Tankstellen sind die Poststationen unserer Zeit. Nicht, dass sie noch etwas mit der guten alten Post zu tun hätten. Aber ihre Vorläufer im Mittelalter waren Stationen, an denen die Postillons ihre Pferde wechseln und ausruhen konnten. Deshalb gab es einen Stall und eine Wirtsstube, wo auch Betten zur Übernachtung bereitstanden.
Wie die Poststationen werden auch die Tankstellen verschwinden, zumindest wie wir sie kennen. Denn nach den Pferden geht es nun den Verbrennungsmotoren an den Kragen. Schon bald werden elektrische Fahrzeuge die Straßen und Autobahnen dominieren. Das klingt wie Zukunftsmusik, aber warten wir es ab. Zehn Jahre sind in diesem Geschäft eine ganze Ära.
Moderne Tankstellen sind zugleich Stromfresser, meistens über Mittelspannung ans Stromnetz angeschlossen. Denn neben den Pumpen für die Kraftstofftanks brauchen die Betreiber elektrisches Licht während der ganzen Nacht, Kühlung für die Vitrinen im Verkaufsbereich und Lüftung.
Ausladende Dächer, große Flächen
Nicht selten sind in unmittelbarer Nachbarschaft Raststätten aufgebaut, die mitversorgt werden, energetisch gesehen. Andererseits haben Tankstellen und Raststätten sehr oft weit ausladende Dächer sowie im Hinterland ausreichende Flächen, um Photovoltaikmodule zu montieren. Mit dem Einzug der elektrischen Ladesäulen dürfte es auch einen Schub für die Sonnenkraft geben. Denn was liegt näher, als die steigenden Energiekosten der Tankstellen durch selbst erzeugten Strom und Eigenverbrauch zu drücken?
Ganz sicher werden die Tankstellen auch in das Geschäft der Batterieversorgung einsteigen. Neben der Waschstraße könnten sie die Diagnose und den Austausch von Bordbatterien für Elektrofahrzeuge anbieten, was den Batterieherstellern ein kontrolliertes System der Rücknahme und des Ersatzes verschaffen würde, bis hin zum geschlossenen Kreislauf für das Recycling der Lithiumspeicher. Das ist ökonomisch sinnvoll, also wird es kommen. Die Frage ist eigentlich nur, wer damit startet.
Eine sehr potente Branche
Bundesweit gab es 2013 nach Angaben des ADAC rund 14.328 Tankstellen auf Straßen der Länder und des Bundes, ohne Autobahnen. Aral betreibt 2.384 Tankstellen, Shell 2.077, Esso 1.052. Es folgt der französische Total-Konzern mit 1.007 Stationen. Total ist der Mutterkonzern von Sunpower, dem amerikanischen Anbieter von monokristallinen Solarmodulen mit hohem Wirkungsgrad.
Nach diesen vier kommen zahlreiche kleinere Ketten, bis zu Raiffeisen (623 Stationen) und Baywa (108), die im Photovoltaikgeschäft bereits unterwegs sind. Das Statistische Bundesamt hat – inklusive der Autobahnen – für 2014 insgesamt 14.622 Tankstellen gezählt.
Noch etwas spricht dafür, die Tankflächen sinnvoll für Sonnenstrom zu nutzen. Diese Branche ist sehr potent. Im Jahr 2014 machten alle deutschen Tankstellen einen Umsatz von rund 23 Milliarden Euro. Er wird bis 2016 auf mehr als 25 Milliarden Euro ansteigen.
Unsere Grafikserie
Den Eigenverbrauch verständlich gemacht
Für den Laien ist die technische Vielfalt der Solargeneratoren kaum überschaubar. Deshalb zeigen wir, wie anspruchsvolle Gebäude und ihre Nutzer mit Sonnenstrom versorgt werden. In jeder Ausgabe von photovoltaik erscheint eine neue Präsentationsgrafik – exklusiv für unsere Leser.
Die Grafiken wurden für uns von Michael Römer gezeichnet, technischer Illustrator aus Berlin.Neben der Solarbranche hat er sich beispielsweise auf anspruchsvolle Grafiken für die Luftfahrt spezialisiert.