In den Gängen der Speicheranbieter gab es zum Teil kein Durchkommen mehr. Menschentrauben um fast alle Stände. Wer an Infobroschüren heranwollte, musste zum Teil Schlange stehen. „Sie sehen ja, wie der Stand belagert wird“, heißt es bei Leclanché. „Bei uns ist seit zwei Tagen die Hölle los“, erfährt man bei Nedap. „Das Interesse ist einfach riesig“, sagt auch Jochen Lenck von Akasol. „Es geht jetzt los mit den Speichersystemen. Das merkt man.“ Waren im vergangenen Jahr nur eine Handvoll Anbieter von Speicherlösungen auf der Intersolar vertreten, sprach der Veranstalter Solar Promotion diesmal offiziell von etwa 140, tatsächlich schienen es aber noch einige mehr zu sein. Vom schicken, kleinen Einfamilienhaus-System über modulare Speicherschränke für gewerbliche Anwendungen bis hin zum Megawattstunden-Speicher in Containergröße: Für fast jedes Problem bot ein Unternehmen die passende Lösung.
Warum in diesem Jahr so viele Anbieter von Speichersystemen vertreten sind, erklärt Matthias Vetter vom Fraunhofer ISE . „Einerseits zeichnet sich der Bedarf ab. Andererseits liegt es auch an den steigenden Strompreisen“, sagt der Abteilungsleiter PV-Inselanlagen und Batteriesystemtechnik. „Vier bis fünf Prozent Strompreissteigerungsrate für den Endkunden pro Jahr, gleichzeitig eine drastische Reduktion der Einspeisevergütung. Das macht es für den Endkunden in Zukunft wirtschaftlich interessant, Speicher im dezentralen Bereich einzusetzen. Das wissen natürlich auch die Anbieter.“ Gerade bei den vielen Häuslebauern, die sich derzeit für kleine Home-Speichersysteme interessieren, kommt laut Vetter noch ein weiterer emotionaler Faktor hinzu. Das sei der Wunsch, bis zu einem gewissen Grad unabhängig vom Energieversorger zu sein.
Lithium und Blei
Technologien wie Brennstoffzellen oder Redox-Flow-Batterien gehörten dabei noch immer eher zu den Exoten. Auf der Intersolar zumindest stachen zwei Technologien deutlich heraus: Lithium und Blei. Im Kampf der beiden alten Kontrahenten scheint Lithium nun aber langsam die Oberhand zu gewinnen. Die voranschreitende Massenproduktion, wie sie zum Beispiel Panasonic und Leclanché kürzlich angekündigt haben, senkt die Preise, und auch durch eine stetig steigende Anzahl der Vollladezyklen werden Lithiumsysteme derzeit in vielen Anwendungsbereichen rentabel. Der Herstellervon Lithiumbatterien LG Chemical geht davon aus, dass die Kosten in Zukunft weiter rasant sinken werden. „In den nächsten fünf Jahren vermutlich auf rund die Hälfte“, schätzt Seokhwan Kwak, Direktor aus der Abteilung für Mobile Batterien bei LG Chemical.
Hersteller von Bleibatterien glauben dennoch an ihre Zukunft. Eugene Goossens vom niederländischen Hersteller MK Batter y sagt beispielsweise: „Unsere Bleibatterien können zu 100 Prozent recycelt werden. Das geht mit Lithiumbatterien noch nicht.“ Lithiumbatterien könnten außerdem explodieren, argumentiert er. Die Bleitechnologie sei hingegen völlig ausgereift und sicher. Direkt neben dem Stand von MK Battery steht der von Varta Microbattery . Hier setzt man auf Lithium und ist, was Sicherheit und Entwicklungsgrad dieser Technologie angeht, etwas anderer Meinung. „Wir haben jahrzehntelange Erfahrung mit Lithiumbatterien. Daher haben wir auch die Sicherheit gut unter Kontrolle,“ erklärt der CEO von Varta Microbattery Herbert Schein. Er räumt allerdings ein: „Wenn jemand Lithiumbatterien ohne die nötige Erfahrung herstellt, ist das sicherlich mit einem Fragezeichen zu versehen.“ Besonders viel Sicherheit verspricht der Schweizer Hersteller Leclanché . Hier basiert der Speicher auf einer Lithium-Titanat-Technologie. Anstatt eines herkömmlichen Kunststoffseparators haben die Zellen außerdem einen stabileren keramischen Separator. Damit explodiert nichts mehr, auch nicht, wenn ein Installateur bei vollgeladenem Zustand einen Nagel durch die Zelle schlägt. Das ist aber laut Leclanché nicht der einzige Vorteil der Titanat-Technologie. Die Speicher würden es unter guten Bedingungen auf bis zu 15.000 Vollladezyklen bringen. Dadurch habe der Speicher auch gute Chancen, über die gesamten 20 Jahre Laufzeit einer Photovoltaikanlage durchzuhalten. Eine Garantie gibt der Hersteller bislang aber trotzdem nur für 10 Jahre.
Für Groß und Klein
Lithiumbatterien kamen bisher eher in kleinen Anwendungen wie Handy- oder Laptopakkus zum Einsatz. Für größere Speicher griff man aus Kostengründen eher auf Blei zurück. Auch diese Zeiten scheinen sich nun zu ändern. Um ihre Speicher zu vergrößern, verschalten Hersteller die kleinen Lithiumzellen zunächst zu größeren Modulen. Ein paar solcher Module ergeben dann ein Home-System, noch ein paar Module mehr und man hat den Speicherschrank für größere Anwendungen. Stapelt man solche Speicherschränke wiederum in einem Container, kommen manche Unternehmen bereits auf Speichergrößen im Megawattstunden-Bereich.
Leclanché bietet zum Beispiel einen 20-Fuß-Container mit 200 Kilowattstunden und einen 40-Fuß-Container mit 500 Kilowattstunden Speicherkapazität an. Panasonic stellt auf der Messe ebenfalls ein 500-Kilowattstunden-System vor, das zusammen mit Siemens realisiert wurde. „Das System wird von einem Energieversorger genutzt und mit Netzstrom gespeist, um Schwankungen auszugleichen“, sagt Matthias Gruss, Projektmanager bei Panasonic. „Es ist aber auch genauso gut für den Ausgleich von Schwankungen in großen Solarparks geeignet.“ Das italienische Unternehmen Fiamm zeigt ebenfalls ein Containersystem, das sich bis zu mehreren Megawattstunden hochskalieren lässt. Es basiert auf einer Nickel-Sodium-Technologie, womit man preislich zwischen Blei undLithium rangiere. „Das Interesse ist sehr groß, aber die Nachfrage nach den großen Speichercontainern ist bisher eher gering“, sagt Mario Vona, Sales Area Manager bei Fiamm. „Bis 2020 rechnen wir aber mit einer deutlich steigenden Nachfrage.“
Elektronik fürs System
Den meisten Andrang gab es auf der Intersolar bei den kleinen Speichersystemen für den Hausgebrauch. Für ein solches System braucht man wesentlich mehr als nur eine Batterie. Es geht vielmehr darum, die Batterie mittels einer Kombination aus Wechselrichtern, Energiemanagern, Ladereglern und anderer Leistungselektronik effizient und sinnvoll in das Gesamtsystem einzubinden. Hier konkurrieren derzeit zwei unterschiedliche Ansätze miteinander: AC- und DC-gekoppelte Systeme.
Bei der AC-Variante kann der Speicher direkt an das Wechselstromnetz eines Gebäudes angeschlossen werden. Solche Systeme lassen sich leichter nachrüsten. Der Installateur kann den Aufstellungsort des Speichers relativ frei wählen. DC-gekoppelte Speicher werden direkt mit Gleichstrom gespeist, was zu weniger Effizienzverlusten durch das mehrfache Umwandeln von Gleichstrom zu Wechselstrom und zurück führt. Deswegen setzen Unternehmen bei neueren Systemen oft auf die DC-Kopplung.
SMA hat dieses Jahr, salopp gesagt, die Seiten gewechselt. Bisher hatte der Wechselrichter-Weltmarktführer ein AC-gekoppeltes System für Bleiakkus im Angebot. Dieses System werde es auch weiterhin geben, sagt Volker Wachenfeld, Executive Vice President Technology der Division Off-Grid Solutions, da es sich sehr gut für Inselsysteme eigne. Das neue Gerät, der Sunny Boy 5000 smart Energy, nutzt dagegen eine Lithiumbatterie von LG Chemical, die über einen 1,5-Kilowatt-Laderegler am DC-Zwischenstromkreis des Wechselrichters angeschlossen und im gleichen Gehäuse untergebracht ist. Das ist so klein, dass es der Installateur sogar an die Wand hängen kann. Das neue Gerät ist vorrangig für den netzgekoppelten Betrieb gedacht. Die Batterie hat eine Kapazität von 2,3 Kilowattstunden. Die Größe ist nach Ansicht der SMA-Entwickler optimal, damit das System wirtschaftlich betrieben werden kann.
Mit und ohne Batterie
Bei Speichersystemen sind die Akkus entweder direkt integriert oder sie können separat mit der Leistungselektronik verbunden werden. Integrierte Speicher haben zum Beispiel die beiden DC-gekoppelten Systeme von Voltwerk und E3/DC , die zu den ersten Systemen gehörten, die tatsächlich auf dem Markt erhältlich waren. AS Solar berichtet auf der Intersolar gerade über die ersten glücklichen Kunden des E3/DC-Systems und präsentiert gleichzeitig das separate Energiemanagementsystem EnergyMaster. Ebenfalls ein System mit integriertem Speicher, diesmal allerdings AC-gekoppelt, ist der SolStore von IBC Solar . Den gibt es in einer Bleiakku-Variante mit bis zu acht Kilowattstunden Kapazität und als neuere Lithiumvariante mit maximal 6,3 Kilowattstunden. Auch Hawi bietet mit dem PV-Manager bereits eine All-in-one-Lösung an. Conergy schickt den sogenannten Sonnenspeicher mit einer Kapazität von bis zu 13,2 Kilowattstunden ins Rennen. Solarworld bietet das neue SunPak K 10.9 an, das erstmalig die Lade- und Entladefunktion der Batterie in einem dreiphasigen Speicher-Wechselrichter integriert. Ein zusätzlicher Laderegler sei damit nicht mehr nötig. Akasol präsentiert den schick designten neeoQube, der sich als neeoRack-Variante auch in einen Speicherschrank mit bis zu 33 Kilowattstunden einbauen lässt. Das System lässt sich laut Unternehmen bis zu einer Kapazität von 5,3 Megawattstunden hochskalieren.
Es gibt aber auch Speichersystem-Anbieter, die bewusst auf eine integrierte Batterie verzichten. Stattdessen bieten sie eine Leistungselektronik an, die mit unterschiedlichen Batterie-Technologien zusammenarbeitet. Einer der ersten Hersteller solcher Systeme ist die niederländische Firma Nedap . Ihr sogenannter Power Router ist Energiemanager, Wechselrichter und Laderegler in einem. Er arbeitet unter anderem mit Batterien der Hersteller Saft und Leclanché. Es gibt den Power Router als Offgrid-Variante und zur Erhöhung des Eigenstromverbrauchs bei netzgekoppelten Anlagen. Viele andere Firmen nutzen derzeit die Technik von Nedap, um ihre Systeme zu betreiben. Donauer und Krannich bieten beispielsweise Komplettsysteme mit dem Power Router an. Wer nicht gleich alles auf einmal braucht, findet Energiemanager, Wechselrichter und Laderegler aber auch bei vielen Herstellern einzeln im Angebot. Ads tec bietet mit dem Storage Rack Controller SRC zum Beispiel eine separate Lösung für die Leistungselektronik in Speicherschränken an.
Wasserstoff und Wärme
Etwas Besonderes plant derzeit die Firma Fronius . Die sogenannte Energiezelle soll schon bald als kompakte Einheit aus Elektrolyseur und Brennstoffzelle im energieautonomen Einfamilienhaus derZukunft stehen. Der Elektrolyseur erzeugt dabei Wasserstoff, der in einem Tank gespeichert wird. Bei Bedarf wandelt die Brennstoffzelle den Wasserstoff wieder in Energie um, und zwar nicht nur in elektrische Energie, sondern auch in nutzbare Wärme. Der Vorteil ist, dass sich die Energie über einen langen Zeitraum, auch vom Sommer bis in den Winter hinein speichern lässt. Der Nachteil ist, dass die Investitionskosten deutlich über denen für die Akkus der sonst vorgestellten Home-Systeme liegen wird. Noch gibt es die Energiezelle erst in einer Prototypvariante ohne Elektrolysefunktion. Die Folgeversion mit Wasserstoffproduktion soll im Laufe des nächsten Jahres auf den Markt erhältlich sein.
Auch Centrosolar setzt mit dem neuen System Cenpac plus darauf, den Solarstrom nicht nur als elektrische Energie zu speichern, sondern in diesem Fall in Form von Wärme. Das Unternehmen kombiniert eine Photovoltaikanlage mit einer Wärmepumpe und bietet das als Komplettpaket Cenpac Plus seit Anfang des Jahres an. In der Branche führte es bereits zu viel Diskussion, da über den Sinn von Wärmepumpen gestritten wird (siehe photovoltaik 01/2012, Seite 46, und Leserbriefe in photovoltaik 04/2012).
„Das Interesse bei den Installateuren ist groß“, sagt jedoch Pressereferentin Manuela Jakobi. „Es wird sehr häufig nach dem Heatshifter gefragt, der zwischen Wechselrichter und Wärmepumpe geschaltet wird und deren Zusammenspiel regelt.“ Wenn gerade viel Sonnenenergie zur Verfügung steht, speichert der sogenannte Heatshifter Wärme in einem 300-Liter-Wassertank. Diese Wärme kann dann zur Wassererwärmung genutzt werden, wenn dies zum Beispiel in den Morgenstunden nötig ist. Laut Jakobi liegt hier der Unterschied zu anderen Systemen: Der Heatshifter sorge über einen intelligenten Algorithmus dafür, dass die Temperatur im Speicher der Wärmepumpe nur bei optimalen Solarstromerträgen erhöht wird. Damit ließen sich Eigenverbrauchsanteil und Gesamtanlageneffizienz deutlich erhöhen.
Speicher projektieren
Der Hype um die Speichersysteme macht natürlich auch vor den Projektierern nicht halt. So gibt es immer mehr Unternehmen, die sich auf die Planung und Dimensionierung von Speichertechnik spezialisieren. Die Firma Clean Energy bietet beispielsweise einen solchen Service an und hat dafür ein eigenes Energiemanagementsystem entwickelt. Das Unternehmen 3+Solar projektiert sogar ein ganzes Komplettsystem mit Photovoltaikanlage, Mikrowindrädern und Erdwärmekollektor: Das Win-Sun-Volkskraftwerk. Als Stromspeicher dient dabei ein System namens Sonnenbatterie der Firma Prosol Invest . Um die Größe von Speicher, Wind- und Photovoltaikanlage zu dimensionieren, messen die Techniker von 3+Solar zunächst über eine Woche detailliert den Stromverbrauch des jeweiligen Haushalts. Erst dann wird geplant und losgebaut. In einem Rechenbeispiel kommt Norbert Zeise von 3+Solar auf eine Spar-Rendite im Vergleich zum Steckdosenstrom von über sechs Prozent. Dabei seien etwaige Strompreiserhöhungen der kommenden Jahre noch gar nicht mit eingerechnet.
Auch andere Anbieter behaupten: In vielen Anwendungsbereichen sei die Speicherung von Solarstrom schon heute rentabel. Obwohl solche Aussagen noch mit Skepsis behandelt werden sollten: Die Dynamik in dem Segment ist riesig und der Siegeszug der kleinen Stromspeichersysteme für den Hausgebrauch hat gerade erst begonnen.