Die Abteilung für Industrieautomatisierung von Siemens und die M+W Gruppe wollen eine Leittechnik für die Herstellung von Speichern entwickeln. Das Ziel ist es, die Produktion online von einer Leitwarte zu überwachen und so die Qualität der Batterien zu sichern. Der Berliner Speicheranbieter Younikos hilft unterdessen dabei, das Stromnetz in Sardinien zu stabilisieren.
Die Siemens Division Industry Automation und die M+W Gruppe wollen zusammen die Produktionstechnik für die Herstellung von Stromspeichern bis zur Serienreife vorantreiben. Dazu werden sie zusammen eine komplette Leittechniklösung für die industrielle Fertigung von großformatigen Batterien erarbeiten. Das heißt konkret,die Projektpartner wollen die Steuerung und Überwachung des Produktionsprozesses vollständig automatisieren. Die technischen Abläufe sollen mit Hilfe des SCADA (Supervisory Control and Data Acquisition)-Systems sowie eines Produktionsleitsystems gesteuert werden.
Prozesse von einer Leitwarte überwachen
Die Basis dieses Leittechnikkonzeptes werden die Automatisierungskomponenten Simatic und WinCC von Siemens sein. Die in Ludwigshafen ansässige Abteilung Prozessautomatisierung der M+W Group bringt zusätzlich ihr technisches Know-how ein. Die Ludwigshafener haben viel Erfahrung mit der Optimierung komplexer Produktionsprozesse einschließlich der vertikalen Integration. Dabei liegt der Schwerpunkt von Siemens auf der Erstellung einer Lösung für die Automatisierungs- und SCADA-Technik, während M+W Group im Wesentlichen die anwendungsspezifische Integration der Systeme auf Basis des Manufacturing Execution Systems (MES) Simatic IT beisteuert. „Zu den Vorteilen einer übergeordneten Leittechniklösung gehört es, dass alle Prozesse von einer zentralen Leitwarte aus online überwacht, analysiert und gesteuert werden können“, betonen die Projektpartner. „So lassen sich Prozessveränderungen schnell erfassen und der Prozess kann neu justiert werden. Durch ein prozessübergreifendes Datenmanagement werden Einflussfaktoren der gesamten Wertschöpfungskette mit einem System überwacht und in die Regelung mit einbezogen. So lässt sich eine gleichbleibend hohe und reproduzierbare Batteriequalität bei maximaler Prozesssicherheit gewährleisten.“ Immerhin ist die Herstellung der Batterien mit einer hohen Wertschöpfung verbunden. „Der entscheidende Fortschritt in der Produktionstechnik wird aber nicht allein durch die Optimierung von Einzelprozessen und -maschinen erreicht, sondern über durchdachte Linienkonzepte und Technologiepakete“, erklären die Projektpartner die Notwendigkeit einer Leittechnik. „Das senkt nicht nur die Kosten, sondern bewirkt vor allem höhere Prozessstabilität und damit eine gleichbleibende, hohe Qualität der Produkte.
Großspeicher für Sardinien
Während die Entwickler in Ludwigshafen noch an dieser Leittechnik tüfteln, baut der Berliner Hersteller von großen Stromspeichern Younicos schon in der Praxis die Speicher auf. Bisher stabilisieren die Younicos-Speicher mit den Batterien im firmeneigenen Technologiezentrum bereits seit 2012 erfolgreich die ostdeutsche Regelzone von „50 Hertz“ und baut derzeit Lithium-Ionen-Batterieparks in Schwerin und Großbritannien. Jetzt haben die Berliner noch einen Auftrag aus Sardinien bekommen. Younicos hat einen Auftrag für die Lieferung und Installierung eines Hochleistungsspeichers mit einer Leistung von einem Megawatt und einer Kapazität von einer Megawattstunde auf der Mittelmeerinsel gewonnen. Mit dem Speicher soll das dortige Netz des Netzbetreibers Terna stabilisiert werden. Sollte sich das System bewähren, wird Terna bei Younicos noch weitere Speicher ordern.
Stabilität des Netzes sichern
Doch zunächst wird Younicos den vollständig automatisierten Speicher in das Inselnetz von Sardinen integrieren. Als Teil des dortigen Speicherlabors soll die Lithium-Ionen-Batterie von Samsung SDI mit der intelligenten Steuerungssoftware von Younicos mithelfen, die Stabilität des sardischen Netzes zu sichern. Hat sich das System bewährt, will Terna weitere Lithium-Ionen-Speicher mit insgesamt 24 Megawatt für die Netze auf Sardinien und Sizilien vergeben. Immerhin stammen schon 30 Prozent des auf Sardinien und Sizilien produzierten Stroms aus volatilen Photovoltaik- und Windkraftanlagen. Das wird zum Problem wenn diese Inselnetze vom gesamten italienischen Netz abgekoppelt werden, weil dann Frequenzschwankungen viel schwerer beherrschbar sind. Der Netzbetreiber Terna investiert deshalb stark in den Ausbau einer Speicher-Infrastruktur auf den Hauptinseln. Dazu sollen zunächst unterschiedliche Technologien evaluiert werden. „Mit seinem ambitionierten Speicherprogramm übernimmt Terna europaweit eine Vorreiterrolle, sagt Clemens Triebel, Technikvorstand bei Younicos. „Daher macht es mich besonders stolz, dass wir für das Speicherlabor ausgewählt wurden. Mit unserer intelligenten Software und unserer Erfahrung in der Frequenzregelung und im Batteriemanagement können wir zeigen, wie heute bereits industriell verfügbare Batterien wirtschaftlich in bestehende Netze integriert werden können.“ Triebel hält solche Lösungen, wie sie jetzt auf Sardinien erprobt werden, auch für Deutschland brauchbar, um die schmutzigen thermischen Kraftwerke tatsächlich abzuschalten, wenn sie nicht gebraucht werden. „Wenn die Energiewende gelingen soll, brauchen wir deshalb auch in Deutschland einen ebenso schnellen wie entschlossen Ausbau leistungsfähiger Kurzzeitspeicher“, betont Triebel. (Sven Ullrich)