Arbitragehandel am freien Strommarkt. Das heißt, sie nutzen die Schwankungen des Strompreises und verlagern dabei beispielsweise ein Überangebot an meist erneuerbaren Strommengen hin zu Zeiten des Mangels. Die beschriebenen Speicher werden also komplett im freien Strommarkt betrieben. Sie belasten also auch nicht das EEG-Konto oder den Steuerhaushalt, sondern sie generieren im Gegenteil sogar Einnahmen, weil sie den Marktwert der Erneuerbaren steigern und somit Zuschüsse aus dem EEG-Konto minimieren.

Welche Rahmenbedingungen brauchen diese Projekte?

Grundvoraussetzung für diese Größe der Projekte ist natürlich der extreme Lern­effekt und die Kostendegression bei Speicherprojekten in den letzten Jahren. Zu den aktuell möglichen Systemkosten können inzwischen Projekte gebaut werden, die sich auch am freien Strommarkt in angemessenen Zeiten refinanzieren. Eine zusätzliche Förderung für solche Projekte ist nicht nötig. Sehr wichtig sind jedoch geeignete und auch einheitliche Rahmenbedingungen: Die wohl wichtigste Hürde war bisher die 2026 auslaufende Netzentgeltbefreiung für Speicher, mit der eine Investitionssicherheit insbesondere bei großen Projekten nicht mehr gegeben war. Diese Netzentgeltbefreiung wurde nun bis 2029 verlängert. Weiterhin wichtig ist eine einheitliche Privilegierung im Außenbereich für die Baugenehmigung der Projekte sowie eine angemessene Beteiligung der Standortgemeinden an den Einkünften. Auch entsprechende Vereinfachungen beim Wegerecht für die Leitungsverlegung analog zu Wind und Photovoltaik sind nötig.

Wer sind die Treiber solcher Projekte?

Speicherprojekte in dieser Größenordnung sind natürlich sehr kapitalintensiv. Kapital für solche Projekte ist aber in der Regel in fast jeder Größenordnung zu mobilisieren. Wichtig ist nur, dass entsprechende belastbare Renditeberechnungen vorliegen und dass diese Renditen gewisse Größenordnungen erreichen. Die Renditeerwartungen kann man aber in diesem Bereich durchaus als konservativ betrachten, weil immer mehr institutionelle Geldanleger insbesondere auch die Nachhaltigkeit ihrer Investitionen bewerten. Privates Kapital kann für die Energiewende also immer mobilisiert werden, wenn die Rahmenbedingungen passen – und das ist auch wichtig. Denn ohne privates Kapital werden Investitionen in diesen Größenordnungen niemals möglich sein.

Sollte der Baukostenzuschuss nicht besser abgeschafft werden?

Ein Baukostenzuschuss ist eigentlich aus Sicht des Netzbetreibers in vielen Fällen durchaus zu rechtfertigen. Denn insbesondere Verbraucher mit hohen Leistungsspitzen brauchen die Bereitstellungsleistung des Netzes. Die dafür nötigen Investitionen sollen über Baukostenzuschüsse entsprechend vergütet werden. Großbatteriespeicher belasten die Stromnetze aber in der Regel nicht, sondern helfen aufgrund ihrer Betriebsweise fast immer, die Netze zu stabilisieren. Insofern ist ein Kostenzuschuss für diese Art von Speicher eigentlich technisch nicht zu rechtfertigen. Was aber noch hinzukommt, ist die vollkommen unterschiedliche Behandlung von Baukostenzuschüssen bei den verschiedenen Verteilnetzbetreibern. Hier gibt es große und kaum erklärbare Unterschiede, von null oder 30 Euro bis weit über 100 Euro pro Kilowatt ist alles vertreten. Das führt momentan dazu, dass Speicher ausschließlich dort entstehen, wo es bezahlbare Baukostenzuschüsse gibt, und nicht dort, wo sie physikalisch im Netz sinnvoll wären. Hier ist dringend eine Vereinheitlichung sowie eine Begrenzung auf ein vernünftiges und nachvollziehbares Niveau nötig.

Haben neuere Speicher durch ihre niedrigeren Kosten einen Vorteil bei der Vermarktung von Primärregelenergie (PRL) und anderer Dienstleistungen?

Die PRL ist eigentlich bei den Großspeichern der neuen Generation bei der Prognose der Erlösmodelle praktisch nicht mehr maßgeblich. Eine immer größere Speicherkapazität und -leistung trifft künftig auf eine konstante Ausschreibungsmenge. Deshalb ist ein weiterer Preisverfall der PRL schon vorprogrammiert. Aus diesem Grund stützen sich die Geschäftsmodelle für neue Großbatterien tendenziell auf Sekundärregelleistung und auf den bereits angesprochenen freien Energiemarkt. Natürlich gilt auch hier: Je mehr Speicherleistung installiert ist, desto kleiner werden die Erträge, die ein einzelner Speicher erlösen kann. Das ist eine wichtige Tatsache, denn die Speicher sollen ja Strompreisschwankungen in der Summe dämpfen – und nicht noch vergrößern. Umso wichtiger ist es aber, dass die Systemkosten der Speicher in Zukunft weiter sinken, denn nur so können sie auch in Zukunft immer noch wirtschaftlich betrieben werden.

Für welche Anwendungen werden die Speicher noch gebraucht?

Batteriespeicher sind sozusagen das Schweizer Taschenmesser der Energiewende. Sie sind für viele Anwendungen geeignet und werden deswegen in Zukunft noch wichtiger werden. Allerdings werden sich diese Anwendungen tendenziell immer im Kurzzeitbereich abspielen. Gerade dieser dynamische Kurzzeitbereich wird jedoch beim zukünftigen Umbau des Kraftwerksparks immer wichtiger. Die Speicher werden also in Zukunft immer mehr dynamische Aufgaben übernehmen: Schnelle Frequenzregelung, künstliche Trägheit oder Kurzschlussleistung im Netz sind hier einige Stichworte. Die installierten Speicherkapazitäten werden natürlich auch in Zukunft wichtig sein, um Netze auch vom Nullzustand hochfahren zu können, Stichwort: Schwarzstartfähigkeit. Hier sind aber Politik und Regelungsbehörden gefordert, diese Leistungen in Zukunft entsprechend zu bewerten und auch Vergütungen dafür anzubieten. Denn nur dann werden die Speicher auch technisch dafür ausgerüstet werden.

Wie steht es um die Akzeptanz von großen Speicherprojekten? Bisher können die Gemeinden vor Ort über die Gewerbesteuer gar nicht mitverdienen.

Die Akzeptanz bei großen Speicherprojekten ist aus der bisherigen Erfahrung sehr gut zu bewerten. Ehrlicherweise liegt das auch daran, dass große Speicher im Vergleich zu Windkraftanlagen oder Solarparks nur eine sehr geringe und in der Regel auch eher minderwertige Flächenkulisse benötigen. Allerdings ist es wichtig, dass diese Flächen in der Nähe der Netzknotenpunkte liegen. Deswegen ist man auf die Akzeptanz bei Grundstückseigentümern und Standortgemeinden natürlich sehr stark angewiesen. Für Eco Stor ist es eine absolute Sache der Fairness, dass diese Standortgemeinden einen angemessenen Beitrag von den Gewerbesteuereinnahmen und damit auch von den Erlösen bekommen. Denn sie müssen auch die Grundstücke zur Verfügung stellen und vielleicht mit gewissen Einschränkungen im Landschaftsbild leben. Eine Regelung zur Beteiligung an der Gewerbesteuer im Verteilungsschlüssel 90 zu 10 liegt ja für Öko­strom­anlagen bereits vor. Sie müsste nur analog auf Speicherprojekte erweitert werden. Aber Fairness hin oder her: Hier gibt es in der Regel auch ganz klare Anforderungen möglicher Standortkommunen: Ohne Beteiligungen, keine Akzeptanz und ohne Akzeptanz gibt es keine Projekte. So einfach ist das!

Das Interview führte Niels H. Petersen.

Im Interview

Hans Urban

Der Ingenieur ist freier Berater für erneuerbare Energien, E-Mobilität und Speicher. Er arbeitet derzeit im Auftrag des Speicherprojektierers und -betreibers Eco Stor mit Sitz in Kirchheim bei München. Er verfügt über jahrzehntelange Erfahrung in der Solarbranche.

Foto: Privat