Die Speicherbranche treibt derzeit eine Diskussion um, die wir vor zehn Jahren bereits bei den Wärmepumpen geführt haben. Damals winkten die Hersteller mit ihren Datenblättern: Seht her, wie effizient unsere Wärmepumpen sind! Ihr COP ist rekordverdächtig!
COP steht für Coefficient of Performance: Es ist ein Maschinenwert, der auf dem Prüfstand beim Hersteller ermittelt wird. Weil die Effizienz der Wärmepumpen aber sehr stark von ihrem Einbau in das Wärmeversorgungssystem beim Kunden und von der Verarbeitungsqualität der Hydraulik abhängt, ist der COP eines nicht: ein Maß für die tatsächliche Effizienz.
JAZ statt COP
Dafür hat sich, nach langen Disputen, die Jahresarbeitszahl (JAZ) durchgesetzt. Sie wird im Laufe eines Betriebsjahres ermittelt, als Quotient aus genutzter Wärme und zugeführtem elektrischen Strom.
Der COP ist ein Hinweis, dass die Wärmepumpe möglicherweise effizient ist. Dass die Ingenieure gute Arbeit geleistet haben. Wirklich die Hose runterlassen müssen die Anbieter aber bei der JAZ. Da zählt nur, was die unerbittlichen Zähler sagen. Was der Installateur letztlich bei seinem Kunden eingebaut hat – und vor allem: wie ordentlich er seinen Job gemacht hat.
Produkttests auf dem Prüfstand
In der Speicherbranche sind wir nun am selben Punkt angekommen. Die Anbieter winken mit ihren Datenblättern, ein Rekord jagt den anderen, so kommt der Markt in Schwung. Daran ist zunächst nichts Verwerfliches, im Gegenteil. Die Speicherbranche ist eine innovative Branche, die das konventionelle Stromversorgungssystem ordentlich durcheinanderwirbelt.
Doch weil der Markt jung ist und viele Kunden zögern, haben Produkttests Hochkonjunktur. Denn die Hersteller wollen sich von der Konkurrenz abheben und versuchen, ihre Systeme über technische Finesse zu verkaufen. Damit können diverse Anbieter Geld anlocken: das Geld der Hersteller, denen sie diese Labortests verkaufen.
Solche Labortests, bei denen die Anbieter für die Prüfung ihrer Geräte zahlen müssen, sind wenig wert. Nur unabhängige Tests, bei denen Prüfer die Geräte verdeckt am Markt einkaufen, haben Bestand.
Denn sie sind frei von seichten Vertragsklauseln, falls die Tests auf dem Prüfstand nicht die Hoffnungen der Hersteller erfüllen. Wir brauchen mehr Prüfungen à la Stiftung Warentest als von Prüffirmen oder Fachportalen, die den Effizienzleitfaden nachrechnen wollen.
Denn darum geht es nur in zweiter Linie. Zunächst gilt es, bei den Kunden Vertrauen aufzubauen. Und die Kunden – private ebenso wie Gewerbekunden – wollen wissen, wie die Speichersysteme in der Praxis laufen, in ihrer praktischen Anwendung. Alle Stromspeicher, die seit einigen Jahren installiert wurden, laufen im Monitoring der Hersteller und der Installateure.
Das ist ein wichtiger Unterschied zur Photovoltaikbranche, wo das Monitoring vor allem am Beginn des Booms noch sehr stiefmütterlich behandelt wurde. Betriebsdaten liegen also vor.
Die Forscher der Berliner Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) haben im vergangenen Jahr vorgeschlagen, den Speicherbetrieb mit einem System-Performance-Index (SPI) zu bewerten. Dieser Vorschlag ist noch nicht 100-prozentig ausgereift, geht aber genau in die richtige Richtung.
Bisher stehen in den Datenblättern der Anbieter viele Werte, die noch gar nicht wirklich definiert sind. „Allein die nutzbare Speicherkapazität ist nicht immer ersichtlich“, nennt Johannes Weniger von der HTW ein Beispiel. „Die Zyklenfestigkeit ist auch nicht in jedem Fall nachvollziehbar.“
Sinkende Effizienz bei Teillast
Auf dem Qualitätstag der Solar- und Speicherbranche Ende Februar bei der DKB Bank in Berlin stellte er die neuesten Ergebnisse von Speichertests vor. Dabei ging es vor allem um Heimspeicher. „Aus den Datenblättern erfahren wir wenig über Stand-by-Verluste oder die Umwandlungseffizienz, die ja von der Leistung abhängt.“
Bei den Stromspeichern hängt die Effizienz ähnlich wie bei den Solarwechselrichtern von der tatsächlichen Lade- oder Entladeleistung ab. Maximale Wirkungsgrade bei Volllast – wie im Datenblatt angegeben – nützen nichts, wenn der Speicher die meiste Zeit mit 500 Watt lädt. Je geringer die Leistungen, desto größer in der Regel die Verluste.
Den Netzbezug minimieren
Oder Stand-by: „Wir gehen davon aus, dass die Heimspeicher zwischen 4.000 und 5.000 Stunden im Jahr leer oder fast leer sind“, sagt Weniger. „Dann zieht der Speicher seinen Betriebsstrom aus dem Netz. Schnell kommen 200 Kilowatt Netzbezug zusammen, die der Speicherkunde zahlen muss.“
Nach Auffassung des Wissenschaftlers haben Stromspeicher vor allem diese Aufgabe: den Netzbezug minimieren und die Netzeinspeisung möglichst nicht behindern. Denn noch gibt es eine Einspeisevergütung. Bei einigen Stromspeichern wird aber lieber die Photovoltaikanlage gekappt, als ins Stromnetz einzuspeisen. Auf den Verlusten bleibt der Speicherkunde sitzen. Johannes Weniger bezeichnete in seinem Vortrag sehr anschaulich fünf verschiedene Speichertypen.
Der Wochenendspeicher
Beim Wochenendspeicher ist die Photovoltaikanlage zu klein für die Speicherkapazität. Zudem sind die Lasten unter der Woche zu hoch, der Speicher kann nicht atmen. Erst am Wochenende, wenn der Strombedarf sinkt (etwa im Kleingewerbe), kann der Speicher tatsächlichen einen wirtschaftlichen Dienst erfüllen.
Deshalb ist es wichtig, den Solargenerator und den Speicher genau mit den Lasten abzustimmen. Das ist ähnlich wie bei Wärmepumpen, wo die Wärmequelle und der Wärmebedarf definieren, welches Aggregat geeignet ist.
Die Rampensau
Die Rampensau ist ein Speicher, der Netzeinspeisung verhindert, indem er die Solaranlage für einen gewissen Zeitraum vom Speicher trennt. Damit soll die vorgegebene Einspeisegrenze von 60 Prozent eingehalten werden. Sie ist als zehnminütiger Mittelwert definiert.
Also schalten findige Speicheringenieure ihre Batterie für einige Minuten ab, um die administrative Vorgabe zu erfüllen. Die Einbußen beim Solarertrag bezahlt der Speicherkunde.
Der Nachzügler
Dieser Speichertyp zeichnet sich dadurch aus, dass seine Regelung zu langsam und zu ungenau ist. Die Folge ist der ungewollte Stromaustausch mit dem Netz, weil der Speicher weder Veränderungen in der Stromerzeugung (beim Sonnenstrom) noch bei den Lasten schnell genug nachführen kann.
Der Nachzügler hinkt den Ereignissen in der Hausversorgung und im Solargenerator hinterher, greift bei Defiziten also auf Netzstrom zurück.
Der Pflegefall
Manche Speicher haben sich in den Tests der Hochschule als regelrechte Pflegefälle erwiesen. Sie bestimmen ihren Ladezustand nur ungenau, zudem wird viel Strom verwendet, um die Lithiumzellen zu pflegen. Das mag die Lebensdauer erhöhen, schickt aber unter Umständen die Effizienz in den Keller.
So gibt es Lithiumspeicher, die lebenslang ein Pflegefall sind. Dazu gehört aber auch der Redox-Flow-Speicher, den Weniger geprüft hat. Aufgrund der hohen Temperaturen der (beheizten) Elektrolyte und des Stromaufwandes für die Pumpen sind solche Systeme für die schnell wechselnden Anforderungen von privaten Haushalten oder Gewerbebetrieben in der Regel nicht geeignet.
Was aber zu erwarten war, denn Redox-Flow-Systeme sind sehr träge und benötigen eine sehr genaue Betriebsführung, um effizient zu sein. Das lohnt sich eigentlich nur bei größeren Gewerbebetrieben, die hohe Leistungen und Speicherkapazitäten brauchen – oder in der Industrie.
HTW Berlin
Kuriositäten aus der Speicherpraxis
Beim DKB Forum in Berlin Ende Februar brachte Johannes Weniger von der HTW Berlin auch einige Extremfälle zur Sprache. Er nannte sie „weitere Kuriositäten aus der Praxis“:
- Der kurzzeitige Wechsel zwischen dem Lade- und Entladebetrieb wird von der Systemregelung unterbunden.
- Auch bei eigenversorgungsoptimierter Betriebsweise treten spontane Unterbrechungen des Lade- und Entladevorgangs auf.
- Die maximale Ladeleistung wird durch Software-Updates des Herstellers im Jahresverlauf mehrfach angepasst.
- Der Batteriewirkungsgrad gemäß Labormessungen liegt um mehr als fünf Prozentpunkte unter den Angaben im Datenblatt.
- Die im Labor ermittelte Speicherkapazität ist bis zu 20 Prozent geringer als im Datenblatt angegeben.
- Der Stand-by-Verbrauch des Batteriemanagementsystems ist dem Systemanbieter oft nicht bekannt.
- Der Hersteller gibt die Lebensdauer des Speichersystems mit 30 Jahren an.
Sonnen
Allianz mit der Regierung von Südaustralien
Mit über 100 Millionen Dollar fördert der australische Bundesstaat Südaustralien den Kauf von Solaranlagen und Stromspeichern. Mit Sonnen als Technologiepartner soll dabei die weltweit größte virtuelle Batterie entstehen. Sonnen wird außerdem in eine neue Produktion in Südaustralien investieren, im Gegenzug unterstützt die Regierung den Kauf von vor Ort produzierten Stromspeichern.
Sonnen wird eine Produktionsstätte für die Stromspeicher Eco in Adelaide in Australien errichten und hat dazu eine Vereinbarung mit der Regierung des Bundesstaates Südaustralien geschlossen. Ziel ist es, innerhalb von fünf Jahren 50.000 Haushalte mit einer Photovoltaikanlage und einem Stromspeicher auszurüsten. Damit hätte die Region die höchste Dichte an Energiespeichern weltweit.
Die Regierung von Südaustralien wird einen Fonds mit 100 bis 150 Millionen australischen Dollar auflegen, über den sie die Installation von Solaranlagen zusammen mit einem Speicher fördert. Besondere Vorteile wird es dabei für Stromspeicher geben, die in Südaustralien hergestellt werden.
Zusätzlich wird Sonnen die Haushalte vernetzen, um ein virtuelles Kraftwerk mit Zehntausenden Anlagen zu betreiben. Der so entstandene virtuelle Speicherpool kann Überschüsse im Stromnetz aufnehmen und in Zeiten hohen Bedarfs wieder abgeben. Das wäre die weltweit größte virtuelle Batterie.
Südaustralien ist am stärksten von den im Sommer 2017 gestiegenen Strompreisen in Australien betroffen, die zu Spitzenzeiten über 40 Cent je Kilowattstunde erreichen. Mit der eigenen Stromproduktion kann ein Haushalt seine Stromkosten deutlich senken. Bis 2025 will Südaustralien 75 Prozent seines Energiebedarfs aus erneuerbaren Quellen decken. Der Speicheranteil soll dann 25 Prozent betragen.
Neben dem Bau der neuen Fabrik wird Sonnen seinen australischen Firmensitz von Sydney nach Adelaide verlegen. Dort sollen 130 Arbeitsplätze entstehen, insgesamt werden rund 430 Arbeitsplätze in der Region geschaffen. Die neue Fertigung wird außerdem das Drehkreuz für die Märkte in Neuseeland und dem asiatisch-pazifischen Raum.
Baden-Württemberg
Speicherförderung seit Anfang März
Das Bundesland Baden-Württemberg hat zum März 2018 ein Förderprogramm für Solarstromspeicher gestartet. Wer im Südwesten eine Photovoltaikanlage mit netzdienlichem Speicher errichtet, erhält für die Batterie einen Zuschuss von bis zu 30 Prozent der Nettoinvestitionskosten.
Die Förderhöhe für Heimspeicher an kleineren und mittleren Anlagen beträgt 300 Euro pro Kilowattstunde nutzbarer Batteriekapazität. „Pro Vorhaben sind 7.500 Euro Förderung möglich, mindestens jedoch 600 Euro“, kommentiert Franz Pöter, Geschäftsführer des Landesverbands Solar Cluster.
Zwei Millionen Euro stehen bereit
Landesweit stehen rund zwei Millionen Euro zur Verfügung. Das Programm in Anspruch nehmen können sowohl Privatpersonen als auch Kommunen und Unternehmen – für Gewerbespeicher an Großanlagen gibt es einen Zuschlag. Der ab 2019 sinkende Landeszuschuss kann mit der Bundesförderung kumuliert werden.
Bei einer typischen Hausdachanlage mit einer installierten Leistung von zehn Kilowatt gibt es vom Land nun einen Zuschuss für einen Solarstromspeicher mit einer nutzbaren Kapazität von bis zu 8,3 Kilowattstunden.
Der Zuschuss beträgt hier 2.500 Euro für die Solarbatterien. Das Verhältnis von Solaranlage zu Solarspeicher muss laut Verwaltungsvorschrift mindestens 1,2 : 1 betragen. Das verhindert zu große und daher unwirtschaftliche Speicher und passt zu den Empfehlungen von Experten, dass die installierte Leistung der Solaranlage (in Kilowatt) zwischen 20 und 50 Prozent größer sein sollte als die Speicherkapazität (in Kilowattstunden).
Auch im Fall von Batteriespeichern an neuen großen Photovoltaikanlagen geht die Landesförderung über die Bundesförderung hinaus: Batteriesysteme in Verbindung mit Photovoltaikanlagen über 30 Kilowatt installierter Leistung sind auf Bundesebene nicht förderfähig. Im neuen Landesförderprogramm sind die Nutzer, meist gewerbliche oder kommunale Akteure, dagegen antragsberechtigt.
Sie erhalten sogar höhere Zuschüsse als Heimspeicher, da Sinn und Zweck der Förderung mehr und größere Anlagen sind. Für netzdienliche Speicher an größeren Photovoltaikanlagen gibt es 100 Euro pro Kilowattstunde nutzbarer Batteriekapazität hinzu.
Programm läuft bis Ende 2019
Das Förderprogramm läuft bis Ende 2019. Ab Januar 2019 wird die Förderung für Speicher an Photovoltaikanlagen kleiner 30 Kilowatt installierter Leitung um ein Drittel sinken, für Gewerbespeicher an größeren Solaranlagen sinkt sie um 25 Prozent.
Nutzer sollten die Förderbedingungen beachten. Wer die Förderung erhalten möchte, muss den Antrag vor dem Kauf des Solarspeichers stellen. Danach gibt es kein Geld vom Land mehr. Für die Batterien des Speichersystems muss außerdem eine Zeitwertersatzgarantie des Händlers oder Herstellers für einen Zeitraum von zehn Jahren vorliegen.
Ist das nicht der Fall, fließt ebenfalls kein Fördergeld. Mit dieser Regelung sollen nur qualitativ hochwertige Systeme gefördert werden. Bei einer Zeitwertersatzgarantie wird im Fall eines Defekts der Wert des Stromspeichers zum Zeitpunkt des Ausfalls ersetzt.
Solarwatt
Speicherkapazität um zehn Prozent erhöht
Das Batteriemodul des Batteriespeichers My Reserve Matrix verfügt ab sofort über zehn Prozent mehr Energieinhalt – bei gleichbleibend geringem Volumen. Grund dafür ist die Verwendung neuer, noch leistungsfähigerer Zellen. Die bisherige Speicherkapazität einer einzelnen Batterie erhöht sich somit von 2,2 auf 2,4 Kilowattstunden.
Ein Speicher mit einer Steuerungseinheit (My Reserve Command) und fünf Batteriemodulen erreicht eine maximale Kapazität von zwölf statt bisher elf Kilowattstunden.
Die My Reserve Packs mit den neuen Batteriezellen sind kompatibel mit allen Vorgängerversionen. Mit den neuen Batteriezellen, die mehr als doppelt so viele Lade- und Entladezyklen schaffen, bereitet sich Solarwatt darauf vor, zukünftig auch Anwendungen zu bedienen, die viele Lade- und Entladezyklen pro Tag benötigen. „Die Zyklenfestigkeit der Zellen ist so hoch, dass die absolvierte Zyklenzahl für die Lebensdauer der Batterie keine Rolle mehr spielt“, sagt Olaf Wollersheim, Geschäftsführer des Entwicklungszentrums Solarwatt Innovation.
Mit dem Lieferstart des My Reserve Matrix im Sommer 2017 wurde die maximale Zyklenzahl aus den Garantiebedingungen der Speicher gestrichen. „Die Frage, wie viele Zyklen ein Batteriespeicher schafft, ist aus unserer Sicht ein Thema von gestern“, erläutert Wollersheim. „Eine passend ausgelegte Batterie erreicht ihr Lebensende durch ein hohes kalendarisches Alter und nicht durch das Überschreiten einer Höchstzahl an Zyklen.“
Die kalendarische Alterung muss hinausgezögert werden, wenn die Speicherbatterie lange halten soll. Dies ist Aufgabe des intelligenten Batteriemanagementsystems (BMS). Jede Sekunde erfasst es eine Vielzahl von Prozessen und Daten.