Etwas mehr als 20 Kilometer nördlich von der ostspanischen Küstenstadt Valencia liegt das Hauptquartier des Start-ups Ampere Energy. Auf dem Weg erblickt man kilometerlangen gelben Sandstrand, das türkisblaue Mittelmeer geht fast nahtlos in den Himmel über. Im Industriegebiet des Städtchens Puzol angekommen, sind die Straßen leer. Denn zum Zeitpunkt unseres Besuchs ist ein lokaler Feiertag. Deshalb baut keiner der Arbeiter in der Fertigungshalle Lithiumspeicher zusammen. Im ersten Stock herrscht hingegen reges Treiben. Hier wird gearbeitet, ein international agierendes Unternehmen kann auf einen lokalen Feiertag keine Rücksicht nehmen.
Eigenverbrauch bietet neue Chancen
Der Speichermarkt entwickelt sich rasant, professionalisiert sich mit jedem Jahr weiter. Das weiß auch Ander Muelas, Gründer und Geschäftsführer von Ampere Energy. Der gebürtige Baske und studierte Ingenieur arbeitet bereits seit mehr als zehn Jahren im Geschäft mit Ökoenergie. 2006 war er einer der Gründer des Solar-Projektierers Grupotec mit Hauptsitz in Valencia und hohem Marktanteil im Vereinigten Königreich. „Die Rahmenbedingungen für Solarenergie sind derzeit alles andere als optimal“, weiß der optimistisch wirkende Manager. „Für den Eigenverbrauch sieht es aber gut aus, in diesem Fall spielt uns das geltende Gesetz in die Karten“, sagt Muelas. Der Hersteller müsse allerdings aktiv auf die Menschen zugehen und sie überzeugen.
Nach dem Moratorium gegen die Einspeisevergütung von Solarstrom aus dem Jahr 2011 ist das nur verständlich. Seitdem unterliegen Photovoltaikanlagen und Speicher einer „Sonnensteuer“, ähnlich der EEG-Umlage auf selbst verbrauchten Strom in Deutschland. Lediglich unterhalb einer Bagatellgrenze von zehn Kilowatt Leistung, die für den eigenen Verbrauch bestimmt sind, sind diese Anlagen und Speicher von der Sonnensteuer (noch) befreit. Das hat den Markt auf der Iberischen Halbinsel wiederbelebt, die Leute sind kreativ geworden. Jemand wie Ander Muelas, der genau zu diesem Zeitpunkt die neue Firma gründete, hat das weitsichtig erkannt.
Schickes Design fürs Wohnzimmer
Im September 2016 lieferte die Firma knapp 50 Speichersysteme im Monat aus, derzeit sind es schon an die 100 Exemplare. Die schnell hochlaufende Produktion ist wichtig für das Unternehmen, denn auf dem Speichermarkt für private Kunden sowie für Gewerbe und Industrie tummeln sich immer mehr Unternehmen – der Wettbewerb wird härter, und die Preise sinken. Nur wer auf entsprechende Stückzahlen kommt, kann günstig am Markt anbieten. Das ist wiederum gut für die Käufer, lässt die Nachfrage steigen und den Markt insgesamt weiter wachsen. Das Jahr 2017 ist vielleicht das letzte, in dem neue Player noch im Markt Fuß fassen können. Rund fünf Prozent Marktanteil hält Muelas in dem führenden Heimspeichermarkt Deutschland für möglich. Mindestens 2.000 Speicher will das Start-up 2017 insgesamt absetzen.
Ampere hat gute Bedingungen dafür. Zum einen herrscht auf dem zwar noch kleinen spanischen Markt nur wenig Konkurrenz. Zum anderen bietet das Unternehmen ein technisch ausgereiftes Produkt mit einem ansprechenden Design. Nach dem Vorpreschen des US-Konkurrenten Tesla haben viele Firmen erst die Bedeutung von Marketing und Design verstanden – die Spanier haben ihre Hausaufgaben umso sorgfältiger gemacht. Muelas ist überzeugt, dass in zehn Jahren in jedem spanischen Haushalt ein Speicher zu finden sein wird. Deshalb ist Design so wichtig. „Niemand will das Gerät verstecken müssen, weil es unansehnlich und klobig ist“, betont der Manager. Auch deshalb arbeitet in der Firma ein eigenes Team für Produktdesign.
Kugelform als Hingucker
Bereits 2016 war der Ampere Sphere für den EES Award auf der Intersolar in München nominiert. Die Firma präsentierte damals den einzigen kugelrunden Lithumspeicher auf der Messe. In schlichtem Weiß gehalten und mit einem Durchmesser von knapp 70 Zentimetern war der Speicher ein Hingucker. Besonders ist aber auch die eigens entwickelte Steuerungssoftware namens Ampi. Der intelligente Manager sorgt je nach Einstellung für eine möglichst hohe Unabhängigkeit oder den höchsten Gewinn aus dem Einkauf und Verkauf von Börsenstrom. Steuern lässt sich der Speicher über eine intuitive App.
Die Installation ist nach Aussage der Firmentechniker einfach: Das Gerät muss nur angeschlossen und angeschaltet werden, weil das gesamte System bereits vormontiert angeliefert wird. Eine optional mögliche Funkverbindung zum Stromzähler erleichtert die Installation. Bei der Entwicklung des Speichersystems sind laut Muelas Anforderungen aus unterschiedlichen Ländern wie Deutschland, England und Spanien bereits berücksichtigt worden, was die internationale Ausrichtung des Unternehmens von Beginn an unterstreicht.
Im Industriegebiet der Kleinstadt Puzol hat die Firma ausreichend Platz, um weiter zu wachsen. Die Mieten dürften im Vergleich zu Großstädten wie Valencia oder Barcelona sehr günstig sein. Und Platzmangel gibt es auch nicht. Batteriemodule, Wechselrichter und Energiemanagementsysteme (EMS) werden vor Ort zusammengebaut. Zwei Produktionslinien sind derzeit in der Halle aufgebaut. Platz wäre in der Halle für insgesamt fünf Linien und eine Produktion von 20.000 Speichergeräten pro Jahr.
Das Gehirn hinter dem EMS
Im Testlabor neben dem Fertigungsraum werden der Ertrag einer Photovoltaikanlage sowie ein Haushalt mit authentischem Lastprofil simuliert. Das Gehirn hinter der Entwicklung des EMS heißt Xavier Benavides Rel, kurz Xavi genannt, wie der einstige Spielgestalter des FC Barcelona. „Der Hybridwechselrichter für Photovoltaik und Batterie in einem, den die Firma einbaut, ist eine Sonderanfertigung eines spanischen Zulieferers“, berichtet der Ingenieur. Die Batteriezellen liefert der südkoreanische Hersteller LG Chem.
Das meistverkaufte Modell bei Ampere sei allerdings nicht der kugelförmige Sphere, berichtet Xavi, sondern das größere Modell Square mit zwei Batteriemodulen und insgesamt sechs Kilowattstunden Kapazität. Das Gerät ist ebenfalls sehr schlicht mit seitlich abgerundeten Ecken, und es misst laut Datenblatt nur 18 Zentimeter in der Tiefe zur Wand. Auch dieses Gerät wurde bereits bei der Intersolar Europe ausgestellt.
Profitieren vom billigen Börsenstrom
Im spanischen Markt gibt es zwei Geschäftsmodelle für den Speicher. Erstens gilt es, den eigenen Verbrauch zu decken, hinzu kommt zweitens, dass der Speicher auch ohne Solargenerator auf dem Dach an der Strombörse Geld verdienen kann. Anders als in Deutschland profitieren auch private Stromkunden von einem geringen Börsenstrompreis, denn in Spanien gibt es bereits zeit- und lastvariable Stromtarife. 80 Prozent der Haushalte in Spanien verfügen über Smart Meter. 2018 sollen sogar nahezu alle Haushalte bestückt sein.
Muelas zieht sein Mobiltelefon aus der Tasche und öffnet die firmeneigene App. „Gerade in der Nacht fällt der Börsenpreis durch überschüssigen Windstrom auf rund drei Cent pro Kilowattstunde“, sagt er. Der Haushalt kann diesen günstigen Strom für sich nutzen oder aber tagsüber für zehn bis zwölf Cent wieder verkaufen. Durch diese Marge amortisiert sich der Speicher quasi wie von selbst – und das sogar ohne Solaranlage.
Damit das optisch überzeugende Gerät auch an den Mann oder die Frau kommt, muss der Vertrieb insgesamt gut aufgestellt sein. Ampere arbeitet mit rund 70 Installateuren und über zehn Großhändlern im heimischen Markt zusammen. Auch in Deutschland werden die Verkaufs- und Servicestrukturen aufgebaut und erweitert, denn niemand will sein Gerät im Falle des Falles nach Spanien zurückschicken müssen. Die Vor-Ort-Betreuung ist das A und O, wie auch der US-Konkurrent Tesla in den vergangenen Monaten erfahren musste.
Tochterfirma in Berlin gegründet
Durch die Erfahrungen mit spanischen Solarmodulherstellern aus den vergangenen Jahren sind vielleicht einige Installateure vorsichtiger geworden, haben Vorbehalte gegen eine Firma von der Iberischen Halbinsel. Von den Firmen Isofotón oder Atersa hat man schließlich länger nichts mehr gehört und nachdem die Modulbauer verschwunden waren, blieben die Kunden und Installateure teils ohne einen Ansprechpartner zurück. Auch aus diesem Grund wollte sich die photovoltaik selbst vor Ort einen Eindruck des neuen Speicherherstellers machen.
Die räumliche Nähe zum Kunden ist wichtig. Aus diesem Grund hat Ampere Energy Mitte Januar 2017 eine eigenständige GmbH in Berlin gegründet. „Nun soll im laufenden Jahr das Fachpartner- und Servicenetzwerk in Deutschland, Österreich und der Schweiz zügig ausgebaut werden“, berichtet Dietmar Geckeler, der als Berater den Aufbau der neu gegründeten deutschen Tochter begleitet und das Unternehmen von Beginn an unterstützte. Neben dem Hauptsitz in Berlin gibt es bereits ein Vertriebsbüro in Süddeutschland. Neben zahlreichen Fach- und Installationspartnern im gesamten Bundesgebiet laufen aktuell Gespräche mit interessierten Partnern für Service-Stützpunkte in den Regionen West- sowie Norddeutschland. Für die Fachpartner soll es regelmäßig technische Schulungen geben, um sie zu zertifizieren. Die Vertriebspartner werden so mit der Zeit zu Servicepartnern.
Positives Feedback der Installateure
Installateure, die bereits mit Ampere-Systemen Erfahrung haben, lobten die einfache Handhabung sowie die hochwertige Verarbeitung, berichtet Geckeler. Für den Einbau sollte man idealerweise zu zweit sein, um die Komponenten ohne Probleme und nach gesetzlichen Vorgaben zu montieren. Die größte Einheit sei dabei der Batterieblock, er wiegt knapp 35 Kilogramm. Durch technische Fortschritte bei der Batterietechnik wird schon daran gearbeitet, das Gewicht pro Batteriemodul auf 25 Kilogramm abzusenken, unter Beibehaltung der Kapazität von knapp drei Kilowattstunden netto. Geckeler resümiert: „Bislang sind gut 50 Systeme in Deutschland am Netz. Die Rückmeldungen von den Installateuren sind bisher alle sehr positiv.“
Wichtige Veranstaltungen im Kalender 2017 sind die Energy Storage in Düsseldorf und die Intersolar Europe in München, auf denen die Firma präsent sein wird. Das Jahr muss genutzt werden, bevor sich die Tür für neue Anbieter zum Speichermarkt schließt. Die Aussichten sind gut, das Design stimmt.
Ampere Energy Deutschland
Eine eigene GmbH für den Leitmarkt
Die spanische Firma Ampere Energy hat am 17. Januar 2017 eine eigenständige GmbH in Berlin gegründet. Geschäftsführer ist ebenfalls der Baske Ander Muelas. Von der Hauptstadt aus soll ein Netzwerk von Partnern und Installateuren für den deutschsprachigen Raum, also auch für Österreich und die Schweiz, aufgebaut werden. Die Fachpartner sollen über technische Schulungen zertifiziert werden.
Das spanische Unternehmen hat seinen Hauptsitz bei Valencia. Zwei verschiedene Modelle bietet Ampere Energy an: den kugelförmigen Sphere und das größere, rechteckige Modell Square mit insgesamt sechs Kilowattstunden Kapazität. 2016 war der runde Sphere für den EES Award auf der Intersolar in München nominiert.