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Speicherplanung

„Jeden Anwendungsfall individuell berechnen“

Gewerbekunden sind bisher noch recht vorsichtig, was Speicher betrifft. Geht es dann bei Gesprächen schon um konkrete Geschäftsmodelle oder erst einmal darum, ob überhaupt ein Speicher installiert wird?

Marvin Mertens: Wenn wir mit unseren Gewerbe-, Immobilienkunden oder Landwirten sprechen, dann wollen wir sie dabei unterstützen, die Energiewende so einfach wie möglich zu machen. Oft ist die Photovoltaikanlage der erste Schritt, um die Stromversorgung CO₂-neutral zu gestalten. Aber wenn man sich das zukünftige Strommarktdesign anschaut, geht es immer mehr um Flexibilität. Dazu gehören auch Speicher. Das ist dann oft der zweite Schritt.

Nach welchen Kriterien legen Sie die Speicher aus?

Am Anfang steht immer die Frage, welche Größe der Speicher haben soll und welcher Anwendungsfall dahintersteht. Dies müssen wir erst einmal herausfinden. Gerade die Kunden, die sich nicht täglich mit dem Thema Energie beschäftigen, wissen das in der Regel nicht. Denn letztlich geht es um die Wirtschaftlichkeit des Systems. Hier müssen wir das Optimum zwischen Gewinnen oder Einsparungen durch den Speicherbetrieb und den Investitionskosten herausfinden. Das ist bei jedem Kunden anders und wir müssen individuelle Betrachtungen anstellen und durchrechnen, welcher Anwendungsfall bei diesem speziellen Kunden am sinnvollsten ist.

Da gibt es verschiedene Anwendungsfälle. Welche fragen die Gewerbetreibenden am meisten nach?

Die meisten Gewerbetreibenden wollen mit dem Speicher ihren Eigenverbrauch aus der Solaranlage optimieren. Sie wollen den selbst erzeugten Strom aus der Mittagszeit in die Nachmittagsstunden oder vielleicht auch in den nächsten Morgen verschieben. Wir rechnen für den Kunden aber auch immer aus, ob sich die Spitzenlastkappung lohnt.

In der Regel ist für die Unternehmen die Lastspitzenkappung lukrativer. Denn sie haben auch ohne Speicher einen hohen Eigenverbrauch. Warum wird dann die Kappung der Laststpitzen nicht stärker nachgefragt?

Viele Unternehmen betreiben bereits ein aktives Energiemanagement. Als Teil davon werfen Sie häufig schon steuerbare Lasten ab, wenn eine Spitze kommt. Da hier, wie sie richtig sagen, die Einsparungen besonders groß sind.

Unter welchen Umständen ist die Lastspitzenkappung mit dem Speicher dennoch lohnenswert?

Die Wirtschaftlichkeit der Spitzenlastkappung ist abhängig von den Leistungspreisen des Kunden. Wie viel bezahlt er für das Kilowatt Netzanschluss? Wir machen eine Lastganganalyse, um genau zu ermitteln, wie viel Einsparung eine Kappung der Last bringt.

Kann man Eigenverbrauchsoptimierung und Lastspitzenkappung auch kombinieren?

Das wird schwierig. Denn die Lastspitzenkappung läuft genau gegen die Eigenverbrauchsoptimierung. Bei der Lastspitzenkappung muss der Speicher immer voll vorgehalten werden. Er muss die ganze Zeit in Bereitschaft stehen. Wenn die Spitze kommt, wird er entleert und später wieder aufgeladen für die nächste Spitze. Wenn aber der Speicher vorher zur Optimierung des Eigenverbrauchs verwendet wurde, wird der Speicher zu einem anderen Zeitpunkt entleert. Wenn der Speicher dann gerade leer ist und es kommt eine Lastspitze, kann diese nicht mehr abgeschnitten werden. Für diese Spitze muss der Gewerbetreibende dann über das gesamte Jahr hinweg die Netzanschlussleistung bezahlen.

Welche Lösung schlagen Sie dann den Kunden vor?

Die Kombination aus diesen gegenläufigen Geschäftsmodellen funktioniert nur dann, wenn ein Teil des Speichers für die Lastspitzenkappung und ein anderer für die Eigenverbrauchsoptimierung reserviert wird. Wenn wir so einen Speicher rechnen, dann bekommen wir vom Gewerbetreibenden viertelstündlich aufgelöste Lastgänge. Im Anschluss simulieren wir die Erträge der Photovoltaikanlage, um den Eigenverbrauch ohne Speicher zu bestimmen. Danach simulieren wir auf dieser Basis die Speicherung des Sonnenstroms und rechnen aus, wie viel der Kunde einerseits mit der Lastspitzenkappung und andererseits mit der Eigenverbrauchsoptimierung einspart. Wir rechnen das mit verschiedenen Speichergrößen durch. Damit hat der Gewerbetreibende zunächst eine Basis­refinanzierung des Speichers. Danach berechnen wir auch noch, wie viel er mit weiteren Geschäftsmodellen verdienen kann.

Welche Geschäftsmodelle sind das?

Das ist zum Beispiel der Arbitragehandel, also die Optimierung auf Basis von Spotmarktpreisen. Ein anderer Fall ist die Regelenergievermarktung. Das ist nicht ganz einfach, da diese Preise sehr volatil sind. Außerdem ist sie abhängig von der Zyklenanzahl, die der Speicher insgesamt fahren kann. Deshalb können diese Geschäftsmodelle immer zusätzlich zur Basisrefinanzierung durch Eigenverbrauchsoptimierung oder Lastspitzenkappung berücksichtigt werden.

Bei einer Lastspitzenkappung wird eher kurzfristig viel Leistung gebraucht. Bei der Eigenverbrauchsoptimierung ist aber die gespeicherte Strommenge wichtiger. Wie legt man den Speicher aus, wenn beide Modelle kombiniert werden sollen? Oder legt man dann einen primären Anwendungsfall fest?

Genau danach richtet sich die C-Rate des Speichers, also das Verhältnis von Leistung zur Kapazität. Das ist sehr individuell und es ergibt sich aus den viertelstündlich aufgelösten Lastgängen. Wir hatten einen Kunden, der musste immer viele Lastspitzen hintereinander abfedern. Dann musste der Speicher schnell wieder vollgeladen werden. Hier sind natürlich die maximale Leistung des Speichers, aber auch die des Netzanschlusses die begrenzenden Faktoren. Andererseits kann dies natürlich auch durch einen größeren Speicher abgefangen werden. Das ist immer eine individuelle, kundenspezifische Betrachtung. Unsere Aufgabe ist es dann, den Speicher optimal auf die Betriebs- und Geschäftsmodelle auszulegen.

Das Gespräch führte Sven Ullrich

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