Georg Tränkl ist ein Urgestein. In der Speditionsbranche wohlgemerkt, nicht in der Photovoltaik. Der Erfinder und Fuhrunternehmer sitzt in Bayern, in einem unscheinbaren Nest bei München. Seit Jahrzehnten betreibt er eine Flotte großer Lastkraftwagen, ist Experte für pneumatische und hydraulische Systeme, etwa in der Getriebetechnik oder in der Bremstechnik. Jetzt hat sich Tränkl ein neues Feld vorgenommen. Er will Strom speichern. In einem Aggregat, das keine Batterie ist, mit Elektrolyten, Zellen aus Lithium, Vanadium oder Blei. „Strom ist Energie“, sagt er. „Energie kann man auf vielfältige Weise speichern.“
Georg Tränkl gehört zu vier bayerischen Unternehmern, die gemeinsam die CAE Storage GmbH in Egenhofen gegründet haben. Das ist noch so ein Nest bei München, wo die Vertriebsabteilung sitzt. Mittlerweile ist der Prototyp eines pneumatisch-hydraulischen Speichers entstanden. Rund 500.000 Euro haben die vier Enthusiasten in das Projekt gesteckt, aus eigener Tasche, ohne Förderung. „Wenn wir diesen Speicher optimieren und in Serie fertigen, betragen die Kosten pro Kilowattstunde gespeichertem Strom nur rund ein Fünftel dessen, was Batteriespeicher verschlingen.“
Das lässt aufhorchen. Ein Besuch bei Georg Tränkl zeigt: Der Mann weiß, was er tut. Was andere schlichtweg für unmöglich halten. Geduldig erklärt er dem Gast das Prinzip des neuen Speichers. Der Solarstrom wird genutzt, um eine Ölpumpe zu betreiben. Über Hydraulikzylinder verdichtet die Pumpe ein Luftpolster, die Druckluft wird in herkömmlichen Stahlflaschen gespeichert. Wird Strom gebraucht, arbeitet die Druckluft gegen einen Hydraulikzylinder, der wiederum eine Ölpumpe treibt. Die Pumpe wirkt wie ein Motor, dreht einen Generator. Das ist simpel, auch wenn es einige Nüsse zu knacken gibt.
Kein elektrischer Kompressor
Zwei Probleme galten bislang als unüberwindbar. Zum einen werden die Kompressoren bei solchen Druckluftspeichern sehr heiß. Das Material verschleißt, weil im Verdichter mehr als 600 Grad Celsius herrschen. Der Grund sind vor allem die Reibungsverluste in schnelllaufenden Kompressoren. Und der Druckanstieg: Immerhin wird die Luft mit bis zu 500 Atmosphären beaufschlagt. Zum anderen vereisen die Luftauslassventile auf der Entspannungsseite, über den Hydraulikzylindern. Wie bei starkem und schnellem Druckanstieg große Hitze entsteht, so erzeugt der Druckabfall während der Entspannung einen erheblichen Temperaturverlust im Gas.
Das ist von Luftpumpen bekannt. „Wir verzichten gänzlich auf den elektrischen Kompressor, um die Druckluft zu erzeugen“, erzählt Georg Tränkl. „Wir machen das nur mit Hydraulikzylindern, die den Druck aufbauen. Mehr als 80 bis 120 Grad Celsius werden an den kritischen Bauteilen nicht erreicht.
Und die Entspannung, also die Stromentnahme, erfolgt langsam über eine Kaskade von vier bis sechs Hydraulikylindern, die wir mit vorgewärmtem Öl fahren. Dafür nutzen wir die Abwärme des Motors und des Generators.“ Auf diese Weise vereist der Prototyp nicht, auch nicht bei 500 Bar in den Flaschen. Kein Bauteil des Aggregats überhitzt. „Die Lebensdauer ist unbegrenzt“, urteilt Tränkl, der bereits viel Erfahrung mit ähnlichen Systemen in der Fahrzeugtechnik hat.
Millionenfach bewährte Technik
Nun sucht CAE Storage nach einem Industriepartner, um den Prototyp für die Serienfertigung zu optimieren. „Wir rechnen mit Speicherkosten von 200 Euro je Kilowattstunde Speicherkapazität“, rechnet Willi Wohlfart vor, neben Georg Tränkl ist er einer der Gründer des Unternehmens.
Wohlfart kommt aus der Photovoltaik. Er ist Geschäftsführer von Sunworx Solar in Lauf bei Nürnberg. „Für eine Lithium-Ionen-Batterie rechnet man mit 900 bis 1.000 Euro. Ähnlich hoch sind die Kosten für Redox-Flow-Batterien.“ Ein weiterer Vorteil: Der Druckluftspeicher von CAE Storage lässt sich in jeder beliebigen Größe bauen. Die Druckluft wird in handelsüblichen Stahlflaschen gelagert. Auf diese Weise könnte man sommerlichen Solarstrom bis in den Winter verschieben. Denn der Druckverlust beträgt kaum 0,2 Bar in der Woche, bei 100 Bar Flaschendruck. Da kündigt sich eine Revolution in der Heiztechnik an, die viele noch für Phantasterei halten: Heizen mit Sonnenstrom.
Erstaunlich kompakt
Einfach ausgedrückt, besteht das Aggregat aus drei Baugruppen: der Beladeeinheit, die Strom nutzt, um Druckluft hydraulisch zu erzeugen, dem eigentlichen Speicher, einer Kassette von 50-Liter-Stahlflaschen, und der Entladeeinheit, die den Luftdruck in elektrischen Strom zurückwandelt. „Die Drucklufttechnik ist vielfach erprobt. Man muss lediglich die Dichtungen und Ventile regelmäßig durchsehen und gegebenenfalls austauschen“, erläutert Wohlfart. „Deshalb werden wir den Speicher mit einem Wartungsvertrag verkaufen, wie in anderen Branchen üblich. Wir verwenden keine Bauteile, die altern, wie beispielsweise Lithiumbatterien. Alles funktioniert mechanisch.“
Auch die Stahlflaschen sind millionenfach im Einsatz und geprüft. „Das ganze Speichersystem kommt mit handelsüblichen Bauteilen aus“, sagt Wohlfart. „Deshalb können wir mit solchen Preisen rechnen.“ Er hält 50 bis 60 Jahre Lebensdauer für machbar. Denkbar wäre auch, das hydraulische Aggregat mit einer kleinen Pufferbatterie aus Lithium zu kombinieren, um sehr kurze Lastspitzen abzudecken.
Einen weiteren Vorteil hat der CAE-Speicher, wie sich in der Werkstatt von Georg Tränkl sofort zeigt: Er ist erstaunlich kompakt. Lithiumbatterien mit vergleichbarer Kapazität sind viel größer und schwerer. Mit 200-Bar-Flaschen leistet der Speicher rund 60 Kilowatt. Dafür braucht er ein mannshohes Aggregat mit etwa zwei mal zwei Metern Grundfläche. Mit 300-Bar-Flaschen steht eine Leistung von 90 Kilowatt bereit, mit 500-Bar-Flaschen gar 150 Kilowatt. Aus einem üblichen 40-Fuß-Container wären sechs Megawatt möglich. Mit der Lithium-Ionen-Technik braucht man dafür eine Turnhalle.
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