Mieterstrom mit Speichern: Jahrelang galt die Photovoltaik als Spielzeug der besser Betuchten. Nun kommt sie langsam im sozialen Wohnungsbau an. Ein gelungenes Beispiel aus Troisdorf in NRW.
Frank Scholzen ist diplomierter Wirtschaftsingenieur, er kann rechnen. Und er kennt sich im Immobiliengeschäft aus, denn die Firma Scholzen Immobilien verwaltet rund 450 eigene Wohnungen, darunter sozialer Wohnungsbau und Wohnheime für Studenten. Scholzen ist seit 13 Jahren in der Vermietung tätig. „Nordrhein-Westfalen gehört zum Netzgebiet von Amprion“, erläutert er. „Die Strompreise sind mit 27 bis 28 Cent je Kilowattstunde vergleichsweise moderat. Das stellt die Versorgung mit Mieterstrom vor einige Herausforderungen.“
Dennoch hat Scholzen ein solchen Projekt realisiert. In Troisdorf, zwischen Bonn und Köln gelegen, hat er ein Ensemble für 24 Mietparteien gebaut, aus drei Mehrgeschossern. Die Wohnungen werden im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus vermietet, also an eine Klientel, die in der Regel jeden Cent mehrfach umdrehen muss.
Kaskade der Stromspeicher, Kaskade der Wärmepumpen
Für die Heizung kam eine Kaskade aus zwei Wasser-Wasser-Wärmepumpen zum Einsatz, in der Summe mit 76 Kilowatt thermischer Leistung. „Im Rheingebiet liegt das Grundwasser relativ hoch“, sagt Installateur Sebastian Poensgen. Er ist Vorstand der Priogo AG aus Zülpich. Priogo hat die gesamte Heiztechnik mit Fußbodenheizungen, die Lüftungsanlage und die Sanitärtechnik installiert. „Und wir haben 89 Kilowatt Photovoltaik auf die Dächer gepackt. Sie laufen mit sechs Powerwall 2 von Tesla, für den Eigenstrom der Mieter.“
Die Zähler für die Mieter hat die Firma Discovergy geliefert, sie hat auch das Mieterstromkonzept erstellt. Die Abrechnung mit den Mietern erledigt Frank Scholzen selbst. Die gesamte Anlage wurde im Oktober 2017 in Betrieb genommen. Schon Anfang November zogen die ersten Mieter ein.
Geschlossene Solekreise im Grundwasser
Die Wärmepumpen greifen mit geschlossenen Solarkreisen in die Wasseradern, die Brunnentiefe beträgt 14 Meter. Die beiden großen Wärmepumpen (je 38 Kilowatt Nennleistung) können bis zu 45 Kilowatt leisten, sie wurden von Vaillant geliefert. Die Brunnen wurden von der Firma Geotechnik aus Wesseling dimensioniert und gebohrt. Weil sie nicht allzu tief sind, ist der Energiebedarf für die Pumpen überschaubar.
Warum baut ein Vermieter eine solare Eigenverbrauchsanlage, obendrein mit Stromspeichern? Beim Gespräch in seinem Büro in Bornheim sagt Frank Scholzen: „Der Vermietungsmarkt bewegt sich in Richtung Flatrate, bei dem Sie Wohnen, Energie, Wasser und die Müllentsorgung in einem Pauschalpreis bekommen. Das spielt bei Studentenwohnheimen eine wichtige Rolle. Auch immer mehr Mieter wollen es so einfach wie möglich haben, mit einer ganz einfachen Abrechnung.“
Mieter wollen pauschale Flatrate
Die klassische Heizungstechnik mit Kessel und zentraler Warmwasserbereitung im Keller ist von der Abrechnung her sehr aufwändig. Und sie birgt juristischen Sprengstoff, das sind Streitereien vorprogrammiert. Grund ist die bürokratische Heizkostenverordnung, die keine einfache Abrechnung erlaubt. „Das führt zu viel Verdruss, und letztlich sogar zu Prozessen vor Gericht“, erzählt der Vermietungsexperte. „Also investiere ich lieber in einfache Modelle. Wärmepumpen mit Fußbodenheizungen, die durch Sonnenstrom betrieben werden, kann man sehr gut im Mietvertrag pauschalisieren.“
Durch die Wärmepumpen rückt auch die Versorgung mit Strom in seinen Blick, eigentlich die Privatsache seiner Mieter. Frank Scholzen bietet seinen Mietern die Wahl, indem er einen separaten Stromliefervertrag aufgesetzt hat. „In dem Neubau in Troisdorf war die Zustimmung zum Mieterstrom vollständig“, bekennt er nicht ohne Stolz. „Ich beliefere alle Mieter mit eigenem Strom.“ Mit zehn Prozent Rabatt auf den Grundpreis und den Arbeitspreis „kommen wir kalkulatorisch hin“. (HS)
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